Eines Tages bekam ich eine Abiturientenklasse aus Deutschland zugeteilt. Meine Aufgabe war es, die jungen Menschen mit der Geschichte Israels und ihrer Kulturstätten vertraut zu machen. Die Kurzreise war auf drei Tage mit Mahlzeiten und Übernachtungen geplant.
Nach der ersten Nacht suchte eine Schülerin der Gruppe das persönliche Gespräch mit mir. Allerdings nicht wegen der Besichtigungen und meiner Vorträge. Ich war nicht wenig verwundert, als sie mir sagte, dass sie beichten wolle. Ob es in der Nähe eine Kirche gäbe, fragte sie mit verweinten Augen. Das alles sei ihr höchst peinlich, sie könne nicht konkret über das Vorgefallene sprechen, das ihr in der letzten Nacht vorgekommen sei. Deshalb müsse sie beichten. Es beträfe sie und den Busfahrer, das Ganze hätte nicht passieren dürfen. Schließlich habe sie einen festen Freund, mit dem sie so gut wie verlobt sei. Deshalb also müsse sie schnellstens beichten. Sie sei so verzweifelt ( ich fragte sie nicht " wie").
Also gut, ich sagte ihr tröstende Worte, zu etwas von dem ich nichts wußte. Ja, ich kenne eine kleine Kirche in der Nähe. Doch es sei zu umständlich ihr diesen Weg zu beschreiben. Hinzukäme, dass der Weg nicht mit einem Bus zu befahren sei. Doch selbst wenn dies möglich wäre, so müsse man mindestens zwei Stunden von der bisherigen Planung abweichen. Außerdem wüßte ich vom zuständigen Pfarrer, dass er häufig mit seinem Esel für eine Einkaufstour unterwegs sei. Da könne es schon mehrere Stunden dauern, bis man bei einigem Glück auf ihn träfe.
Die Angelegenheit war knifflig, gegenüber den anderen Abiturienten fürchtete ich in Erklärungsnot zu geraten. Und so einigten sich das Mädchen und ich darauf, dass ich ihr bei unserer Ankunft im Hotel einige Kirchenadressen geben würde. Das schaffte dem Mädchen und mir etwas Zeitaufschub in delikater Lage.
Danach knöpfte ich mir den Busfahrer vor, und las ihm streng die Leviten: wenn auch nur einmal noch Ähnliches passieren würde, dann würde ich mich nach einem anderen Busfahrer umsehen müssen, drohte ich. Nun war ein Arbeistplatz in jenen Zeit ein Schatz. Und so versprach der Busfahrer, wie plötzlich sittsam geworden, bei der Ehre seiner Kinder, dass so etwas- was es war blieb mir weiterhin unbekannt- nie wieder passieren würde.
Über die Ehre im Allgemeinen, die des Mädchens, die seiner Frau und seine eigene schwieg er sich aus.. Ich ahnte, dass er nach keinem Beichtvater für sich verlangen würde, dies nun aus religiösen oder sonstwie charakterlichen
Gründen. Für mich war die Beichtnot schon am nächsten Morgen zuende, doch ich hoffte ganz im Sinne der beinahe schon verlobten Abiturientin, dass der gutaussehende Busfahrer sein Versprechen eingehalten hatte. Das stand immerhin zu vermuten, denn das Mädchen führte keine weitere Beschwerde gegen ihn. Sie schien bester bei bester Laune, und beim Frühstück bestem Appetit, was eigentlich alles bedeuten konnte. Ob sie denn schließlich einen Beichtvater aufsuchte, das vermag ich nicht zu vermuten.