#1

am ende seele

in Düsteres und Trübsinniges 11.02.2014 22:58
von der.hannes | 1.768 Beiträge | 1750 Punkte

schrei um sich
außer sich zu treffen unfähig
schlug um

vor schlag am kopf
vorbei mit schwung
ziele verfehlend

stich note um note
viertel ton um ton
stimmtod

natur tönern ohne
herz phon los
unerhört geräusche würgend

baumelnd am feinsten
fädchen letzte luft
langer hals am ende

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#2

RE: am ende seele

in Düsteres und Trübsinniges 12.02.2014 13:01
von salz (gelöscht)
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Hallo Hannes,

gefällt mir. Auch wenn sich die fünfte Strophe anhört wie der letzte Seufzer vom sterbenden Schwan.
Dieser ungezielte Rundumschlag, der schon nirgendwo mehr hinzielt. Nicht mehr zu wissen, wogegen
man eigentlich aufbegehrt. Zuviel Begründungen vielleicht. Gruppentherapie im Übermüdungsmodus.
Jedenfalls trifft es bei mir einen Nerv. Auch wenn es bestimmt was anderes beschreibt. Salzige Grüße XXX

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#3

RE: am ende seele

in Düsteres und Trübsinniges 13.02.2014 09:28
von mcberry • Administrator | 3.230 Beiträge | 3490 Punkte

Langsam sackt auch bei mir eine Textauffassung, lieber Hannes,

für dergleichen brauche ich eine Weile. Auch ließ die Wahrscheinlichkeit eines Todes durch Erhängen seit
dem Mittelalter statistisch gesehen deutlich nach. Letzte Lebensäußerungen am Seil baumelnder Körper
sind also keine gewöhnliche Erfahrung mehr.
Die innere Einstellung verharrt in dumpfer Wut und Kampfbereitschaft. Seelenlosigkeit fällt mir dazu ein.
Von Stufen einer Persönlichkeitsentwicklung keine Spur. Also immerhin konsequent, oder? HG - mcberry

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#4

RE: am ende seele

in Düsteres und Trübsinniges 13.02.2014 15:48
von GerateWohl • Mitglied | 2.015 Beiträge | 2015 Punkte

Hallo hannes,

erstmal muss ich etwas subjektive Stilkritik loswerden.
Die Verwendung des Partizip 1 ist in aller Regel nicht schön, sollte sehr sparsam eingesetzt werden. In dem kurzen Gedicht kommt es ganze drei Mal vor.
Dabei habe ich den Eindruck, dass der Text kein Standbild ist, sondern durchaus einen Verlauf darstellt.

Da ist also einer, der als Preis für Verfehlungen erst zum Schreien und dann zum Schweigen gebracht wird. Das Thema Schreien und bestimmte Töne oder gar Vierteltöne kriege ich nicht zusammen, weil keiner Schreit in Tönen. Ein Schrei ist ein Geräusch, das so wie Stille eher ein Gegenteil von Tönen darstellt.

Wie auch immer. Nach der Stimme schweigt das Herz, dann wird nur noch gebaumelt. die sprachliche Ästethik überzeugt mich nicht, da es für mich melodisch nciht funktioniert und vom Sinn her sehe ich aktuell keinen Grund. Kann aber daran liegen, dass mir da ein paar Sinnebenen abgehen.

Da es hier um Töne geht, hätte mir eine klassischere Gedichtform beseer gefallen, aber das ist gewiss rein subjektiv. Ich hoffe zumindest, ich habe das Stück halbwegs verstanden. Allerdings kriege ich in dem Text auch die Seele aus dem Titel nicht ganz unter. Da wird ja nur ausgehaucht und gestorben.

Wenn sich der Text allerdings auf die letzten Minuten eines Schweins im Schlachthof handeln würde, das ja wirklich eher in Tönen quiekt, dann fänd ich das ganze schon wieder interessante, auch mit der Seelenfrage. Aber dazu sehe ich im Text keine Hinweise. Fänd das aber wieder interessant.

So viel von mir.

Grüße,
G.


_____________________________________
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#5

RE: am ende seele

in Düsteres und Trübsinniges 14.02.2014 09:37
von der.hannes | 1.768 Beiträge | 1750 Punkte

Hallo salz,

dass dieser Text einen Nerv trifft, kann ich mir gut vorstellen ... Es ist eine elementare Erfahrung, die hier beschrieben wird, in einer ziemlich experimentellen Weise. Ohne die fünfte Strophe wäre das Gedicht wahrscheinlich sehr unzugänglich und kryptisch.

Danke für Deine Gedanken zu diesem Gedicht.

Es grüßt
der.hannes

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#6

RE: am ende seele

in Düsteres und Trübsinniges 14.02.2014 09:42
von der.hannes | 1.768 Beiträge | 1750 Punkte

Lieber mcberry,

wie so häufig war der Ausgangspunkt ein mediales Seh- und Hörerlebnis. Dort wird fleißig immer drastischer das Sterben gezeigt, dort ist unser heutiges "Mittelalter" für alle sichtbar. Das Gedicht verarbeitet dieses Erlebnis. Ich fürchte allerdings, dass weltweit diese Form von Tod auch heute noch häufiger in realiter vorkommt, als wir es gerne hätten...

es grüßt
der.hannes

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#7

RE: am ende seele

in Düsteres und Trübsinniges 14.02.2014 09:58
von der.hannes | 1.768 Beiträge | 1750 Punkte

Hallo GerateWohl,

ich habe hier bewusst das Partizip 1 verwendet, um deutlich zu machen, dass es sich andauernde, wiederholte Vorgänge handelt, um einen parallelen Ablauf vor Augen zu führen.

Die Noten und die Töne: Das ist eine Verfremdung ins Abstrakte, die hinleitet zu den Herztönen und der tönern, brüchig werdenden Natur sprich Leben. Wer richtig hinhört, hört aber auch im Schreien Töne, Tongemische, Geräusche. Und in der darauf folgenden Stille. :) Als Nachhall, wie bei den Nachbildern auf der Netzhaut.

Die Seele steht hier für den Tod und das, was danach vielleicht bleibt.

Dass das Gedicht melodisch nicht funktioniert, ist mir schon klar. Das hätte auch zu Thema überhaupt nicht gepasst. Das gilt auch für mit Einschränkungen für die angeregte klassischere Gedichtform.

Ein tierisches Sterben in einem Schlachthaus wäre ein eigenes, anderes Gedicht wert.

Danke für Deinen Kommentar

Es grüßt
der.hannes

zuletzt bearbeitet 14.02.2014 10:03 | nach oben


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