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Da hockst du verlassen und starrst auf vier Wände
und horchst angestrengt in die Stille hinein.
Die Hoffnung verloren, gefaltet die Hände
fast wie zum Gebet, doch schläfst du bald ein.
Du brennst, als du wach wirst,
suchst deine zwei Füße und steigst
über Treppen hinauf auf den First,
wo du strauchelst und stöhnst, schließlich schweigst.
Und wieder beginnst du den Wolken zu lauschen,
die hängen voll hoch und es fällt dir sehr schwer
tief zu atmen, bis endlich vernehmliches Rauschen
nun lauter wird, rhythmisch und rastlos: Das Meer!
Du gleitest verträumt über sandfeuchte Weiten.
Blinkt dort dir ein Seeglas, herzförmig und rot?
Versuch es zu fassen: Geschenk der Gezeiten!
Womöglich ein Bernstein, sein Baumharz längst tot.
RE: Nachtflug
in Düsteres und Trübsinniges 23.09.2017 07:44von Alcedo • Mitglied | 2.708 Beiträge | 2838 Punkte
Zitat von salz im Beitrag #1nicht „Einmal“, Salzling, sondern „wieder“, erneut, dachte ich an der Stelle, die ich so wie sie da oben dasteht für einen Patzer halte: der Beginn der Wolkenzeile.
Da hockst du verlassen und starrst auf vier Wände
und horchst angestrengt in die Stille hinein.
Die Hoffnung verloren, gefaltet die Hände
fast wie zum Gebet, doch schläfst du bald ein.
Du brennst, als du wach wirst,
suchst deine zwei Füße und steigst
über Treppen hinauf auf den First,
wo du strauchelst und stöhnst, schließlich schweigst.
Einmal wieder beginnst du den Wolken zu lauschen,
die hängen voll hoch und es fällt dir sehr schwer
durchzuhalten, bis endlich vernehmliches Rauschen
nun lauter wird, rhythmisch und rastlos: Das Meer!
Du gleitest verträumt über sandfeuchte Weiten.
Blinkt dort dir ein Seeglas, herzförmig und rot?
Versuch es zu fassen: Geschenk der Gezeiten!
Womöglich ein Bernstein, sein Baumharz längst tot.
es ist da nämlich ein starkes, ein schönes, ein herrliches Déjà-vu, welches du mir sonst unterbindest mit diesem dort jetzt stehenden einen Mal. diese Zäsur nach der vorherigen Langzeile mit deren menschlichem nur allzugutbekanntem Straucheln, Stöhnen und ermattetem Schweigen
Zäsur, Leerzeile, Zäsur, Zäsur, Leerzeile, Zähäsuuuur setzt mit überirdischen Lettern ein: es werden die Geräusche beschworen, die aus den Himmeln über uns kommen und jene von dort, von unserem aller Ursprung: vom Meer. ob Langwelle, Kurzwellig, ob Reflexion, physikalisch oder imaginär, was schert mich das schon, sie werden nicht nur beschworen, sie sind da, beim Lesen.
zusammen ergibt das, das Schönste was ich bisher von Dir lesen durfte: stark, Salzling, stark.
bin beeindruckt
Alcedo
Vorschlag:
Und wieder beginnst du den Wolken zu lauschen,
die hängen voll hoch und es fällt dir sehr schwer
ein- auszuatmen, bis endlich - vernehmliches Rauschen
vernehmbar wird, rhythmisch und rastlos: Das Meer!
edit:
Quatsch - natürlich nicht doppelt das „vernehmbare/vernehmliche“ nehmen, sorry, war unaufmerksam gewesen.
besserer Vorschlag:
Und wieder beginnst du den Wolken zu lauschen,
die hängen voll hoch und es fällt dir sehr schwer
ein- auszuatmen, bis endlich - beginnendes Rauschen
vernehmbar wird, rhythmisch und rastlos: Das Meer!
RE: Nachtflug
in Düsteres und Trübsinniges 23.09.2017 16:15von alba • | 645 Beiträge | 720 Punkte
das einmal wieder xxXx hat glaube ich einen metrischen hintergrund
der dreisilbige versfuß ist oft zeilenübergreifend durchgehalten.
- nur z4 s2/3 prallen zwei hebungen aufeinander mit einem imperativ -
auch kenne ich dieses wieder einmal oder einmal wieder als Redewendung.
ohne den kommentar dazu wäre mir nix aufgefallen.
salz du machst dich und kriegst auch ein paar stimmen von mir. miau alba
Liebe Dichter
das überrascht mich jetzt total, daß dieses Gedicht so ankommt.
Also ich wußte, es stimmt nicht alles. Den 3er Versfuß durchzuhalten fand ich fast unmöglich,
aber dann habe ich mir gesagt, die Form folgt dem Inhalt und der verlangt keine Perfektion.
@ alcedo
Dir vielen Dank und deine Vorschläge habe ich etwas vereinfacht wahrscheinlich, aber umgesetzt.
@alba
Über die Metrik gestolpert zu sein trifft genau ins Herz und wenn ich ein Seeglas finde, kriegst du es.
Also vielen Dank noch mal an die User in diesem etwas ungewöhnlichen Forum
Hier tun sich Chancen auf, mit denen du nicht gerechnet hast. Salzige Grüße XXX
RE: Nachtflug
in Düsteres und Trübsinniges 02.10.2017 07:02von Alcedo • Mitglied | 2.708 Beiträge | 2838 Punkte
Zitat von salz im Beitrag #1ah, jetzt verstehe ich das erst! mir ist jetzt erst bei diesem Finale der Groschen gefallen: dem Ich kann das olle leblose Baumharz gestohlen bleiben. schlichtes Glas - ein Bruchstück eines LKW-Rücklichtes oder einer Sirene oder sonstiges rotes, vom Sand zurechtgeschmirgeltes Glas - ist ihm zigfach lieber, weil lebendiger im Glanz, oder weil schlicht als kostbarer erachtet!
Da hockst du verlassen und starrst auf vier Wände
und horchst angestrengt in die Stille hinein.
Die Hoffnung verloren, gefaltet die Hände
fast wie zum Gebet, doch schläfst du bald ein.
Du brennst, als du wach wirst,
suchst deine zwei Füße und steigst
über Treppen hinauf auf den First,
wo du strauchelst und stöhnst, schließlich schweigst.
Und wieder beginnst du den Wolken zu lauschen,
die hängen voll hoch und es fällt dir sehr schwer
tief zu atmen, bis endlich vernehmliches Rauschen
nun lauter wird, rhythmisch und rastlos: Das Meer!
Du gleitest verträumt über sandfeuchte Weiten.
Blinkt dort dir ein Seeglas, herzförmig und rot?
Versuch es zu fassen: Geschenk der Gezeiten!
Womöglich ein Bernstein, sein Baumharz längst tot.
das macht mir jetzt lyrisches Ich, Text und Autor noch dreimal mehr sympathischer als sie es sowieso schon sind.
und ja, du hast es optimiert: das klingt schon sehr viel besser, Salzling. deine S3 erscheint mir sogar stärker als meine Vorschläge.
ja, jetzt leiert der Amphybrachus nicht mehr so stur über die Zeilenumbrüche hinweg. und das Déjà-vu ist so stark beim Lesen, dass es eine Pracht ist und wahrscheinlich auch deshalb das Verständnis des Finales (bei mir) erhöht hat.
Gruß
Alcedo
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