Guten Morgen, Alcedo!

Hier spricht als lyrisches Ich kein Stürmer und Dränger, kein James Dean, sondern ein John Wayne, ein einsamer, erfahrener Held, dem das Leben schon auf die eine oder andere Weise mitgespielt hat. Es wird kein ekstatischer Zustand der Verliebtheit gepriesen, sondern Kraft aus den Antipoden Einsamkeit (das Alleinsein) und Verliebtsein (gemeinsam) geschöpft.

Ein deutlicher Hinweis, wie ich finde, ist der vielsagende Neologismus „Alleinsam“, ein herrlicher Begriff, der auch die Essenz dieses Gedichts auf den Punkt bringt. Er verkörpert die Balance zwischen den beiden Antipoden, die Gefühle sind austariert und das wird als „schön“ erlebt.
Es ist ein bemerkenswerter Zustand der Heiterkeit, Freude und Gelassenheit, der aus der Lebenserfahrung des lyrischen Ichs resultiert. Mit der neuen Liebe ist ihm bewusst geworden, dass beide Zustände sich gegenseitig bedingen, fließend in einander übergehen können …wer nie einsam ist oder war, erlebt das Verliebtsein auch nicht so intensiv…deswegen passt das Bild der Einsamkeit als „Wegbereiter der Liebe“ so hervorragend. So wird die Einsamkeit auch als personifizierter Freund wahrgenommen, der einen darauf vorbereitet, die Liebe zu schätzen, sie „sattelt“ das lyrische Ich, hilft ihm dabei… (passend hierzu auch das beschwingte Reimschema, besonders schön der spielerische Reim „Wayne“- „umwehn“!).

Das Verliebtsein hilft, Schmerzhaftes zu überstehen – aber gleichwertig, so scheint es mir, ist auch die Erkenntnis, dass die Einsamkeit auch, wie ein guter Freund, wartend zurückbleibt und für die Liebe einspringt, falls sie eines Tages vergehen sollte.

Ein sehr eindrucksvolles, vielschichtiges Gedicht ohne überflüssige Worte.

Gruß,
Artbeck