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begegnung
ein zweig blüht auf dem markplatz unbekannt
am rande einer straße fällt die blüte
der mittelalten heimlich aus der tüte
die plötzlich meint sie habe sich verbrannt
wird jener schöne junge mann sie richten?
ihr sohn den sie vor jahren von sich stieß?
nicht nur dass sie ihr vater büßen ließ
er rief angeblich sie zu christenpflichten
die schande wollte ihr er nicht ersparen
nur sich und sie zum abbruch heftig drängen
damit nur niemand von dem balg erfahre
sie sah jedoch das laken und die bahre
und widerstand des vaters - opas! - zwängen
nur wenig stolz konnt sie sich so bewahren
RE: begegnung
in Gesellschaft 17.10.2012 09:58von mcberry • Administrator | 3.230 Beiträge | 3490 Punkte
Hallo Hannes,
sehr interessanter Text; an der Umsetzung des lyrischen Impulses wäre noch zu feilen.
S1 fällt die Blüte nicht in die Tüte? Anders wäre der Zweig vorher eingetütet gewesen.
S2Z4 modernem Verständnis von Christentum entspräche ein vorgeblich oder angeblich.
S3 Z1 die Schande wollte er nicht ihr ersparen / nur sich … metrisch und grammatisch glatt.
S3Z2 drängt den Inhalt dem Leser auf. Daß er fortfährt sie zu bedrängen genügt doch.
S4Z1 fasse ich die Bahre als phantasierte Bedrohung auf, da Söhnchen sich noch tummelt. (Doch scheute sie …)
Und ginge die Schlußzeile nicht schöner: den Stolz verlor sie wohl, durfte sich nie zu ihrer Mutterschaft
bekennen. Mußte sie ihr Baby doch aufgeben, damit es wenigstens am Leben bliebe, oder wie war das?
Insgesamt ein Text mit Potential. Gerne gelesen - mcberry
Hallo lieber Hannes,
Diese Zeilen sprechen mich sofort sehr an, weil du dich einem sog. Frauen Thema widmest.
Als ob kein Mann beteiligt wäre ... Weil aber Abort auf der zweiten Silbe betont wird, schien mir die
Metrik zu scheppern.
Vllt schreibe ich dazu später mehr. Mein neues Pad macht mit mir, was der Technik einfällt. Und ich kann die aes nicht finden.
Mit etwas Glück speichert diese dumme Glasscheibe wenigstens soviel. Androidtechnikentgeisterte Gruesse von Yaya
Servus, der Hannes!
Ich mische mich nicht gerne in fremde Familiengeschichten ein. Die haben da ein eignes Problem.
So wie Yaya, fiel mir sofort die Betonung des Wortes Abort auf.
Zum Dilemma hinzu kommt, achtzugeben, damit das nicht ein Kleriker erfährt,
sonst gibt es zusätzlich ewige Verdammnis, Heulen und Zähneknirschen.
Gruß
Joame
Hallo, liebe e-lis ;)
ich glaube inzwischen, ihr habt recht mit der betonung von abort - die stelle habe ich geändert, wie auch "vergeblich" auf "angeblich".
Bei der blüte dachte ich mir, die mutter habe blumen geschenkt bekommen oder gekauft, die ihr vor schreck aus der tüte fallen, als sie so plötzlich den sohn erblickt.
Über S3Z2 und S4Z3 muss ich noch mal nachdenken, da fällt mir spontan nichts besseres ein.
Danke für die Rückmeldungen
es grüßt
der.hannes
Guten Tag, der.hannes!
Schön langsam blicke ich durch.
ein zweig blüht auf dem markplatz unbekannt
am rande einer straße fällt die blüte
der mittelalten heimlich aus der tüte
die plötzlich meint sie habe sich verbrannt
wird jener schöne junge mann sie richten?
ihr sohn den sie vor jahren von sich stieß?
nicht nur dass sie ihr vater büßen ließ
er rief angeblich sie zu christenpflichten
die schande wollte ihr er nicht ersparen
nur sich - sie zum abort gleich heftig drängen
damit nur niemand von dem balg erfahre
sie sah jedoch das laken und die bahre
und widerstand des vaters - opas! - zwängen
nur wenig stolz konnt sie sich so bewahren
Warum die Blüte heimlich fällt, weiß ich nicht. Ist damit vielleicht unbemerkt gemeint?
Bei der Satzstellung fiel mir auf : ...wollte ihr er nicht ersparen; ich vermute, wollte er ihr nicht ersparen wäre besser.
Vielleicht paßt Dir bei S3Z2: nur sich - und sie zum Abbruch heftig drängen
Gruß
Joame
Hallo Joame,
durch die Satzstellung "ihr er nicht" wird "ihr" hervorgehoben, so dass das folgende "nur sich" damit kontrastiert, das ist die Idee hinter dieser Satzstellung.
Den Abort durch den umgekehrt betonten Abbruch zu ersetzen, gefällt mir recht gut. Damit ist das Metrum der ursprünglichen Version "gerettet", ohne dass es inhaltlich zu Verlusten führt. Ich werde diese Idee gerne übernehmen.
Das "heimlich" ist hier im Sinne von "unbemerkt" zu verstehen, genau richtig.
Danke für den anregenden Kommentar.
es grüßt
der.hannes
Schönen Abend nochmals!
Es hat den Anschein, wenigstens eine Kleinigkeit konnte ich beitragen. Verstehe, Du wolltest das ihr besonders hervorheben.
Beim häufigeren Durchlesen ist der Text nicht mehr so außergewöhnlich wie angenommen, doch immer noch verziehe ich etwas die Miene beim Reim Blüte-Tüte. Es obliegt mir aber nicht, gröbere Umstellungen anzuregen und damit auf ein ganz anderes Reimpaar zu kommen. Ich müßte besser mit Deinen Vorstellungen vertraut sein und mich in Dich hineinfühlen können, was ich bestimmt nicht kann.
Schönen Abend mit freundlichem Gruß!
Joame
Hallo Joame,
ja der Reim Tüte-Blüte. Ich habe mir überlegt, ob ich den wählen soll. Eine bewusste Entscheidung, darum natürlich nicht automatisch gut. Ein solch "komischer" Reim - dient der Verfremdung. Inhaltlich passt das, weil die Protagonistin so überrascht ist, sie steht in gewisser Weise neben sich. So wie dieser Reim.
Wenn Dich dieses Gedicht zu häufigerem Lesen gebracht hat, selbst wenn sich der Ersteindruck dadurch verwischte, bin ich sehr zufrieden.
Ehrlich gesagt weiss ich nur, was mir gefällt, und das auch nicht immer. Ich bin daher für jede Reaktion dankbar, weil jeder anders liest, sich andere Gedanken macht, und wertet. Nur so kann der Autor lernen :)
es grüßt
der.hannes
RE: begegnung
in Gesellschaft 21.10.2012 21:36von Joame Plebis • | 3.690 Beiträge | 3826 Punkte
Guten Abend, der.Hannes!
Die Blüte wird in Deinem Gedicht wohl ein Sinnbild sein. Sie kann aber ebensogut tatsächlich eine Blüte einer Blume sein, die sie soeben kaufte, die ihr nun durch eine vielleicht zitterige Erschütterung zu Boden (in die Tüte) fällt. Welche dieser beiden Möglichkeiten in dem Fall gemeint sind, dessen bin ich mir nicht ganz sicher; für das gesamte Gedicht hängt aber viel davon ab.
Gruß
Joame
RE: begegnung
in Gesellschaft 23.10.2012 17:39von Joame Plebis • | 3.690 Beiträge | 3826 Punkte
lieber hannes,
da ich länger nicht da war, lese ich erst jetzt dein berührendes werk.
der "komische "reim tüte und blüte" ist zunächst gewöhnungsbedürftig, dann im kontext jedoch genial.
wortspiel "jemanden eintüten"/ nämlich die zur entscheidung gezwungene Frau)
die blüte, der junge sohn als etwas eigentlich positives, jedoch nicht in diesem falle, weil es ein kind von inzest ist. ( sich und ihn zwingen)/(des vaters-opas)
möglicherweise von vergewaltigung.
als hätte sie sich verbrannt an der blüte: gebranntes kind, hexenverbrennung im christentum. schuld war immer die frau, wenn sie schawnger wurde
gleichzeitig steht es als bild für eine frau, die mit ihrer entscheidung, das kind zwar nicht abzutreiben, aber doch abzugeben, nie fertig geworden ist und nun in entsetzen fällt.
vor mir entsteht ein bild eines marktplatzes, wo sich die beiden zufällig treffen.
wie gesagt: genial.
da es ein sonett ist, hat es den anspruchsvollen inhalt verdient.
allerdings scheint mir das zwängen, was eigentlich zwingen wäre, etwas zum sonettformat gedrängt.
die schande, ach, dass sie er sich erspare
nur sich - er drängte sie, es abzutreiben
es sollte niemand von dem balg gerfahren.
Doch sie sah nur das laken und die bahre
und wusste, dieses kind, es musste bleiben!
Ein wenig stolz konnt sie sich so bewahren.
vielleicht passt ja was davon für dich. (eigentlich hatte ich die ursprüngliche version davor geschrieben, aber die wörter verzogen sich)
lg von koko
Liebe Koko,
vieles hast Du in dem Gedicht aufgedeckt, was ich dort hinein geschrieben habe. Die Frage des Vaters habe ich bewusst offengelassen. Die Inzest-Interpretation ist sicherlich stimmig, wenn auch nicht die einzig mögliche.
Deine Vorschläge werde ich mir auf jeden Fall durch den Kopf gehen lassen, ob sie zu dem passen, was ich ausdrücken wollte. Danke dafür und Deinen gedankenreichen Kommentar.
es grüßt
der.hannes
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