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nachtseiden
wo pfauenaugen schläfrig ruhe wahren
und fadenlicht sich an die netzhaut schmiegt,
als wolle es sich nachtentkleidet paaren
mit der bereitschaft, die im schatten liegt,
dem kaum geahnten, all dem unfassbaren,
das meistens nichts und dennoch alles wiegt,
durchsiebt ein blick das dünne seidenhemd,
und haut an haut ist fremdes nicht mehr fremd.
Ein Beispiel für die im Theoriefaden beschriebene Stanze
RE: nachtseiden
in Diverse 24.09.2011 15:01von mcberry • Administrator | 3.230 Beiträge | 3490 Punkte
Hallo Salome,
ein Beispiel so leicht wie elegant. So traditionell wie modern. Jonglierend mit einem seh(n)endem hinüber gezogen werden in eine die sinnliche Zuneigung übersteigende jenseitige Unfaßbarkeit. Die Nähe zur traditionellen Liebeslyrik sieht man den Zeilen gerne nach, falls darin ein Beeinträchtigung erkannt werden sollte. Gerne gelesen. HG - mcberry

Liebe Salome,
wie nett, dass du ein so elegantes Besipiel zur Stanze bietest (eigentlich ein potthässlicher Name für schöne Verse).
Auf mich wirkt das Gedicht ungemein erotisch:
Zitat
wo pfauenaugen schläfrig ruhe wahren
Das ist ein ganz toller Aufhänger!
Zitat
und fadenlicht sich an die netzhaut schmiegt,
als wolle es sich nachtentkleidet paaren
mit der bereitschaft, die im schatten liegt,
dem kaum geahnten, all dem unfassbaren,
das meistens nichts und dennoch alles wiegt,
Sehr schön: die Gegenüberstellungen
Zitat
durchsiebt ein blick das dünne seidenhemd,
und haut an haut ist fremdes nicht mehr fremd.
und ihr krönendes Finale. Als kleinen, fast unmerklichen Scherz empfinde ich, dass zuvor "Gewicht" im Text eine Rolle spielt, quasi als leichtes Contra zur geforderten - noch gewichtigeren - Quintessenz.
Du bedienst dich der Heinse/Goetheschen Neuerung und verwendest abwechseln weibliche und männliche Kadenzen im fünfhebigen Jambus, wobei du das Geheimnisvolle im weiblichen Part belässt ( so isses Recht! ).
Bei
Zitat
mit der bereitschaft, die im schatten liegt
fällst du etwas raus. Allerdings kann ich, wenn ich denn will, schon "mit der bereitschaft" lesen. Und ich will, bereitet mir das verdammte "mit" auch oft genug Kopfzerbrechen (mal geht es und mal nicht ...)
Angesichts der Gesamtschönheit ist dies aber als winzige Mäkelei, von meiner Seite her als charmante Unregelmäßigkeit zu werten, die Pfiff bringt.liche Grüße
Pista
Liebe Salome,
ich mag dein "nachtentkleidet".
Probleme mit dem metrischen Lesen hatte ich wie pista bei:
Zitat
mit der bereitschaft, die im schatten liegt
Auch bei dem Wort "Unfassbaren" komme ich in´s Schleudern, da die Vorsilbe "un" so stark ist.
Der Inhalt deines Textes ist sinnlich-romantisch.
Etwas, was du sehr gut kannst.
lg,
rubber
guten morgen, ihr lieben,
vielen dank für eure rückmeldungen.
@mcberry
Zitat
Jonglierend mit einem seh(n)endem hinüber gezogen werden in eine die sinnliche Zuneigung übersteigende jenseitige Unfaßbarkeit.
ja, das ist eine sehr schöne interpretation und zusammmenfassung. mir gings hier schon um eine sinnliche erfahrung, die aber weit über das physische, über eine ich-du-beziehung hinaus geht, auch an einen moment der "selbserkenntnis" habe ich dabei gedacht, wenn man sich neu begegnet und staunt: "Auch das steckt in mir drin, auch das bin ich!" und das annehmen kann ...
@pista,
Zitat
Auf mich wirkt das Gedicht ungemein erotisch:
das freut mich, wie es mich auch ein wenig wundert. natürlich bewegt sich die stimmung zwischen dem warmen rötlichen licht des sonnenuntergangs bis hin zu mystischem lila und "mondnachtblau" und wahrscheinlich ist diese erste ebene die einer liebesnacht und so dominant, dass die zweite philosophisch-psychologische ganz in den hintergrund tritt. macht ja nix, im gegenteil!
zu dem betonungsproblem bei "...mit der bereitschaft, die im schatten liegt..." denke ich, dass es mit dem enjambement zusammenhängt, da möchte man gern zeilenübegreifend alternierend lesen
"...paaren mit der..." - spätestens bei bereitschaft schleuderts dann.
versuch mal die bereitschaft als eine ganz besondere, eben die, die (noch) im schatten liegt, zu lesen.
@rubber,
du hast noch eine zweite metrische unsicherheit angesprochen bei "unfassbar" - das ist ein ziemlich seltsames wort, "un" erscheint in der form, wie ich es lese nicht übemäßig betont, ich habe eher das problem, die betonung fast gleich auf die beiden ersten silben, also auf "un" und "fass" zu legen, so dass die weibliche reimendung "baren" ein wenig zu kurz kommt. ich denke, du hast da mit deinem gefühl: "da stimmt was nicht" ganz recht. unfassbar also auch metrisch nicht leicht zu fassen.
euch allen noch ein herzliches danke für eure einlassungen zum text und
liebe grüße, salome
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