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Schreibblockiade
in Philosophisches und Grübeleien 18.09.2011 12:39von atti • | 34 Beiträge | 34 Punkte
Schreibblockiade
ein Riss in der Dichtung
und es sprudelte nur so.
nur so war bald auch
das Maß voll. egal wie
maßvoll da noch abgeschöpft
wurde. wahllos ging da die
Wahl los und ganz kurz
war das kurz ganz und
aus jeder Ente
konnte Kunst werden
und gute Ware. schön, ne?
vorbei.
ich wähle
den Stöpsel!
das ist meine Freiheit.
ich wähle den Stöpsel und lege
mich aufs Trockendock und gehe
jede Wette
ein.
RE: Schreibblockiade
in Philosophisches und Grübeleien 18.09.2011 15:35von mcberry • Administrator | 3.230 Beiträge | 3490 Punkte
Hi Atti.
wenn ich mit wörtlichem Stumpfsinn rangehe, bezieht sich die Schreibblock(i)ade überindividuell auf ein die lyrische Schaffenskraft repräsentierendes LI, welches zur Freude des Lesers gerade in dieser Hemmung seine Möglichkeiten findet. Erst eingerissene (Denk)Blockaden ermöglichen die weitersprudelnde Quelle. Idee nicht neu, aber die Umsetzung: Ja! Schöne paradoxe Intervention auch: den Stöpsel wählen.
Ob auch aus der angebotenen Ente, dem vermeintlichen Tippfehler, Kunst werden soll, sei dahingestellt. So oder so gerne gelesen. HG - mcberry
RE: Schreibblockiade
in Philosophisches und Grübeleien 18.09.2011 18:26von pistacia vera (gelöscht)
Hallo Atti,
auch ich finde den Titel nicht ganz so glücklich gewählt, geht es doch eher um die Überwindung einer Schreibblockade.
Herausragend gut finde ich den Stöpselabschnitt. - Inhaltlich gefällt mir das gesamte Gedicht (nett auch die Sache mit der [Zeitungs-] Ente, aus der ein Schwan entstehen könnte aber nicht zwingend muss. Ich denke dabei an amüsante Stoffsammlungen, wie ich sie selber manchmal in musenarmen Zeiten betreibe.
Der erste Abschnitt könnte weiter verdichtet werden:
Zitat
ein Riss in der Dichtung
es sprudelt nur so
ist bald das Maß voll
egal wie da
abgeschöpft wurde
aber in deinen Wiederholungen liegt ein ganz eigener Reiz und du wirst dir bei diesem Stilmittel etwas gedacht haben.
Nimm es also eher als Spielerei von mir.
Freundliche Grüße
pista
hallo Atti, mir scheint es hier nicht um eine Schreibblockade im eigentlichen Sinne zu gehen, sondern um eine freiwillig gewählte.
Der Autor dichtet sich ab, er selektiert, will bessere Qualität schaffen.
Das i im Titel stört mich auch- ich kann es auch als Wortspiel nicht definieren.
Im Übrigen ist das Wortspiel Schreib-Blockade gut gewählt. Ebenso wie Dichtung, wahl los.
Das "schön, ne" würde ich weglassen. Es passt irgendwie nicht. Der Leser wird sich das vielleicht selber fragen.
Ich wähle den Stöpsel als eigene Freiheit, eben nur noch selektiv zu schreiben und nicht alles rauszuhauen, was da sp sprudelt. Auch das, sehr gelungen. Daraus wird das Wortspiel mit der Dichtung erst klar.
Die Wette am Ende ist mir nicht so klar.
Da würde ich nochmal irgendwie den Bogen zur Lyrik-Dichtung schlagen. Dann wird es runder.
LG von marlene
RE: Schreibblockiade
in Philosophisches und Grübeleien 22.09.2011 21:55von Gedichtbandage • Mitglied | 531 Beiträge | 525 Punkte
schrei-block-ade?
über undichte dichtungsringe, handwerkskunst der klempnerinnung, wird hier wohl nicht berichtet.
schreiende blöcke, seiten, foren sind hingegen eine zeiterscheinung, gegen welche auch kein kraut erwachsen scheint.
wohl dem separator, der die flut der informationen für sich trennen kann... ;-)
nur eines hoffte ich für jenen, dass ihm bewusst bleibt, einzig seinem blick zu folgen, egal wohin er sich auch wendet/öffnet oder was auch immer er verschließt.
sesam...
gruß
gb.
_________________________________________________________
>> Du verdammter Sadist:
Du versuchst deine Leser zum Denken zu zwingen.<< - E. E. Cummings zu Ezra Pound
RE: Schreibblockiade
in Philosophisches und Grübeleien 23.09.2011 04:20von Kjub • 498 Beiträge | 499 Punkte
guten Morgen atti!
beim Titel dachte ich an einen Vertipper, weil ich auf den ersten Blick keinen Mehrwert durch den hineingeschmuggelten Buchstaben erkannte - und das i liegt ja knapp neben dem k, da könnte man als unbedarfter Leser schon vermuten, der Schreiber habe etwas schlampig gearbeitet oder dicke Finger. Da bei dir beides meines Erachtens nicht zutreffen wird - da würd ich eher noch auf eine Übernachtverdickung der Extremitäten tippen - fand ich auf den zweiten Blick eine dem Wort inneliegende Verwandschaft mit einem sportlichen Wettkampf, der Olympiade. als Wettbewerb gegen den literarischen Schweinehund und Wette auf sich selbst, denke ich jetzt, lässt sich der Text verstehen.
mir gefallen die Zeilen ganz gut. sie sind niedlich und schlau und die selbstironische Haltung rundet den sympathischen Gesamteindruck für mich ab.
inhaltlich interessant ist der "Riss in der Dichtung", der vielleicht ebenso gut ein "Diss in der Richtung" sein könnte? immerhin könnte das zweitere für das erstere verantwortlich zeichnen!
ähem. normalerweise assoziiert so ein Riss nichts positives, etwas ist kaputt, und entweder ist wenigstens der ästhetische Eindruck getrübt oder der behandelte Gegenstand sogar in seiner Funktion beeinträchtigt. hier hingegen ist es gerade dieser Riss, der das Inwallungkommen erst ermöglicht.
für sauberes Funktionieren ist kein Riss vonnöten, gutes Kunsthandwerk ließe sich allein mit den entsprechenden Fertigkeiten abliefern. indes für die geheimnisvolle Inspiration, den göttlichen Funken, der Handwerk zu Kunst uplevelt, ist der Riss, der übertragen unter anderem Verunsicherung oder Infragestellung bedeuten könnte, ein möglicher Auslöser.
schön auch die Nennung von Kunst, Ente und guter Ware in einem Atemzug - die (Zeitungs-)Ente stiftet einen Bezug zu dem wilden i im Titel und erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass die Andersschreibung gewollt ist. diese Dreifaltigkeit stützt auch meine These, dass ein Riss, ein kreatives von der Norm abweichen in der Kunst möglich ist oder sogar gebraucht wird und dass das Werk trotz dieses Makels oder sogar wegen dieses Makels erst zu dem wird, was es ist. meine Schmierzettel-Rechnung lautet wie folgt: Ente + gute Ware = Kunst! eigentlich saulustig. du bleibst aber auf dem Teppich. dass der Text gute Ware wäre gestehst du ihm zu, das ist weit entfernt von der bisweilen anzutreffenden poetischen Hybris und Großmäuligkeit.
meine zwei Kritikpunkte
zum einen ist es mir zuviel des Wortspiels,
Zitat
Maß voll. egal wie
maßvoll da noch abgeschöpft
wurde. wahllos ging da die
Wahl los und ganz kurz
war das kurz ganz und
- da wechselst du so oft, dass mir der Kopf schwirrt. ich würde ein oder höchstens zwei Wortspiele nacheinander wagen, das ist erfrischend und der Leser kann das in seine Lesart integrieren oder auch nicht. darüber könnte er im Zweifel hinweglesen, weil noch genug Restgedicht vorhanden wäre. in der Menge aber katapultierst du zumindest mich aus den Zeilen, so geballte Wortspielkraft will ja auch erstmal entschlüsselt werden, ich finde das gar nicht so leicht. obwohl ich da der einzige zu sein scheine, falls ich da jetzt bei den anderen Kommentaren nichts überlesen habe; außerdem bin ich der Meinung, dass seriöse Dichtung prinzipiell ein größeres Fundament an Ernsthaftigkeit benötigt.
- müsste das zweite Kurz nicht großgeschrieben werden?
- Ha! Jetzt habe ich eine zusammenhängende Lesart der zitierten Sequenz hingekriegt. Doch, klasse!
- in der dritten Zeile könntest du ohne inhaltliche Einbußen das 'da' streichen und somit eine Wortwiederholung
2) 'schön, ne?' gefällt mir nicht. ich wunder mich auch, wir haben uns doch nach der Lesung letztens justamente über solche Textmeta ausgetauscht und sie für witzlos befunden.
okay, du hast uns daran erinnert, dass hinter dem Text ein Autor steht (bzw sitzt), der den Leser direkt ansprechen kann.
mir hätte die pure literarische Wirklichkeit hier besser gefallen. wobei ich nachvollziehen kann, dass man dem Reiz dieses Kunstgriffs erliegt. in 80 % der Urversionen meiner Texte habe ich mehr oder weniger umfangreiche Direktansprachen meiner Erzähler an die Leserschaft; das bekommt nur normalerweise niemand mit, weil ich diese Stellen fast immer wieder herausnehme.
ein bisschen vergleichbar ist es vielleicht mit dem Schreiben, wenn man einen im Tee hat - der Autor hat großen Spaß, aber die am anderen Ende der Leitung rezipierte Message gibt den vielleicht nicht eins zu eins wieder.
der Text hat mir, wie geschrieben, gut gefallen. obwohl er nicht zu meinen neoattischen Lieblingsstücken gehört, kann er sich durchaus sehen lassen. oberes Mittelfeld! meine Güte, jetzt lege ich schon Hierarchien an, als ob Lyrik sowas bräuchte. ich schreib einfach so gern!
Grüße!
Kjub
RE: Schreibblockiade
in Philosophisches und Grübeleien 26.09.2011 17:50von atti • | 34 Beiträge | 34 Punkte
Meine Güte, so viele Reaktionen. Hallo zusammen. Und vielen Dank! Da überfordert mich das Antworten ja fast. Ich versuche es mal mehr oder minder gesammelt und hoffe, dass mir niemand böse ist...
Das "i" scheint ja ohnehin fast jeden zu betreffen - warum also nicht dort starten? Ein Vertipper war es nicht. Also bitte. ;) Das mit der Olympiade bei Kjub gefällt mir. Der Anklang war auch in meinem Ohr. Tatsächlich bin ich aber auch nicht mehr so glücklich mit dem Titel. Das Wortspiel mit Olympiade drückt zwar aus, was ich wollte, ist aber wenig auffällig und irgendwie wäre es mir anders auch lieber. Vielleicht kommt mir ja noch eine Erleuchtung.
Einfach "Schreibblockade" ginge - euren Lesarten entsprechend - ja auch nicht. Denn niemand hat das Gedicht als Darstellung einer solchen gelesen, sondern wenn dann als ihre Überwindung. Dem schließe ich mich auch an. Daher ja auch die Idee mit dem spielerischen Umgang mit der Blockade als Blockiade - was das auch sei. Erstaunt hat mich die vielgestaltige Interpretation der "Dichtung". Dieses Bild hatte ich neben der Doppeldeutigkeit (Dichter/Klempner) durchaus regider gedacht: Die Dichtung als Formebene des Gedichts, deren Halt im Laufe der Geschichte (egal ob jetzt Literaturepochen oder der eigene Lebenslauf) irgendwann durchbrochen wurde (Riss), woraufhin eine unglaubliche Schaffensphase entstehen konnte, die jedoch nur Ernüchterung hervorruft. Das ist für mich die erste Strophe.
Die zweite ist für mich auch nicht so positiv belegt, wie sie hier insgesamt rezipiert wurde. Zwar ist sie auch als Überwindung der durch den aufgehobenen Formzwang entstandenen Leere der Fülle durch Selbstzensur und damit in einem verqueren Sinne positiv zu verstehen. "und gehe/jede Wette/ein" ist aber - oder so hoffte ich vielleicht auch nur - mehrdeutig: Geht das Ich jede Wette ein, sein Ziel zu erreichen, oder geht es nur - jede Wette - ein, verkümmert in der Selbstbeschneidung?
Interessant im Übrigen - das sei eingeschoben - deine Bezüge zur Dichter-Foren-Welt, Gedichtbandage.
Zu Kjub im einzelnen: Was für eine ausführliche und für mich erweiternde/erheiternde Auseinandersetzung :) Und ja, ein Diss in eine gewisse Richtung ist da drin. Schön gespielt.
Zu Kjub als Vertreter der Fraktion "gegen 'schön, ne?'": Ja, haben wir drüber gesprochen. Wahrscheinlich hab ich es jetzt genau deshalb drin. War aber in dem Sinne nicht bewusst. Um mich selbst und meine Aussagen weniger zu konterkarieren, wäre auch "schön? ne." denkbar. Vielleicht ist das sogar vorzuziehen. Erschwert die - sowieso anscheindend schon schwierige - Assoziation von "das Gute, Wahre, Schöne" aber noch mehr. Und an der liegt mir viel... Hach, hach. Dilemma.
Zu Wiederholungen könnte ich mir auch nochmal einen Kopf machen, aber jetzt habe ich erst mal Hunger.
Tüdelü, vielen Dank ihr alle, bis bald, ich hoffe es
atti
RE: Schreibblockiade
in Philosophisches und Grübeleien 26.09.2011 22:11von kein Name angegeben • ( Gast )
hi atti,
wer spricht hier über DICHTER-foren?
welch anmaßung!
auf der suche des ewig suchenden, nie wissenden, sog der spinner das netz in sich auf, bevor er es wieder auswarf... nein, atti, in der flut der worte, der gesichter, der gewichtigkeiten, befindlichkeiten, selbstentblößung, ungewichtigkeiten, verwässert manches, einiges, vieles allerdings, worte, gesichter, gewichtigkeiten, befindlichkeiten, selbstentblößung, ungewichtigkeiten, sind es wert einen platz zu finden, in ihm, dem spinner - als nahrung zu dienen oder einfach als spiegel - alles lernfläche, irgendwie.
guten appetit!
gruß
gb.
RE: Schreibblockiade
in Philosophisches und Grübeleien 14.10.2011 20:17von Gemini • Long Dong Silver | 3.094 Beiträge | 3130 Punkte
Gar nicht übel. Erfrischend und auch irgendwie witzig. Gute Verpackung, gutes Produkt.
Gefällt mir.
Gem
Über mich erzählten sie endlose Schrecklichkeiten und Lügen, dass einem schier die Phantasie platzen wollte. Offenbar stärkte es sie innerlich, derart über mich herzuziehen, es brachte ihnen Gott weiß welche Art Mut, den sie brauchten, um immer erbarmungsloser zu werden, widerstandsfähiger und regelrecht bösartig, um durchzuhalten, um zu überstehen. Und auf diese Weise schlecht zu reden, zu verleumden, zu verachten, zu bedrohen, das tat ihnen ganz offenbar gut.
L.F Celine
RE: Schreibblockiade
in Philosophisches und Grübeleien 16.10.2011 15:57von der.hannes • | 1.768 Beiträge | 1750 Punkte
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