#1

Nachtriß; für B.

in Mythologisches und Religiöses 03.08.2011 13:11
von otto | 637 Beiträge | 645 Punkte

Ihm träumte, zu erspähen längs am ahnenfluss
verbannt, selbst windundwassermüde, todeskrank,
bis das ein zug von schwarzen ziegen kam, so muß
das jenseitsufer, das voll dürrer pappeln schlank,

das ziel des hirten, der beschützten herde sein,
der steg, die brücke brach, es fehlt der übergang,
so droht charon im boot, er kam wie stets allein,
der sanfte fluss schwoll an, als rankte wilder wein

die wellen kraus und wilder gleich zur wasserwand,
am jenseits ufer lockten ahnen, hand in hand,
die schreie bleicher hallten, teilten sich im wind,
charon blieb stumm, ergriff des hirten jüngstes kind.

Ich sann des bildes boten, hades dunkler macht,
das liebste lamm, dem hirten ward es umgebracht.

zuletzt bearbeitet 08.08.2011 16:57 | nach oben

#2

RE: Nachtriß; für B.

in Mythologisches und Religiöses 04.08.2011 10:10
von mcberry • Administrator | 3.230 Beiträge | 3490 Punkte

Gefällt mir schon vom Thema her, lieber otto,

an der Sprache stellenweise noch zu feilen, an der Grammatik, käme der Auffassung des Lesers entgegen.
Nur als Beispiel, daß es so besser sei, darauf bestehe ich nicht:
S1Z1 ihm träumte zu erspähen längs...
S1Z4 ..?...harre ich eines einfalls...
s2Z3 drohte Xx flutscht metrisch nicht: so droht? charon bedroht?
Z3Z3 die bleichen schreie hallten (und) teilten sich im wind
S4Z2 des hirten liebstes lamm ward tückisch umgebracht

Die Metrik wechselt zwischen: xXxXxXx, xXxXxX und durchgehendem Jambus ohne diese Zäsur.

Nur ein paar Einfälle...Ohne Übergang in den Hades rennen wir hier als Zombies herum. HG - mcberry

5.8.11 P.S. die bleicher könnten anders aufgefasst werden, als gemeint, es gab ja auch färber...

zuletzt bearbeitet 05.08.2011 09:24 | nach oben

#3

RE: Nachtriß; für B.

in Mythologisches und Religiöses 04.08.2011 20:22
von otto | 637 Beiträge | 645 Punkte

Soweit so gut, lieber Mc.
Doch in der Strophe 3, Zeile 3 sind die " bleicher" die Toten. Insofern scheint mir grammatikalisch korrekt, wenn ich schrieb:

" die schreie bleicher hallten".
Dein Vorschlag sieht übrigens 13 Silben für die Zeile vor, und würde damit nicht mehr metrisch sein.

Jedenfalls vielen Dank für Dein freundliches Gegenlesen. Ich hoffe, dass ich einiges in die Reihe bekommen habe.
Übrigens würde mich interessieren, was Du zu meinem Gegenkommentar in meiner Parabel " Dienste" meinst.

Liebe Grüße,

otto.

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#4

RE: Nachtriß; für B.

in Mythologisches und Religiöses 08.08.2011 12:40
von Rubberduck | 558 Beiträge | 558 Punkte

Ein wahrlich mythischer Traum, otto.

Ein Hirte, der seine Schafe weidet - ein biblisches Bild.
Er wird seine 99 Schafe verlassen, um das eine Verlorene zu suchen.
Und wenn er es gefunden hat, dann wird seine Freude über das eine Wiedergefundende
größer sein, als über die anderen 99, die er in Sicherheit weiß.

Dieses Gleichnis von Jesus, kam mir in den Sinn, als ich dein Sonett las.

Doch anders als in seinem Gleichnis kann in deinem Sonett der Hirte sein Lamm
nicht beschützen, verliert es trotz aller Anstrengungen.

Dein Hirte muss sich sehr entmutigt fühlen.

lg,
Bärbel

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#5

RE: Nachtriß; für B.

in Mythologisches und Religiöses 08.08.2011 17:02
von otto | 637 Beiträge | 645 Punkte

Ich weiß ja, liebe Bärbel. Trotz aller- liebevoller Anstrengungen. Aber der Hirte hat mit 99 seiner Herde gut zu sorgen.
Ja, ich hatte auch dieses Gleichnis im Sinn.
Des Mutes bedarf es weiter zu machen. Ich weiß ja, liebe Bärbel.

Dein Freund,

des Hirten Herde Freund,

otto.

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