Hallo meine liebe Venya,
da will ich mir doch dein Werk mal etwas näher anschauen.
Du schreibst durchgehend einen 5-hebigen Jambus, weibliche und männliche Kadenzen abwechselnd. Einziger Bruch: S2V3. Für diesen Bruch kann ich leider keinen Grund finden. Fehler oder Absicht? Klär mich auf
Dein Lächeln schweigt, doch deine Augen schreien
und sündenvoll bleibt mein Verlangen hier
zurück. Nun zeigt sich, du willst mir verzeihen.
Und dennoch, soll ich leben wie ein Tier?
Das lyr. Ich hat etwas getan, womit das lyr. Du nicht einverstanden war. Das Lächeln schweigt - also lächelt das lyr. Du nicht. Seine Augen schreien nach dem lyr. Ich und auch das lyr. Ich hat noch das Verlangen, beim lyr. Du zu verbleiben. Das Verlangen bleibt beim lyr. Du zurück, sprich es kann nicht einfach auf eine andere Person übertragen werden. Das Enjambements von V2 in V3 erzielt hier seine Wirkung nicht, wie es sollte, finde ich.
Das lyr. Du will dem lyr. Ich verzeihen, es scheint aber für das lyr. Ich fast wie eine Gabe zu sein, auf die es sich revanchieren muss. So nach dem Motto "Wenn du willst, dass ich dir verzeihe solltest du endlich...!"
Das lyr. Ich will nciht leben wie ein Tier - warum es das sollte, dazu komme ich in S2.
Gefangen in den Strängen deiner Treue
verweilt mein Blick. Und auch das Abendgrau
schickt die Gedanken mir aufs Neue.
Ein kalter Strick - am Leben glänzt der Tau.
Offensichtlich war das lyr. Ich untreu, denn es ist in den Strängen der Treue des lyr. Du gefangen, schuldet dem lyr. Du etwas und fühlt sich von ihm gefesselt, weil das lyr. Du nur das lyr. Ich liebt. Der Blick des lyr. Ich, bzw dessen Gedanken, kann es nicht von diesem Punkt ablenken. Es ist wie ein kalter Strick, weil das lyr. Ich eben nicht treu war und es vom schlechten Gewissen geplagt wird. Dennoch wird das Leben des lyr. Ich langsam wieder frisch, soll neu beginnen (--> Tau kommt morgens)
Dein warmer Atem ist schon längst vergangen.
Bleib ich allein? Du könntest es verstehn.
Erstorben ist dein hoffnungsvollstes Bangen.
Noch bin ich dein - Doch du kannst es nicht sehn.
Der Atem/die spürbare Anwesenheit des lyr. Du ist vergangen. Das lyr. Ich liebt es zwar noch, konnte aber die Ketten seiner starken Liebe nicht mehr aushalten. Die beiden sind im Streit auseinander gegangen, denn das lyr. Du könnte es versdtehen, wenn das lyr. Ich es nicht mehr schafft, eine neue Beziehung aufzubauen. Die Hoffnung und das Bangen des lyr. Du sind gestorben, stattdessen hat es die Klarheit, dass keine Beziehung mehr existiert. In Gedanken hängt das lyr. Ich der Beziehung noch nach und wünscht sie zurück - aber das alles ohne das Wissen des lyr. Du.
Fazit: Ein schönes, trauriges Gedicht mit netter Wortwahl. Einige Reime sind für mein Empfinden zu Einfach geraten: hier/Tier, Treue/Neue, grau/Tau. Das langweilte mich bei näherem Betrachten etwas. Aber ansonsten ein sehr schönes Gedicht
Lieben Gruß,
Littleshine