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Meine Sonntage, der dunkle Mann und die Mistkäfer
#1
von Margot • Mitglied | 3.054 Beiträge | 3055 Punkte
Meine Sonntage, der dunkle Mann und die Mistkäfer
in Ausgezeichnete Lyrik 20.01.2005 14:42von Margot • Mitglied | 3.054 Beiträge | 3055 Punkte
Meine Sonntage, der dunkle Mann und die Mistkäfer
Bei uns zu Haus, da gab’s am Sonntag immer Kuchen,
Und Tante Hilda sprach oft von der Menschlichkeit.
Es war uns allen strengstens untersagt zu fluchen.
Im Pastorhaus ist Himmel nah und Hölle weit.
Wir Kinder hatten stets still, brav und nett zu sein
Und mit den Füssen baumeln war sogar verpönt.
Mein Bruder trank zuweilen Vaters Messewein
Und kotzte dann ins Rosenbeet und hat gestöhnt.
Des Pastors Kind zu sein war eine schwere Last,
Und einmal hab ich mir gewünscht, ich wäre doch,
Viel lieber Bauer Michels neuer Sommergast,
Der unsre Käfer fing und meist am Boden kroch.
Der Mann war anders; Haut und Rede waren dunkel
Und sonntags sah man ihn durch leere Strassen gehn.
Er lachte viel, war taub für schmähliches Gemunkel,
Und lies die rausgeputzten Kirchengänger stehn.
„Schau Fritz, der Mann geht nicht mal mit in die Kapelle!
Das ist ein Heide, sieh nur, wie er lacht und singt!“
Empört zitierten sie die passend Bibelstelle:
Vom Freigeist, der mit bösen, schwarzen Teufeln ringt.
Ein Sonntag war es auch, ich sass mit neuen Schuhen,
Zuvorderst auf der Bank und träumte vor mich hin.
Da ging er just vorbei, sie fingen an zu buhen,
Ein Feister gab ihm gar eins auf das schwarze Kinn.
Er kam dann nie mehr wieder zu dem Bauer Michel,
Und unsre Käfer lebten ungestört im Mist.
Mein Vater brach noch weitre Ähren mit der Sichel,
Mir aber schien der Sonntag wieder lang und trist.
(c) Margot S. Baumann
~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~
überarbeitete Fassung vom 22.01.05
Meine Sonntage, der dunkle Mann und die Mistkäfer
Bei uns zu Haus, da gab’s am Sonntag immer Kuchen,
Und Tante Hilda sprach oft von der Menschlichkeit
Es war uns allen strengstens untersagt zu fluchen.
Im Pastorhaus ist Himmel nah und Hölle weit.
Wir Kinder hatten ordentlich und still zu sein
Und mit den Füssen baumeln war sogar verpönt.
Mein Bruder trank zuweilen Vaters Messewein
Und kotzte dann ins Rosenbeet und hat gestöhnt.
Des Pastors Kind zu sein war eine schwere Last
Und einmal hab ich mir gewünscht, ich wäre doch,
Viel lieber Bauer Michels neuer Sommergast,
Der unsre Käfer fing und meist am Boden kroch.
Der Mann war anders; Haut und Rede waren dunkel
Und sonntags sah man ihn durch leere Strassen gehn.
Er lachte viel, war taub für schmähliches Gemunkel,
Und lies die rausgeputzten Kirchengänger stehn.
„Schau Fritz, der Mann geht nicht mal mit in die Kapelle!
Das ist ein Heide, sieh nur, wie er lacht und singt!“
Empört zitierten sie exakt die Bibelstelle,
Wo dieser Freigeist mit den schwarzen Teufeln ringt.
Ein Sonntag war es auch, ich sass mit neuen Schuhen,
Zuvorderst auf der Bank und träumte vor mich hin.
Da ging er just vorbei, sie fingen an zu buhen,
Ein Feister gab ihm gar eins auf das schwarze Kinn.
Er kam dann nie mehr wieder zu dem Bauer Michel,
Und unsre Käfer lebten ungestört im Mist.
Mein Vater brach noch weitre Ähren mit der Sichel,
Doch mir ward jeder Sonntag wieder lang und trist.
(c) Margot S. Baumann
#2
von Wilhelm Pfusch • Administrator | 2.006 Beiträge | 2043 Punkte
Meine Sonntage, der dunkle Mann und die Mistkäfer
in Ausgezeichnete Lyrik 20.01.2005 17:06von Wilhelm Pfusch • Administrator | 2.006 Beiträge | 2043 Punkte
Für mich geht es hier darum, dass durch Schuld der religiösen Dogmen und der Engstirnigkeit der Kleinbürger der neue Geist der Aufklärung nicht die erreichte, an deren Vernunft er appelierte und für die er mit euphorischem Engagement geschaffen worden war.
Er war anders, fing Käfer, kroch am Boden -> naturwissenschaftliches Interesse. Das werde ich aber gleich auch noch auf einer anderen ebene einbringen.
Haut war dunkel -> möglicherweise Hervorhebung der Andersartigkeit, Hinweis auf die Initialzündung zum Ende der dunkeln zeit durch die in Arabien bewahrten Schriften der Antike.
Sprache dunkel-> Nachdenklichkeit, Grübelei; vielleicht auch höhere (im dunkeln liegende) Sprache die nicht verstanden wird von den einfachen Leuten. Dazu im Gegensatz die Fröhlichkeit des freigeistes, vermittelt eine von frohem mut erfüllte aufbruchsstimmung. Möglicherweise Steigerung von dunkel auf schwarz in str 6 vers 4. Soll vielleicht zunehmende Distanz darstellen, dieser Mensch liegt nicht mehr nur im dunkeln, er ist ganz schwarz geworden, ganz andersartig und unakzeptabel.
->Str 3 V. 4 Möglicherweise ein Bild, das darstellt, das dieser Freigeist sich zu den einfachen Leuten herabbegibt (am Boden kroch) und die Käfer, vielleicht stehen sie für vorurteile und unwissen, fängt , katalogsiert, analysiert.
Als er weg ist vermehren sich dieses Unwissen wieder ungehemmt(vgl. Str 7 V. 2)
Während der Vater am ende weitermacht wie bisher, also vom aufkommenden Freigeist unberührt blieb; ist der Sohn, der nur passiver Zuschauer war, nun unzufrieden und hat erkannt das der Weg des Freigeistes keineswegs verteufelnswert ist. Seine generation wird also empfänglicher sein. Ein sehr positives Ende also, hat mir gefallen.
Er war anders, fing Käfer, kroch am Boden -> naturwissenschaftliches Interesse. Das werde ich aber gleich auch noch auf einer anderen ebene einbringen.
Haut war dunkel -> möglicherweise Hervorhebung der Andersartigkeit, Hinweis auf die Initialzündung zum Ende der dunkeln zeit durch die in Arabien bewahrten Schriften der Antike.
Sprache dunkel-> Nachdenklichkeit, Grübelei; vielleicht auch höhere (im dunkeln liegende) Sprache die nicht verstanden wird von den einfachen Leuten. Dazu im Gegensatz die Fröhlichkeit des freigeistes, vermittelt eine von frohem mut erfüllte aufbruchsstimmung. Möglicherweise Steigerung von dunkel auf schwarz in str 6 vers 4. Soll vielleicht zunehmende Distanz darstellen, dieser Mensch liegt nicht mehr nur im dunkeln, er ist ganz schwarz geworden, ganz andersartig und unakzeptabel.
->Str 3 V. 4 Möglicherweise ein Bild, das darstellt, das dieser Freigeist sich zu den einfachen Leuten herabbegibt (am Boden kroch) und die Käfer, vielleicht stehen sie für vorurteile und unwissen, fängt , katalogsiert, analysiert.
Als er weg ist vermehren sich dieses Unwissen wieder ungehemmt(vgl. Str 7 V. 2)
Während der Vater am ende weitermacht wie bisher, also vom aufkommenden Freigeist unberührt blieb; ist der Sohn, der nur passiver Zuschauer war, nun unzufrieden und hat erkannt das der Weg des Freigeistes keineswegs verteufelnswert ist. Seine generation wird also empfänglicher sein. Ein sehr positives Ende also, hat mir gefallen.
#4
von Arno Boldt • | 2.760 Beiträge | 2760 Punkte
Meine Sonntage, der dunkle Mann und die Mistkäfer
in Ausgezeichnete Lyrik 21.01.2005 00:29von Arno Boldt • | 2.760 Beiträge | 2760 Punkte
eine wunderbare komik, die mich zuweilen an einen großen erinnert.. mir fällt bloß noch nicht ein, wer es ist.
das ende ist wirklich ein ende.
und zwischendurch möchte man meinen, man meint zu viel: man solle einfach lesen, wies gewesen.
nur kurz:
1. str2/z1: die metrik gerät ins schreien.. ->xXxXxXXXxXxX
2.str5/z3: "passend" -> es liest sich reingepresst
3. str7/z4: ich würde liebend gern das "mir" betonen, da es ja darum geht, sich von den anderen abzugrenzen..dh. die metrik ist für mich gestolpert.. ->XXxXxXxXxXxX
ansonsten hatte ich das wichtigste schon oben erwähnt.
grüße.
arno.
das ende ist wirklich ein ende.
und zwischendurch möchte man meinen, man meint zu viel: man solle einfach lesen, wies gewesen.
nur kurz:
1. str2/z1: die metrik gerät ins schreien.. ->xXxXxXXXxXxX
2.str5/z3: "passend" -> es liest sich reingepresst
3. str7/z4: ich würde liebend gern das "mir" betonen, da es ja darum geht, sich von den anderen abzugrenzen..dh. die metrik ist für mich gestolpert.. ->XXxXxXxXxXxX
ansonsten hatte ich das wichtigste schon oben erwähnt.
grüße.
arno.
#5
von Wilhelm Pfusch • Administrator | 2.006 Beiträge | 2043 Punkte
Meine Sonntage, der dunkle Mann und die Mistkäfer
in Ausgezeichnete Lyrik 21.01.2005 00:55von Wilhelm Pfusch • Administrator | 2.006 Beiträge | 2043 Punkte
#6
von Arno Boldt • | 2.760 Beiträge | 2760 Punkte
Meine Sonntage, der dunkle Mann und die Mistkäfer
in Ausgezeichnete Lyrik 21.01.2005 01:11von Arno Boldt • | 2.760 Beiträge | 2760 Punkte
#7
von Wilhelm Pfusch • Administrator | 2.006 Beiträge | 2043 Punkte
Meine Sonntage, der dunkle Mann und die Mistkäfer
in Ausgezeichnete Lyrik 21.01.2005 01:26von Wilhelm Pfusch • Administrator | 2.006 Beiträge | 2043 Punkte
#8
von Arno Boldt • | 2.760 Beiträge | 2760 Punkte
Meine Sonntage, der dunkle Mann und die Mistkäfer
in Ausgezeichnete Lyrik 21.01.2005 02:01von Arno Boldt • | 2.760 Beiträge | 2760 Punkte
oh, du hast mehr als einen hals?
vielfrass, du!
ok, ich tippe jetzt mal ins blaue.. erich kästner..
.. [zeit vergeht] ..
ja, kästner wars.. konnte mich noch an eine zeile eines gedichtes erinnern: "pauline bringt das hemd ja schon"..
das gedicht heißt: "Kleine Stadt am Sonntagmorgen" (also von der thematik her jetzt nicht ganz, aber auch, jedoch besonders bzgl. der leichtigkeit der sprache.)
grüße.
arno.
vielfrass, du!
ok, ich tippe jetzt mal ins blaue.. erich kästner..
.. [zeit vergeht] ..
ja, kästner wars.. konnte mich noch an eine zeile eines gedichtes erinnern: "pauline bringt das hemd ja schon"..
das gedicht heißt: "Kleine Stadt am Sonntagmorgen" (also von der thematik her jetzt nicht ganz, aber auch, jedoch besonders bzgl. der leichtigkeit der sprache.)
grüße.
arno.
#9
von Margot • Mitglied | 3.054 Beiträge | 3055 Punkte
Meine Sonntage, der dunkle Mann und die Mistkäfer
in Ausgezeichnete Lyrik 21.01.2005 08:27von Margot • Mitglied | 3.054 Beiträge | 3055 Punkte
Oh! Mann vergleicht mich mit Kästner - poaeh - dass lasse ich mir natürlich gefallen. *Hühnerbrüstchen-schwillt*
Dank Dir Arno für die Hinweise, ich werde sie durchgehen. (Scheiss-Metrik! *g)
Wie gesagt, kann man es lesen, wie's da steht, als eine kleine Erzählung eines Kindes, man kann dahinter aber durchaus etwas Gesellschaftskritik vermuten, so wie Wilhelm es tat. Kommt eben ganz auf den Leser an.
Beste Grüsse an euch zwei.
Margot
Signatur müsste bald kommen ...
Dank Dir Arno für die Hinweise, ich werde sie durchgehen. (Scheiss-Metrik! *g)
Wie gesagt, kann man es lesen, wie's da steht, als eine kleine Erzählung eines Kindes, man kann dahinter aber durchaus etwas Gesellschaftskritik vermuten, so wie Wilhelm es tat. Kommt eben ganz auf den Leser an.
Beste Grüsse an euch zwei.
Margot
Signatur müsste bald kommen ...
#10
von Arno Boldt • | 2.760 Beiträge | 2760 Punkte
Meine Sonntage, der dunkle Mann und die Mistkäfer
in Ausgezeichnete Lyrik 21.01.2005 13:17von Arno Boldt • | 2.760 Beiträge | 2760 Punkte
#11
von Stephan Santfort (gelöscht)
Meine Sonntage, der dunkle Mann und die Mistkäfer
in Ausgezeichnete Lyrik 21.01.2005 23:56von Stephan Santfort (gelöscht)
_- -_
du baust die 3 verschiedenen gruppen von leuten gut auf.
ich bin sowohl kind auf der Kirchenbank gewesen, Priester mit Weihrauch in der Nase, überzeugt und gläubig und ein belustigter Aussenstehender.
Die Kinder leben in einer strengen Gläubigkeit, die sie nicht aus einem inneren Glauben heraus praktizieren, sondern mehr wegen Gewohnheit und Erziehung.
Die kleinbürgerliche, streng religiöse Selbstkasteiung der Eltern projezieren jene auch auf die Kinder, in Form von Pflicht und Respekt.
Der Freigeist als solcher ist aussenstehend. Er tritt in der Szene als unverwurzelter und von der Umwelt losgelöster Geist auf.
Die Kinder sehen in ihm eine Art Option, die Eltern Blasphemie.
Da die Eltern, die Dorfbevölkerung, keine Macht über ihn haben, greifen sie zur Gewalt.
Ihre Ideale und Werte prallen an ihm ab und zeigen ihnen ihre eigene Hässlichkeit. Sie haben keine manipulative Macht gegenüber ihm, wie sie es mit der Pädagogik gegenüber den Kindern haben.
Vielleicht ist es auch eine Art Mutterinstinkt, ihn eben von den Kinder wegzubekommen.
Danach geht das ganze Spiel der Erziehung von vorne los.
du baust die 3 verschiedenen gruppen von leuten gut auf.
ich bin sowohl kind auf der Kirchenbank gewesen, Priester mit Weihrauch in der Nase, überzeugt und gläubig und ein belustigter Aussenstehender.
Die Kinder leben in einer strengen Gläubigkeit, die sie nicht aus einem inneren Glauben heraus praktizieren, sondern mehr wegen Gewohnheit und Erziehung.
Die kleinbürgerliche, streng religiöse Selbstkasteiung der Eltern projezieren jene auch auf die Kinder, in Form von Pflicht und Respekt.
Der Freigeist als solcher ist aussenstehend. Er tritt in der Szene als unverwurzelter und von der Umwelt losgelöster Geist auf.
Die Kinder sehen in ihm eine Art Option, die Eltern Blasphemie.
Da die Eltern, die Dorfbevölkerung, keine Macht über ihn haben, greifen sie zur Gewalt.
Ihre Ideale und Werte prallen an ihm ab und zeigen ihnen ihre eigene Hässlichkeit. Sie haben keine manipulative Macht gegenüber ihm, wie sie es mit der Pädagogik gegenüber den Kindern haben.
Vielleicht ist es auch eine Art Mutterinstinkt, ihn eben von den Kinder wegzubekommen.
Danach geht das ganze Spiel der Erziehung von vorne los.
#12
von Margot • Mitglied | 3.054 Beiträge | 3055 Punkte
Meine Sonntage, der dunkle Mann und die Mistkäfer
in Ausgezeichnete Lyrik 22.01.2005 12:47von Margot • Mitglied | 3.054 Beiträge | 3055 Punkte
Hi Steph
Ja, so ist es, Du hast das gut erkannt. Besten Dank für die Zusammenfassung und schön, wenn es Dir gefällt.
Ich habe jetzt noch ein wenig daran herumgesbastelt. Ev. mag es jetzt auch vor dem strengen Auge (ist ja nur eins ) von Arno bestehen. Und wenn nicht, dann gib mir bitte einen Tipp. Schliesslich bist Du doch der Könner
Liebe Grüsse
Margot
überarbeitete Fassung vom 22.01.05
Meine Sonntage, der dunkle Mann und die Mistkäfer
Bei uns zu Haus, da gab’s am Sonntag immer Kuchen,
Und Tante Hilda sprach oft von der Menschlichkeit
Es war uns allen strengstens untersagt zu fluchen.
Im Pastorhaus ist Himmel nah und Hölle weit.
Wir Kinder hatten ordentlich und still zu sein
Und mit den Füssen baumeln war sogar verpönt.
Mein Bruder trank zuweilen Vaters Messewein
Und kotzte dann ins Rosenbeet und hat gestöhnt.
Des Pastors Kind zu sein war eine schwere Last
Und einmal hab ich mir gewünscht, ich wäre doch,
Viel lieber Bauer Michels neuer Sommergast,
Der unsre Käfer fing und meist am Boden kroch.
Der Mann war anders; Haut und Rede waren dunkel
Und sonntags sah man ihn durch leere Strassen gehn.
Er lachte viel, war taub für schmähliches Gemunkel,
Und lies die rausgeputzten Kirchengänger stehn.
„Schau Fritz, der Mann geht nicht mal mit in die Kapelle!
Das ist ein Heide, sieh nur, wie er lacht und singt!“
Empört zitierten sie exakt die Bibelstelle,
Wo dieser Freigeist mit den schwarzen Teufeln ringt.
Ein Sonntag war es auch, ich sass mit neuen Schuhen,
Zuvorderst auf der Bank und träumte vor mich hin.
Da ging er just vorbei, sie fingen an zu buhen,
Ein Feister gab ihm gar eins auf das schwarze Kinn.
Er kam dann nie mehr wieder zu dem Bauer Michel,
Und unsre Käfer lebten ungestört im Mist.
Mein Vater brach noch weitre Ähren mit der Sichel,
Doch mir ward jeder Sonntag wieder lang und trist.
Ja, so ist es, Du hast das gut erkannt. Besten Dank für die Zusammenfassung und schön, wenn es Dir gefällt.
Ich habe jetzt noch ein wenig daran herumgesbastelt. Ev. mag es jetzt auch vor dem strengen Auge (ist ja nur eins ) von Arno bestehen. Und wenn nicht, dann gib mir bitte einen Tipp. Schliesslich bist Du doch der Könner
Liebe Grüsse
Margot
überarbeitete Fassung vom 22.01.05
Meine Sonntage, der dunkle Mann und die Mistkäfer
Bei uns zu Haus, da gab’s am Sonntag immer Kuchen,
Und Tante Hilda sprach oft von der Menschlichkeit
Es war uns allen strengstens untersagt zu fluchen.
Im Pastorhaus ist Himmel nah und Hölle weit.
Wir Kinder hatten ordentlich und still zu sein
Und mit den Füssen baumeln war sogar verpönt.
Mein Bruder trank zuweilen Vaters Messewein
Und kotzte dann ins Rosenbeet und hat gestöhnt.
Des Pastors Kind zu sein war eine schwere Last
Und einmal hab ich mir gewünscht, ich wäre doch,
Viel lieber Bauer Michels neuer Sommergast,
Der unsre Käfer fing und meist am Boden kroch.
Der Mann war anders; Haut und Rede waren dunkel
Und sonntags sah man ihn durch leere Strassen gehn.
Er lachte viel, war taub für schmähliches Gemunkel,
Und lies die rausgeputzten Kirchengänger stehn.
„Schau Fritz, der Mann geht nicht mal mit in die Kapelle!
Das ist ein Heide, sieh nur, wie er lacht und singt!“
Empört zitierten sie exakt die Bibelstelle,
Wo dieser Freigeist mit den schwarzen Teufeln ringt.
Ein Sonntag war es auch, ich sass mit neuen Schuhen,
Zuvorderst auf der Bank und träumte vor mich hin.
Da ging er just vorbei, sie fingen an zu buhen,
Ein Feister gab ihm gar eins auf das schwarze Kinn.
Er kam dann nie mehr wieder zu dem Bauer Michel,
Und unsre Käfer lebten ungestört im Mist.
Mein Vater brach noch weitre Ähren mit der Sichel,
Doch mir ward jeder Sonntag wieder lang und trist.
#13
von Arno Boldt • | 2.760 Beiträge | 2760 Punkte
Meine Sonntage, der dunkle Mann und die Mistkäfer
in Ausgezeichnete Lyrik 22.01.2005 14:07von Arno Boldt • | 2.760 Beiträge | 2760 Punkte
na also, geht doch!
ABER! bitte nicht hauen, denn...
nur str.2/z1 hätte auch einfacher umgestellt werden können:
"Wir kinder hatten stets sehr brav und nett zu sein."
aber wie gesagt: den guten gesamteindruck vermochte dies alles nicht zu trüben.
und wie schön, daß du in deinem kommentar die ironie gefunden hast.. ich bin erleichtert.
beste grüße.
arno.
#15
von muh-q wahn (gelöscht)
Meine Sonntage, der dunkle Mann und die Mistkäfer
in Ausgezeichnete Lyrik 24.01.2005 20:15von muh-q wahn (gelöscht)
Das Gedicht gefiel mir schon auf .com, oder war es Dulzinea ? sehr gut, insbesondere weil es sprachlich, metrisch und inhaltlich so leichtfüßig daherkommt. Das entspricht dem lyr. Ich und die Botschaft wird gerade dadurch nicht etwa flach. Das fehlende moralinsaure Pathos, die fehlende Bitterkeit, kein moralisch erhobener Finger, nein, dem Kind ist schlicht wieder langweilig. Wunderbar.
Sehr viele menschliche Schwächen haben ihre Ursache in der mangelnden Fähigkeit, über den Teller-(Dorf-)rand zu blicken und die Welt in mehr Schattierungen, als nur schwarz (dunkel) und weiß einzuteilen. Die Gefahren der Provinzialität werden hier schön verdeutlicht (Krabbeln in eigenem Mist) aber eben in einer sympathischen, unaufdringlichen Form. Das Gedicht lädt freundlich dazu ein und zermalmt einen eben nicht mit der ganz großen Moralkeule.
Wunderbar gelungen, gefällt mir sehr gut und dem Vergleich mit Kästner stimme ich eindeutig zu.
Sehr viele menschliche Schwächen haben ihre Ursache in der mangelnden Fähigkeit, über den Teller-(Dorf-)rand zu blicken und die Welt in mehr Schattierungen, als nur schwarz (dunkel) und weiß einzuteilen. Die Gefahren der Provinzialität werden hier schön verdeutlicht (Krabbeln in eigenem Mist) aber eben in einer sympathischen, unaufdringlichen Form. Das Gedicht lädt freundlich dazu ein und zermalmt einen eben nicht mit der ganz großen Moralkeule.
Wunderbar gelungen, gefällt mir sehr gut und dem Vergleich mit Kästner stimme ich eindeutig zu.
#17
von muh-q wahn (gelöscht)
Meine Sonntage, der dunkle Mann und die Mistkäfer
in Ausgezeichnete Lyrik 01.02.2005 14:45von muh-q wahn (gelöscht)
Zitat: |
Margot schrieb am 24.01.2005 21:40 Uhr: Schau an, da verfasse ich einen Nekrolog, der sich ein anderer schnappen will, und da ist der eigentlich Angesprochene bereits wieder auferstanden |
Dunkel ist der Rede Sinn ...
#18
von Margot • Mitglied | 3.054 Beiträge | 3055 Punkte
Meine Sonntage, der dunkle Mann und die Mistkäfer
in Ausgezeichnete Lyrik 01.02.2005 14:56von Margot • Mitglied | 3.054 Beiträge | 3055 Punkte
... darüber sprach ich:
Memorandum
Mond scheint hell über die Hügel
Abendwind streicht übers Tal
Chevalier greift nach dem Zügel
Hält ihn mit der letzten Qual
Seine Zeit ging schnell vorüber
Geister rufen nun zum Spiel
Ungebändigt, wild und trüber
Treibt der Fluss zu seinem Ziel
Kreise schlägt der Stein im Rinnsal
Unverdrossen, weil im Recht
Hier verharrt man nur in Trübsal, dort beginnt erst das Gefecht
... vielleicht solltest Du Dir die Antwort darauf auf com mal durchlesen, da macht sich einer, nein, nicht zum Rindvieh, eher zum Affen
Memorandum
Mond scheint hell über die Hügel
Abendwind streicht übers Tal
Chevalier greift nach dem Zügel
Hält ihn mit der letzten Qual
Seine Zeit ging schnell vorüber
Geister rufen nun zum Spiel
Ungebändigt, wild und trüber
Treibt der Fluss zu seinem Ziel
Kreise schlägt der Stein im Rinnsal
Unverdrossen, weil im Recht
Hier verharrt man nur in Trübsal, dort beginnt erst das Gefecht
... vielleicht solltest Du Dir die Antwort darauf auf com mal durchlesen, da macht sich einer, nein, nicht zum Rindvieh, eher zum Affen
#19
von muh-q wahn (gelöscht)
Meine Sonntage, der dunkle Mann und die Mistkäfer
in Ausgezeichnete Lyrik 02.02.2005 15:54von muh-q wahn (gelöscht)
Wow ! Ich bin beeindruckt und bewegt, obwohl ich tot bin. Denn das muss ich ja wohl sein, da ich gerade einen weiteren "N A C H R U F" auf .com entdeckte. Schick.
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