Guten Morgen Abendland
Im Morgenlicht lebt deine Gestrigkeit in meinem Heute fort,
und meine Worte eilen so, dem Tag voraus, in deine Nacht.
Dich ruhend wissend, will ich mir Gedanken fangen liebestoll,
die – kreisend um die halbe Welt – frühmorgens leise bei dir sind.
Und wenn du sie verschlafen liest, hat sich mein Morgen längst versteckt.
Die Arbeit wartet, ich muss geh‘n. Bis später dann, ich wink dir zu.
Schon fast im Traum, da schubs ich noch ein letztes Abschiedswort an dich
ganz weit hinaus zum Weltenrand von deiner andern Mitternacht.

Wir sind die ganze endlos lange Nacht im Traum vereint gewesen
Am Morgen kann ich endlich deine Worte aus dem Gestern lesen
In den Morgenstunden muss ich nie auf deine Antwort warten
Wenn ich Z’mittag esse, können wir den schnellen Austausch starten

Mittags ist es mir zuwider, dass du bald schon schlafen gehst
Doch wenn ich die Augen schliesse, weiss ich, dass du mich verstehst
Am Nachmittag beginnt die Zeit, in der ich auf dich warten muss
Ein schöner Tag! und voller Sehnsucht sende ich dir einen Kuss

Guten Abend Morgenland
So morgenfrisch begrüsst, erreicht mich heut dein weitgereistes Wort,
umfängt mich liebend, warm und klar, als wär es Frühlingssonnenpracht.
Kaum bin ich wach, da schreiben wir uns unsre hellen Stunden voll.
Für alles andere in dieser Welt sind wir dann taub und blind!
Am Mittag wirst du Abendmüder weich mit meinem Wort gedeckt.
Viel später leg ich selber mich, verloren ohne dich, zur Ruh,
und Bilder ziehen durch den Traum – sind nur gedacht für dich und mich –,
die schreib ich deinem Nachmittag, sobald mein neuer Tag erwacht.

gugol/L A F

PS: ein Gemeinschaftswerk über die Kontinente hinweg