#1

Denen unten

in Düsteres und Trübsinniges 24.06.2011 22:16
von otto | 637 Beiträge | 645 Punkte

Sie wußten über viele vieles,
über alles war nur für die
erste strophe.

Den sedimenten blieb
schweigen,
übrig war das viel.

Das haus mit ablagen
vor dem,
nach dem marsch.

Zweistöckige ablagen,
abends mietfrei.

Zuhause aus verfügung.

Jeder bekam dazu,
nicht was in die
schuhsammlung kam.

Heiße drahtblumen,
zementflüsse,
knüppeldämme,
varianten zum aus- und abzählen.

Das Leben hielt
den docht
eingewachst.

Alle waren den herren
gras zum schneiden,
kurze, bündige garben,
ordentlich gestapelt,
übergekippt vom
grubenlockführer.

An manchen tagen wurde
was antat gründlich,
von rasenspringern zum
schlangenexodus,
finalrhapsodie,
kontrapunkt für schweigen,
die hießen so
oder so.

In der Luft
süßes brot,
sagten sie,
dass es an den
brotöfen lag,
ohne unterschied
durch und durch.

Eine farbe sei
sonnenblume gewesen,
behauptete der zeuge,
von rosa ein anderer,
lila den wächtern
der frommen vernunft,
da capo.

Ein regenbogen biss,
bis himmelhoch,
jeden in seinen.

zuletzt bearbeitet 26.06.2011 12:10 | nach oben

#2

RE: Denen unten

in Düsteres und Trübsinniges 25.06.2011 18:18
von phlox | 172 Beiträge | 172 Punkte

eindringliche anspielungen, die ihre beabsichtigte wirkung durch gezielte abwandlungen von worten und wendungen erreichen können, wenn und soweit ein bestimmtes geschichtliches grundwissen vorausgesetzt werden kann.
ich glaube nicht, daß sich mir alle erschlossen haben, aber die meisten haben ihr ziel nicht verfehlt, sie rufen in mir einen eindruck schwerer traumatisierung hervor, der dem thema mehr als angemessen erscheint.

der widmung des titels schließe ich mich gern an.
phlox

zuletzt bearbeitet 25.06.2011 18:19 | nach oben

#3

RE: Denen unten

in Düsteres und Trübsinniges 25.06.2011 20:09
von munk (gelöscht)
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hallo otto,
ja, und räusp, und ich schließ mich phlox an. denen unten geht wirklich unter die haut, mehrfach. da fallen mir dann kein worte mehr ein, weil du geschichte vielschichtig geschichtet hast, sie berührt mich, einige bilder werden sehr lebendig, andere zeichen sehr fragil. die anmaßung einer herrenethnie; von ausbeutung, vernichtung, willkür. da kapo gebiert keine einfachen wiederholungen. das lebt weiter in verdrängungen und offenbarungen. der süße duft, damals und heute, so verdammt verklärt, verwidert diesseits und jenseits.

sehr gern gelesen

munkelgrüße

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#4

RE: Denen unten

in Düsteres und Trübsinniges 26.06.2011 12:19
von otto | 637 Beiträge | 645 Punkte

Danke euch beiden für das Lesen. Ich habe den Begriff "KAPO" auf "capo" geändert. Ich meine eigentlich beides:
Der KAPO ( also derjenige, der Befehle exekutiert) schreit den Gefangenen ein " da capo" ( Beifallskundgebung nach dem Vortrag z.B. von Musikstücken) zu. Damit will er bedeuten,
dass er der erzwungenen Dienstleistung zwar keinen Beifall zollt ( denn er ist ja unzufrieden), sondern er will die Leistung " noch einmal", aber aus der Sicht seiner Befehlsgeber befriedigender wiederholt haben. Die Kapos waren ja diejenigen, nach " deren Musik" die vielen zum Tode geweihten " tanzen mußten.

Ich dachte an ein Oxymoron, hier die scheinbare Zufriedenheit, die aber mit dem Zuruf an die Gefangenen ins Zynische verfremdet wird. Meine Absicht war nicht einfach zu entdecken, oder doch?

Ansonsten habt ihr beide gut interpretiert.

Liebe Grüße,

otto.

zuletzt bearbeitet 26.06.2011 12:22 | nach oben

#5

RE: Denen unten

in Düsteres und Trübsinniges 30.06.2011 07:44
von munk (gelöscht)
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hi otto!
mhmm, hab mir das oxymoron mal vorgenommen, also, bewusst wahrgenommen habe ich dies nicht, aber die spannung der verse und des gesamttextes wird am ende doch so oxymoronisch getragen. gerde davon lebt der spirit dieses textes.

da capo oder kapo: ich las kapo polarisierend. aber da kommt vielleicht davon, dass ich latein nur als kleines latinum aufsog ;) der kapo ist erschreckender, da capo wiederholt eindringlicher, fast zynisch den fragwürdigen sapiensgeist.

grüße, der munkel

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#6

RE: Denen unten

in Düsteres und Trübsinniges 15.08.2011 14:10
von MarleneM (gelöscht)
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ich schließe mich umfänglich den niveauvollen Gedanken meiner Vorredneran, lieber otto. Ein handwerklich sehr gutes Werk, im typischen Otto-Stil.
Ich denke trotz geschichtlichen Bezuges lässt es sich auch auf den normalen Alltag übertragen. Zufriedenheit wird suggeriert, heile welt, dahinter stehen oft macht, ja Ausgeliefertsein in eine Situation, eine Beziehung,
Macht wird es immer geben im Großen wie im Kleinen. Die unten haben selten eine Chance da hoch zu kommen.
LG von Monika

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