#1

Der goldene Ring

in Märchen, Fabeln, Sci-Fi und Fantastisches 01.05.2006 08:09
von Olaf Piecho (gelöscht)
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....."Kannst du schwimmen, Paula?"
Emil saß im schwedischen Schwingsessel und sah mit warmen Augen in sein Gegenüber. Paula, die gerade mit der gelben, brennenden Kerze ins Geschichtenzimmer kam, antwortete verwundert:
"Ja wieso?"
"Es gibt da eine Geschichte die ich dir erzählen möchte."
Ganz gespannt setzte sich Paula auf die alte Truhe und hüllte sich in eine wärmende Decke. Emil schloss die Augen und begann leise zu erzählen.

"Es war um die Zeit, als die Truhe, auf der du sitzt, geschaffen wurde, da lebte in einem Fischerdorf das kleine Mädchen Silja, deren Mutter schon früh gestorben war. Der Vater des Mädchens war Fischer, wie die meisten Männer im Dorf. Silja liebte ihren Vater über alles. Sehr stolz erlebte sie, wie ihrem Vater große Achtung entgegengebracht wurde, da er einen Spürsinn für die Fische und damit für die besten Fangplätze hatte. Morgens, wenn das Mädchen aufstand, kam ihr Vater müde nach Hause, setzte sich zu Silja und erzählte vom endlosem Meer und der großen Kraft des Windes und den Gefahren, die da draußen auf die Fischer lauerten. Manchmal rannten sie zu den Felsen und spürten beim Aufschlagen der hohen Wellen etwas von dem, was die Fischer erlebten. Manchmal gingen sie schwimmen und Silja tauchte besonders gern nach Muscheln, in denen sich manchmal kleine Perlen für sie versteckt hielten. Es war eine glückliche und sorglose Zeit und Silja wünschte sich nichts sehnlicher, als dass es immer so bliebe.

Eines Morgens war ein Klagen und Weinen im Dorf zu hören und Silja lief neugierig auf die Strasse. Da zog eine Menschentraube den Weg entlang und bewegte sich gerade auf ihr Haus zu. Von weitem schon hörte sie, oh weh, oh weh, das arme Kind. Die Schwester ihres Vaters, eine böse und giftige Frau, trat aus der Menschenmenge hervor und sagte, das Meer hat deinen Vater behalten, er ist heute morgen nicht zurückgekehrt. Pack deine Sachen und komm, wir werden für dich von nun ab sorgen.
Arbeiten war Silja ja gewöhnt, aber was sie bei dieser Frau schuften musste, kannst du dir nicht vorstellen. Schelte und Prügel waren oft der einzige Lohn und um satt zu werden nahm sie heimlich vom Futter für die Tiere. Eines Tages, Silja war inzwischen zu einer jungen Frau herangewachsen, stand ein Mann mit einer süßlichen, unangenehmen Ausstrahlung in der Tür und feilschte mit der Schwester ihres Vaters. Als der Handel abgeschlossne war, band man Silja die Hände und führte sie auf ein großes Schiff. Wo bringt ihr mich hin, fragte Silja. Du wirst es gut haben, zu einen Sultan in fernen Ländern werde ich dich bringen und wenn du tust, was man von dir verlangt, wirst du dich nie mehr sorgen müssen. Silja begriff, dass sie verraten und verkauft war und stille Tränen rannten ihr fortan über ihre Wangen. In der Nacht hatte sie einen merkwürdigen Traum. Sie sah vom Schiff aus ihren Vater, wie er auf dem Meeresgrund spazierte und von da aus ihr zuwinkte.

Mit freundlichem Lächeln zwinkerte er seiner Tochter zu, zog einen Ring von seiner Hand und steckte diesen einem vorbeischwimmenden Fisch auf die Rückenflosse und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Dann ging er, ohne sich noch einmal umzudrehen davon und verschwand im Dunkel des Meeres. Der Fisch aber schwamm an die Meeresoberfläche, sprang in die Luft und wirbelte dabei den Ring geradewegs in die offenen Hände von Silja.
Am nächsten Morgen entdeckte Silja beim Erwachen einen goldenen Ring an ihrem Finger. Erschrocken verbarg sie ihn an ihrer Brust und hütete so ein Geheimnis, welches ihr Hoffnung und Zuversicht gab. Dem süßlichen Herrn aber diente sie. Sie putzte und kochte für ihn, sang dabei Lieder aus ihrer Heimat und reimte neue Strophen hinzu. Dabei traf es sich, dass wiedereinmal Wasser zum Putzen gebraucht wurde. Mit einem leeren Eimer in der Hand fragte Silja nach einem Seil, an dem Sie den Eimer befestigen könne um aus dem Meer das zum Putzen notwendige Wasser zu schöpfen. Misstrauisch gab der süßliche Herr, wonach Silja verlangte und begleitete sie an Deck. Er setzte sich in einiger Entfernung auf ein Fass und beobachtete Silja aus zusammengekniffenen Augen. Blitzschnell holte sie ihren goldenen Ring hervor und steckte ihn auf ihren Finger.

Dann schwang sie das Seil, an deren einem Ende der leere Eimer befestigt war und ließ diesen so in Richtung des Herren sausen. Im selben Augenblick sprang Silja mit einem beherzten Sprung in das Meer und tauchte weit unter. Sie wusste, dass nun ein Beibot herabgelassen würde, um nach ihr zu suchen. Sie tauchte und tauchte und empfand dabei eine lang nicht mehr gespürte Leichtigkeit. Immer wenn ihr die Luft ausging und ihre Brust nach Atem rang, drehte sie den goldenen Ring und ihr war, als ob sie dabei die Luft ihres Vaters atmete. Nach langer Zeit tauchte Silja endlich auf und das große Schiff war nur noch von Ferne zu sehen. Einwenig ruhte sie sich auf dem Rücken aus und überlegte, in welche Richtung sie schwimmen sollte. Sie wusste es nicht. Bald schon verwünschte sie ihre neue Freiheit und ihre Kräfte verließen sie. Da hörte Silja neben sich eine Stimme.
Das ist die falsche Richtung, Silja. Wenn du so weiter machst, wirst du bald untergehen.

Neben ihr schwamm ein alter Delphin, dessen Stimme schon brüchig klang. Silja ärgerte sich über die Belehrung und schwamm nun in genau entgegengesetzter Richtung.
Auch in diese Richtung kommst du nicht weit, völlig aussichtslos.
Wenn du es besser weißt, sag du es mir, antwortete Silja und sendete wütende Blicke.
Der Delphin tauchte und verschwand. Müde änderte Silja noch einmal die Richtung und in ihrer Verzweiflung schrie sie laut, so helft mir doch. Ich schaffe es allein nicht. Da tauchte genau unter ihr der Delphin aus dem Wasser und Silja klammerte sich an seiner Rückenflosse fest.
Na du machst ja Sachen mit mir, lachte Silja und ein tiefer Schluchzer befeite sich aus ihrer Brust. Wie heißt du denn?
Ich bin Pedro, der dienstälteste Delphin hier in der Gegend.
Oh, sehr angenehm Don Pedro. Silja rutschte sich auf dem Rücken des Delphines zurecht und saß nun aufrecht. Sie genoss die Wendung ihres Schicksals und streichelte den Rücken des Fisches. Hab Mitleid mit mir, Pedro. Kannst du mich nicht an Land bringen?
Solche Sachen! Warum springst du auch vom Schiff. Eigentlich müsste ich dir den Hintern versohlen. Weißt du eigentlich, was du für Glück hattest, dass ich hier gerade in der Gegend war?
Sei doch nicht so, versuchte Silja Pedro zu besänftigen. Ich hab es da nicht mehr ausgehalten, an einen Sultan wollten sie mich verkaufen.
Na immer noch besser, als hier im Meer rumzuplanschen, oder?
Silja schwieg und wusste es besser. Der alte Delphin aber verstand ihr Schweigen und lenkte vorsichtig ein.
Silja, weil du ein gutes Herz hast und weil du nach meiner Hilfe gerufen hast, will ich dir helfen. Allerdings erbitte ich mir auch etwas von dir.
Was immer du willst, mein lieber Herr Pedro, antwortete Silja schnell.
Ich möchte deinen goldenen Ring, der fehlt mir nämlich noch in meiner Sammlung.

Entschlossen und traurig zog Silja ihren goldenen Ring vom Finger und übergab diesen dem Delphin. In Windeseile schwamm Pedro mit Silja an das Ufer einer ihr neuen Welt.
Und wenn sie nicht gestorben ist, dann lebt sie noch immer mit dem jungen König, den sie am Ufer der neuen Welt getroffen hat. Aber das ist schon wieder eine andere Geschichte."


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#2

Der goldene Ring

in Märchen, Fabeln, Sci-Fi und Fantastisches 01.05.2006 14:10
von Krabü2 (gelöscht)
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Hi Olaf,
was soll sie auch machen - ohne Ring?! Da muss sie sehen, dass sie aus Allem das Beste macht..., oder? Ich hätte ihr geraten, auf dem Delphin zu bleiben. Der ist doch wenigstens integer.
Naja, ob Frauen nun wirklich immer den sicheren Hafen suchen?
Ich hab Deine Geschichte aber gern gelesen, ich mag Märchen.
LG - Uschi

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#3

Der goldene Ring

in Märchen, Fabeln, Sci-Fi und Fantastisches 04.05.2006 16:32
von Olaf Piecho (gelöscht)
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Hallo Uschi,

merci für deine Anmerkungen. Märchen sind Märchen. Was Frauen wirklich suchen bleibt mir ein Rätsel.

Grüße von Olaf

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#4

Der goldene Ring

in Märchen, Fabeln, Sci-Fi und Fantastisches 04.05.2006 23:26
von Krabü2 (gelöscht)
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Hi Olaf,
das solltest Du auch nicht auf das Märchen beziehen, das war nur ein Kommentar am Rande. Du hast - wie immer - sehr gut geschrieben und ich habe es gerne gelesen wie alle Deine Texte bislang. Also bitte ... nicht darauf reduzieren das Ganze. War nicht so gemeint.
Grüße von Uschi ;-)

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