#1

Tod des Riesen (ein Chant Royal)

in Düsteres und Trübsinniges 17.08.2018 12:37
von gugol | 248 Beiträge | 130 Punkte

Bis gestern lebte er im offnen Meer,
wo er die schönsten Walgesänge sang,
die Bucht durchschwommen hatte, kreuz und quer
und mit den andern um die Wette sprang.
Er kannte selten Kummer und Verzicht,
auch echte Feinde hatte er dort nicht.
Aus heiterm Himmel traf ihn dieser Pfeil,
daran gebunden war ein langes Seil.
Das Blut, vermischt mit Wasser, wirkte fahl –
am Fleisch verletzt, doch blieb die Seele heil?
Das weiss allein der alte Buckelwal.

Zumindest setzte er sich kaum zur Wehr,
als ob er nicht um seine Freiheit rang.
Die Walfangmänner zogen an dem Speer,
der tief in Haut und Fett des Riesen drang
und hätten nun die gottverdammte Pflicht,
ihn fair zu töten, aber machen schlicht
von dem was richtig wär das Gegenteil:
Sie bieten ihn auf einem Tiermarkt feil,
und Käufer kommen her in grosser Zahl.
Doch findet das ein Meeressäuger geil?
Das weiss allein der alte Buckelwal.

Ein junger Unternehmer bietet mehr
als seine Konkurrenz für diesen Fang.
Sein Engagement kommt nicht von ungefähr,
das wird die Attraktion vom Zoo Pjöngjang:
Ein Wal im Delfinbecken! – ein Gedicht,
von dem schon bald die ganze Gegend spricht.
Die Zoobesucherzahlen steigen steil
und insbesondere die Kinder eil-
en schnurstracks rein ins Tierquäljammertal.
Wie tragisch alles ist, ahnt keines, weil
das weiss allein der alte Buckelwal.

Im Herbst verbreitet sich die Kunde meil-
enweit, welch Schicksal ward dem Wal zuteil:
'Er ist befreit von seiner langen Qual.'
War’s Selbstmord, oder war’s des Neiders Beil?
Das weiss allein der alte Buckelwal.

zuletzt bearbeitet 21.08.2018 08:25 | nach oben

#2

RE: Tod des Riesen (ein Chant Royal)

in Düsteres und Trübsinniges 19.08.2018 19:41
von alba | 645 Beiträge | 720 Punkte

hallo gugol

das schwuppt aber hier nich alles so royal ausn wellen.
ob im meer kummer und verzicht drin sind wäre ich optimistisch. schwärme von futtertieren können ausbleiben.
luftatmer werden im eis eingeschlossen und hängen herum bisses schmilzt. spätenstens wenn ihnen schiffe im
schallkorridor die gehöre verknacken wird deutlicher daß leben leiden heißt.
von lebenden walen aufm tiermarkt weissich nix aber auf ebay gibts auch sowas wahrscheinlich zu ersteigern.
obn wal das geil findet isne blöde frage und reimgeschuldet was du besser kannst.

S3Z8/9 überzeugt nicht mit diesem trennungsendreim den du auch besser kannst. und ein fisch im jammertal
wäre gemischte metaforik denn jammerpfütze käme eher aus. bitte nenne diese absurde lage nicht tragisch das
nimmt deinen worten kraft weg denn das kann sich der Leser selber denken.

der schluss iss auch irgendwie unwirklich weil wale schreien nich meilenweit wenn sie geschlachtet werden und
der tod kommt als gnade wo leben keine option mehr ist. wessen neid soll das beil geführt haben eher mitleid.
tut mir leid aber das sollte überarbeitet werden oder du schreibst mir ein neues gedicht. maunzer von alba

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#3

RE: Tod des Riesen (ein Chant Royal)

in Düsteres und Trübsinniges 20.08.2018 07:41
von gugol | 248 Beiträge | 130 Punkte

Ja die rhetorische Frage in S2Z10 ist schlecht. Aber nein, ich kanns nicht besser, habe nach einem weiteren eil-Reim gesucht oder eine andere Aussage mit dem bestehenden versucht, auf den die Refrainfrage passt.
Den Todesschrei hab ich geändert. Und ja, der Tiermarkt könnte vielleicht anders bezeichnet werden. Dass wilde Tiere per Auktion verkauft werden, ist jedoch nicht abwegig.
Alle anderen Punkte finde ich ok. Im Vergleich zum Leben in einem Zoobecken ist das offene Meer paradiesisch. Der Buckelwal lebt von Krill und anderem Kleinzeug, das er aus dem Wasser filtert. Ausbleibende Fischschwärme stören ihn kaum.
Das Jammertal ist insofern passend, als solche Becken in Zoos zumeist von einem unterirdischen Gang aus eingesehen werden können. Die Besucher gehen ja nicht ins Becken rein.
Leben in so einem Becken ist mMn für einen Wal, der Freiheit kennt, keine Option.
Neider in S4 sind jene, die dem Zoo den Besucherandrang nicht gönnen.
Trennungsendreime mag ich sparsam eingesetzt sehr, ist sicher Geschmacksache und ja, der Vers verliert damit etwas seine Aufgabe.
Fazit: Ein Chant Royal mit so vielen formalen Vorgaben grundlegend umarbeiten ist, so es denn notwendig wäre, fast ummöglich, weil alles eng aneinander hängt. Deshalb lass ich es als mässig bis schlecht gelungenes Gedicht einfach stehen. LG gugol

zuletzt bearbeitet 20.08.2018 07:41 | nach oben

#4

RE: Tod des Riesen (ein Chant Royal) ich

in Düsteres und Trübsinniges 21.08.2018 20:19
von Prolet (gelöscht)
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Schönen Abend, Gugol!

Ich gebe Dir recht, die Umarbeitung wäre eine Monsterarbeit. Es erzählt, es reimt.
Zwar nicht so wie es begnadete Reimer mit ausgefeilter Rhythmik vorzeigen könnten. Das Hauptgewicht wurde auf die Aussage gelegt, die den Leser in Anspruch nimmt.
Kaum jemand kann von uns ein Werk erwarten, mit dem sich ein Edler von Strehlenau identifizieren würde Nur die gröbsten Stolperer lassen Ungeduld vermuten, das lange Gedicht irgendwie zu Ende zu bringen. Eine gewisse Flüchtigkeit bemängle ich, wenn auch etliche große Pluspunkte mich Dank sagen lassen.

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