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wenn zwei sich streiten
in Gesellschaft 21.07.2016 19:33von der.hannes • | 1.768 Beiträge | 1750 Punkte
sturm wirf stilette
durch die wolkenhaufen
schlitz auf die tumben flanken
und heul dich aus
und brüll und schrei
uns um die wir uns ducken
du quetschst die wellen
berge fest in unsichtbaren pranken
und presst sie aus wie grünliche limonen
sie würgen gischt und brechen
in die täler sieh wie sie jetzt zucken
wie sie auf deine böen höhnend blasen spucken
und lachend deiner kraft entlaufen
magst du auch noch so schnaufen
Guten Morgen, Johannes,
wahrscheinlich wiederhole ich mich und irgendwann wirst du böse auf mich sein, aber die umstrittene
Kleinschrift macht ab und zu eben auch mal echte Probleme, indem sie die Textauffassung erschwert.
S1 wechselt entweder zum Imperativ: Schlitz auf, oh Sturm, die tumben Flanken!
oder der Sturm wirft einen Schlitz - wie sieht sowas eigentlich aus? - auf dieselben.
In S2 ist der Imperativ klar, soll der Sturm heulen, soweit so gut, aber wie ist S2Z3 zu verstehen?
Fehlen dem Heulen und Brüllen ein "an", oder ein "rund um uns herum" als situative Beschreibung?
Das Gedicht gerät in meiner Lesart zur unfreiwilligen Komik, wenn Wellenberge festgequetscht werden.
Es scheint mir nicht glaubwürdig. - Nun habe ich auch noch nie einem Tsunami gegenüber gestanden.
Täler, die zucken, Blasen spucken und schließlich lachend wegrennen lasse ich mir noch gefallen. Auch
dass der Sturm in S5 nur noch schnauft ist kein Widerspruch, sondern entspricht seiner nachlassenden
Kraft. Doch haben kurze Texte oft Mühe, die Beschreibung einer Dynamik überzeugend zu liefern. Grüße von Yaya
RE: wenn zwei sich streiten
in Gesellschaft 25.08.2016 07:41von Antigone • | 85 Beiträge | 85 Punkte
Hallo Hannes,
hast beim Meister des Expressionismus hereingeschaut und gleich mal probiert, ob du es auch bringst?
Nun bin ich keine ausgesprochene Freundin der "Oh Mensch!"-Poesie bzw. hier des "Oh Sturm!" und werde mich füglich in der Kommentierung des Gedichts zurückhalten.
Es sind sehr starke Metaphern und Bilder, die beim Leser das Gefühl aufkommen lassen, jetzt gleich mal die Fenster schließen zu müssen. Ich finde das Gedicht ganz gut gemacht, habe aber Bedenken, dass du damit auf der richtigen Lyrik-Spur bist. Mir ist das alles zu sehr abstrahiert, um mich wirklich in das Gedicht begeben zu können. Die Expressionisten haben mit ihrer Lyrik ja gegen gesellschaftliche Verkrustungen protestiert, aber - entschuldige bitte - dein Gedicht erstarrt bei aller Bewegtheit nur in der Pose des Protestes.
Wie yaya schon schrieb, die durchgehende Kleinschreibung mit fehlender Interpunktion rüttelt an der Vorstellungswelt des Durchschnittslesers. Denk mal vor.
Gruß, Antigone
RE: wenn zwei sich streiten
in Gesellschaft 25.08.2016 15:10von Alcedo • Mitglied | 2.708 Beiträge | 2838 Punkte
ah, du hast dem eine Überschrift verpasst. schön, weil ich auch tatsächlich an diese zweite Ebene eines Streites gedacht hatte beim Lesen. weil ja auch Frauenaugen Stilette werfen können, und wie! womöglich auch noch mit Geschirr garniert. da passt dann auch das Ducken.
hilft nur: das teuerste Porzellan kaufen, Hannes, dem du habhaft werden kannst! dann sinkt die Wahrscheinlichkeit es nachgeworfen zu bekommen, womöglich.
ich hab das Ganze ja schon hier Zyklus strandlieder (zusammenstellung)
und hier Zyklus strandlieder (zusammenstellung)
kommentiert. da darf ich mir solche Scherze erlauben, nicht wahr.
aber Stilettos würde ich immer noch einbauen!
letzter Vorschlag & dann lass ich dich hier in Ruhe:
sturm 🔪 wirf stilette
durch die wolkenhaufen 🔪
schlitz auf die tumben flanken
Gruß
Alcedo
RE: wenn zwei sich streiten
in Gesellschaft 25.08.2016 22:19von der.hannes • | 1.768 Beiträge | 1750 Punkte
Danke für die Kommentare.
Das "Oh ..." ist nicht im Gedicht, und höre ich da eine gewisse Schärfe heraus, liebe Antigone?
Stilettos ist ein gesellschaftlich relevanter Einfall.
Ich werde noch ausführlicher antworten, aber vielleicht erst nach dem Urlaub.
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