Im Kreise

Wie lange willst Du Dich im Kreise drehen?
Warum verrennt sich jeder bei der Frage?
Was drängt uns hinter andern her zu gehen?

Mir scheint, der Herdentrieb ist eine Plage.
Ach, würden doch die Menschen selber denken!

Warum verrennt sich jeder bei der Frage
"Was können sich die Leute wirklich schenken"?

Es findet kaum noch jemand wirklich Neues.
Ach, würden doch die Menschen selber denken!

Ein flinkes Reh ist die Idee, ein scheues!
Die Suche darfst Du nicht zu früh beenden.

Es findet kaum noch jemand wirklich Neues,
Und niemand will Gehirnschmalz selbst verwenden!

Voran zu gehen, heißt das Ziel zu finden.
Die Suche darfst Du nicht zu früh beenden,
Du musst Dich einfach etwas länger schinden!

Wie lange willst Du Dich im Kreise drehen?
Voran zu gehen, heißt das Ziel zu finden.
Was drängt uns hinter andern her zu gehen?

Lieber Hannes,

den Menschen als gesellschaftliches Wesen drängt es zu anderen Menschen. Das hast du richtig erkannt. Du betonst zwar die "Frage", worauf die Menschen verzichten könnten (was ich, so formuliert, für völlig daneben halte), aber im Grunde ist das eine Klage gegen den "Herdentrieb". Ich würde so weit gehen, zu sagen, mit diesem Gedicht versuchst du, dem Individualismus auf die Sprünge zu helfen, also dem natürlichen Drang des Menschen zuwider zu reden. Dass Menschen ihr Hirn zum Denken einsetzen und wie sie das tun, hängt natürlich von den gesellschaftlichen Bedingungen ab. Reicht es also, sie aufzufordern, das nicht zu tun? Und das mit dieser Unbedingtheit? Dass der Mensch sich gern zu einer Gruppe verklumpt, ist nur dann falsch, wenn diese Gruppe sich über andere Gruppen erheben will, sie zu Feinden erklärt - die Wurzel auch des Nationalismus. Oder wenn sich Menschen zu Zielen vereinen, die gegen das Wohl und Wehe anderer Menschen gerichtet sind.

Der Individualismus aber ist immer falsch, denn er vereinzelt die Menschen bis zur Verzweiflung. Und seltsamerweise wird uns der Individualismus in unserer Gegenwart als Ideal vorgespiegelt. Inhaltlich halte ich das Gedicht für aus dieser Sicht oberflächlich bis zur Destruktivität, die sich gegen den Menschen selbst richtet. Und dann soll daraus nach dem Willen des Autors, also nach deinem Willen, etwas Neues entstehen. Ein bisschen viel verlangt.

Fachlich bliebe nur zu sagen, dass die Verklammerung von Terzanelle und Duetten (die aus Frage und Antwort bestehen müssten) nicht das Gewöhnliche ist, aber auch nichts Besonderes, eher ein Mischmasch. Mir wäre eine sauber gereimte Terzanelle eigentlich lieber, dann hätte die letzte Strophe noch eine vierte Zeile, die hier fehlt.

Die Interpunktion ist in mehreren Versen nicht stimmig, ebenfalls die Getrennt- und Zusammenschreibung. Halte das nicht für Krümelkackerei, manchmal kann es nämlich entscheidend sein.

Gruß, Antigone

Zitat

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Mcberry, du wertest, und so etwas geht immer, auch ungewollt, am Text vorbei.

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Wie gut, daß ich diese Auffassung sowieso nicht teile.

Zitat

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Dass der Mensch sich gern zu einer Gruppe verklumpt, ist nur dann falsch, wenn diese Gruppe sich über andere Gruppen erheben will, sie zu Feinden erklärt - die Wurzel auch des Nationalismus.

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Andere Kommentare verstehe ich einfach nicht und werde es dabei bewenden lassen. Verklumpte Grüße - mcberry

Jesses nee,

wie kann man nur eine scherzgetragene Volksdichtung mit einem philosophischen Diskurs verwechseln.
Nicht dass ich die Anknüpfung ernsthafter Überlegungen grundsätzlich ablehne, aber ein Sinn für Humor
wird hier nun mal vorausgesetzt.
Ich hatte meinen Spaß beim Lesen und da wir einander gerne folgen, ziehe ich dergleichen in Erwägung:
Wie rund läuft so ein Kreisverkehr, alleine fiel das Laufen schwer.
Hast du was gegen Gruppenverklumpung, Mac? Grundsätzlich oder nur heute?
Ich mache das täglich und vermute, du willst es nur nicht zugeben. Grüße von Yaya

Ich kann auch nicht behaupten, dass ich verstanden hätte, was Dein Kommentar, Antigone, so wirklich mit dem Gedicht zu tun hat.

Hinsichtlich der Terzanellenform habe ich mir nur erlaubt, die Zeilen etwas anders zusammenzufassen. Das passt besser zu den Aussagen. Die Form ist sonst in keiner Weise verändert.

Hier zum Beweis das Gedicht in der Strophenbildung a la Terzanelle pur, mit richtigen Reimen sowieso

Zitat

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Im Kreise

Wie lange willst Du Dich im Kreise drehen?
Warum verrennt sich jeder bei der Frage?
Was drängt uns hinter andern her zu gehen?

Mir scheint, der Herdentrieb ist eine Plage.
Ach, würden doch die Menschen selber denken!
Warum verrennt sich jeder bei der Frage

"Was können sich die Leute wirklich schenken"?
Es findet kaum noch jemand wirklich Neues.
Ach, würden doch die Menschen selber denken!

Ein flinkes Reh ist die Idee, ein scheues!
Die Suche darfst Du nicht zu früh beenden.
Es findet kaum noch jemand wirklich Neues,

Und niemand will Gehirnschmalz selbst verwenden!
Voran zu gehen, heißt das Ziel zu finden.
Die Suche darfst Du nicht zu früh beenden,

Du musst Dich einfach etwas länger schinden!
Wie lange willst Du Dich im Kreise drehen?
Voran zu gehen, heißt das Ziel zu finden.
Was drängt uns hinter andern her zu gehen?

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Lieber Hannes, liebe yaya,

mir wird der Vorwurf gemacht, dass ich mich in meinem Kommentar mit dem Gedicht hinsichtlich Inhalt beschäftige, wo ich doch einfach nur schmunzeln sollte. Ich bin der Ansicht, dass Textarbeit nicht nur sehr viel mit dem Inhalt eines Gedichtes zu tun hat, sondern alles. Das Handwerkliche gehört eher zur zweiten Ebene. Denn die Beherrschung des Handwerks wird ja allgemein stillschweigend vorausgesetzt.
Und inhaltlich lese ich eine zumindest "konservative" Haltung gegenüber Gesellschaft und Zeit heraus, um nicht zu sagen eine ans Reaktionäre, ans Anpasserische grenzende, also einfach nur öffentlichen Mainstream. Es tut mir leid, dass ich in unserem Kreise darauf hinweisen musste. Der Humor, den yaya herauszulesen glaubt, verniedlicht diese Haltung des Autors sogar noch. Tut mir leid, zum Lachen oder Schmunzeln war mir beim Lesen nicht. Dafür brauche ich wohl ein bisschen mehr als meine Mitschreiber.

Gruß, Antigone

Antigone, bitte verkaufe nicht Deine persönliche Interpretation des Gedichts als "Haltung des Autors". Nicht jedes Gedicht ist ein politisches, dieses hier betrifft aus meiner Sicht viel eher die Frage, wie man persönlich sich freischwimmt aus der Gedankenlosigkeit. "anpasserisch" verbitte ich mir, "reaktionär" ebenfalls.

Solche ad hominem gehende Unterstellungen gehen mir gewaltig gegen den Strich und haben in diesem Forum nichts verloren.

Hallo Hannes!

Auf ganz eigene aber wirkungsvolle Art
weist Du auf die Kritiklosem hin, diese Maßenmenschen, unfähig zur eigenen Meinungsbildung oder zu behäbig.

Die Art Deiner gewählten Worte betonen voller Eindringlichkeit wie wichtig es wäre, selbständig zu denken und nicht Vorgekautes zu über nehmen.

Hallo Andrea,

danke, das trifft das, was ich ausdrücken wollte, ziemlich genau.

Grüße vom Hannes