#1

Gatterung

in Natur 04.07.2012 08:08
von otto | 637 Beiträge | 645 Punkte

Dort wo das blatt die frühe blüte bindet
Freut wiesengarten liederalphabeten
Im farbenmeer, dem schönheit überwehten,
Wo jede seele ihr zuhause findet.
Doch kommt der schnitter, schneidet stolzen stilen
Zur knappen stoppel, stumpf und furcht der erde
Bis hin zum anfang, wo es hofft es werde,
Verstummt die leier, singen nicht mehr viele.
Dem himmel wachsen scharfe wolkenkanten,
Die krähen kreischen monocrome noten,
Am boden schleicht auf abgewetzten pfoten,
Das kläglich, mitten der bekannt verwandten.
Und auf den feldern, die belebung lieben,
Parlieren sie, die uniform vertrieben.

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#2

RE: Gatterung

in Natur 04.07.2012 08:53
von Joame Plebis | 3.690 Beiträge | 3826 Punkte

Guten Tag, Otto!

Es ist ein gewaltiger Nachteil der Kleinschreibung,
daß oft eine Verwechslung des Sinnes stattfinden kann.
Hinzu kommt, die Großschreibung jeder begonnenen Zeile.

Zitat
Am boden schleicht auf abgewetzten pfoten,
Das kläglich, mitten der bekannt verwandten.
Und auf den feldern, die belebung lieben,
Parlieren sie, die uniform vertrieben.

Ob hier 'kläglich' als Substantivum - das Kläglich - oder als Adjektiv gemeint ist, kann erst nach Überlegung aus dem Sinn entnommen werden.

Abermals wohlüberlegte dichterische Zeilen, die der Monotonie bekannter Litaneien entflohen sind.
(In Z5 scheint ein 'e' aus den 'stilen' gefallen zu sein.)

Gruß
Joame

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#3

RE: Gatterung

in Natur 04.07.2012 10:34
von mcberry • Administrator | 3.230 Beiträge | 3490 Punkte

Hallo Otto,

verwirrend, eine antikisierende Wortwahl mit moderner Kleinschreibung und grammatikalischer Ungewißheit zu
verknüpfen. Teilweise kann ich dem Sinn nicht mehr folgen. Worauf sich in Z7 Hoffnung bezieht (Leier? Erde?),
vermag ich nimmer auszumachen. Auch das herumschleichende Kläglich interpretierte ich wahrscheinlich fehl.

In traditioneller Schreibweise durchgearbeitet wäre der Text leichter zu lesen und sähe ungefähr so aus:

Zitat
Dort wo das Blatt die frühe Blüte bindet
Freun Wiesengärten Liederalphabeten.
Im Farbenmeer, dem Schönheit überwehten,
Wo jede Seele ihr Zuhause findet.

Dort kommt der Schnitter, schneidet stolze Stiele
Zu knappen Stoppeln, Stumpf und Furcht der Erde.
Bis hin zum Anfang, wo sie hofft es werde,
Verstummt die Leier, singen nicht mehr viele.

Dem Himmel wachsen scharfe Wolkenkanten,
Die Krähen kreischen monocrome Noten.
Am Boden schleicht auf abgewetzten Pfoten,
Das Kläglich mit bekannt Verwandten.

Und auf den Feldern, die Belebung lieben,
Parlieren sie, die uniform vertrieben.



Nimm es mir bitte nicht übel.
Meinem Eindruck nach gereicht eine korrekt angewandte altmodische Form zuweilen zum Vorteil. HG - mcberry

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#4

RE: Gatterung

in Natur 04.07.2012 10:53
von otto | 637 Beiträge | 645 Punkte

Nein, liebe Joame,
hier ist kein "e" aus den " stilen" der 5.Zeile gefallen. Es geht um das Schreiben, das Dichten, also um "Schreibstile",
die zuweilen durch kommentatorisch wohlmeinende Hinweise ( Schnitter = Kommentare) nicht im Sinne des Dichters, seiner Absicht, verändert werden könnten, wenn er ihnen - unbeteiligt geworden- nachgäbe.

Zur Groß- und Kleinschreibung: die mögliche Doppelsinnigkeit kann ja vom Leser besonnen decodiert werden, wenn er sich herausnimmt, was ihm gilt, weil es Sinn macht. Zugegeben, das kann eine kurzen, manchmal längeren Leseaufenthalt auf der Stelle bedeuten, doch sensibilisiert es auch das wie von selbst Mutierende aus Wahrnehmung in das Entdeckte. Es soll also keine modische Eigenart sein, sondern zeigt bei gründlichem Lesen verstellte Wahrheit. Und darin scheint mir durchaus etwas Lyrisches im Schreibmuster Angelegtes. Aber Du hast ja Deine Aufmerksamkeit in meinem " wiesengarten" zur Seite, sodass sich Dir das zeigt, was anderen garnicht vorkommen kann in ihrer Flüchtigkeit bei Textbesuchen. Hinzu zu nehmen, hinnehmen möchtest Du meine Neigung Stephan Georges Vorlieben in Sachen Form und Schreibweise für mich hochzuhalten, was allerdings etwas mir Vorübergehendes sein könnte.

Ich bedanke mich für das Lesen,
Gruß otto.

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#5

RE: Gatterung

in Natur 04.07.2012 11:06
von otto | 637 Beiträge | 645 Punkte

Lieber mc!

Nun hast Du korrekt transformiert, doch hoffe ich, dass Du meinen Gegenkommentar zu Joame noch mitbekommst.
Jedenfalls finde ich in Vermittlung zwischen dem Gewünschten und dem Gewollten zwischen dem Leser und dem Autor besonders zu meinem Text reizvoll, weil er sich mit Symbolen und Metaphern den Mühen von schreiben und kommentieren zu stellen versucht. Insofern vermitteln wir Ansichtseiten, die etwas Ergänzendes abwerfen, ohne den Anspruch auf Veränderung behaupten zu wollen: Vorschläge eben. In meinem Sonett geht es übertreibend und austreibend zu, doch habe ich versucht eine Richtung vorzugeben, die allgemein nach der Behutsamkeit im Umgang von Textkommentaren fragen soll.

Ich werde ja in diesem Forum sorgfältig bedacht. Dafür bin ich dankbar und stelle deshalb hier gerne ein.

Lieben Gruß,
otto.

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