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vielen herzlichen Dank euch beiden für die Wertschätzung dieses Textes - hat mich sehr gefreut, dass die Botschaft der Lebensfreude angekommen ist - dankeschön auch für deine Nominierung, Sneaker!
Die Wahrnehmung, dass S1 etwas abstrakter ist als die restlichen Verse, ist interessant - und mir gar nicht so bewusst gewesen. Ich habe aber schon immer überlegt, wie man Kranichrufe bildlich beschreiben könnte.
Ich erinnere in diesem Zusammenhang an ein tolles Kranichgedicht von Alcedo - ich glaube, es hat den Titel "Kirr".
Zitat von TheMonkeyPaw im Beitrag #6 Entweder der Text ist eine Kunstrichtung die ich nicht kenne? Oder er ist einfach nichts. [...] Vollkommener Unsinn und wer das bitte interpretieren will hat nicht alle Nadeln an der Tanne
Ich nenne das Collage.
- "Nicht alle Nadeln an der Tanne" - das klingt lustig. Ist ab sofort in meinem aktiven Wortschatz aufgenommen. Bei uns sagt man auch einen an der Waffel haben oder nicht alle Latten am Zaun. "Fledermäuse im Glockenturm" ist auch nicht schlecht...
Es war alles genauso intendiert, wie du es interpretiert hast. Über deine genaue Deutung freue ich mich wirklich sehr - vielen Dank dafür!
Ich habe einmal eine solche aufwändig und liebevoll gestaltete Kladde im Original in den Händen gehalten und mich gefragt, was den Insassen bewegt haben muss, so etwas in einer solch grausamen Umgebung zu (er)schaffen. Davon war ich sehr ergriffen.
Der vorliegende Text ist nur der Versuch, sich ansatzweise (!) in die Situation des Lagerinsassen hineinzuversetzen.
Vielen Dank für deine Auseinandersetzung mit diesem Text!
In der Tat geht es um die Gedankenströme eines KZ-Insassen, der in seiner Verzweiflung in der Gestaltung eines Albums einen Rettungsanker sieht - zum einen, dass er sich durch die Beschäftigung vom Wahnsinn nicht völlig fortspülen lässt, zum anderen, dass er versucht, bei einem Wärter zu punkten, indem er es ihm schenkt.
Aechter uusen Huuse, da stait’n Kabuuse. Da schiet’t se in, da mieget se in, do kwamm de olde Mann un stüppede sien Broot darin.
Die Klinge, die Klinge! ich verstecke sie unter der Zunge/süßer die Glocken nie - /dort! ein kariertes Buch - das Buch schnell ins gestreifte Hemd gesteckt, dann leise umgekehrt/ vielleicht, vielleicht doch fort, fort von hier/w e r j e d e n T a g n u r K u c h e n i ß t/ in düstre Ecken hock ich mich - zerschunden/u n d K e k s u n d S c h o k o l a d e/ mache Muster, Schnittmuster, schneide so hinein - so!/des Winterhagels Wut prallt auf die Baracken/Esterwegen, von wegen, Esterwegen!/Wilm - er schnitt mir das Haar doch so gerne/ das Personal brüllt/eine weiße Raute fällt/fein und schmal wie der Halbmond meines Nagels/ Schnitt für Schnitt und noch eine, noch eine - eine noch!/ich kreiere Ornamente, schneide kristalline Schneestrukturen, gezackte Tiere, Spitzendeckenmuster/d e r w e i ß j a n i c h t/ ritze Rhombenkettenpläne, rette mich in Fluchtpunktperspektiven/w a n n S o n n t a g i s t/ stilisiere Schnucken auf der Heide, klebe hinter jeder Seite Seidenbuntpapier/es schimmert grün - ist die Hoffnung/winzig kleine Kirchenfenster in Rot und Grün und Gelb und Blau - bellender Köter!/die Kladde wird mir zur Kathedrale/Kindersprüche in die Mitte - ins Gesicht spuck ich sie dir!/u n d d a s i s t w i r k l i c h s c h a d e.
Die Klinge frißt sich langsam durch das Buch und jede Nacht hat hundert Stunden/ für dich und deines Bruders Brut muß es nun reichen. … „Herr Obersturmführer, das bescheidene Poesiealbum ist für Ihre lieben Nichten und Neffen. Es fehlen hier nur - verzeihen Sie mir - die glänzenden Oblaten.“
Ich habe mich noch gar nicht bei dir für deine ausführliche Antwort bedankt, was ich hiermit tun möchte - es ist schon so viel Zeit verstrichen...
Zitatdrei mal fast holzhammermässig; Frau, Frau, Frau (im Text als Starthebung der ersten drei Strophen: „Blau, Rau, Faul“ - drei mal der gleiche Diphthong, mit verschiedenen unbetonten Konsonanten als schmuckloses Beiwerk, wobei mir das letzte „Faul“ bedeutungsmässig recht unschön aus der Reihe tanzt: zumindest hier hätte ich ein anderes Adjektiv genommen, eines ohne au und somit weniger abfällig und insgesamt wäre es dann vielleicht weniger auf Holzhammer getrimmt. als ob das „locken“, die „Sirenen…stimmen“, usw. nicht reichen würden.
Deinen Ratschlag habe ich nun umgesetzt und oben einige entsprechende Änderungen vorgenommen - so müsste es weniger gezwungen klingen...
Zitatnur die Unken würden im Salzwasser eingehen, diese salzwasserscheuen Amphibien. welcher Vogel ruft stattdessen hell? eine Limikole? ein Regenpfeifer? ein Knutt?
Danke für deine Überlegungen und alternativen Vorschläge mit den Links. Sie sind natürlich viel realistischer, aber an dieser Stelle ging es mir um die Zeichnung eines melancholischen lyrischen Ichs, das sich in dieser Phase von der Wirklichkeit entfernt. Ich habe vor zwei, drei Jahren abendliche Unkenrufe in einem Dorfweiher auf Rügen gehört - und wusste zuerst gar nicht, was da von den Backsteinmauern hallte. Die Klänge haben mich magnetisch angezogen, so entrückt klangen sie; hatte so etwas noch nie gehört. Hier ein kleiner Eindruck:
Dass ich mit einigen Zeilen maritime Stimmungen und Sinne ansprechen konnte, freut mich sehr, ebenso verhält es sich mit deinen Bezügen zu Moby Dick...
Inhaltlich geht es mir vor allem um das Austarieren einer angenommenen (Un)Vereinbarkeit von Schreiben und Alltag und um die Rolle der Natur als eine Art Katalysator des Nachdenkens. Es geht ebenso um die Verlockung, über passende Worte zu sinnieren, auch wenn es seinen Preis hat, wenn es grad eigentlich überhaupt nicht passt, um den Luxus, den man sich leistet, etwas Wichtiges grad nicht nicht zu erledigen, weil man etwas aufschreiben will...um die Gefahr einer mentalen Abwesenheit, wenn hellwache Präsenz erforderlich ist, wenn der Partner Aufgaben übernimmt, die man sich selbst auferlegt hat usw...
Blau streift die Brise meine Gänsehaut, während sausende Schwanenschwingen über mir heisere Lieder singen, Eiderenten mich mit ihren Tänzen in knisternde Schaumkronen locken.
Schroff küsst mich die rissige Landzunge zum Abschied – und ich? Ich wate. Wate im Schlick und ertaste Priele, spür‘ im Trüben zarte Meersalzbisse, höre Scheidenmuschelschalen knacken.
Schwefelgeruch perlt in Blasenketten zur Oberfläche, eine Kompassqualle weist mir den Weg: Nesselfäden prickeln im Nacken – und ich? Ich schwimme. Schwimme allein, allein auf off‘ner See.
Gleite müd‘ durch schummrig-grüne Jade, tauche ab in Meereseichenreiche, lausche, wie Sirenensilbenstimmen unkenhell von Nuschelbänken klingen, wälze mich mit Wortwalriesen nächtelang.
Und du? – Du bestreitest diese Tage, flickst im Sturm die Deiche unsrer Warften, wuchtest Wellenbrechertetrapoden in die Brandung, baust mir Rettungsbojen, löschst mit deinem Lächeln unsre Ladung.
Freut mich sehr, dass dieser Text für gute Laune sorgen und der Spaß beim Toben im Schwimmbad gerade auch in seiner verfremdeten Form herüberkommen konnte – das ist eine schöne Form der Anerkennung! Herzlichen Dank auch für dein Kommentieren von bestimmten Begriffen!
„Brasst“ („Brast“ oder „in Brass“, das variiert ein bisschen) ist ein regionaler Begriff für „Wut“, „Zorn“, „Rage“ etc. Gibt es auch als Adjektiv, z. B. „brastich sein“ („Er war ganz schön brastich auf seinen Vorgesetzten.“). Ich glaube, ab dem Rheinland nordwärts ist der Ausdruck verbreitet.
Da bin ich wohl in die (Ant)arktis-Fauna-Falle hineingetappt und etwas durcheinandergeraten – danke für den Hinweis! Gut, dass nicht auch noch Eisbären auftauchen. Dann hätten es Seeleoparden sein müssen…
Ein Antarktis-B-Bulle zirkelt im grauen Möwengedümpel seine Lauerbahnen, buckelt sich plötzlich in die Tiefe:
Eine Schwertwalwelle wischt zwei feiste Robbenjunge von der Scholle ins kopf- und flügelschüttelnde Gezeter. Gähnend beäugt das Robbenmuttertier aus der Ferne das grausame Getümmel im kalten Flutenkolosseum, doch flink flitzen die frechen Heuler aufs Eis zurück.
Der Butskopf aber lugt wie eine listige Killerlitfaßsäule aus dem Wasser, wälzt sich drüber, will sie schlucken, will sie packen - dann die Wende: Im Brasst verbeißt sich eins der Biester in die Orkafluke und das zweite krallt dem Bullen rote Striemen durch den dicken Blubber.
Vom Clinch noch schwer beeindruckt knarzt der Koloss sein Friedensangebot, drückt die bölkenden Zwerge mit seinen Finnen an sich - und bläst zum Aufbruch.
Die Robben ziehen eine Schnute und verschwinden in den unergründlichen Tiefen der warmen Dusche.
"Lehrersprech" - den Begriff finde ich herrlich, oder sollte ich besser sagen: doppelplusgut?
Deine Ballade regt dazu an, sich mal wieder mit der eigenen Schulzeit auseinanderzusetzen. Zwei Mathelehrer, ein cholerischer und ein eiskalter, sind mir in lebhafter Erinnerung geblieben (5.-7-Klasse) - sie dienen mir beide heute noch als Alibi für meine rudimentären Algebrakenntnisse (ja, ich weiß, wenn der Bauer nicht schwimmen kann, liegt's an der Badehose...). Vielleicht fällt mir dazu auch eines Tages ein Text ein...
Ich fände es generell spannend zu lesen, wie weitere Mitglieder des Forums bestimmte Erlebnisse aus ihrer Schulzeit literarisch umsetzen würden oder wie sie es vielleicht bereits getan haben! Stoff gäbe es bestimmt reichlich.
Saapi - bin ganz vonn Socken! Herzlichen Dank für deine differenzierte, wertschätzende Rückmeldung, die genaue Auseinandersetzung mit dem Text – und dein Lob! Freut mich ungemein!
Immer wieder interessant, welche Assoziationen, Verknüpfungen und Querverbindungen beim Lesen (ganz individuell) gemacht werden. Deine Bezüge zur Psychologie des Unterbewusstseins (bin da in dieser Materie eher noch unbedarft …) und die Analogie des suggestiv vorgehenden Zauberers („Marginales“ versus „Zentrales“) gefallen mir sehr und sie bieten viele Impulse für die Leseweise des Gedichts. Danke dafür, Alcedo!
Den Psychologen Boris Sidis kannte ich bisher noch nicht. Besonders bemerkenswert fand ich auf den ersten Blick seine damalige Theorie, dass der Erste Weltkrieg als eine „soziale Krankheit“ bekämpft werden müsse – und dass es einen auf Tatsachen basierenden Roman gibt, der das Schicksal seines Sohnes William James und die „Sidis-Erziehungsmethode“ durchleuchtet (Klaus Cäsar Zehrer: Das Genie - hast du den Roman vielleicht schon mal gelesen?).
Charles Waterton war ein britischer Naturforscher des 19. Jahrhunderts, wohl sehr exzentrisch und verrückt, hauptsächlich in Süd- und Nordamerika aktiv, u. a. Erfinder des Vogelnistkastens. Er war vernarrt in Kolibris, hielt sie für die wahren Paradiesvögel, fühlte sich von ihnen inspiriert und verglich ihr Flugverhalten mit der „Schnelligkeit eines Gedankens“ (Brehms Tierleben). Waterton war aber auch einer der ersten, die sich für den Schutz der Umwelt engagierten.
Das ist gar nicht so einfach, dir eine Antwort darauf zu geben.
Gedacht war, eine Art Gegenentwurf zum ersten, kritischen und pessimistisch gestimmten Teil abzubilden. Ich fand es wichtig - nach dem Lamentieren, was ja immer einfacher ist... - als Kontrast mit Traumbildern ein optimistisches Gefühl des Aufbruchs, der Schaffenskraft und des Veränderungswillens hervorzurufen, auch wenn die Umstände noch so widrig oder frustrierend sein mögen oder man sich nur als kleines Licht fühlt. Es sollte sich auszahlen, eine Idee mutig zu verfolgen...
Vielleicht schwächen sich die beiden Teile aber auch in ihrer Gegenüberstellung - Ich werde darüber noch in Ruhe nachdenken.
Vielen Dank, Alba, für deine Auseinandersetzung mit dem Text und deinen Denkanstoß!
Herzliche Gratulation für deinen Gewinner-Text "ebbe"!
Glückwünsche natürlich auch an alle anderen erfolgreichen Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Hat Spaß gemacht, die Teilnahme an diesem Wettbewerb.
Alcedo und mcberry, vielen Dank für die Organisation der Abstimmung und das Animieren der "Kommodowarane" und der "kohlrabenschwarz schillernden Schleicher"....!