#1

lebensblind

in Philosophisches und Grübeleien 11.10.2012 16:57
von perry • Mitglied | 1.417 Beiträge | 1417 Punkte

durch getöntes schauen
wir ins glühende
verweigern uns
versteckt hinter brillen
dem purpur der flüsse

nur wenn wir bereit sind
barrieren einzureißen
straßen barfuß zu betreten
spüren wir wieder
die brailleschrift des lebens

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#2

RE: lebensblind

in Philosophisches und Grübeleien 11.10.2012 19:32
von mcberry • Administrator | 3.230 Beiträge | 3490 Punkte

Ganz toller Text, lieber Perry,

S1 beschreibt eine psychologische Haltung, die Affektretention. Die Scheu vor den wahren Farben des
Lebens, dem möglichen Schmerz. Die Bilder des Versteckens hinter technischem Gerät, der Brille mit
den getönten Scheiben, finde ich auch gelungen.

S2 fordert das Wagnis ein, die Konfrontation mit dem Risiko unserer immer lebensgefährlichen Existenz.
Und findet eine dichterische Hochsprache: das Braille des Lebens unter den Füßen....um in der Metapher
zur ins Innere gerichteten Schau der ersten Strophe zurückzufinden.

Die Zeilen sind mal wieder ein zeitloses klassisches Highlight. Unumwunden bewundernde Grüße - mcberry

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#3

RE: lebensblind

in Philosophisches und Grübeleien 11.10.2012 22:44
von perry • Mitglied | 1.417 Beiträge | 1417 Punkte

Hallo mcberry,
in unserer immer anonymer werdenden Gesellschaft, hören wir oft die Sprache des Blutes nicht mehr.
Die Umgebung wieder hautnah zu spüren, kann ein Anfang sein, die Zeichen des Lebens wieder zu erkennen.
Danke für die Wertschätzung und LG
Perry

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#4

RE: lebensblind

in Philosophisches und Grübeleien 11.10.2012 23:51
von Kokoschanell (gelöscht)
avatar

da stimme ich dir zu, lieber perry.
man könnte es auch auf weihnachten beziehen. die ganze gesellschaft ist so auf den kommerziellen usus drumherum ausgerichet, dass wir den sinn vergessen.
oftmals gilt ds für viele dinge im leben.
nur wenn wir einen unverfälschen, durchaus auch emotionalen blick werfn ( barfuß über die strasse laufen als bild) können wir den ursprng wieder SPÜREN.
lg von koko

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#5

RE: lebensblind

in Philosophisches und Grübeleien 12.10.2012 08:42
von Gemini • Long Dong Silver | 3.094 Beiträge | 3130 Punkte

Lieber Dichter

Sicher ist es schwer eine Sinnebe aufzubauen. Schwierig wird es bei einem Gedicht mit 3; 4 Sinnebenen.
Also der Autor zeigt uns im Endeffekt, dass die Schönheit im Sehen ist, was ja nicht Schlecht ist.
Abgesehen von der Struktur, lass dem Leser die Zeit sich in deinem Werk zu entfalten. Die Braile, hätte es nicht mehr gebraucht.
Auslassungen wären hier gut.
Fordere den Leser mehr. Nicht du bist der Sklave des Lesers. Der Leser muss dein Sklave sein.

Gem

Ps.: Wie willstn du dann Abstrakt schaffen?

edit: Schreibfehler


Über mich erzählten sie endlose Schrecklichkeiten und Lügen, dass einem schier die Phantasie platzen wollte. Offenbar stärkte es sie innerlich, derart über mich herzuziehen, es brachte ihnen Gott weiß welche Art Mut, den sie brauchten, um immer erbarmungsloser zu werden, widerstandsfähiger und regelrecht bösartig, um durchzuhalten, um zu überstehen. Und auf diese Weise schlecht zu reden, zu verleumden, zu verachten, zu bedrohen, das tat ihnen ganz offenbar gut.

L.F Celine

zuletzt bearbeitet 12.10.2012 08:45 | nach oben

#6

RE: lebensblind

in Philosophisches und Grübeleien 12.10.2012 12:15
von perry • Mitglied | 1.417 Beiträge | 1417 Punkte

Hallo Koko,
danke für die Interpretation, Weihnachten ist ein gutes Beispiel für die Verdrängung des Ursprünglichen, auch wenn ich es nicht direkt im Sinn hatte beim Schreiben.
LG
Perry

Hallo Gemini,
dein Komm verwundert mich etwas, was haben stilistische Schreibweisen (Bedeutungsebenen, Abstrakt) mit der Qualität eines Textes zu tun. Jede Richtung hat ihre Besonderheiten, die es auszureizen gilt.
Deine Interpretation "dass Schönheit im Sehen ist" kann ich nicht nachvollziehen, sie zeigt mir aber, dass Du anscheinend das, auf was ich hinaus wollte nicht erspüren konntest.
Die Brailleschrift war mir sehr wichtig, weil sie eine gute Metapher für das unmittelbare Erspüren ist und einen Rückbezug zum Titel herstellt.
Über die Reaktion der Leser mache ich mir weniger Gedanken, außer natürlich bei der Textarbeit in den Foren. Ist ein Gedicht erst einmal gedruckt, gehört es dem jeweiligen Leser.
Danke trotzdem für deine Sicht und LG
Perry

zuletzt bearbeitet 12.10.2012 14:58 | nach oben


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