Ich bedanke mich für deine bebilderte Interpretation, für die Mühe, mit welcher du, ob genau oder abweichend, anhand individueller Orientierungspunkte und Vorstellungen, engmaschig reproduzierst.
Wie sucht ihr mich heim, ihr Bilder, die lang ich vergessen geglaubt?
(Chamisso – Das Schloß von Boncourt)
Wie solche tiefgeprägte Bilder doch zuzeiten in uns schlafen können, bis ein Wort, ein Laut, sie weckt.
Thema von Katerchen im Forum Düsteres und Trübsinniges
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Nicht jetzt
Wie das Lächeln eines Kindes, wenn es träumt, geht ein Atmen durch den alten Birkenwald, der, mit Seidenhaaren rund um sein Gesicht, einem treuen Freund Gestalt und Sinne stützt, die vom jahrelangen Plagen müde sind.
Und die Seidenwogen wispern: Schlafe nicht. Schlafe nicht, nicht jetzt, das gilt noch seine Zeit. Noch bevor in deinem Haus der Winter weilt, will der Sommer seine letzte trockne Mahd, will der Herbst in deinem Haar verwittert sein.
Inhaltlich dachte ich auch hier (die Pierrot-Reihe werde ich zu gegebener Zeit fortführen) an zurückhaltende Berührung. Letztlich kein Hohn, sondern nachdenklicher oder auch nüchterner Ernst, der sich mit sichtlichem Unvergnügen, wie du schon feststelltest, aber immer noch fühlsam genug, aus seinem Kragen vornüber beugt; Friedlich und froh geht anders, sicher.
Richtig, daß der alte Mond, weil sein faltenblondes Maul Schwärze in die Nächte gähnt, sich nach keinem Menschen sehnt, der im Frühling weint und stirbt.
Richtig auch, daß keine Nacht, weil ein Mensch im Frühling stirbt, schlechter ist als unbehaust, schöner ist als Spierenschnee, der, vom Wind gepflückt, verweht.
Allenthalben ist die Nacht, samt dem Blütenschnee im Mond, samt dem Mensch, der unbehaust weint und leise stirbt. Erwähnt hatte ich, mein Kind, den Tod,
der am Spierenarm verweilt, unbehaust den Mond beschaut und ein Menschenleben pflückt; unbetont und nicht gezielt, leise nur vom Wegesrand.
Das Ly. nimmt sich seiner Katze an, deren Funktion darin besteht, all die kopflastig nachtschwarzen Nöte zu relativieren und die versiegten Sinnesquellen mit gleichmäßig brillantem Tintenfluß, der sich zudem erdtönig regt, zu manipulieren. Obwohl die Schöne höchstwahrscheinlich sehr genau weiß; 'ich brauche dich nicht, um mich zu lieben - du machst Gedichte, in deren Dunkel ich komme, um dich dort zu stören. Ich höre dem Geklapper deiner Absätze zu (wohl auch dem der Zahn-Prothese in der 3. S., was Geschmackssache ist) und hiernach machst du mit mehr oder minder flatterndem Herz die Lichter in deinem Blick aus. Aber ich, ich schlafe ganz tief und kann dich nicht hören.'
If there be nothing new, but that which is Hath been before, how are our brains beguiled, Which, labouring for invention, bear amiss The second burden of a former child? O that record could with a backward look Even of five hundred courses of the sun Show me your image in some antique book, Since mind at first in character was done, That I might see what the old world could say To this composed wonder of your frame; Whether we are mended, or whe'er better they, Or whether revolution be the same. O sure I am, the wits of former days To subjects worse have given admiring praise.
Fest geklopft und los signalisiert Rastlosigkeit oder auch Zügellosigkeit während der Suche auch in der Fremderfüllung, der Suche nach einer nebelhaften Genialität und widersprüchlich dazu auch Sicherheit im Sinne von Vergewisserung, die weit über den bisherigen Rand reichen. Und, obwohl sich mit dem ‚doch’ alles gleichbleibt und das Wissen darum bekannt zu sein scheint, siehe dritter Abschnitt des Textes, schaut eine gewisse Verunsicherung aus den Zeilen über diejenigen, die neben dem Verlauf beziehungs- weise deren Dauer über die Erfüllung/Nichterfüllung der angetroffenen eigenen Wünsche, alt und verbraucht im Park erzählend starben. Bleibt es Einsichtssache, ob der Wünsche Erfüllung oder eben Nichterfüllung konsequenterweise die Bereitschaft zur Wandlung folgt - auch und gerade in ökonomischer Hinsicht.
Zitat mit dem ich das spinnenbild im rhododendrons
Nun, offensichtlich bin ich nicht gut informiert, denn ich bringe keine der verschiedenen toxisch wirkenden Rhododendron- arten, es hat übrigens unzählige, mit dem Spinnenbild (Terpene/ Spinne?) in Verbindung: Honig/Rhododendron/hippokratische Medizin beispielsweise sehrwohl, womit ich wieder zur Zähigkeit gelange, die ich nicht in erster Linie mit den Fäden des Spinnbilds/Rad/Kreislauf in Verbindung bringe. Ich muß diesbezüglich schlicht passen, obwohl der Text für mich selbstverständlich auch so wirkt.
"klebt" -> zeigt ausreichend die Zähflüssigkeit an, meine ich. „kleben“ erinnert mich (auch) an Farbe, welche wiederum zum Rhododendron paßt.
"Sonnenauf/Untergang, dann und wann, + noch" -> wirken zwar wie auf dem Sprung ins Positive, aber der Vorhang läßt sich nicht schließen, weswegen ich zur Kürzung rate. „Meine Hoffnung hängt“ schließt den Rest ein.
Mein unverbindlicher Vorschlag:
am fenster kleben rhododendronblätter (Blätter/Dauerzustand) meine hoffnung hängt am vorhang
(der sich nicht schließen läßt seitdem ich denken kann)
ist die kordel gerissen
Dein Text gefällt, Rainek Radar, sehr sogar.
LG Katerchen
Nachtrag: Version, um den giftigen (auch immergrünen+winterharten) Zustand in einen Kreislauf zu binden.
meine hoffnung hängt am vorhang ist die kordel gerissen
Einfachheit und Sparsamkeit sprechen aus den Zeilen und regen dazu an, deinem Text das bloße Dasein abzugewinnen. Der rastlose Lebenszyklus des Waldes setzt dabei u.a. den Rahmen. (Die Nutzung des Waldes und nicht seine Ausnutzung.) Ferner beinhaltet dein Gedicht eine gewisse Entzauberung oder auch Überwindung durch Freilegung im wahrsten Sinne des Wortes (Schwein/Maden) und damit einhergehend die Bewußtmachung des Vorhandenen unter Zuhilfenahme aller Sinne. Die Sinne der Tiere spielen wohl gleichfalls eine Rolle, wenn mich der Strömungssinn gedanklich nicht eben verläßt. Auch das Madengewimmel, die Beweglichkeit der Flosse und die Schritte lassen mich nicht steif vor Angst im Text zurück, sondern bedeuten Leben schlechthin, welches dein Gedicht mit höchster Sensibilität und nach Kräften durch den Auwald trägt, ohne kollektive Emotionen heraufbeschwören zu wollen, sondern ein Lächeln. Letztlich unaufdringlich bewegende Zeilen, Alcedo, obwohl rhythmisch unharmonisch, aber das sollte in diesem Fall auch nicht sein.
Tja, was soll ich nur schreiben. Da komme ich von meinem Abendspaziergang nach Hause und finde ein hartgekochtes Ei mit scharfem Senf und die Komplexität einer Aubergine vor. Ich entscheide mich für den simplen dünnen Draht, den Motor und Exzentrizität, damit der Text zumindest in Z2 besser funktioniert.
Zitat zerfließt das letzte Licht der Sonne
Ich übernehme dankbar und verbleibe
mit Gruß K.
(Nachtrag 15.3.; der Genitiv stört nicht wirklich, schön)
Zitat und welch gelungener Vergleich in den ersten beiden Zeilen! das gefällt mir. weniger aber die Genitivkonstruktion in der zweiten Zeile, beim Zentralgestirn. ich fragte mich unmittelbar nach dem lesen ob es nicht besser funktionieren würde mit: zerfließt das letzte Sonnenlicht. oder zerfließt das letzte Licht der Sonne oder wolltest du den Endreim unbedingt vermeiden? darum der Genitiv? muss das sein?
später bei Zeile sieben folgt ja noch ein weiterer Genitiv bei den Würmchen. hier störte er mich nicht mehr so stark bei der Rezeption, aber wenn ich mir die Zeilen wiederholt durchlese, stelle ich fest, dass man es auch so formulieren könnte: als mit den Würmchen ungenaues Blinken wie gut, das ist ein erheblicher Eingriff in deine angeschlagene Rhythmik, aber ich streich den Vorschlag nicht mehr. du wirst ihn kommentarlos überlesen wenn er dir nichts gibt, nicht wahr?
weiter: wunderbar wummernde w-Alliterationen führen zum verrätselten Endwort Wald (Zeilen 2+3), Rätsel welches schön klanglich aufgefangen wird durch stabende i-Vokale in den jambischen Hebungen der 5. Zeile: knistern, Zwischen, Rinden. das ist handwerklich hervorragend gemixt und hat gewiss Ohrwurmpotential. der explizite Bezug (auf den Wald) mit "Er" ist am Anfang dieser Zeile 5 aber wohl nicht nötig. erstens lesen es die meisten sicher "Es" (ja, ich tat es auch beim ersten Lesen), zweitens wiederholt sich das männliche Pronomen sonst klanglich in "seiner" Rinden. ausserdem weiß es an der Stelle sowieso jeder, dass es um ihn geht, den Wald.
die Zitternzeile ist stark. sehr stark. kein Wunder dass sie zur Überschrift taugt. es steckt auch mehr darinnen als bloss erzitterndes Laub, oder Licht: die flügellosen Weibchen steigen/klettern buchstäblich ins Laub um die anfliegenden Männchen möglichst sichtbar anzulocken, und wenn diese Fliegenden Männer nur über je eine einzige Leuchtplatte am Unterleib verfügen, so haben die Weibchen mehrere (beim kleinen Leuchtkäfer auch seitlich) die ihre Signalwirkung nicht verfehlen. und eben durch die Bewegungen der Käfer, oder der des Beobachters, oder durch die Lüfte im Laub, wird ein zitterndes Blinken nie aufhören zu steigen und zu sein und im Fokus des Beobachters bleiben. das gefällt mir sehr.
und dann, mit einem Mal, fällt der Blick auf die Sterne. es bleibt die gleiche Perspektive, ja, aber da wird mit einem lapidaren Vergleich ein Wurm, oder ein Wurmgewusel mit dem Sternenhimmel in Verwandtschaft gesetzt. warum nur muss ich da gleich an Pascal denken, und ihn gedanklich gleich zitieren weil es so schön passt: Räumlich umfasst mich das Universum und umschliesst mich wie einen Punkt. Aber durch mein Denken umfasse i c h es. ja, so ist es, ich, Leser, habe das Gefühl es umfassen zu können, jetzt wenn ich so einen lapidaren Satz, oder Vergleich lese wie den aus deinem Gedicht, K. und dieses Gefühl verursacht Erhabenheit und Schweigen. all das liegt in deinen Zeilen. zuviel des Lobes? egal. ich schreib nicht mehr. lass mich von Silberdisteln stechen und rätsle wie die letzte Zeile wohl gemeint sein mag. und bleibe letztlich bei Pascal, ertappe mich aber doch wie ich in Suchmaschinen vergleiche ob diese Halskrausen wie bei Shakespeareportraits auch auf Pascal zutreffen. Halskrausen wie Silberdisteldolden. für edle Namen, ja, und damit hab ich meine Bilder wieder und bin zufrieden. danke für die Präsentation.
Wie Speck, der schmilzt, in einer schweren Pfanne zerfließt der Sonne letztes Licht. Welch Wesensart, welch unerreichte Wonne verrätselt immer schon den Wald. Er knistert Nacht im Zwischen seiner Rinden, die alt geworden sind und krumm, als mit der Würmchen ungenauen Lichter ein Zittern auf die Blätter steigt und mit den Sternverwandten schweigt. Bis tags das Schweigen zuckt und leise fällt, sich sticht und angenehm gespießt, auf einer Silberdistel ruht wie Köpfe edler Namen.
Ich empfinde deinen tranceinduzierenden Rauschmitteltext als sehr gut gelungen, Rainek Radar. Rasendmacher, Scheingestalten und Wahnbilder; Schlange, ' schlangensaphirfarben' Oxelbeere, Anemone + Fleisch, hier paßt einfach alles. Dein Text stimmt eher traurig an.
Ein schönes Exemplar, mcberry, danke! Sie mutet mir wie eine "Charles Bonnet", eine "Talisman" eine "Mme. L. Dieudonné" oder gar eine "Coupe d'Hebe" an.
Zitat Ein überflüssiges Kompliment. leider nichts als die nackte wahrheit.
Du mußt es ja wissen ./
Zitat na ja wenn schon dann UNTERS KOPFKISSEN, wenn ich dir auf die sprünge der deutschen sprache helfen dürfte. aber lassen wir das. kein wort deiner kritik hat was mit unverbindlich zu tun, denn du willst meine worte entbandagieren, ihnen also das wegnehmen was sie haben sollen: die mumifizierung eines anderen werkes. mit so etwas rekonsurrektiven scheitert man immer an ralfelchens inversalen textarbeiten
Zitat du hast null phantasie. sry dir das zu sagen.
Ein überflüssiges Kompliment.
Mein Änderungssvorschlag war unverbindlich angedacht. Also, schiebe dir deinen etwas gravitätisch anmutenden Kommentar ins Kopfkissen deiner Traumwelten.
Zitat nimm den text von RADAR und schreib dein eigenes antonymo - hm?
Was hat das mit deinem Text zu tun, nichts - richtig.
warum "glasige Gräser"? Warum nicht gläserne zum Klirren und der traurigen Stimmung? Ich rate unverbindlich zur Kürzung. "Mit nichts am Leib + nackt" oder auch "wegträgt + gehe", "empor" usw.. Sind denn die Wiederholungen wirklich beabsichtigt?
Vorschlag: (nicht für alle Strophen)
Nackt, in der Nacht, die mich trägt, klirrende Gräser, vereinsamte Mütter.
Zitat wobei ich mir nicht ganz sicher bin ob das in deinem sinne wäre, so, wie es jetzt hier steht;
In meinem Sinne muß dein Text nicht funktionieren. Ich finde, daß deine jetzige Version weniger Wiederholungen aufbietet. Stellenweise konnte ich keinen Rhythmus lesen, obwohl ich das regelmäßig von deinen Texten erwarte. Bezüglich der jeweils letzten Zeile melde ich mich, sobald ich wirklich Konstruktives beitragen kann. Ich arbeite daran! Bis jetzt lese ich jeweils eine Senkung weniger, an jeweils anderer Stelle.
ins weite hinaus -> ich würde mich für "ins weite" oder "hinaus", denn da ist ja noch "zog", entscheiden
salzige tränen -> tränen finde ich grundsätzlich gut, aber salzig sind sie doch schon (Verdichtung)
Zitat den buben, den vater, den mann der beide vereint
Dieser gefällt mir rhythmisch und sprachlich sehr! Versuche das mit S1Z5 + S2Z5.
bis dahin mit liebem Gruß Katerchen
Nachtrag: Keine Sorge; mein eigenes Radar ist meist zuverlässig.