Hallo hannes!
Der Text ließ mich zuerst etwas im Dunkeln. Die Kommentare von yaya und GHEG zeigten mir einen Weg der Deutung.
Ginge es um einen profanen Mord, so wäre der Text in der Tat schwach an Kontext und könnte allein sicher nicht bestehen.
GHEG brachte mich erst auf die Dopplung des Mundes. Ich denke auch, dass sich der Text eher um Beschneidung oder ein sexuelles Verbrechen dreht.
Strophe 2 ist demnach der Schlüssel. Menschen und Tiere stehen getrennt von den Negierungen. Einerseits waren es also natürlich Menschen, die man zugleich auch Tiere schimpfen kann. Aber der Text möchte diese Bezeichnungen nicht gelten lassen: Im Sinne des Humanismus und dem Gedanken verhaftet, dass Tiere zu so etwas nicht fähig sind, waren es wiederum keine Menschen und auch keine Tiere, sondern - und hier mutmaße ich - die Religion bzw. das Kleben an Ritualen. Weshalb eine Vermutung? Es wird dahingehend nichts gesagt.
Ein kurzer Text, der ein Grauen vermittelt. Aber fand das Grauen, oder besser: dieses Grauen wirklich statt? Falls es ein sexuell-orientiertes Verbrechen war, so stellt sich die Frage, weshalb das lyr. Ich auf die Idee kommt, dass der Mund zugebunden ist. (Ich gehe mal davon aus, dass es der offensichtliche und sichtbare Mund nicht ist.) Dass das Opfer aber nackt ist - also bar jeder Kleidung - erliest sich nicht. Daher denke ich jetzt, dass das lyr. Ich nur vermutet - sich aus der Mimik (und den vielleicht vorhandenen, aber nicht geschilderten Gesten) einen Reim bildet. So gesehen bleibt der Text doch im Ungefähren und allein ein Indiziengedicht, wenn man so will.
Gern gelesen.
Beste Grüße
AB