Alcedo, nicht ein einziges Wort nehme ich zurück. Idiosynkrasie in einem Liebesgedicht, das einfach und wahrhaftig sein sollte, hältst du also nicht für geschwollen? Und Dust ist für mich immer noch englisch, ich bevorzuge das deutsche Wort, zumal in einem Liebesgedicht. Und ich bin da sicher keine Ausnahme.
ein Liebesgedicht. Was du schreiben wolltest, habe ich schon verstanden, aber so ganz scheint mir die Idee nicht aufgegangen zu sein. Das Gedicht kommt bei mir etwas geschwollen an mit der Idiosynkrasie und dem Schleier Dust = engl. Staub. Du kennst das sicher: "das Einfache, das schwer zu machen ist" (Brecht).
schön, dass du in die Erzählung reingesehen hast. Der Wendepunkt der Geschichte ist beabsichtigt und ließ sich nicht verhindern, und dass er eine Überraschung ist, ist nicht das Schlechteste an ihr. Die Erzählung ist in der Ich-Form geschrieben, und wenn du der Ansicht bist, dass die Fensterhöhlenpassage die Perspektive wechselt und mir dann einen Vorschlag machst, der sich von meinem Text nur durch den Verlust des Einschubs "zur Straße" unterscheidet, dann weiß ich überhaupt nicht, was du eigentlich willst. Aber es handelt sich nicht um einen Wechsel der Perspektive durch das "man". Denn in diesem "man" ist ja auch das Ich eingeschlossen.
Nein, meine Geschichte vermeidet jeden Bezug zum Politischen. Insofern ist dein Hinweis auf Herta Müllers Politmüll im Zusammenhang mit ihr nicht zutreffend.
Aber im Grunde ist sie doch politisch, denn nach 1990 trieben sich bei uns so allerhand zwielichtige Gestalten herum, die (ob nun im Auftrag oder aus eigenem Antrieb, war nicht klar) politisch unliebsame Leute einzuschüchtern versuchten. Von solchen Leuten handelt der Text.
Thema von Antigone im Forum Kurzgeschichten, Erzäh...
Es war eines der Häuser, denen man ansieht, dass sie bis auf den letzten Ziegelstein ausgedient haben. Das Haus hatte hier in dieser Gegend nichts zu suchen, es war ebenerdig, mit kleinem, verwildertem Gartengrundstück und lag inmitten einer Beamtenwohnsiedlung aus den zwanziger Jahren, die man erst kürzlich saniert hatte. Das Dach war eingefallen, schwarz stachen die Sparren in das Geäst des abgestorbenen Ahornbaumes, durch die Fensterhöhle zur Straße blickte man im Vorbeigehen in ein Wohnzimmer mit ehemals bunten Tapeten, die bis ins Graue verschmutzt und zerfetzt von den Wänden hingen. Es war nicht ausgebrannt, wie ich nach meinem ersten Eindruck vermutete, nein, die Zeit hatte das Haus getötet wie etwas Lebendes, der Atem war ihm ausgegangen, und es war wie ein leerer Blasebalg in sich zusammengefallen. Es war ein Fremdkörper in unserem Wohnviertel, ein trauriger, der Rest einer Zeit, die wohl in die Kindheit meiner Eltern fiel. Es lag auf einer Anhöhe, ausgetretene Stufen führten zum Haus hinauf, dorthin, wo man den Eingang vermuten konnte. Der Drahtzaun um den Garten aber war erst wenige Jahre alt, so die Verfallenheit des Gebäudes wie zum Hohn betonend. Jeder fragte sich, weshalb die Stadt diesen Schandfleck nicht abreißen ließ.
Sooft ich an diesem Gemäuer vorbei ging, reizte es mich, den Garten zu betreten, die drei Stufen hinaufzugehen und von nahem zu betrachten, was blieb von vergangenem Leben. Ich wohnte schon zwei Jahre in dieser Gegend, als ich eines regnerischen Nachmittags, ich begegnete nur wenigen Leuten auf der Straße, mir ein Herz fasste, den an einer verborgenen Stelle herabgedrückten Zaun überstieg und mit unsicherem Schritt die drei Stufen betrat. Der sandige Mörtel knirschte unter meinen Schritten. Es war Juli, das nasse Grün des Gartens verhüllte mitleidig die Trauer des Ortes.
Es war ein kleines, schmuckloses Haus: ein Wohnzimmer mit großem Fenster, eine bescheiden große Küche, denn ein altertümlicher Kochherd, dem die Ringe über dem Feuerloch fehlten, drückte sich an eine Wand, linker Hand ein winziges Zimmer, das als Schlafzimmer gedient haben musste, und ein schmaler Raum, von dem ich glaubte, dass es einst der Flur war. Es roch nach Moder und feuchtem Mörtel, die Dielen waren von Insekten zerfressen oder herausgerissen, ich musste achten, worauf ich meine Füße setzte. Plötzlich stutzte ich. Seltsam, eine guterhaltene Tür verschloss ein Kellergelass. Ich rüttelte am Vorhängeschloss. Vergebens, das Schloss war neu, öffnen ließ es sich nur mit einem Schlüssel. Das Haus gehörte also jemandem, es wurde benutzt.
Ich war in ein fremdes Haus eingedrungen! Panik ergriff mich. Ich stürzte die Stufen hinab, verfing mich mit dem Fuß an dem herabgedrückten Zaun und war froh, als ich endlich auf der Straße stand. Verstohlen blickte ich mich um: Hatte mich jemand aus der Ruine kommen sehen? Ein älterer Mann mit Einkaufsbeutel kam mir entgegen, er blickte nicht hoch, als er an mir vorüberging. Ich atmete auf, alles war gut, niemand, so hoffte ich, war aufmerksam geworden.
Am selben Abend noch wurde ich aus meiner Wohnung gekidnappt.
Wohin mich die beiden Männer geschleppt hatten, konnte ich nicht herausfinden. Der Raum war eng, zweimal ein Meter, fensterlos, durch die Spalten des Bretterverschlags, der als Tür diente, fiel Licht. Sie hatten mir Hände und Füße gefesselt. Aber mein Mund war frei. Ich befand mich in einem Zustand, den ich in Freiheit als Trance bezeichnet hätte. Ein bittersüßlicher Geschmack lag mir auf der Zunge. Nach und nach wurde mir klar, dass ich betäubt worden war, ehe man mich hierhin gebracht hatte.
Wie spät war es? War es noch Nacht oder bereits Tag? Ich saß in die Ecke gepresst und konnte mich nicht rühren. Ich ließ mich auf die Seite fallen. Ein spitzer Schmerz in der Schulter, als ich auf sie fiel, ich unterdrückte ein Stöhnen. Mit äußerster Anstrengung robbte ich mich näher an die Tür, ich musste wissen, wo ich mich befand. Es gelang mir, meinen Kopf einem der Spalte in der Tür zu nähern.
Es war ein hellerleuchteter Raum. Das Auge schmerzte, nur langsam gewöhnte ich mich an das Licht. Der Raum war riesig, soviel konnte ich ausmachen, auch er fensterlos. In der Nähe meines Verschlages stand hüfthoch ein dunkelmetallenes Gerät, eine Maschine, ein Drehstuhl davor.
Gedämpft ertönten plötzlich Stimmen, Männerstimmen. Sie näherten sich meinem Verlies. So schnell es ging, robbte ich zurück, wieder in meine Ecke. Ich stellte mich schlafend.
Die Tür wurde aufgerissen. Schritte näherten sich mir. Eine Hand machte sich an meinen Beinen zu schaffen, die Fessel wurde gelöst. Der Mann schnaufte, er roch nach Bier und Zigarettenrauch. Er klatschte mir mit der flachen Hand ins Gesicht. Ich tat, als würde ich soeben erst zu mir kommen.
„Hoch!“
Mühsam stützte ich mich mit dem Rücken an der Wand ab, ich schob mich an ihr hoch, bis ich stand.
„Mitkommen!“
Der erste Schritt ging ins Nichts. Ich stürzte. Diesmal unterdrückte ich den Schrei nicht, als ich auf die Schulter fiel. Der Mann riss mich hoch, bis ich wieder stand. Er umklammerte meinen Arm und gab mir einen Stoß in den Rücken. „Los! Vorwärts!“
Der Raum war gleißend hell wie tausend Sonnen. Ich blieb stehen, die Augen schmerzten. „Weitergehen!“ Wieder ein Stoß in den Rücken.
Es war ein noch junger Mann, höchstens Dreißig. Gut gebaut, elastischer Schritt. Er trug einen blauen Overall wie unser Hausmeister.
Ein älterer Mann in dem gleichen blauen Overall, er ähnelte meinem Schwager mit seinem gepflegten grauen Haar und dem leichten Bauchansatz, kam uns entgegen. Er nahm mich in Empfang. Wortlos ging er neben mir hier. Überall standen Maschinen herum, der Raum war damit angefüllt. Ich rätselte: Wozu mochten sie dienen? Endlich hatten wir den riesigen Raum durchschritten und blieben vor einer eisernen grauen Tür mit großen Riegeln stehen. Ich kannte solche Türen aus den Luftschutzkellern meiner Kindheit.
Mein Begleiter führte eine Karte in einen Schlitz rechts neben der Tür ein. Die Riegel bewegten sich, die Tür öffnete sich einen Spalt. „Stufe, Achtung!“
Der Raum war leer bis auf einen Schreibtisch in der Mitte, an dem eine Tischlampe brannte. Dahinter erkannte ich ein Gesicht, durch das Spiel von Licht und Schatten ähnelte es einem Totenkopf.
„Treten Sie näher, setzen Sie sich!“ Die Stimme klang herrisch.
Jetzt erst sah ich den Holzstuhl vor dem Schreibtisch. Misstrauisch nahm ich umständlich Platz. Hinter mir schloss sich die Metalltür.
„Wie fühlen Sie sich?“
Ich antwortete nicht. Ich versuchte das Gesicht zu erkennen. Der Mann merkte es und rückte vom Schreibtisch ab, in das dahinter liegende Dunkel.
„Es geht“, sagte ich. Meine Stimme klang fremd, ich hätte es nicht für möglich gehalten, dass ich in meiner Situation überhaupt eine Antwort geben könnte.
„Margitta Schönemann, Sie sind einundvierzig Jahre alt, geschieden, die beiden Söhne im Ausland, der ältere Kapstadt, der jüngere London. Ist das richtig?“
Ich nickte. „Sie wissen Bescheid“, wagte ich zu sagen.
„Was tun sie dort?“
Ich zögerte mit der Antwort. Ich rückte mich auf dem Stuhl zurecht, um Zeit zu gewinnen.
„Antworten Sie!“
„Sie wissen es doch, warum fragen Sie?“
„Wir wissen, dass der Jüngere in London studiert, Hochfrequenztechnologie. Was studiert der Ältere?“
„Finden Sie es heraus.“
„Sie haben zu antworten. Sonst muss ich andere Saiten aufziehen.“
„Was für andere Saiten?“
„Wir können Ihre Söhne holen. Falls Ihnen das lieber ist.“
„Sie wissen es doch, was er studiert: Jura!“
„Warum nicht gleich so.“ Der Mann beugte sich wieder vor und suchte etwas aus den vor ihm liegenden Papieren heraus. Er hielt ein Blatt in der Hand und las ab: „Der geschiedene Ehemann lebt in den USA, Connecticut. Was tut er dort, wovon lebt er?“
„Mir nicht bekannt. Warum halten Sie mich hier fest? Was habe ich getan? Wer sind Sie überhaupt?“
Der Mann antwortete nicht. Plötzlich dreht er die Lampe in meine Richtung. Geblendet senkte ich den Kopf.
„Sie haben hier nichts zu fragen.“
„Werden Sie Lösegeld verlangen?“
Der Mann fixierte mich, spürte ich, obwohl ich ihn nicht erkennen konnte.
„Oder werden Sie mich ... töten?“
Er schwieg. Minutenlang blätterte er dann in seinen Papieren. Plötzlich prallte seine Hand auf die Tischplatte. Er erhob sich.
„Werden Sie wegziehen?“
Die Frage kam unverhofft. „Warum? Ich bin erst vor zwei Jahren hierher gezogen. Sagen Sie mir den Grund, weshalb ich wegziehen sollte.“
„Wir finden Sie, verlassen Sie sich darauf.“
„Dann finden Sie mich eben. Mehr als töten können Sie mich nicht, Sie ... Sie Zwerg Nase.“ Woher ich in diesem Moment meinen Mut genommen hatte, konnte ich mir später nicht erklären.
„Und keine Polizei. Verstanden?“
Der Mann, er war älter, als ich ihn mir vorgestellt hatte, erhob sich und ging zur Tür. Sie öffnete sich wie von Geisterhand.
Der jüngere, elastische Mann nahm mich in Empfang und führte mich wieder durch den Riesenraum. Ein paar Männer in blauen Overalls saßen jetzt an den Maschinen, es piepste und ratterte leise. Niemand drehte sich nach mir um.
Als ich zu mir kam, lag ich in einer Sandkuhle. Meine Hände waren nicht mehr gefesselt, nur die Schulter schmerzte noch. Es zirpte rings um mich herum. Es war ein brach liegendes Feld vor der Stadt, heller Tag, Glockenläuten, irgendwo in der Ferne krähte ein Hahn. Eine magere Spinne kroch auf mich zu, ich erhob mich. Über mir kreiste ein Greif, ein Roter Milan. Jetzt stürzte er herab. Vielleicht hatte er ein Kaninchen ausgemacht.
Ich stapfte über das Feld und versuchte, meine Gedanken zu sammeln und mir über das Vergangene klar zu werden: Man hatte mich gekidnappt und dann in ein Gebäude ohne Fenster verschleppt, vielleicht ein unterirdisches Gebäude? Jemand, der sich nicht vorgestellt hatte, verhörte mich. Wozu wollte er wissen, wo meine Jungen waren und was sie studierten? Eine Bestätigung? Wozu? Und warum fragten sie mich nach meinem geschiedenen Mann? Das Erlebte war rätselhaft, ich suchte nach einem Sinn. Erst als ich die Frage nach dem Lösegeld stellte, ließ der Verhörer von mir ab. Worin bestand der Zusammenhang? Ich hatte mir nichts vorzuwerfen, ich war eine unauffällige Bürgerin, niemals mit dem Gesetz in Konflikt geraten, ich war auch nicht vermögend – wer also wollte was von mir erfahren? Vor allem: Was? Die Angst um die Jungen begann mich zu überwältigen, ich wimmerte, ich stolperte und fiel auf die Knie, mit der Faust schlug ich auf die Erde, bis es schmerzte. Als hätte man mich ertappt. Wobei ertappt? Mir war, als folgten mir Augen, wohin ich auch gehen würde.
Das nahe Dorf, in das ich mich dann schleppte, kannte ich von früheren Ausflügen mit den Jungen. Sogar daran hatten sie gedacht. Zur Bahn waren es mehr als fünf Kilometer. Natürlich hatte ich keine Fahrkarte. Ich war sicher, erklären konnte ich mir meine Sicherheit jedoch nicht, dass ich nicht in eine Kontrolle kommen würde.
Anderntags, ich wollte nach einer unruhig verlaufenen Nacht zur Polizei gehen und meine Entführung anzeigen, führte mich mein Weg wieder an dem verfallenen Haus vorbei. Schon von weitem sah ich den Bagger. Er war dabei, das brüchige Gemäuer abzureißen. Soeben griff das Baggermaul nach der Wohnzimmerwand mit der großen Fensterhöhle und schwang seine Last über die Straße. Der Bagger verhielt einen Moment und öffnete dann die Greifer. Scheppernd rutschte und knallte das Gestein in den Kipper, eine Staubwolke wirbelte auf. Das Grün des verwilderten Gartens hatte sich weiß gefärbt.
Auf der anderen Straßenseite stand ein jüngerer Mann. Gelangweilt sah er den Abrissarbeiten zu. Sein Overall hob sich blau vor der vergrauten Hauswand ab.
ich finde es wie yaya auch ein schönes Herbstgedicht. Ja, das Fehlen der Schwalben ist ein sehr genaues Zeichen dafür, dass der Sommer vorbei ist und nun der Herbst einzieht. Den Herbst lese ich als Metapher für das Abklingen einer Sommerliebe.
Ich hoffe, du nimmst es nicht übel, wenn ich dich auf ein paar Kleinigkeiten zur Verbesserung deines schönen Gedichtes hinweise. Was mir als erstes auffällt, ist, dass du innerhalb des kleinen Gedichtes das Metrum wechselst, das aber ohne inhaltliche Begründung. Zum Beispiel hier: aus Vergessen und Vermissen/lauert ein erwartetes Signal. Die Zeile 1 soll wohl Jambus sein, während Zeile 2 eindeutig ein Trochäus ist. Man kann das Metrum innerhalb eines Gedichtes zwar wechseln, aber dann, um eine besondere Aussage zu verstärken, heißt, den Leser mit der Nase draufzustoßen, dass er hier aufmerken soll. Ich weiß gar nicht, ob du mit den Begriffen Jambus und Trochäus etwas anfangen kannst. Deshalb hier die Erklärung: Der Jambus beginnt mit unbetontem Auftakt (hier "aus) und wechselt dann zu einer betonten Silbe. Die Vorsilbe "ver" ist aber unbetont. Der Trochäus dagegen beginnt mit einer betonten Silbe, der eine unbetonte folgt. Im Kreuzelschreiben sehen diese beiden Zeilen also so aus: xxXxXxXx/XxXxXxXxX. Wenn ich aber voraussetze, dass die Zeile 1 ebenfalls ein Trochäus ist, dann fallen beide Zeilen aus dem Gesamtgedicht heraus, das ja im Jambus geschrieben ist. Du siehst also schon auf den ersten Blick, dass die Abfolge betont - unbetont bzw. unbetont - betont nicht eingehalten wurde. Du musst auch wissen, dass es starke und schwache Betonungen gibt, sie werden Hebungen genannt (das Gegenteil sind die Senkungen), die aber nicht mit der gesprochenen Sprache adäquat sind.
Inhaltlich lese ich aus dem Gedicht eine Sehnsucht nach Aufmerksamkeit und Liebe heraus. Das Ich wünscht, dass das Du das Bild der Schwalben genauso verinnerlicht wie das Ich. Vielleicht wird mit den Schwalben auch ein gemeinsames Erlebnis aus der Vergangenheit angesprochen. Die abziehenden Schwalben sind die Metapher für eine Liebe, die am Vergehen ist. Das finde ich sehr schön zusammengebracht. Mir gefällt auch gut die Wiederholung der Zeile "Hast du die Schwalben gesehen?", die eine drängende Aufforderung an das Du ist, sich der vergessenen Liebe wieder zu besinnen.
ich verstehe, dass es dem Ich in der Stadt nicht gefällt. Obwohl ich mein Leben lang in Berlin, also einer Großstadt, gelebt habe, gehe ich da mit. Auf dem Land lebt man mit der Natur, und wer dafür empfänglich ist, fühlt sich auf dem Land freier als in der Stadt, obwohl man auf dem Land auch verschiedene Bedrückungen kennt. Das ist wohl zusammengefasst die Aussage.
Sprachlich wäre anzumerken, dass das Gedicht einem Kinderreim ähnelt. Ich könnte mir zu diesem Thema allerdings ein Gedicht für Erwachsene vorstellen.
Tja, wo fängt man an? Am besten mit dem Einstieg, mit der unbekannten "sie". Das machen alle Anfänger, dass sie glauben, wenn man den Namen nicht sofort nennt, mache das neugierig auf die Person, die da spricht. Warum die Protagonistin nicht mit Namen vorstellen, was spricht dagegen?
Zur Geschichte selbst: Du hättest von vornherein schreiben müssen, dass die Gruppe Menschen irgendwohin fährt, dass sie im Auto sitzen, das erfährt man nämlich erst, nachdem man die Hälfte der Geschichte gelesen hat, auch so ein Anfängerfehler. Die Figuren leben im Grunde nur als Schatten, sind durch nichts charakterisiert, ein echtes Manko. Lediglich Adi, die mehr Text hat, gewinnt Leben. Es wird viel geredet, kaum etwas gehandelt, und Handlung ist nun mal da A und O einer jeden Geschichte, auch wenn sie als Erzählung auftritt. Die Handlung hat immer die Aufgabe, eine Geschichte zu strukturieren. Eine Strukturierung erkenne in dieser Erzählung nicht.
Zum Inhalt: Hier unterhalten sich nach 1990 mehrere rumänische Roma, am Titel "Zigeunerkind" allein erkennbar, über die Vergangenheit, der Zeit unter der sowjetischen Besetzung nach dem Kriege und der Zeit des Sozialismus unter Ceausescu. Die Geschichte verhehlt nicht die antikommunistische Einstellung der redenden Personen, diese durchzieht die gesamte Erzählung. Grundtenor: Wie schlimm der Kommunismus war!
Sicher, Westdeutsche werden gebannt diese Erzählung lesen, sie sind ja seit ihrer Kindheit antikommunistisch geprägt, sowohl durch die Schule, als auch durch Kultur, Elternhaus und allgemeiner Öffentlichkeit. Mit der Erwartung: Endlich erfahren wir authentisch, wie es im Ostblock wirklich war. Es ist für sie also die gewohnte Sichtweise.
Ich kann es nicht einschätzen, wie der Sozialismus in Rumänien für die Roma-Ethnie war, ich kenne nur die DDR, und in der DDR war es nicht so wie geschildert. Wir hatten auch Roma, aber sie unterschieden sich in nichts von allen anderen DDR-Bürgern. Ich kann also nicht sagen, ob irgend etwas unter- oder übertrieben ist, das von dem Hass auf den Sozialismus seinen Ausgang nimmt, ob die Aussagen wahr oder unwahr sind. Mir ist bekannt, dass der rumänische Staat unter Ceausescu viel für die Roma-Bevölkerung getan hatte, sie in die rumänische Gesellschaft einzubeziehen. Dass das aber noch nicht vollständig gelang, hängt sicher damit zusammen, dass Rumänien ein armes Land war, das nie einen solchen Lebensstandard hatte wie zum Beispiel die DDR. Ein Bekannter von mir war 1980 in Brasov, also bei den Siebenbürgern, und berichtete entsetzt, dass zum Beispiel die Fleischerläden kaum Ware hatten, dass gerade die Auslandsdeutschen den allergrößten Hass auf Ceausescu hatten und sehnsüchtig an die Zeit des rumänischen Faschismus zurückdachten, als "der Deutsche" der Übermensch war. So etwa muss man sich mit einiger Überlegung vielleicht die Stimmung in ganz Rumänien vorstellen.
Dass es sich hier um eine Geschichte voller Hass auf den Sozialismus handelt, ist nicht anzuzweifeln. Mit dieser Geschichte wirst du vielleicht Erfolg haben, sie wird dir sicher von einem Verlag abgenommen werden, denke ich, und zwar nicht wegen literarischer Vorzüge, sondern wegen des antikommunistischen Trends, der im Grunde in jeder Zeile sichtbar ist. Du wirst deinen Weg machen in der bundesdeutschen Gesellschaft. Die Frage ist nur: welchen Weg. Kannst du mit diesem Text eines Tages vor dir selbst als Autor bestehen? Diese Frage müsstest du dir stellen, wenn du ernsthaft daran denkst, diese und weitere Erzählungen aus Rumänien mit diesem geballten Hass in die Öffentlichkeit zu bringen.
Dankeschön für deinen Kommentar. Leider entscheidet die deutsche Grammatik, wann ein Komma korrekt ist, weder ich noch du. Einverstanden? Ich habe ja nichts gegen eine Kommawüste bei anderen, bei mir aber versuche ich sie zu vermeiden.
man muss nicht immer davon ausgehen, wie man es selbst machen würde. Nein, ich will weder Doppelpunkt noch Komma, es ist meine Art, mich ohne Fisimantenten auszudrücken. Musst du respektieren, ich sehe bei dir auch über einiges Ungeschickte hinweg, weil ich deinen Entwicklungsstand respektiere und hoffe, dass du irgendwann von selbst dahinterkommst. Als Nachtrag, ich habe es ja schon einmal geschrieben: Das fehlende Hilfsverb sein ist ausgelassen, weil es sprachlich stören würde, man nennt diese Wortfigur Ellipse, das gehört aber ins Handwerkliche. Nicht so dein Fall, hm?
Es hat doch mit Kitsch nichts zu tun, wenn ich auf eine dumme Gewohnheit eingehe, schon am Morgen fernzusehen, weil ja sonst nichts passiert. Was ja nur darauf hinweist, wie entleert die heutige Gesellschaft ist. Apropos Kitsch. Der ist was anderes: Lies mal Herta Müller, dann weißt du ganz genau, was Kitsch ist, bei ihren Büchern hast du den in Reinkultur.
nein, das einschließende Komma wäre grammatikalisch falsch. Es ist schlicht überflüssig. Ein Komma vor "trotz" nur dann, wenn dieses Satzteil nachgestellt wäre, um es zu betonen. Ist es aber nicht.
Was hast du gegen die Erwähnung der Glotze? Wo mindestens die Hälfte aller Deutschen morgens MoMa sehen, damit sie sich schon am frühen Morgen "informiert fühlen", das heißt, "heimisch" fühlen? Nein, die gehört dahin, unbedingt. Das ist ein wesentlicher Ausdruck heutigen Lebens.
In mir trag ich blauende Landschaft, Fernen, nichts als Fernen, Lärchenwälder. Ich gebe mich der Stadt zurück, den Schnellstraßen, dem Laternenlicht, den streunenden Katzen.
Der graue Nacken hiesigen Himmels trotz aller Verheerungen schön. Ich wüsste nicht, was mich abhielte, ihn zu lieben, ich mag die Melancholie lautloser Wolkengebirge,
die stillen Morgen ohne Fernsehen, den Blick in das Halblicht der Straße. Stadt, die mich nicht vergisst, die ihre Häupter zusammenhält, wo die Tage ihre Trauer verbergen, als gehöre sie sich nicht.
Schnee im Oktober, etwas ungewöhnlich in unseren Breiten. Aber vielleicht schreibst du von deiner ursprünglichen Heimat, vielleicht schneit es dort schon im Oktober. Du konzentrierst dich auf die Veränderungen, die ein strenger Herbst mit sich bringt für Mensch, Insekt und Vögel. Das Gedicht ist gereimt, Jambus, fünf Hebungen.
Sprachlich bewegst du dich im Umgangsdeutsch, was dem Gedicht eine gewisse Lockerheit verleiht, ihm aber auch Tiefe des Ausdrucks nimmt. Die Alliteration zum Beispiel von 2/2 kommt für meine Begriffe zu gewollt rüber. Die Melancholie, die bei solchen Veränderungen in der Natur immer auch mitspielt, vermeidest du konsequent, es sei denn die Aufforderung an den Buchfink zu schweigen in der letzten Zeile. Die vierversigen Strophen 1 und 4 umarmen die fünfversigen Strophen 2 und 3. Insgesamt sind das naturalistische Beobachtungen, der offensichtlich beabsichtigte Humor kommt mir etwas bemüht vor.
Rein technisch bin ich nicht so richtig zufrieden. Zum Beispiel ist der Nordwind immer kalt, das muss also nicht betont werden, den Bäckereien fehlt aus reimtechnischen Gründen das e, kommt aber nicht gut an, der Kaffee wird besser auf der zweiten Silbe betont, und dass die Bäume knöchernen Gestalten "entsprechen", ist Bürokratendeutsch, wie vibriert ein Zweig "herb", ist ein beschneiter Zweig "tot" - das sind so die sprachlichen Auffälligkeiten, die bei mir nicht so gut ankommen. Dem letzten Vers gönnst du eine Hebung mehr, was ohne Abstriche an der Aussage hätte vermieden werden können. Am Ende sagt der Leser vielleicht: "Aha, auch die Vögel!"
Ich hoffe, du kannst mit meinen Hinweisen etwas anfangen.
dein Gedichtchen hätte ich beinahe übersehen, weil es so kurz ist. Hast du schön gemacht. Kürzer kann man es wohl kaum sagen, wie Scheiße die Welt ist.