„Hallo! Hörst du mich? Wach auf!“
Der Geruch des Krankenhauses stieg Karla in die Nase und sie hörte ein stetes Piepsen von irgendwelchen Apparaten. Ihr Kopf dröhnte und ihr Herz flatterte wie verrückt. Sie bekam kaum Luft. Langsam schlug sie die Augen auf, doch sie musste sie gleich wieder schließen, weil sie von grellem Licht geblendet wurde. Warum lag sie im Krankenhaus? Sie versuchte sich zu erinnern. Der Arzt sagte irgendwas. Sie öffnete ihre Augen wieder und erkannte
Dr. Brands ernstes Gesicht, welches sie schon von früheren Besuchen hier kannte. „Warum tust du das? Verdammt, es ist so schädlich!“ fragte er sanft.
Karla sah, dass Nele mit blassem Gesicht und großen Augen hinter ihm stand, und plötzlich fiel ihr alles wieder ein. Sie, Nele und ihre Clique hatten sich wie fast jeden Tag im Stadtpark mit Schnaps vollaufen lassen. Dann hatte Danny LSD, einen seltenen Genuss, hervorgeholt, und ihnen davon angeboten. Karla hatte gleich mehrmals zugegriffen und reichlich Schnaps gesoffen. Und nun lag sie hier. Schon wieder.
„Scheiße.“, murmelte sie und hielt sich ihren hämmernden Kopf. Ihre kurz geschnittenen schwarzen Haare standen wirr ab und ihre ausdrucksvollen grünen Augen sahen stumpf in die grauen Dr. Brands. „Ich habe deine Mutter angerufen, sie wird jeden Moment hier sein. Mädchen, du bist 15 Jahre alt und versaust dir so dein ganzes Leben.“, sagte er.
Karla dachte an ihre Mutter, und ihr hübsches Gesicht verzog sich zu einem trotzigen Ausdruck. Ihre arbeitslose Mutter, die an allem etwas auszusetzen hatte und die immer, wenn sie versuchte streng zu sein, gewalttätig wurde. Es war Karla ziemlich egal, ob ihre Mutter kam. Sie ließ sich schon seit sie zwölf war nichts mehr von ihr befehlen. Die Schläge ertrug sie mit Gleichgültigkeit.
Da flog auch schon die Tür auf und ihre Erzeugerin stürmte mit hochrotem Gesicht herein.
„Du kleines Miststück, du kannst was erleben! Glaubst du eigentlich du kannst dir alles erlauben? Ab heute läuft das Leben anders! Wenn du dich nicht ab sofort wie eine normale Jugendliche aufführst, kommst du ins Heim! Deine Drogengeschichten interessieren mich nicht mehr!“ Karla kannte diese Keifereien zur Genüge und blickte teilnahmslos durch ihre Mutter hindurch. Sie hatte den Geruch von Alkohol an ihr sofort wahrgenommen.
Da erblickte die Mutter Nele und ihre Augen wurden dunkel vor Zorn.
„Du wagst es, dich hier blicken zu lassen, nachdem du das Leben meiner Tochter ruiniert hast? Du kleine Schlampe! Lass dich in meinem Haus nicht mehr blicken und halt dich gefälligst von Karla fern! Ich warne dich.“, zischte sie drohend. Nele war den Tränen nahe und fing an zu zittern.
Das hielt Karla nicht mehr aus und räusperte sich vernehmlich. Alle drei Anwesenden wirbelten zu ihr herum. Träge blickte sie zu ihrer Mutter auf und sagte verächtlich:
„Gib ihr nicht die Schuld an dem, was du getan hast.“