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#1
von Pseudonym (gelöscht)
Herr M
in Kurzgeschichten, Erzählungen, Novellen und Dramen. 30.01.2008 20:22von Pseudonym (gelöscht)
Herr M
Herrn M zu beschreiben war keine einfache Angelegenheit. Er war ein sehr kleiner Mann, aber nicht Kleinwüchsig. Sah man ihn aus einiger Entfernung, war er allerdings recht groß und stattlich, wohlproportioniert und als fabelhaft aussehend zu bezeichnen. Er trug gut sitzende, offenbar maßgeschneiderte Anzüge in unterschiedlichen Grautönen, und glänzende, schwarze Lederschuhe.
Doch schon über die Farbe seiner Haare gingen die Meinungen weit auseinander, während einige behaupteten sie seien hellblond und fielen in weichen Wellen bis zu seinen Schultern, waren andere sicher, dass sie kurz, glatt und von einem bläulich schimmernden schwarz waren. Seine Gesichtszüge zu beschreiben war so gut wie unmöglich, sie waren so unwirklich wie ein Feld voller Raben inmitten dichter Nebelschwaden.
Näherte man sich Herrn M, so schien er zu schrumpfen, mit jedem Schritt den man auf ihn zu tat, wurde er kleiner und unscheinbarer. Dennoch hielt ihn niemand für seltsam, oder auf unangenehme Weise andersartig, was wohl auf die Tatsache zurückzuführen war, dass, wenn man auf ihn zu ging, um ein Gespräch zu führen, oder auch nur guten Tag zu sagen, er so unscheinbar, ja, fast durchscheinend wurde, dass einem der Grund der Annäherung entfiel.
Seine Gestalt wurde auf kurze Distanz sogar so gering, dass er zu verschwinden schien, und dann kam es häufig vor, dass man seine Gegenwart einfach vergaß. Die Menschen rieben sich in solch einem Fall über die Stirn, wie um einen trüben Gedanken zu fassen, der eben noch greifbar schien, schüttelten den Kopf und gingen, nach kurzem Innehalten, ihren alltäglichen Beschäftigungen nach.
So war es recht unwahrscheinlich, dass irgendjemand tatsächlich einmal mit Herrn M sprach.
Ich befand mich auf einem Kongress in München, und wartete im futuristischen Ambiente der Metropolis Bar des City Hilton, auf einem der dunkelroten Lederstühle, an der Bar. Der Kellner wischte über die glänzende Oberfläche des tiefschwarzen, edlen Holzes und meine Blicke schweiften leicht gereizt durch den Raum, als ich Herrn M zum ersten Mal sah.
Er muss schon am anderen Ende der Theke gesessen haben als ich die Bar betrat, doch ich hatte ihn erst in diesem Augenblick bemerkt.
Er sah mich an. Nicht auf die unauffällige Art, mit der man jemand Fremden mustert und seinen Blick senkt, falls man entdeckt wird, sondern mit unverhohlenem Interesse. Ich starrte intensiv auf meine makellosen, frisch manikürten Fingernägel und wartete auf das unangenehme Kribbeln auf meiner Haut, das sich immer einstellte wenn ich erkannte, dass ich beobachtet wurde, doch es blieb aus.
War ich soeben noch ungeduldig gewesen, da sich meine Kollegen verspäteten, so wurde ich jetzt ruhiger, und Gelassenheit legte sich, wie ein schützender Mantel, um meinen Körper. Ich war völlig entspannt, meine Augenlider wurden schwer und milde Träume in durchscheinenden Grüntönen schlichen sich in mein Unterbewusstsein, als der Barkeeper mir noch einen Drink anbot.
Ich lehnte ab, da einige meiner Kollegen den Raum betraten, und mich zu sich winkten. Wir begrüßten uns flüchtig und gingen gemeinsam zum Abendessen in eines der hoteleigenen Restaurants.
Ich blickte beim hinausgehen über die Schulter, doch Herr M saß nicht mehr auf seinem Platz.
Drei Wochen später, es war in Stockholm an einem regnerischen Vormittag, sah ich Herrn M noch ein Mal.
Ich hatte kein Taxi gefunden, die U-Bahn verpasst, und war mir sicher, ich würde zu spät zu einem wichtigen Meeting kommen. Es war sehr kühl an diesem Morgen, ich hatte den Kragen meines Mantels hochgeschlagen und eilte die Straße entlang.
An der Kante des gegenüberliegenden Gehsteigs stand ein vielleicht acht- oder neunjähriges Mädchen. Es hatte sein langes blondes Haar zu Zöpfen geflochten, an deren Enden jeweils eine leuchtend rote Schleife befestigt, und wartete darauf, dass die Fußgängerampel auf Grün schaltete.
Es lief los, und ich blieb stehen. Es hüpfte über die breite Straße und seine Zöpfe hüpften und sein mohnrotes Kleid hüpfte mit ihm.
Da entdeckte ich Herrn M, etwa zwanzig Meter vor mir, auf meiner Seite des Fußgängerüberweges, und das Mädchen sah ihn ebenfalls, es blickte geradewegs in seine Richtung. Es verlangsamte seine Schritte und aus dem Hüpfen wurde ein Gehen, dann ein Schleichen und schließlich blieb es, ohne ersichtlichen Grund, mitten auf der Kreuzung stehen.
Ich wollte dem Kind etwas zurufen, doch weder kamen mir die richtigen Worte in den Sinn, noch wäre es mir möglich gewesen meine Zunge vom Gaumen zu lösen, um sie auszusprechen.
Herr M stand regungslos, mit verschränkten Armen an die Ampel gelehnt, in seinem dunkelgrauen Anzug da.
Ich versuchte auf das Mädchen zuzugehen, doch meine Füße umfing eine bleierne Müdigkeit, die es undenkbar machte sie zu bewegen. Ich sackte auf meine Knie zusammen und stützte mich vornüber gebeugt in einer kleinen, schmutzigen Pfütze ab und Gleichmut umfing meinen Geist und ich fiel in bodenlose Bilder aus Grün.
Vorhergehende Version:
Herr M
Herrn M zu beschreiben war keine einfache Angelegenheit. Er war ein sehr kleiner Mann, aber nicht Kleinwüchsig. Sah man ihn aus einiger Entfernung, war er allerdings recht groß und stattlich, wohlproportioniert und als fabelhaft aussehend zu bezeichnen. Er trug gut sitzende, offenbar maßgeschneiderte Anzüge in unterschiedlichen Grautönen, und glänzende, schwarze Lederschuhe.
Doch schon über die Farbe seiner Haare gingen die Meinungen weit auseinander, während einige behaupteten sie seien hellblond und fielen in weichen Wellen bis zu seinen Schultern, waren andere sicher, dass sie kurz, glatt und von einem bläulich schimmernden schwarz waren. Seine Gesichtszüge zu beschreiben war so gut wie unmöglich, sie waren so unwirklich wie ein Feld voller Raben inmitten dichter Nebelschwaden.
Näherte man sich Herrn M, so schien er zu schrumpfen, mit jedem Schritt den man auf ihn zu tat, wurde er kleiner und unscheinbarer. Dennoch hielt ihn niemand für seltsam, oder auf unangenehme Weise andersartig, was wohl auf die Tatsache zurückzuführen war, dass, wenn man auf ihn zu ging, um ein Gespräch zu führen, oder auch nur guten Tag zu sagen, er so unscheinbar, ja, fast durchscheinend wurde, dass einem der Grund der Annäherung entfiel.
Seine Gestalt wurde auf kurze Distanz sogar so gering, dass er zu verschwinden schien, und dann kam es häufig vor, dass man seine Gegenwart einfach vergaß. Die Menschen rieben sich in solch einem Fall über die Stirn, wie um einen trüben Gedanken zu fassen, der eben noch greifbar schien, schüttelten den Kopf und gingen, nach kurzem Innehalten, ihren alltäglichen Beschäftigungen nach.
So war es recht unwahrscheinlich, dass irgendjemand tatsächlich einmal mit Herrn M sprach.
Ich befand mich auf einem Kongress in München, und wartete im futuristischen Ambiente der Metropolis Bar des City Hilton, auf einem der dunkelroten Lederstühle, an der Bar. Der Kellner wischte über die glänzende Oberfläche des tiefschwarzen, edlen Holzes und meine Blicke schweiften leicht gereizt durch den Raum, als ich Herrn M zum ersten Mal sah.
Er muss schon am anderen Ende der Theke gesessen haben als ich die Bar betrat, doch ich hatte ihn erst in diesem Augenblick bemerkt.
Er sah mich an. Nicht auf die unauffällige Art, mit der man einen Fremden mustert und seinen Blick senkt, falls man entdeckt wird, sondern mit unverhohlenem Interesse. Ich starrte intensiv auf meine makellosen, frisch manikürten Fingernägel und wartete auf das unangenehme Kribbeln auf meiner Haut, das sich immer einstellte wenn ich erkannte, dass ich beobachtet wurde, doch es blieb aus.
War ich soeben noch ungeduldig gewesen, da sich meine Kollegen verspäteten, so wurde ich jetzt ruhiger, und Gelassenheit legte sich, wie ein schützender Mantel, um meinen Körper. Ich war völlig entspannt, meine Augenlider wurden schwer und milde Träume in durchscheinenden Grüntönen schlichen sich in mein Unterbewusstsein, als der Barkeeper mir noch einen Drink anbot.
Ich lehnte ab, da einige meiner Kollegen den Raum betraten, und mich zu sich winkten. Wir begrüßten uns flüchtig und gingen gemeinsam zum Abendessen in eines der hoteleigenen Restaurants.
Ich blickte beim hinausgehen über die Schulter, doch Herr M saß nicht mehr auf seinem Platz.
Drei Wochen später, es war in Berlin an einem regnerischen Vormittag, sah ich Herrn M noch ein Mal.
Ich hatte kein Taxi gefunden, die Straßenbahn verpasst, und war mir sicher, ich würde zu spät zu einem wichtigen Meeting kommen. Es war sehr kühl an diesem Morgen, ich hatte den Kragen meines Mantels hochgeschlagen und eilte die Straße entlang.
An der Kante des gegenüberliegenden Gehsteigs stand ein vielleicht acht oder neun jähriges Mädchen. Sie hatte ihr langes blondes Haar zu Zöpfen geflochten, an deren Enden jeweils eine leuchtend rote Schleife befestigt, und wartete darauf, dass die Fußgängerampel auf Grün schaltete.
Sie ging los, und ich blieb stehen. Sie hüpfte über die breite Straße und ihre Zöpfe hüpften und ihr mohnrotes Kleid hüpfte mit ihr.
Da entdeckte ich Herrn M, etwa zwanzig Meter vor mir, auf meiner Seite des Fußgängerüberweges, und das Mädchen sah ihn ebenfalls, sie blickte geradewegs in seine Richtung. Sie verlangsamte ihre Schritte und aus dem Hüpfen wurde ein Gehen, dann ein Schleichen und schließlich blieb sie, ohne ersichtlichen Grund, mitten auf der Kreuzung stehen.
Ich wollte ihr etwas zurufen, doch weder kamen mir die richtigen Worte in den Sinn, noch wäre es mir möglich gewesen meine Zunge vom Gaumen zu lösen, um sie auszusprechen.
Herr M stand regungslos, mit verschränkten Armen an die Ampel gelehnt, in seinem dunkelgrauen Anzug da.
Ich versuchte auf das Mädchen zuzugehen, doch meine Füße umfing eine bleierne Müdigkeit, die es undenkbar machte sie zu bewegen. Ich sackte auf meine Knie zusammen und stützte mich vornüber gebeugt in einer kleinen, schmutzigen Pfütze ab und Gleichmut umfing meinen Geist und ich fiel in bodenlose Bilder aus Grün.
Herrn M zu beschreiben war keine einfache Angelegenheit. Er war ein sehr kleiner Mann, aber nicht Kleinwüchsig. Sah man ihn aus einiger Entfernung, war er allerdings recht groß und stattlich, wohlproportioniert und als fabelhaft aussehend zu bezeichnen. Er trug gut sitzende, offenbar maßgeschneiderte Anzüge in unterschiedlichen Grautönen, und glänzende, schwarze Lederschuhe.
Doch schon über die Farbe seiner Haare gingen die Meinungen weit auseinander, während einige behaupteten sie seien hellblond und fielen in weichen Wellen bis zu seinen Schultern, waren andere sicher, dass sie kurz, glatt und von einem bläulich schimmernden schwarz waren. Seine Gesichtszüge zu beschreiben war so gut wie unmöglich, sie waren so unwirklich wie ein Feld voller Raben inmitten dichter Nebelschwaden.
Näherte man sich Herrn M, so schien er zu schrumpfen, mit jedem Schritt den man auf ihn zu tat, wurde er kleiner und unscheinbarer. Dennoch hielt ihn niemand für seltsam, oder auf unangenehme Weise andersartig, was wohl auf die Tatsache zurückzuführen war, dass, wenn man auf ihn zu ging, um ein Gespräch zu führen, oder auch nur guten Tag zu sagen, er so unscheinbar, ja, fast durchscheinend wurde, dass einem der Grund der Annäherung entfiel.
Seine Gestalt wurde auf kurze Distanz sogar so gering, dass er zu verschwinden schien, und dann kam es häufig vor, dass man seine Gegenwart einfach vergaß. Die Menschen rieben sich in solch einem Fall über die Stirn, wie um einen trüben Gedanken zu fassen, der eben noch greifbar schien, schüttelten den Kopf und gingen, nach kurzem Innehalten, ihren alltäglichen Beschäftigungen nach.
So war es recht unwahrscheinlich, dass irgendjemand tatsächlich einmal mit Herrn M sprach.
Ich befand mich auf einem Kongress in München, und wartete im futuristischen Ambiente der Metropolis Bar des City Hilton, auf einem der dunkelroten Lederstühle, an der Bar. Der Kellner wischte über die glänzende Oberfläche des tiefschwarzen, edlen Holzes und meine Blicke schweiften leicht gereizt durch den Raum, als ich Herrn M zum ersten Mal sah.
Er muss schon am anderen Ende der Theke gesessen haben als ich die Bar betrat, doch ich hatte ihn erst in diesem Augenblick bemerkt.
Er sah mich an. Nicht auf die unauffällige Art, mit der man jemand Fremden mustert und seinen Blick senkt, falls man entdeckt wird, sondern mit unverhohlenem Interesse. Ich starrte intensiv auf meine makellosen, frisch manikürten Fingernägel und wartete auf das unangenehme Kribbeln auf meiner Haut, das sich immer einstellte wenn ich erkannte, dass ich beobachtet wurde, doch es blieb aus.
War ich soeben noch ungeduldig gewesen, da sich meine Kollegen verspäteten, so wurde ich jetzt ruhiger, und Gelassenheit legte sich, wie ein schützender Mantel, um meinen Körper. Ich war völlig entspannt, meine Augenlider wurden schwer und milde Träume in durchscheinenden Grüntönen schlichen sich in mein Unterbewusstsein, als der Barkeeper mir noch einen Drink anbot.
Ich lehnte ab, da einige meiner Kollegen den Raum betraten, und mich zu sich winkten. Wir begrüßten uns flüchtig und gingen gemeinsam zum Abendessen in eines der hoteleigenen Restaurants.
Ich blickte beim hinausgehen über die Schulter, doch Herr M saß nicht mehr auf seinem Platz.
Drei Wochen später, es war in Stockholm an einem regnerischen Vormittag, sah ich Herrn M noch ein Mal.
Ich hatte kein Taxi gefunden, die U-Bahn verpasst, und war mir sicher, ich würde zu spät zu einem wichtigen Meeting kommen. Es war sehr kühl an diesem Morgen, ich hatte den Kragen meines Mantels hochgeschlagen und eilte die Straße entlang.
An der Kante des gegenüberliegenden Gehsteigs stand ein vielleicht acht- oder neunjähriges Mädchen. Es hatte sein langes blondes Haar zu Zöpfen geflochten, an deren Enden jeweils eine leuchtend rote Schleife befestigt, und wartete darauf, dass die Fußgängerampel auf Grün schaltete.
Es lief los, und ich blieb stehen. Es hüpfte über die breite Straße und seine Zöpfe hüpften und sein mohnrotes Kleid hüpfte mit ihm.
Da entdeckte ich Herrn M, etwa zwanzig Meter vor mir, auf meiner Seite des Fußgängerüberweges, und das Mädchen sah ihn ebenfalls, es blickte geradewegs in seine Richtung. Es verlangsamte seine Schritte und aus dem Hüpfen wurde ein Gehen, dann ein Schleichen und schließlich blieb es, ohne ersichtlichen Grund, mitten auf der Kreuzung stehen.
Ich wollte dem Kind etwas zurufen, doch weder kamen mir die richtigen Worte in den Sinn, noch wäre es mir möglich gewesen meine Zunge vom Gaumen zu lösen, um sie auszusprechen.
Herr M stand regungslos, mit verschränkten Armen an die Ampel gelehnt, in seinem dunkelgrauen Anzug da.
Ich versuchte auf das Mädchen zuzugehen, doch meine Füße umfing eine bleierne Müdigkeit, die es undenkbar machte sie zu bewegen. Ich sackte auf meine Knie zusammen und stützte mich vornüber gebeugt in einer kleinen, schmutzigen Pfütze ab und Gleichmut umfing meinen Geist und ich fiel in bodenlose Bilder aus Grün.
Vorhergehende Version:
Herr M
Herrn M zu beschreiben war keine einfache Angelegenheit. Er war ein sehr kleiner Mann, aber nicht Kleinwüchsig. Sah man ihn aus einiger Entfernung, war er allerdings recht groß und stattlich, wohlproportioniert und als fabelhaft aussehend zu bezeichnen. Er trug gut sitzende, offenbar maßgeschneiderte Anzüge in unterschiedlichen Grautönen, und glänzende, schwarze Lederschuhe.
Doch schon über die Farbe seiner Haare gingen die Meinungen weit auseinander, während einige behaupteten sie seien hellblond und fielen in weichen Wellen bis zu seinen Schultern, waren andere sicher, dass sie kurz, glatt und von einem bläulich schimmernden schwarz waren. Seine Gesichtszüge zu beschreiben war so gut wie unmöglich, sie waren so unwirklich wie ein Feld voller Raben inmitten dichter Nebelschwaden.
Näherte man sich Herrn M, so schien er zu schrumpfen, mit jedem Schritt den man auf ihn zu tat, wurde er kleiner und unscheinbarer. Dennoch hielt ihn niemand für seltsam, oder auf unangenehme Weise andersartig, was wohl auf die Tatsache zurückzuführen war, dass, wenn man auf ihn zu ging, um ein Gespräch zu führen, oder auch nur guten Tag zu sagen, er so unscheinbar, ja, fast durchscheinend wurde, dass einem der Grund der Annäherung entfiel.
Seine Gestalt wurde auf kurze Distanz sogar so gering, dass er zu verschwinden schien, und dann kam es häufig vor, dass man seine Gegenwart einfach vergaß. Die Menschen rieben sich in solch einem Fall über die Stirn, wie um einen trüben Gedanken zu fassen, der eben noch greifbar schien, schüttelten den Kopf und gingen, nach kurzem Innehalten, ihren alltäglichen Beschäftigungen nach.
So war es recht unwahrscheinlich, dass irgendjemand tatsächlich einmal mit Herrn M sprach.
Ich befand mich auf einem Kongress in München, und wartete im futuristischen Ambiente der Metropolis Bar des City Hilton, auf einem der dunkelroten Lederstühle, an der Bar. Der Kellner wischte über die glänzende Oberfläche des tiefschwarzen, edlen Holzes und meine Blicke schweiften leicht gereizt durch den Raum, als ich Herrn M zum ersten Mal sah.
Er muss schon am anderen Ende der Theke gesessen haben als ich die Bar betrat, doch ich hatte ihn erst in diesem Augenblick bemerkt.
Er sah mich an. Nicht auf die unauffällige Art, mit der man einen Fremden mustert und seinen Blick senkt, falls man entdeckt wird, sondern mit unverhohlenem Interesse. Ich starrte intensiv auf meine makellosen, frisch manikürten Fingernägel und wartete auf das unangenehme Kribbeln auf meiner Haut, das sich immer einstellte wenn ich erkannte, dass ich beobachtet wurde, doch es blieb aus.
War ich soeben noch ungeduldig gewesen, da sich meine Kollegen verspäteten, so wurde ich jetzt ruhiger, und Gelassenheit legte sich, wie ein schützender Mantel, um meinen Körper. Ich war völlig entspannt, meine Augenlider wurden schwer und milde Träume in durchscheinenden Grüntönen schlichen sich in mein Unterbewusstsein, als der Barkeeper mir noch einen Drink anbot.
Ich lehnte ab, da einige meiner Kollegen den Raum betraten, und mich zu sich winkten. Wir begrüßten uns flüchtig und gingen gemeinsam zum Abendessen in eines der hoteleigenen Restaurants.
Ich blickte beim hinausgehen über die Schulter, doch Herr M saß nicht mehr auf seinem Platz.
Drei Wochen später, es war in Berlin an einem regnerischen Vormittag, sah ich Herrn M noch ein Mal.
Ich hatte kein Taxi gefunden, die Straßenbahn verpasst, und war mir sicher, ich würde zu spät zu einem wichtigen Meeting kommen. Es war sehr kühl an diesem Morgen, ich hatte den Kragen meines Mantels hochgeschlagen und eilte die Straße entlang.
An der Kante des gegenüberliegenden Gehsteigs stand ein vielleicht acht oder neun jähriges Mädchen. Sie hatte ihr langes blondes Haar zu Zöpfen geflochten, an deren Enden jeweils eine leuchtend rote Schleife befestigt, und wartete darauf, dass die Fußgängerampel auf Grün schaltete.
Sie ging los, und ich blieb stehen. Sie hüpfte über die breite Straße und ihre Zöpfe hüpften und ihr mohnrotes Kleid hüpfte mit ihr.
Da entdeckte ich Herrn M, etwa zwanzig Meter vor mir, auf meiner Seite des Fußgängerüberweges, und das Mädchen sah ihn ebenfalls, sie blickte geradewegs in seine Richtung. Sie verlangsamte ihre Schritte und aus dem Hüpfen wurde ein Gehen, dann ein Schleichen und schließlich blieb sie, ohne ersichtlichen Grund, mitten auf der Kreuzung stehen.
Ich wollte ihr etwas zurufen, doch weder kamen mir die richtigen Worte in den Sinn, noch wäre es mir möglich gewesen meine Zunge vom Gaumen zu lösen, um sie auszusprechen.
Herr M stand regungslos, mit verschränkten Armen an die Ampel gelehnt, in seinem dunkelgrauen Anzug da.
Ich versuchte auf das Mädchen zuzugehen, doch meine Füße umfing eine bleierne Müdigkeit, die es undenkbar machte sie zu bewegen. Ich sackte auf meine Knie zusammen und stützte mich vornüber gebeugt in einer kleinen, schmutzigen Pfütze ab und Gleichmut umfing meinen Geist und ich fiel in bodenlose Bilder aus Grün.
#2
von bipontina (gelöscht)
Herr M
in Kurzgeschichten, Erzählungen, Novellen und Dramen. 01.02.2008 01:14von bipontina (gelöscht)
Guten Frühmorgen, anonym!
Eine sehr interessante Kurzgeschichte! Selten las ich eine bessere in letzter Zeit.
Ich mache Vorbehalte:
Ab "Ich befand mich.." wird sie etwas oberflächlich und mit allzuviel Dekor verziert.
Was vorher (in meinen Augen ) lapidar und , weil erkennbar, spannend dargestellt war, zerflattert dann in aufgesetzt wirkender Dramaturgie.
Was mich anfangs an O Henry erinnerte, enttäuschte am Ende wie ein kitschig-thrill-filmisches Experiment. so vorhersehbar und ohne das fast Geheimnisvolle des Anfangs.
Die "story" ist gut.
Satzzeichenfehler zu korrigieren - dazu fehlt mir im Moment die Zeit (es gäbe deren viele!) ... das ist auch nicht das Wichtige. Obwohl es dem Leser die Lektüre erleichterte, säßen Komma und Punkt an der zugehörigen Stelle.
Was mich besonders störte: Es ist die Rede von "das Mädchen".
Später liest man nur noch "sie", also feminimum statt neutrum. Ich hätte das "neutrum" beibehalten. Es sei denn, Du hattest etwas andres sagen wollen (Frau statt Kind ).
Da sicher jeder den Film : "M" - eine Stadt sucht einen Mörder kennt, denke ich, daß Du Dich an Fritz Lang nur angelehnt hast.
Die Hotelbarszene spricht für eine andere Deutung.
Die "makellosen, frisch manikürten Fingernägel" sind mir etwas rätselhaft.
Ich hoffe, ich bekomme Aufklärung. Und sei es eine grüne!
Lieben Gruß von bipontina (wahrscheinlich wieder zu naiv!)
Eine sehr interessante Kurzgeschichte! Selten las ich eine bessere in letzter Zeit.
Ich mache Vorbehalte:
Ab "Ich befand mich.." wird sie etwas oberflächlich und mit allzuviel Dekor verziert.
Was vorher (in meinen Augen ) lapidar und , weil erkennbar, spannend dargestellt war, zerflattert dann in aufgesetzt wirkender Dramaturgie.
Was mich anfangs an O Henry erinnerte, enttäuschte am Ende wie ein kitschig-thrill-filmisches Experiment. so vorhersehbar und ohne das fast Geheimnisvolle des Anfangs.
Die "story" ist gut.
Satzzeichenfehler zu korrigieren - dazu fehlt mir im Moment die Zeit (es gäbe deren viele!) ... das ist auch nicht das Wichtige. Obwohl es dem Leser die Lektüre erleichterte, säßen Komma und Punkt an der zugehörigen Stelle.
Was mich besonders störte: Es ist die Rede von "das Mädchen".
Später liest man nur noch "sie", also feminimum statt neutrum. Ich hätte das "neutrum" beibehalten. Es sei denn, Du hattest etwas andres sagen wollen (Frau statt Kind ).
Da sicher jeder den Film : "M" - eine Stadt sucht einen Mörder kennt, denke ich, daß Du Dich an Fritz Lang nur angelehnt hast.
Die Hotelbarszene spricht für eine andere Deutung.
Die "makellosen, frisch manikürten Fingernägel" sind mir etwas rätselhaft.
Ich hoffe, ich bekomme Aufklärung. Und sei es eine grüne!
Lieben Gruß von bipontina (wahrscheinlich wieder zu naiv!)
#3
von Joame Plebis • | 3.690 Beiträge | 3826 Punkte
Herr M
in Kurzgeschichten, Erzählungen, Novellen und Dramen. 01.02.2008 23:13von Joame Plebis • | 3.690 Beiträge | 3826 Punkte
Hallo, Anonyme(r)!
Gut gemacht: interessant und phantasievoll.
Ich will nicht rätseln, ob die optische Effekte einer Lösung bedürfen oder zum Phantasiereigen gehören.
Gut erzählt, kurzweilig und interessant. Da gehört schon eine Fortsetzung her, damit es nicht als kleine Kurzgeschichte in Vergessenheit gerät.
Was sollte ich noch mehr an Details schreiben, wenn ich zufrieden bin?
Mit Gruß
Joame
Gut gemacht: interessant und phantasievoll.
Ich will nicht rätseln, ob die optische Effekte einer Lösung bedürfen oder zum Phantasiereigen gehören.
Gut erzählt, kurzweilig und interessant. Da gehört schon eine Fortsetzung her, damit es nicht als kleine Kurzgeschichte in Vergessenheit gerät.
Was sollte ich noch mehr an Details schreiben, wenn ich zufrieden bin?
Mit Gruß
Joame
#4
von Alcedo • Mitglied | 2.708 Beiträge | 2838 Punkte
Herr M
in Kurzgeschichten, Erzählungen, Novellen und Dramen. 04.02.2008 10:43von Alcedo • Mitglied | 2.708 Beiträge | 2838 Punkte
ha, das ist Brot!
(sag ich einfach mal so.)
hallo doppelt verschachtelter
die einzelnen Abschnitte - die 3 durch Doppelleerzeilen abgeteilten - lesen sich, jeder für sich, wunderbar stimmig und stringent. aber im gesamten Gefüge mache ich Unstimmigkeiten aus.
dieser M wird im ersten Abschnitt wie die omnipräsente Unscheinbarkeit in Person vorgestellt. er scheint jene sagenhafte soziale Mimetik zu besitzen, welche auch jegliches zufälliges Interesse im Keime erstickt oder abwendet. das ist gelungen fabuliert, und ich nehme es noch ab, wie gut dargebrachtes Anglerlatein.
Abschnitt zwei wäre ja noch damit zu erklären, dass M hinter einer scheinbaren Fassade immerhin existiert. das ist geschickt gemacht: ein interessierter Blick, der sich aber nicht wie sonst anfühlt und beim Schulterblick gar nicht präsent ist. schön: der M hätte aber ja inzwischen abhauen können, denke ich so bei mir. übrigens: wie man "einen Fremden mustert" ist eindeutig maskulin. also der Fremde. bist du sicher dass du nicht "jemand Fremden mustert" schreiben wolltest?
Abs. 3: die Firma ist zwar im Hinterkopf (warum muss ich dabei an Kafka denken?), aber der kühle Kopf ist da, Kollegen reizen grad nicht. nur eilig hat sie es, wie immer, bei diesen Stadtmenschen, eilig. kann man eigentlich in der Eile einen kühlen Kopf bewahren? nein des wird nichts - trotz hochgeschlagenem Kragen!
taraa! ein Mädel in der Signalfarbe rot tritt auf, hüpft vor den Augen wie ein Tuch vor dem Stier in der Arena, bis dieser M sie hypnotisiert, narkotisiert, versteinert, was auch immer. Kreuzungen sind in der Stadt ja das gefährlichste überhaupt. da steht die Göre nun, wie verloren in der Stierkampfarena und bald rollt der Verkehr. justamente wird sie plattgefahren, und die Protagonistin kann sie weder retten noch warnen. und warum? dieser M scheint daran Schuld zu sein. oder doch nur ein grünes Ampelmännchen? die Göre ist mittlerweile wohl platt, die Protaginistin zerfließt zur grüner Algensuppe, und ich, Leser, versuche mir ein Reim darauf zu machen.
nein, es passt für mich nicht. sie muss ihn doch erst besser kennenlernen, diesen M, um in Abschnitt 1 über ihn erzählen zu können, sie darf doch noch nicht zerfliessen. achso, möglicher weise verfestigt sich die Algensuppe wieder zu einem Terminator mit scharfer Beobachtungsgabe für den ersten Abschnitt.
nein, ich kann mir nicht helfen, das Finale ist mir viel zu surreal.
am besten gefielen mir die ersten beiden Abschnitte. die fand ich sogar richtig gut.
-> acht- oder neunjähriges Mädchen <- schreibt man, glaub ich, so
Gruß
Alcedo
(sag ich einfach mal so.)
hallo doppelt verschachtelter
die einzelnen Abschnitte - die 3 durch Doppelleerzeilen abgeteilten - lesen sich, jeder für sich, wunderbar stimmig und stringent. aber im gesamten Gefüge mache ich Unstimmigkeiten aus.
dieser M wird im ersten Abschnitt wie die omnipräsente Unscheinbarkeit in Person vorgestellt. er scheint jene sagenhafte soziale Mimetik zu besitzen, welche auch jegliches zufälliges Interesse im Keime erstickt oder abwendet. das ist gelungen fabuliert, und ich nehme es noch ab, wie gut dargebrachtes Anglerlatein.
Abschnitt zwei wäre ja noch damit zu erklären, dass M hinter einer scheinbaren Fassade immerhin existiert. das ist geschickt gemacht: ein interessierter Blick, der sich aber nicht wie sonst anfühlt und beim Schulterblick gar nicht präsent ist. schön: der M hätte aber ja inzwischen abhauen können, denke ich so bei mir. übrigens: wie man "einen Fremden mustert" ist eindeutig maskulin. also der Fremde. bist du sicher dass du nicht "jemand Fremden mustert" schreiben wolltest?
Abs. 3: die Firma ist zwar im Hinterkopf (warum muss ich dabei an Kafka denken?), aber der kühle Kopf ist da, Kollegen reizen grad nicht. nur eilig hat sie es, wie immer, bei diesen Stadtmenschen, eilig. kann man eigentlich in der Eile einen kühlen Kopf bewahren? nein des wird nichts - trotz hochgeschlagenem Kragen!
taraa! ein Mädel in der Signalfarbe rot tritt auf, hüpft vor den Augen wie ein Tuch vor dem Stier in der Arena, bis dieser M sie hypnotisiert, narkotisiert, versteinert, was auch immer. Kreuzungen sind in der Stadt ja das gefährlichste überhaupt. da steht die Göre nun, wie verloren in der Stierkampfarena und bald rollt der Verkehr. justamente wird sie plattgefahren, und die Protagonistin kann sie weder retten noch warnen. und warum? dieser M scheint daran Schuld zu sein. oder doch nur ein grünes Ampelmännchen? die Göre ist mittlerweile wohl platt, die Protaginistin zerfließt zur grüner Algensuppe, und ich, Leser, versuche mir ein Reim darauf zu machen.
nein, es passt für mich nicht. sie muss ihn doch erst besser kennenlernen, diesen M, um in Abschnitt 1 über ihn erzählen zu können, sie darf doch noch nicht zerfliessen. achso, möglicher weise verfestigt sich die Algensuppe wieder zu einem Terminator mit scharfer Beobachtungsgabe für den ersten Abschnitt.
nein, ich kann mir nicht helfen, das Finale ist mir viel zu surreal.
am besten gefielen mir die ersten beiden Abschnitte. die fand ich sogar richtig gut.
-> acht- oder neunjähriges Mädchen <- schreibt man, glaub ich, so
Gruß
Alcedo
#5
von Simone • Mitglied | 1.674 Beiträge | 1674 Punkte
Herr M
in Kurzgeschichten, Erzählungen, Novellen und Dramen. 04.02.2008 14:51von Simone • Mitglied | 1.674 Beiträge | 1674 Punkte
Hi bipo
mit „das „Mädchen“ hat du recht, es muss nachher „es“ heißen. da habe ich nicht aufgepasst und werde es ändern, es passt mit „es“ auch besser.
an Fritz Lang habe ich beim Schreiben nicht gedacht, das ist Zufall.
die frisch manikürten Fingernägel sollen eigentlich nur besagen, dass das LI wert auf Äußerlichkeiten legt.
Danke und Gruß
Simone
Hi Joame
Besten Dank für das schöne Lob, was will man mehr. zu den optischen Effekten sage ich in meiner Antwort an Alcedo gleich noch was.
Vielen Dank und Gruß
Simone
Hi Alcedo
nein, nicht das Brot.
einen Fremden und jemand Fremden ist für mich das Gleiche. aber einen Fremden ist wohl eher Umgangssprache, werde ich ändern. wobei das LI auch nicht eindeutig männlich oder weiblich ist.
jetzt mal zum Inhalt. ich hatte versucht der offensichtlichen Handlung noch eine zweite Ebene mit zu geben.
der Herr M soll den Tod darstellen (Herr T hat sich so doof angehört, deshalb M wie la morte). das Mädchen verkörpert das Leben. und das Ich ist ein typischer Manager, dem das Leben bzw der Tod erst wirklich bewusst wird, als es zu spät ist.
und das Mädchen stirbt eigentlich nicht, sondern das Ich. (hatte ich mir jedenfalls so gedacht) wobei ich das Sterben nur mit dem Mädchen darstellen wollte.
das scheint alles nicht so anzukommen wie ich mir das dachte, es war auch wie gesagt ein Versuch. aber einige deiner Deutungen passen wirklich gut zu meiner Intention, deshalb finde ich es nicht ganz verbockt.
aber vielleicht kannst du (oder jemand anders) – jetzt wo du meine Sichtweise kennst – mir evtl noch mal sagen wo es deiner Meinung nach besonders dran gescheitert ist, oder ob man irgendwas davon nachvollziehen kann.
und das Finale ist sicher sehr surreal, aber irgendwie mochte ich es gerade deshalb.
Besten Dank und Gruß
Simone
mit „das „Mädchen“ hat du recht, es muss nachher „es“ heißen. da habe ich nicht aufgepasst und werde es ändern, es passt mit „es“ auch besser.
an Fritz Lang habe ich beim Schreiben nicht gedacht, das ist Zufall.
die frisch manikürten Fingernägel sollen eigentlich nur besagen, dass das LI wert auf Äußerlichkeiten legt.
Danke und Gruß
Simone
Hi Joame
Besten Dank für das schöne Lob, was will man mehr. zu den optischen Effekten sage ich in meiner Antwort an Alcedo gleich noch was.
Vielen Dank und Gruß
Simone
Hi Alcedo
nein, nicht das Brot.
einen Fremden und jemand Fremden ist für mich das Gleiche. aber einen Fremden ist wohl eher Umgangssprache, werde ich ändern. wobei das LI auch nicht eindeutig männlich oder weiblich ist.
jetzt mal zum Inhalt. ich hatte versucht der offensichtlichen Handlung noch eine zweite Ebene mit zu geben.
der Herr M soll den Tod darstellen (Herr T hat sich so doof angehört, deshalb M wie la morte). das Mädchen verkörpert das Leben. und das Ich ist ein typischer Manager, dem das Leben bzw der Tod erst wirklich bewusst wird, als es zu spät ist.
und das Mädchen stirbt eigentlich nicht, sondern das Ich. (hatte ich mir jedenfalls so gedacht) wobei ich das Sterben nur mit dem Mädchen darstellen wollte.
das scheint alles nicht so anzukommen wie ich mir das dachte, es war auch wie gesagt ein Versuch. aber einige deiner Deutungen passen wirklich gut zu meiner Intention, deshalb finde ich es nicht ganz verbockt.
aber vielleicht kannst du (oder jemand anders) – jetzt wo du meine Sichtweise kennst – mir evtl noch mal sagen wo es deiner Meinung nach besonders dran gescheitert ist, oder ob man irgendwas davon nachvollziehen kann.
und das Finale ist sicher sehr surreal, aber irgendwie mochte ich es gerade deshalb.
Besten Dank und Gruß
Simone
#6
von Margot • Mitglied | 3.054 Beiträge | 3055 Punkte
Herr M
in Kurzgeschichten, Erzählungen, Novellen und Dramen. 04.02.2008 15:47von Margot • Mitglied | 3.054 Beiträge | 3055 Punkte
Hi Simone
Nur kurz, ich schau später nochmal rein. Wenn Du 'M' schon auf die französische Bezeichnung von Tod münzen willst - worauf echt kS kommt, glaub mir - warum dann nicht Monsieur M ... ?
Ich denke, Du müsstest die Geschichte nach Frankreich transferieren, damit man diese Brücke gehen könnte. Damit würdest Du auch den Lang umgehen.
Wie gesagt, bis später ... die Zeit, die Zeit!
Gruss
Margot
Nur kurz, ich schau später nochmal rein. Wenn Du 'M' schon auf die französische Bezeichnung von Tod münzen willst - worauf echt kS kommt, glaub mir - warum dann nicht Monsieur M ... ?
Ich denke, Du müsstest die Geschichte nach Frankreich transferieren, damit man diese Brücke gehen könnte. Damit würdest Du auch den Lang umgehen.
Wie gesagt, bis später ... die Zeit, die Zeit!
Gruss
Margot
#7
von Joame Plebis • | 3.690 Beiträge | 3826 Punkte
Herr M
in Kurzgeschichten, Erzählungen, Novellen und Dramen. 04.02.2008 15:57von Joame Plebis • | 3.690 Beiträge | 3826 Punkte
Hallo, Simone!
Die etwas ausführlichere Beschreibung im ersten Absatz der Person, seiner Haare und Kleidung, läßt es nicht zu, Dein Vorhaben zu erraten. Selbst wer vage daran gedacht hätte, wäre durch die Beschreibung irregeführt worden. Das ist es, was die 'Lösung' M = der Tod nicht leicht zuläßt.
In Deiner weiteren Erzählung fällt auf, je näher man ihm ist, umso kleiner ist er. Hier gebe ich zu bedenken, daß er für den, der ihm näher kommt, mehr Bedeutung, mehr Gewicht hat. Es stimmt der Aspekt, daß man ihn im Trubel, mit sich und dem Alltagsgeschehen beschäftigt, kaum wahr nimmt, er verdrängt und unsichtbar wird, obwohl doch permanent vorhanden.
Was immer Du Dir und wie bei dieser Geschichte vorgestellt hast, wäre ich dafür, den Tod doch beiseite zu lassen. Jeder intensivere Hinweis auf ihn würde der Geschichte, meines Erachtens nach, Unbeschwertheit nehmen, einen zu drückenden Schatten legen. -Sie ist doch genug phantasievoll und faszinierend (skurril), auch ohne Tod, auf den ich gerne verzichten will.
Gruß
Joame
Die etwas ausführlichere Beschreibung im ersten Absatz der Person, seiner Haare und Kleidung, läßt es nicht zu, Dein Vorhaben zu erraten. Selbst wer vage daran gedacht hätte, wäre durch die Beschreibung irregeführt worden. Das ist es, was die 'Lösung' M = der Tod nicht leicht zuläßt.
In Deiner weiteren Erzählung fällt auf, je näher man ihm ist, umso kleiner ist er. Hier gebe ich zu bedenken, daß er für den, der ihm näher kommt, mehr Bedeutung, mehr Gewicht hat. Es stimmt der Aspekt, daß man ihn im Trubel, mit sich und dem Alltagsgeschehen beschäftigt, kaum wahr nimmt, er verdrängt und unsichtbar wird, obwohl doch permanent vorhanden.
Was immer Du Dir und wie bei dieser Geschichte vorgestellt hast, wäre ich dafür, den Tod doch beiseite zu lassen. Jeder intensivere Hinweis auf ihn würde der Geschichte, meines Erachtens nach, Unbeschwertheit nehmen, einen zu drückenden Schatten legen. -Sie ist doch genug phantasievoll und faszinierend (skurril), auch ohne Tod, auf den ich gerne verzichten will.
Gruß
Joame
#8
von Alcedo • Mitglied | 2.708 Beiträge | 2838 Punkte
Herr M
in Kurzgeschichten, Erzählungen, Novellen und Dramen. 05.02.2008 10:11von Alcedo • Mitglied | 2.708 Beiträge | 2838 Punkte
(grrrrmpf, jetzt wollt ich wenigstens anführen, Brot würde nie eine Personifikation des Todes bringen, aber ich hab so das Gefühl, Brot legt mirnixdirnix auch solches hin, mindestens so graziös wie die Wannseeprinzessin und ich steh wieder da wie ein belämmerter Fuchs ... )
hallo Simone
das mit den manikürten Nägeln hatte ich missverstanden. ich meinte auf die Schnelle es sind lackierte gemeint, deshalb tendierte ich zur weiblichen Protagonistin. ich hab das nicht so mit diesen Fachbegriffen.
auf Mort wäre ich nie im Leben gekommen. Tod hat in fast jedem Sprachstamm andere Anfangsbuchstaben. englisch-germanisch D,T, lateinisch M, ungarisch sogar H. das blickt doch keiner. ausserdem find ich Personifikationen langweilig. zwar nicht überall, in Comics oder auf Gemälden haben sie für mich ihren Reiz (etwa "Der pinkelnde Tod" von Max Klinger von ca.1880). aber hier, deinem Text nimmt sie eindeutig die Würze. man fragt sich wunderwerwassonst dieser M wäre, und es stellte für mich ein Faszinosum dieses Textes, dies nun mal n i c h t zu wissen. ich würde eine Auflösung der ursprünglichen Intention vermeiden. mich jedenfalls hat dieser Mortimer dermassen ernüchtert, dass ich gar keine Lust mehr habe, mich mit dem Text zu befassen.
als ich dem T "in die Augen" schaute, sah ich keinen Herrn, sondern jenes unsägliche Klischee bestätigt, dass ein ganzes Leben (oder eine Auswahl davon) in Bildern, in Sekundenbruchteilen vorüberzieht. weil irgendein Idiot einen Balken nicht befestigt hatte, war ich auf einer Baustelle einmal fast Kopf voran, vom Dach eines mehrstöckigen Gebäudes gestürzt. aber eben nur fast. in der Zwischenzeit lief jener Film ab und nur der Balken fiel nach unten. das zweifelhafte Film-Vergnügen bekam ich auch noch ein weiteres mal mit. insgesamt erlebte ich solches also zwei mal. auch andere berichteten mir glaubhaft von solchen Erlebnissen. vielleicht kannst du ja so etwas verwenden.
Gruß
Alcedo
hallo Simone
das mit den manikürten Nägeln hatte ich missverstanden. ich meinte auf die Schnelle es sind lackierte gemeint, deshalb tendierte ich zur weiblichen Protagonistin. ich hab das nicht so mit diesen Fachbegriffen.
auf Mort wäre ich nie im Leben gekommen. Tod hat in fast jedem Sprachstamm andere Anfangsbuchstaben. englisch-germanisch D,T, lateinisch M, ungarisch sogar H. das blickt doch keiner. ausserdem find ich Personifikationen langweilig. zwar nicht überall, in Comics oder auf Gemälden haben sie für mich ihren Reiz (etwa "Der pinkelnde Tod" von Max Klinger von ca.1880). aber hier, deinem Text nimmt sie eindeutig die Würze. man fragt sich wunderwerwassonst dieser M wäre, und es stellte für mich ein Faszinosum dieses Textes, dies nun mal n i c h t zu wissen. ich würde eine Auflösung der ursprünglichen Intention vermeiden. mich jedenfalls hat dieser Mortimer dermassen ernüchtert, dass ich gar keine Lust mehr habe, mich mit dem Text zu befassen.
als ich dem T "in die Augen" schaute, sah ich keinen Herrn, sondern jenes unsägliche Klischee bestätigt, dass ein ganzes Leben (oder eine Auswahl davon) in Bildern, in Sekundenbruchteilen vorüberzieht. weil irgendein Idiot einen Balken nicht befestigt hatte, war ich auf einer Baustelle einmal fast Kopf voran, vom Dach eines mehrstöckigen Gebäudes gestürzt. aber eben nur fast. in der Zwischenzeit lief jener Film ab und nur der Balken fiel nach unten. das zweifelhafte Film-Vergnügen bekam ich auch noch ein weiteres mal mit. insgesamt erlebte ich solches also zwei mal. auch andere berichteten mir glaubhaft von solchen Erlebnissen. vielleicht kannst du ja so etwas verwenden.
Gruß
Alcedo
#9
von Simone • Mitglied | 1.674 Beiträge | 1674 Punkte
Herr M
in Kurzgeschichten, Erzählungen, Novellen und Dramen. 05.02.2008 13:17von Simone • Mitglied | 1.674 Beiträge | 1674 Punkte
na ja, dass da kS drauf kommt, das dachte ich mir ja schon vorher, aber einen Versuch war es wert.
Hi Margot
wenn ich das aber nach Frankreich verlege, müsste ich die Szene in der Bar auch umschreiben, im Hilton in München sieht’s so aus, aber in Frankreich hab ich keins gefunden, welches passt. ich nehme einfach Berlin raus und unter M soll sich jeder vorstellen was er mag.
Besten Dank und Gruß
Simone
Hi Joame
deine Einwände sind sicher alle berechtigt und ich denke ich werde deinem Rat folgen und den Tod einfach beiseite lassen, denn ehrlich gesagt, gefällt mir der Text – bis auf ein paar Kleinigkeiten - so wie er ist ganz gut und jedes Zurechtbiegen (und es gäbe einiges zu biegen) würde es doch nur verschlimmbessern.
Besten Dank und Gruß
Simone
Hi Alcedo
es ist ja für den Text unwichtig, ob es nun ein Mann oder eine Frau ist.
ja, vergessen wir den Tod … aber das Ganze umschreiben, um dieses „ich sah mein ganzes Leben vor mir ablaufen“ rein zubringen ist eher nicht mein Fall. da müsste ich die Geschichte mit ganz anderen Augen ansehen und alles komplett neu aufrollen und auch einen anderen Ansatz finden. und ehrlich gesagt, mag ich es wie es ist eigentlich ganz gerne.
und warum eigentlich immer das Brot?
Besten Dank und Gruß
Simone
Hi Margot
wenn ich das aber nach Frankreich verlege, müsste ich die Szene in der Bar auch umschreiben, im Hilton in München sieht’s so aus, aber in Frankreich hab ich keins gefunden, welches passt. ich nehme einfach Berlin raus und unter M soll sich jeder vorstellen was er mag.
Besten Dank und Gruß
Simone
Hi Joame
deine Einwände sind sicher alle berechtigt und ich denke ich werde deinem Rat folgen und den Tod einfach beiseite lassen, denn ehrlich gesagt, gefällt mir der Text – bis auf ein paar Kleinigkeiten - so wie er ist ganz gut und jedes Zurechtbiegen (und es gäbe einiges zu biegen) würde es doch nur verschlimmbessern.
Besten Dank und Gruß
Simone
Hi Alcedo
es ist ja für den Text unwichtig, ob es nun ein Mann oder eine Frau ist.
ja, vergessen wir den Tod … aber das Ganze umschreiben, um dieses „ich sah mein ganzes Leben vor mir ablaufen“ rein zubringen ist eher nicht mein Fall. da müsste ich die Geschichte mit ganz anderen Augen ansehen und alles komplett neu aufrollen und auch einen anderen Ansatz finden. und ehrlich gesagt, mag ich es wie es ist eigentlich ganz gerne.
und warum eigentlich immer das Brot?
Besten Dank und Gruß
Simone
#10
von Alcedo • Mitglied | 2.708 Beiträge | 2838 Punkte
Herr M
in Kurzgeschichten, Erzählungen, Novellen und Dramen. 07.02.2008 12:20von Alcedo • Mitglied | 2.708 Beiträge | 2838 Punkte
jaja, schon gut. vergessen wir auch das Brot. manchmal übertreibe ich bis ins alberne hinein. entschuldige, Simone.
ich sehe du hast korrigiert. auch die Dreiteilung des Textes ist optisch getilgt. es erscheint optimaler. kann man so stehen lassen.
Gruß
Alcedo
ich sehe du hast korrigiert. auch die Dreiteilung des Textes ist optisch getilgt. es erscheint optimaler. kann man so stehen lassen.
Gruß
Alcedo
#11
von Margot • Mitglied | 3.054 Beiträge | 3055 Punkte
Herr M
in Kurzgeschichten, Erzählungen, Novellen und Dramen. 07.02.2008 16:46von Margot • Mitglied | 3.054 Beiträge | 3055 Punkte
Also, hier nun the results of the Swiss Jury. Das in den Klammern ist von mir.
Herr M
Herrn M zu beschreiben (Komma) war keine einfache Angelegenheit. Er war (Wortwiederholung) ein sehr kleiner Mann, aber nicht Kleinwüchsig (klein). Sah man ihn aus einiger Entfernung, war (schon wieder ‚war’ ... wie wär’s mit ‚erschien’?) er allerdings recht groß und stattlich, wohlproportioniert (Punk) und als fabelhaft aussehend zu bezeichnen. (ungelenk ... Vorschlag: Man hätte ihn sogar als attraktiv bezeichnen können ... oder etwas in der Art) Er trug gut sitzende, offenbar maßgeschneiderte Anzüge in unterschiedlichen Grautönen, (kein Komma) und glänzende, schwarze Lederschuhe.
Doch schon über die Farbe seiner Haare gingen die Meinungen weit auseinander, (Punkt) während einige behaupteten (Komma?) sie seien hellblond und fielen in weichen Wellen bis zu (auf) seinen (seine) Schultern, waren andere sicher, dass sie kurz, glatt und von einem bläulich schimmernden schwarz (gross) waren. (ungelenk ... Vorschlag: ...kurz, glatt und in einem bläulichen Schwarz schimmerten.) Seine Gesichtszüge zu beschreiben war so gut wie unmöglich (direkter formulieren: Es war nahezu unmöglich ....) , sie waren (Du hast’s wirklich mit dem ‚war’, nicht wahr? ) so unwirklich wie ein Feld voller Raben inmitten dichter Nebelschwaden.
Näherte man sich Herrn M, so (streichen) schien er zu schrumpfen, (Punkt) mit jedem Schritt (Komma) den man auf ihn zu tat (zu umständlich formuliert), wurde er kleiner und unscheinbarer. Dennoch hielt ihn niemand für seltsam, oder auf unangenehme Weise andersartig, was wohl auf die Tatsache zurückzuführen war, dass, wenn man auf ihn zu ging (man geht schon wieder auf ihn zu ... ich würde diesen Satzteil streichen), um ein Gespräch zu führen, oder auch nur guten Tag zu sagen, er so unscheinbar (Wortwiederholung), ja, fast durchscheinend wurde, dass einem der Grund der Annäherung entfiel.
Seine Gestalt wurde (Wortwiederholung) auf kurze Distanz sogar so gering, dass er zu verschwinden schien, und dann kam es häufig vor, dass man seine Gegenwart einfach vergaß. (Dass-Sätze vermeiden, sie machen den Text träge und zäh ... direkter formulieren) Die Menschen rieben sich in solch einem Fall (Mehrzahl wäre mE besser) über die Stirn, wie um einen trüben Gedanken zu fassen, der eben noch greifbar schien, schüttelten den Kopf und gingen, nach kurzem Innehalten, (evtl. wieder?) ihren alltäglichen Beschäftigungen nach.
So war es recht unwahrscheinlich, dass irgendjemand tatsächlich einmal mit Herrn M sprach. (da stimmt irgendwie die Zeit nicht ... (?))
Ich befand mich auf einem Kongress in München, (kein Komma) und wartete im futuristischen Ambiente der Metropolis Bar des City Hilton, auf einem der dunkelroten Lederstühle (sitzend ? ... evtl 2 Sätze daraus machen), an der Bar. Der Kellner wischte über die glänzende Oberfläche des tiefschwarzen, edlen Holzes (welches Holz? Nehme an, es soll der Tresen sein, oder? Das auch sagen ... und nicht mit Adjektiven um dich werfen ... gebrauche sie spärlicher) und meine Blicke schweiften leicht gereizt durch den Raum, als ich Herrn M zum ersten Mal sah.
Er muss schon am anderen Ende der Theke gesessen haben (Komma) als ich die Bar betrat, doch ich hatte ihn erst in diesem Augenblick bemerkt.
Er sah mich an. Nicht auf die unauffällige Art, mit der man (ansonsten Fremde musterte. Immer bereit, den Blick sofort zu senken, wenn ....) jemand Fremden mustert und seinen Blick senkt, falls man entdeckt wird, sondern mit unverhohlenem Interesse. Ich starrte intensiv auf meine makellosen, frisch manikürten Fingernägel und wartete auf das unangenehme Kribbeln auf meiner Haut, das sich immer einstellte wenn ich erkannte (fühlte), dass ich beobachtet wurde, (Punkt) doch es blieb aus.
War ich soeben noch ungeduldig gewesen, da sich meine Kollegen verspäteten, so wurde ich jetzt ruhiger, (kein Komma) und Gelassenheit legte sich, wie ein schützender Mantel, (kein Komma) um meinen Körper. Ich war völlig entspannt, (Strichpunkt, da Aufzählung) meine Augenlider wurden schwer und milde Träume in durchscheinenden Grüntönen schlichen sich in mein Unterbewusstsein, als der Barkeeper mir noch einen Drink anbot.
Ich lehnte ab, da einige meiner Kollegen (evtl. ein ‚jetzt’) den Raum betraten, (kein Komma) und mich zu sich winkten. Wir begrüßten uns flüchtig und gingen gemeinsam zum Abendessen in eines der hoteleigenen Restaurants.
Ich blickte beim hinausgehen (gross) über die Schulter, doch Herr M saß nicht mehr auf seinem Platz.
Drei Wochen später, es war in Stockholm an einem regnerischen Vormittag, sah ich Herrn M noch ein Mal. (evtl. ‚wieder’)
Ich hatte kein Taxi gefunden, die U-Bahn verpasst, und war mir sicher, ich würde zu spät zu einem wichtigen Meeting kommen. Es war sehr kühl an diesem Morgen, (... daher schlug ich ...) ich hatte den Kragen meines Mantels hochgeschlagen und eilte die Straße entlang.
An der Kante des gegenüberliegenden Gehsteigs (warum nicht einfach: am Bordstein?) stand ein vielleicht acht- oder neunjähriges (Ist es wichtig, ob es acht oder neun war? Das ist bloss ein Jahr Unterschied und nicht relevant, daher nur eine Altersangabe machen) Mädchen. Es hatte sein langes blondes Haar zu Zöpfen geflochten, an deren Enden jeweils eine leuchtend rote Schleife befestigt (war ... besser wäre aber baumelte oder so ähnlich ... direkt schreiben!), und wartete darauf, dass die Fußgängerampel auf Grün schaltete.
Es lief los, und ich blieb stehen. Es hüpfte über die breite Straße und seine Zöpfe hüpften und sein mohnrotes Kleid hüpfte mit ihm. (das ‚hüpfen’ soll wohl etwas Schmiss reinbringen .. sorry, aber für mich ist das lediglich ein umständlicher Satz mit Wortwiederholungen)
Da (in diesem Moment) entdeckte ich Herrn M, (Punkt. Er stand ...) etwa (streich ‚etwa’ aus Deinem Schreibwortschatz. Das Wort sagt absolut nichts aus, vor allem, wenn es mit Distanzen, Schätzungen, Zeit etc. in Verbindung steht) zwanzig Meter vor mir, auf meiner Seite des Fußgängerüberweges, (Punkt. Was ist das denn bitte für ein Erklärungsungetüm? Direkter formulieren: auf derselben Strassenseite .... ) und das Mädchen sah ihn ebenfalls, es blickte geradewegs in seine Richtung. Es verlangsamte seine Schritte und aus dem Hüpfen wurde ein Gehen, dann ein Schleichen und schließlich blieb es, ohne ersichtlichen Grund, mitten auf der Kreuzung stehen.
Ich wollte dem Kind etwas zurufen, doch weder kamen mir die richtigen Worte in den Sinn, noch wäre (war) es mir möglich gewesen (streichen) meine Zunge vom Gaumen zu lösen, um sie auszusprechen.
Herr M stand regungslos, mit verschränkten Armen an die Ampel gelehnt, in seinem dunkelgrauen Anzug da. (Auch hier wieder, zu viele Infos in einem Satz. Dadurch wirkt er schwerfällig. Und das ‚da’ am Ende ist ganz übel! )
Ich versuchte auf das Mädchen zuzugehen, doch meine Füße umfing eine bleierne Müdigkeit, die es undenkbar machte sie zu bewegen. Ich sackte auf meine Knie zusammen und stützte mich vornüber gebeugt in einer kleinen, schmutzigen Pfütze ab und Gleichmut umfing meinen Geist und ich fiel in bodenlose Bilder aus Grün. (wow – hier versuchst du literarisch zu sein ... lach ... nicht dein Ernst, oder?)
Mit bleiernd umfangenem Gruss .... *g
Margot
Nachtrag: Ach, jetzt habe ich ganz vergessen, meine Meinung abzugeben. *g
Mir gefällt der Text ... und wenn man weiss, dass Herr M den Tod verkörpert, dann merkt man's auch sofort. Scherz beiseite. Evtl. solltest Du das etwas mehr verdeutlichen. Zum Beispiel könntest Du - beim ersten Sehen in der Bar, oder natürlich auch schon in der Beschreibungssequenz - einen Hinweis auf körperliches Unwohlsein einstreuen. Mühe beim Atmen, Herzstechen oder etwas in der Art ... das würde vermutlich die Assoziationskette unterstützen, bzw. kommt der Tod - bei älteren Menschen - ja nicht so plötzlich, wie er besagtes Mädchen ereilt.
Herr M
Herrn M zu beschreiben (Komma) war keine einfache Angelegenheit. Er war (Wortwiederholung) ein sehr kleiner Mann, aber nicht Kleinwüchsig (klein). Sah man ihn aus einiger Entfernung, war (schon wieder ‚war’ ... wie wär’s mit ‚erschien’?) er allerdings recht groß und stattlich, wohlproportioniert (Punk) und als fabelhaft aussehend zu bezeichnen. (ungelenk ... Vorschlag: Man hätte ihn sogar als attraktiv bezeichnen können ... oder etwas in der Art) Er trug gut sitzende, offenbar maßgeschneiderte Anzüge in unterschiedlichen Grautönen, (kein Komma) und glänzende, schwarze Lederschuhe.
Doch schon über die Farbe seiner Haare gingen die Meinungen weit auseinander, (Punkt) während einige behaupteten (Komma?) sie seien hellblond und fielen in weichen Wellen bis zu (auf) seinen (seine) Schultern, waren andere sicher, dass sie kurz, glatt und von einem bläulich schimmernden schwarz (gross) waren. (ungelenk ... Vorschlag: ...kurz, glatt und in einem bläulichen Schwarz schimmerten.) Seine Gesichtszüge zu beschreiben war so gut wie unmöglich (direkter formulieren: Es war nahezu unmöglich ....) , sie waren (Du hast’s wirklich mit dem ‚war’, nicht wahr? ) so unwirklich wie ein Feld voller Raben inmitten dichter Nebelschwaden.
Näherte man sich Herrn M, so (streichen) schien er zu schrumpfen, (Punkt) mit jedem Schritt (Komma) den man auf ihn zu tat (zu umständlich formuliert), wurde er kleiner und unscheinbarer. Dennoch hielt ihn niemand für seltsam, oder auf unangenehme Weise andersartig, was wohl auf die Tatsache zurückzuführen war, dass, wenn man auf ihn zu ging (man geht schon wieder auf ihn zu ... ich würde diesen Satzteil streichen), um ein Gespräch zu führen, oder auch nur guten Tag zu sagen, er so unscheinbar (Wortwiederholung), ja, fast durchscheinend wurde, dass einem der Grund der Annäherung entfiel.
Seine Gestalt wurde (Wortwiederholung) auf kurze Distanz sogar so gering, dass er zu verschwinden schien, und dann kam es häufig vor, dass man seine Gegenwart einfach vergaß. (Dass-Sätze vermeiden, sie machen den Text träge und zäh ... direkter formulieren) Die Menschen rieben sich in solch einem Fall (Mehrzahl wäre mE besser) über die Stirn, wie um einen trüben Gedanken zu fassen, der eben noch greifbar schien, schüttelten den Kopf und gingen, nach kurzem Innehalten, (evtl. wieder?) ihren alltäglichen Beschäftigungen nach.
So war es recht unwahrscheinlich, dass irgendjemand tatsächlich einmal mit Herrn M sprach. (da stimmt irgendwie die Zeit nicht ... (?))
Ich befand mich auf einem Kongress in München, (kein Komma) und wartete im futuristischen Ambiente der Metropolis Bar des City Hilton, auf einem der dunkelroten Lederstühle (sitzend ? ... evtl 2 Sätze daraus machen), an der Bar. Der Kellner wischte über die glänzende Oberfläche des tiefschwarzen, edlen Holzes (welches Holz? Nehme an, es soll der Tresen sein, oder? Das auch sagen ... und nicht mit Adjektiven um dich werfen ... gebrauche sie spärlicher) und meine Blicke schweiften leicht gereizt durch den Raum, als ich Herrn M zum ersten Mal sah.
Er muss schon am anderen Ende der Theke gesessen haben (Komma) als ich die Bar betrat, doch ich hatte ihn erst in diesem Augenblick bemerkt.
Er sah mich an. Nicht auf die unauffällige Art, mit der man (ansonsten Fremde musterte. Immer bereit, den Blick sofort zu senken, wenn ....) jemand Fremden mustert und seinen Blick senkt, falls man entdeckt wird, sondern mit unverhohlenem Interesse. Ich starrte intensiv auf meine makellosen, frisch manikürten Fingernägel und wartete auf das unangenehme Kribbeln auf meiner Haut, das sich immer einstellte wenn ich erkannte (fühlte), dass ich beobachtet wurde, (Punkt) doch es blieb aus.
War ich soeben noch ungeduldig gewesen, da sich meine Kollegen verspäteten, so wurde ich jetzt ruhiger, (kein Komma) und Gelassenheit legte sich, wie ein schützender Mantel, (kein Komma) um meinen Körper. Ich war völlig entspannt, (Strichpunkt, da Aufzählung) meine Augenlider wurden schwer und milde Träume in durchscheinenden Grüntönen schlichen sich in mein Unterbewusstsein, als der Barkeeper mir noch einen Drink anbot.
Ich lehnte ab, da einige meiner Kollegen (evtl. ein ‚jetzt’) den Raum betraten, (kein Komma) und mich zu sich winkten. Wir begrüßten uns flüchtig und gingen gemeinsam zum Abendessen in eines der hoteleigenen Restaurants.
Ich blickte beim hinausgehen (gross) über die Schulter, doch Herr M saß nicht mehr auf seinem Platz.
Drei Wochen später, es war in Stockholm an einem regnerischen Vormittag, sah ich Herrn M noch ein Mal. (evtl. ‚wieder’)
Ich hatte kein Taxi gefunden, die U-Bahn verpasst, und war mir sicher, ich würde zu spät zu einem wichtigen Meeting kommen. Es war sehr kühl an diesem Morgen, (... daher schlug ich ...) ich hatte den Kragen meines Mantels hochgeschlagen und eilte die Straße entlang.
An der Kante des gegenüberliegenden Gehsteigs (warum nicht einfach: am Bordstein?) stand ein vielleicht acht- oder neunjähriges (Ist es wichtig, ob es acht oder neun war? Das ist bloss ein Jahr Unterschied und nicht relevant, daher nur eine Altersangabe machen) Mädchen. Es hatte sein langes blondes Haar zu Zöpfen geflochten, an deren Enden jeweils eine leuchtend rote Schleife befestigt (war ... besser wäre aber baumelte oder so ähnlich ... direkt schreiben!), und wartete darauf, dass die Fußgängerampel auf Grün schaltete.
Es lief los, und ich blieb stehen. Es hüpfte über die breite Straße und seine Zöpfe hüpften und sein mohnrotes Kleid hüpfte mit ihm. (das ‚hüpfen’ soll wohl etwas Schmiss reinbringen .. sorry, aber für mich ist das lediglich ein umständlicher Satz mit Wortwiederholungen)
Da (in diesem Moment) entdeckte ich Herrn M, (Punkt. Er stand ...) etwa (streich ‚etwa’ aus Deinem Schreibwortschatz. Das Wort sagt absolut nichts aus, vor allem, wenn es mit Distanzen, Schätzungen, Zeit etc. in Verbindung steht) zwanzig Meter vor mir, auf meiner Seite des Fußgängerüberweges, (Punkt. Was ist das denn bitte für ein Erklärungsungetüm? Direkter formulieren: auf derselben Strassenseite .... ) und das Mädchen sah ihn ebenfalls, es blickte geradewegs in seine Richtung. Es verlangsamte seine Schritte und aus dem Hüpfen wurde ein Gehen, dann ein Schleichen und schließlich blieb es, ohne ersichtlichen Grund, mitten auf der Kreuzung stehen.
Ich wollte dem Kind etwas zurufen, doch weder kamen mir die richtigen Worte in den Sinn, noch wäre (war) es mir möglich gewesen (streichen) meine Zunge vom Gaumen zu lösen, um sie auszusprechen.
Herr M stand regungslos, mit verschränkten Armen an die Ampel gelehnt, in seinem dunkelgrauen Anzug da. (Auch hier wieder, zu viele Infos in einem Satz. Dadurch wirkt er schwerfällig. Und das ‚da’ am Ende ist ganz übel! )
Ich versuchte auf das Mädchen zuzugehen, doch meine Füße umfing eine bleierne Müdigkeit, die es undenkbar machte sie zu bewegen. Ich sackte auf meine Knie zusammen und stützte mich vornüber gebeugt in einer kleinen, schmutzigen Pfütze ab und Gleichmut umfing meinen Geist und ich fiel in bodenlose Bilder aus Grün. (wow – hier versuchst du literarisch zu sein ... lach ... nicht dein Ernst, oder?)
Mit bleiernd umfangenem Gruss .... *g
Margot
Nachtrag: Ach, jetzt habe ich ganz vergessen, meine Meinung abzugeben. *g
Mir gefällt der Text ... und wenn man weiss, dass Herr M den Tod verkörpert, dann merkt man's auch sofort. Scherz beiseite. Evtl. solltest Du das etwas mehr verdeutlichen. Zum Beispiel könntest Du - beim ersten Sehen in der Bar, oder natürlich auch schon in der Beschreibungssequenz - einen Hinweis auf körperliches Unwohlsein einstreuen. Mühe beim Atmen, Herzstechen oder etwas in der Art ... das würde vermutlich die Assoziationskette unterstützen, bzw. kommt der Tod - bei älteren Menschen - ja nicht so plötzlich, wie er besagtes Mädchen ereilt.
#13
von Simone • Mitglied | 1.674 Beiträge | 1674 Punkte
Herr M
in Kurzgeschichten, Erzählungen, Novellen und Dramen. 08.02.2008 17:50von Simone • Mitglied | 1.674 Beiträge | 1674 Punkte
Hi Margot
So, ich habe es jetzt nochmal geändert und versucht es zu verbessern.
Hier das Resultat:
Herr M
Einzelheiten über Herrn M zu erzählen, bedeutet keine einfache Aufgabe. Er ist ein sehr kleiner Mann, aber nicht kleinwüchsig. Sieht man ihn aus einiger Entfernung, wirkt er allerdings recht groß und stattlich. Man könnte ihn sogar als attraktiv bezeichnen. Er trägt gut sitzende, offenbar maßgeschneiderte Anzüge in unterschiedlichen Grautönen und glänzende, schwarze Lederschuhe.
Doch schon über die Farbe seiner Haare gehen die Meinungen weit auseinander. Während einige behaupten, sie seien hellblond und fallen in weichen Wellen bis auf seine Schultern, sind andere sicher, sie wären kurz und glatt und schimmern in einem bläulichen Schwarz.
Es ist nahezu unmöglich seine Gesichtszüge zu beschreiben, sie erscheinen so unwirklich wie ein Feld voller Raben inmitten dichter Nebelschwaden.
Nähert man sich Herrn M, schrumpft seine Gestalt. Sie wird stetig kleiner und unscheinbarer. Dennoch hält ihn niemand für seltsam, oder auf unangenehme Weise andersartig, was wohl auf die Tatsache zurückzuführen ist, dass, wenn man direkt neben ihm steht, um ein Gespräch zu führen, oder auch nur guten Tag zu sagen, er nahezu durchscheinend wird und einem der Grund der Annäherung schlichtweg entfällt.
Seine Erscheinung verringert sich auf kurze Distanz in solchem Umfang, dass er beinahe verschwindet, und man vergisst sein Vorhandensein. Die Menschen reiben sich in solchen Fällen über die Stirn, wie um einen trüben Gedanken zu fassen, der eben noch greifbar schien, schütteln den Kopf und gehen, nach kurzem Innehalten, wieder ihren alltäglichen Beschäftigungen nach.
So ist es recht unwahrscheinlich, dass irgendjemand tatsächlich einmal mit Herrn M sprach.
Ich befand mich auf einem Kongress in München und wartete im futuristischen Ambiente der Metropolis Bar des City Hilton. Ich saß auf einem der dunkelroten Lederstühle, an der Bar.
Der Kellner wischte über die glänzende Oberfläche des Tresens und meine Blicke schweiften leicht gereizt durch den Raum, als ich Herrn M zum ersten Mal begegnete.
Er muss schon am anderen Ende der Theke gesessen haben, als ich den Raum betrat, doch ich hatte ihn erst in diesem Augenblick bemerkt.
Er sah mich an. Nicht auf die unauffällige Art, mit der man ansonsten Fremde mustert – allzeit bereit, den Blick sofort zu senken, wenn man entdeckt wird –, sondern mit unverhohlenem Interesse. Ich starrte intensiv auf meine makellosen, frisch manikürten Fingernägel und erwartete das unangenehme Kribbeln auf meiner Haut, das sich immer einstellte wenn ich fühlte, dass ich beobachtet wurde. Doch es blieb aus.
War ich soeben noch ungeduldig gewesen, da sich meine Kollegen verspäteten, so wurde ich jetzt ruhiger, und Gelassenheit legte sich, wie ein schützender Mantel um meinen Körper.
Ich entspannte mich und meine Augenlider wurden schwer. Unscharfe Träume schlichen sich in mein Unterbewusstsein und verschwammen mit meiner Umgebung. Meine Atemfrequenz reduzierte sich auf ein Minimum und mein Herzschlag wurde zu einem besinnlichen, kaum noch spürbaren Klopfen.
Der Barkeeper bot mir einen zweiten Drink an. Ich schüttelte leicht benommen den Kopf und lehnte ab.
Meine Kollegen betraten in diesem Moment die Bar und winkten mich zu sich. Wir begrüßten uns flüchtig und gingen gemeinsam zum Abendessen in eines der hoteleigenen Restaurants.
Ich blickte beim Hinausgehen über meine Schulter, doch Herr M saß nicht mehr auf seinem Platz.
Einige Wochen später, es war in Stockholm an einem regnerischen Vormittag, traf ich Herrn M noch ein Mal.
Ich hatte kein Taxi gefunden, die U-Bahn verpasst, und würde sicher zu spät zu einem wichtigen Meeting kommen. Es stürmte und ich fror ein wenig. Ich schlug den Kragen meines Mantels hoch während ich die belebte Straße entlang eilte.
Am gegenüberliegenden Bordstein stand ein vielleicht acht- oder neunjähriges Mädchen. Es hatte sein langes blondes Haar zu Zöpfen geflochten, an deren Enden jeweils eine leuchtend rote Schleife flatterte, und wartete bis die Fußgängerampel auf Grün schaltete. Es lief los, und ich blieb stehen.
In dieser Sekunde entdeckte ich Herrn M. Er trug einen dunkelgrauen Anzug und lehnte lässig, mit verschränkten Armen, an der Ampel auf meiner Straßenseite.
Das Mädchen sah ihn ebenfalls, es blickte geradewegs in seine Richtung. Es verlangsamte seine Schritte und blieb, ohne ersichtlichen Grund, mitten auf der Kreuzung stehen.
Ich wollte dem Kind etwas zurufen, doch weder kamen mir die passenden Worte in den Sinn, noch war es mir möglich meine Zunge vom Gaumen zu lösen, um sie auszusprechen.
Ich versuchte auf das Mädchen zuzugehen, doch meine Füße umfing eine bleierne Müdigkeit, die es undenkbar machte sie zu bewegen. Ich sackte auf meine Knie zusammen und fiel vornüber gebeugt in eine kleine, schmutzige Pfütze.
So, ich habe es jetzt nochmal geändert und versucht es zu verbessern.
Hier das Resultat:
Herr M
Einzelheiten über Herrn M zu erzählen, bedeutet keine einfache Aufgabe. Er ist ein sehr kleiner Mann, aber nicht kleinwüchsig. Sieht man ihn aus einiger Entfernung, wirkt er allerdings recht groß und stattlich. Man könnte ihn sogar als attraktiv bezeichnen. Er trägt gut sitzende, offenbar maßgeschneiderte Anzüge in unterschiedlichen Grautönen und glänzende, schwarze Lederschuhe.
Doch schon über die Farbe seiner Haare gehen die Meinungen weit auseinander. Während einige behaupten, sie seien hellblond und fallen in weichen Wellen bis auf seine Schultern, sind andere sicher, sie wären kurz und glatt und schimmern in einem bläulichen Schwarz.
Es ist nahezu unmöglich seine Gesichtszüge zu beschreiben, sie erscheinen so unwirklich wie ein Feld voller Raben inmitten dichter Nebelschwaden.
Nähert man sich Herrn M, schrumpft seine Gestalt. Sie wird stetig kleiner und unscheinbarer. Dennoch hält ihn niemand für seltsam, oder auf unangenehme Weise andersartig, was wohl auf die Tatsache zurückzuführen ist, dass, wenn man direkt neben ihm steht, um ein Gespräch zu führen, oder auch nur guten Tag zu sagen, er nahezu durchscheinend wird und einem der Grund der Annäherung schlichtweg entfällt.
Seine Erscheinung verringert sich auf kurze Distanz in solchem Umfang, dass er beinahe verschwindet, und man vergisst sein Vorhandensein. Die Menschen reiben sich in solchen Fällen über die Stirn, wie um einen trüben Gedanken zu fassen, der eben noch greifbar schien, schütteln den Kopf und gehen, nach kurzem Innehalten, wieder ihren alltäglichen Beschäftigungen nach.
So ist es recht unwahrscheinlich, dass irgendjemand tatsächlich einmal mit Herrn M sprach.
Ich befand mich auf einem Kongress in München und wartete im futuristischen Ambiente der Metropolis Bar des City Hilton. Ich saß auf einem der dunkelroten Lederstühle, an der Bar.
Der Kellner wischte über die glänzende Oberfläche des Tresens und meine Blicke schweiften leicht gereizt durch den Raum, als ich Herrn M zum ersten Mal begegnete.
Er muss schon am anderen Ende der Theke gesessen haben, als ich den Raum betrat, doch ich hatte ihn erst in diesem Augenblick bemerkt.
Er sah mich an. Nicht auf die unauffällige Art, mit der man ansonsten Fremde mustert – allzeit bereit, den Blick sofort zu senken, wenn man entdeckt wird –, sondern mit unverhohlenem Interesse. Ich starrte intensiv auf meine makellosen, frisch manikürten Fingernägel und erwartete das unangenehme Kribbeln auf meiner Haut, das sich immer einstellte wenn ich fühlte, dass ich beobachtet wurde. Doch es blieb aus.
War ich soeben noch ungeduldig gewesen, da sich meine Kollegen verspäteten, so wurde ich jetzt ruhiger, und Gelassenheit legte sich, wie ein schützender Mantel um meinen Körper.
Ich entspannte mich und meine Augenlider wurden schwer. Unscharfe Träume schlichen sich in mein Unterbewusstsein und verschwammen mit meiner Umgebung. Meine Atemfrequenz reduzierte sich auf ein Minimum und mein Herzschlag wurde zu einem besinnlichen, kaum noch spürbaren Klopfen.
Der Barkeeper bot mir einen zweiten Drink an. Ich schüttelte leicht benommen den Kopf und lehnte ab.
Meine Kollegen betraten in diesem Moment die Bar und winkten mich zu sich. Wir begrüßten uns flüchtig und gingen gemeinsam zum Abendessen in eines der hoteleigenen Restaurants.
Ich blickte beim Hinausgehen über meine Schulter, doch Herr M saß nicht mehr auf seinem Platz.
Einige Wochen später, es war in Stockholm an einem regnerischen Vormittag, traf ich Herrn M noch ein Mal.
Ich hatte kein Taxi gefunden, die U-Bahn verpasst, und würde sicher zu spät zu einem wichtigen Meeting kommen. Es stürmte und ich fror ein wenig. Ich schlug den Kragen meines Mantels hoch während ich die belebte Straße entlang eilte.
Am gegenüberliegenden Bordstein stand ein vielleicht acht- oder neunjähriges Mädchen. Es hatte sein langes blondes Haar zu Zöpfen geflochten, an deren Enden jeweils eine leuchtend rote Schleife flatterte, und wartete bis die Fußgängerampel auf Grün schaltete. Es lief los, und ich blieb stehen.
In dieser Sekunde entdeckte ich Herrn M. Er trug einen dunkelgrauen Anzug und lehnte lässig, mit verschränkten Armen, an der Ampel auf meiner Straßenseite.
Das Mädchen sah ihn ebenfalls, es blickte geradewegs in seine Richtung. Es verlangsamte seine Schritte und blieb, ohne ersichtlichen Grund, mitten auf der Kreuzung stehen.
Ich wollte dem Kind etwas zurufen, doch weder kamen mir die passenden Worte in den Sinn, noch war es mir möglich meine Zunge vom Gaumen zu lösen, um sie auszusprechen.
Ich versuchte auf das Mädchen zuzugehen, doch meine Füße umfing eine bleierne Müdigkeit, die es undenkbar machte sie zu bewegen. Ich sackte auf meine Knie zusammen und fiel vornüber gebeugt in eine kleine, schmutzige Pfütze.
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