#1

Treue zu den konventionen

in Philosophisches und Grübeleien 23.09.2012 19:36
von otto | 637 Beiträge | 645 Punkte

Nimm, was ich leide, leid gibts immer mehr.
Bis das ich scheide, bleibst du stets bedacht,
Woran du trägst, und leidest du zu schwer,
Nehm ich zurück mir, was ich dir vermacht.

Doch auch mein glück vergeudet ich an dir,
Aus freude ganz. Wir sind schon viele jahr
Im festen haus, bewohnt von dir und mir,
Und als gepaartes fest am sockel klar.

Zuweilen ändern wir und stellen neu,
Erproben altes, was uns lebenslang
Auf alten stühlen hielt, und bleiben treu
Im altern fest, kein wandel macht uns bang.

So bleibt der alltag friedlich uns auch spät,
Wenn einst der eine vor dem andern geht.

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#2

RE: Treue zu den konventionen

in Philosophisches und Grübeleien 24.09.2012 10:29
von Kokoschanell (gelöscht)
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ein nachdenklich machendes gedicht, lieber otto.
zusammenhalten in einer beziehung aus treue zu den konventionen meldet berechtigte zweifel an, die sich im werk im schluß zeigen.
der frieden tritt erst ein, wenn der andere geht/stirbt.

also was war das dann gewesen, das gemeinsame leben? eine lüge, ein sich was vormachen?
diese frage stellt sich der protagonist im gedicht und kommt zu dem ernüchternden, bereits erwähnen schluß.

manchmal muss man gehen und nicht darauf warten, bis der tod uns scheidet. wo die grenze ist, dass das gemeinsame leben ganz gut läuft( man hilft sich, man trägt sich) und wo es für einen von beiden unerträglich wird, das muss wohl jeder im stillen kämmerlein entscheiden.
immer wieder erproben, d.h. kämpfen um den erhalt. das ist das leben oftmals in vielen beziehungen.

formal hätte ich an der metrik vers eins was zu kritteln. da das "nimm" so wichtig ist, sollte es betont werden, nicht das "was"- der rest steht im jambus.im übrigen ansonsten eine sehr starke und schöne strophe.
lg von koko

zuletzt bearbeitet 24.09.2012 10:33 | nach oben

#3

RE: Treue zu den konventionen

in Philosophisches und Grübeleien 24.09.2012 20:12
von otto | 637 Beiträge | 645 Punkte

Nix mit stillem Kämmerlein. Da kann ich über den Protagonisten des Gedichtes lächeln, andererseits respektiere ich solche " Durchhaltemenschen". In der Form wird der Kuchen geformt. Ist einer erst einmal drin, kommt es auch auf die Zutaten und die Temperatur an. Natürlich kann einer verbrennen, wenn er zu spät aus der Form springt.

Bei uns z.B. tobt das Leben, es wuselt um uns herum. Doch Oma und Opa genießen - zuweilen- auch einen zweiten Sonderstatus, neben den Pflichten der Großeltern. Die Jungen wissen schon, mindestens sind sie darin bemüht, uns auch Auszeiten zu gewähren. Das Telefon allerdings klingelt jeden Tag. Ich für meinen Teil ziehe zuweilen den Stecker raus, z.B. wenn ich mir ein Schläfchen gewähre.

Mein Gedicht überspannt ja ein ganzes Leben, dessen Schwankungen in vielen Beziehungen auch von Ausgeglichenheit gekennzeichnet ist. Dann die altersspezifischen Phasen: Midlife und das Alter gleich hintendran, Altersdepressionen, ständige Sorgen, Zimperlein, letzte Phase, was kommt noch. Resignieren gibs nicht.

Ich bin der Meinung, dass Konventionen einen Laden zusammen halten können, können. Da muß einer die Übersicht behalten. Und es geht ja nicht, kann nicht, muß auch nicht immer um Liebe gehen. Jeder Spaziergang kann etwas zu den Jahreszeiten erzählen, jedes Gespräch, trotz Wiederholungen und gerade deshalb, Erinnerungen zurückholen. Ich persönlich habe noch einiges vor mir und mit mir und anderen mir geltenden Menschen vor. Frieden ja, vor allem mit sich selbst und jeden Morgen gute Pflege und ein Frühstück nach Geschmack. Kleine Freuden kommen unverhofft, zuweilen will ich sie mir auch selber machen.

Danke für Deinen Kommentar, was macht Dein altes Steckenpferd, Du weißt schon?
Morgen gebe ich die Einkommensteuererklärung ab, pfui. Jetzt ein Glas Wein und ein Blick in die Nacht, dann lese ich noch ein paar Gedichte, zum Schreiben bin ich zu müde.

Halte die Hundeohren steif, altes Haus, liebe Grüße an den Gatten, aus Berlin, otto mit lieben Sonntagabendgrüßen an Koko.

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#4

RE: Treue zu den konventionen

in Philosophisches und Grübeleien 24.09.2012 20:32
von Kokoschanell (gelöscht)
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lächel
alte häuser machen sich gelegentlich neue rotflammige schindeln aufs dach, um nicht allzu konventionell zu werden.

ich respektiere es, wenn jemand konventionen als bindeband ansieht.
dennoch ist so ein , auch wenn es altert, pferd wie ich, gelegentlich immer noch bereit über konventionshürden hinweg zu springen.
gutes vorbild ist mir ein jugendlich rüpelhafter vierbeiner, der sich dann doch immer wieder in liebe ergibt...- aber springen muss er...
ggg von koko

zuletzt bearbeitet 24.09.2012 20:32 | nach oben


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