#1

Sehnsucht

in Philosophisches und Grübeleien 31.01.2012 13:44
von otto | 637 Beiträge | 645 Punkte

Was treibt die sehnsucht hinter greise fragen
Ins meer der phantasie: versesemantik,
Heulen der hunde, staben, sang der klagen,
Bewegt das leer neugierromantik.
Wohin begleitet menschengeist, verwirrter,
Auf kahlem berg beharrlich weiße krähen,
Und blüht sich astern, winkt dem gruß verirrter,
Dem wandrer ahnungslos, ihm segel blähen?
Wie säumt die seele, schreit in bunten träumen,
Vor ihr das riff, gekuppelt von amphoren:
Jetzt doch, schenkt ein der götter wein, laßt schäumen,
Fort schwebt ihr schiff, verbrennt den strand, verloren.

Das lied führt nie zurück zum trauten hafen,
Wo seine wurzeln in der quelle bettend, schlafen.

zuletzt bearbeitet 31.01.2012 13:46 | nach oben

#2

RE: Sehnsucht

in Philosophisches und Grübeleien 31.01.2012 14:10
von alba | 645 Beiträge | 720 Punkte

also wennn du mich fragst lieber otto

dann seid ihr menschengeister einfach viel zu unkonzentriert. sehnsucht an sich wäre bestens. die treibt einen um und dann voran. aber jäger sollten eine klare zielvorstellung haben. wer gleichzeitig hinter versen hunden weißen krähen - im winterschnee kriegst du dunkle viel besser - und astern her ist läuft gefahr leeer auszugehen.
möglicherweise haben die zeilen genau diese unbeständigkeit menschlicher sehnsucht ja zum gegenstand.

vor z9 hätte ich einen einschnitt gemacht.
was eine menschliche seele säumt da halte ich mich raus. aber die sache mit der kuppel aus amphoren über dem riff halte ich für gewagt. die krüge liegen vermutlich zufrieden und unbelästigt von jeder lyrischen metaphorik auf dem grund des meeres. darüber das götterschiff schwimmt verloren herum aber schwebt wohl kaum durch die lüfte nachdem es zuvor noch den strand verbrannt hat. was aber so da steht und auf meinen schlichtes katzengemüt wirkt diese stelle unfreiwillig komisch.

die beiden schlussverse mit dem zum hafen zurückkehrenden lied gefallen mir eigentlich. es gibt viele schiffskatzen und das thema berührt mich immer. die wurzeln der quelle in diesem zusammenhang halte ich für gemischte metaphorik und denke das kann jmd wie du der so leicht mit worten spielt besser wenn wer will. miau alba

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#3

RE: Sehnsucht

in Philosophisches und Grübeleien 31.01.2012 17:33
von otto | 637 Beiträge | 645 Punkte

Ja liebe alba,
ich vermute Du versuchst Dich in Prosa. Natürlich entzieht sich Dir so mein Sonett jeder vernünftigen Sinngebung. Das
ist auch gut so, denn so einen Kommentar könnte ich auch nicht schreiben. Ich kann trotzdem keinen Zusammenhang zu meinem Gedicht erkennen. Aber bei Deinem Sinn für Humor war das ja wohl beabsichtigt.

Danke für die Einschätzung, dass ich könnte, wenn ich wollte.
Ich werde mir nächstens Deine Texte vornehmen, damit ich lerne was Du kannst.

Liebe Grüße,

DatOtto

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#4

RE: Sehnsucht

in Philosophisches und Grübeleien 31.01.2012 22:37
von alba | 645 Beiträge | 720 Punkte

der dichtung hoheitsvolle säle
betrat ein kleiner geist verzagt
auf dass die muse ihn erwähle
hat er den wein nach ihr befragt

geleert unzählige amphoren
auf seiner suche nach der fee
zog über seine beiden ohren
der hausherr ihm das fell - oh weh

drob zürnten götter und gelehrte
besorgt um wahrheit und kultur
wer jemals bacchus tief verehrte
von diesem frevel bald erfuhr

und warfen von dem steilen riffe
frei schwebend hoch im blauen äther
papierne eng bedruckte schiffe
zu laden alle missetäter

wo zwischen wurzeln von zypressen
des tintenflusses geist entspringt
da sollen sich die sänger messen
wenn hell der leiern ton erklingt

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#5

RE: Sehnsucht

in Philosophisches und Grübeleien 01.02.2012 15:22
von MarleneM (gelöscht)
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naja, hier könnte der verirrte menschengeist in seiner Phantasie Amphoren auf Kuppeln sehen und Schiffe, die ( sich selbst) verbrennen ( den Strand allerdings können sie nicht verbrennen.
Mag sein, dass der Verirrte, der sehnend irrt, in seiner Phanasie Trugbilder spinnt, sdie ihn dann vom Hafen so eit entfernen, dass er nicht mehr zurückfindet.
So würde iches interpretieren. Das Schiff, das den Strand verbrennt, geht allerdings nicht als Bild. Das sehe ich auch so.
Die Parodie, liebe Alba, ist bemerkenswert.
Hündische Grüße an das Katzentier von Marlene

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#6

RE: Sehnsucht

in Philosophisches und Grübeleien 01.02.2012 16:41
von otto | 637 Beiträge | 645 Punkte

Das ist ein allerliebstes Katzengejammer, liebe Kara. Vor allem reimt es, löblich, sonst sollte wer könnte, nicht mehr, miauen, denn es geht ja ununterbrochen. Warum versuchst Du Dich im Verletzen? Hast Du keinen Katzenbaum, an dem Du Dich abreagieren kannst? Es verwundert mich nicht, dass Du nicht Zugang zu meinem Sonett findest. Ich schrieb es nicht für Dich. Immerhin hat es Dich beschäftigt. Versuche es noch einmal mit dem Lesen. Jedenfalls fällt es Dir schwer mit Metaphern, Oxymoronen und kryptischer Semantik umzugehen. Aber Kätzchen, so etwas läßt sich ja lernen, wenn man sich für Romantik interessiert. Eine Analyse will ich Dir nicht an die Hand geben.

Ich hoffe nicht, dass Dein Umgang in diesem Forum Schule macht. Sympathie hast Du bei mir nicht damit geerntet.
Deine Einfühlungen bleiben weit vor. Schade.

Liebe Grüße,
otto

zuletzt bearbeitet 01.02.2012 16:43 | nach oben

#7

RE: Sehnsucht

in Philosophisches und Grübeleien 01.02.2012 16:53
von otto | 637 Beiträge | 645 Punkte

Liebe Marlene!

Schade das Du mit aufgesprungen bist. Das Sonett ist eine Persiflage auf das Utopische in der Romantik. Ich habe versucht surreale Bilder ( Dali, "Die brennende Giraffe", "weiße Krähen" , Amphoren auf Klippen,) zu zeichnen. Auch habe ich die bennschen Astern beliehen. Das Ganze habe ich expressionistisch ins Tiefenpsychologische hinein verkuppelt.

Ich bin der Auffassung, dass die Romantik kurz über lang in den Faschismus führte. Aber zugegeben, das ist ein weites Feld... Darüber vielleicht, wenn Du es willst, ein andermal.

Liebe Grüße,

otto

zuletzt bearbeitet 01.02.2012 16:54 | nach oben

#8

RE: Sehnsucht

in Philosophisches und Grübeleien 01.02.2012 19:57
von MarleneM (gelöscht)
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Otto, ich bin nicht "aufgesprungen"- ich habe nur interpretiert, was mir das Gedicht sagte.
Die Hintergundinformationen, die du in deinem Antwortkommentar beschreibst, kannst du nicht als Wissen bei jedem Leser voraussetzen. Mir fehlen sie auch. Auch wenn mich das in deiner Achtung schmälern sollte.

Ein Gedicht kann nur als solches verstanden werden, was die Bilder liefern.
Nicht jeder bezieht die Verse auf Epochen, eine bestimmte Kultur, Götter, einen alten Dichter ect.-
ich denke, das kann man als Autor nicht unbedingt voraussetzen.
Ich würde in solchen Fällen vielleicht eine Anmerkung dazu setzen, damit die Kommentar dich nicht entäuschen.

Mit Einfühlen hat das wenig zu tun. was man nicht weiß, kann man nicht erlesen.
LG von Marlene

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#9

RE: Sehnsucht

in Philosophisches und Grübeleien 01.02.2012 20:33
von mcberry • Administrator | 3.230 Beiträge | 3490 Punkte

Lieber Otto,

bis jetzt hast du bemerkenswert viel Geduld bewiesen und auch dein Humor hat bei mir gepunktet.
Leider streichen Miezen bevorzugt den Leuten um die Beine, die sie nicht wollen. Kommentieren von
Werken, die sie nicht verstehen, liegt wahrscheinlich in der felinen Natur. Deine Großmut sei bedankt!

Liebe Marlene,

auch mir fehlte der nötige Hintergrund an klassischer Bildung um zu verstehen; zu ahnen ist er aber.
An ein Werk romantisch- klassizistischer Lyrik heranzugehen wie an zeitgenössische Schundliteratur
war definitiv von Katzenseite unnötig. - Aber nett von dir, den kleinen Racker in Schutz zu nehmen.

@Alba) Bewiesen sei hiermit, daß du immerhin reimen kannst. Wenn Otto dir das zugesteht, dann
darfst du es wohl glauben. Und jetzt halte bitte endlich die Schnauze. Sonst schließe ich den Thread.

Für Aufmerksamkeit wurde gesorgt, wenn auch aus fraglichem Anlaß. Administrative Grüße - mcberry

PS 2.2.12 Deine Begabung, liebe Marlene, dein Stil und deine Umgangsformen sind einmalig . - mcberry

zuletzt bearbeitet 02.02.2012 14:37 | nach oben

#10

RE: Sehnsucht

in Philosophisches und Grübeleien 01.02.2012 22:20
von MarleneM (gelöscht)
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????????????? sag mal, Mac Berry- was ist denn mit dir los?
Ich hab den kleinen Racker nicht in Schutz genommen.
Ich kenne otto schon lange und weiß, wie er schreibt. Die Problematik besteht oftmals darin, dass er, gleichwohl er ein begnadeter Schreiber ist, sich auf Dinge bezieht, die andere nicht nachvollziehen können. Otto weiß schon, was ich meine.
Meinst du, lieber Moderator, mir jetzt bei jedem Kommentar einen mit der Mistgabel verpassen zu müssen?
Wo bleibt denn da die Empathie?

Otto und ich dürfen sich, denke ich , als Freunde bezeichnen. Wir pflegen uns die Wahrheit zu sagen und können das auch ab, ohne uns böse zu sein.
Zu seinen Kommentaren zu Alba, die ich nicht sonderlich humorvoll finde, möchte ich mich nicht äussern.

Ich habe schon begabtere Moderatoren gesehen. in der Tat.
Grüße von Marlene

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#11

RE: Sehnsucht

in Philosophisches und Grübeleien 02.02.2012 02:52
von Gemini • Long Dong Silver | 3.094 Beiträge | 3130 Punkte

Hallo Marlene, was willst du schreiben? Ich habe beim Durchblättern Prosa gelesen. Es ist kein Gedict keine Prosa. Ich gebe dir einen Tip, der ist so dumm wie genial. Schreibe einen Text, so wie du es gemacht hat, und dann streiche Wörter. Ganz impulsiv. Schiess sie ab wie mit einem Maschinengewehr. Es werden sehr wenige über bleiben (bei dem Text vermutlich drei, sorry). Versuch das einmal. Was übrig bleibt würde ich dann einmal Basis nennen.
Das klingt sicher hart, aber beim Schreiben muss man schon einmal kritisiert werden.
Lieben Gruß

Gem


Über mich erzählten sie endlose Schrecklichkeiten und Lügen, dass einem schier die Phantasie platzen wollte. Offenbar stärkte es sie innerlich, derart über mich herzuziehen, es brachte ihnen Gott weiß welche Art Mut, den sie brauchten, um immer erbarmungsloser zu werden, widerstandsfähiger und regelrecht bösartig, um durchzuhalten, um zu überstehen. Und auf diese Weise schlecht zu reden, zu verleumden, zu verachten, zu bedrohen, das tat ihnen ganz offenbar gut.

L.F Celine

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#12

RE: Sehnsucht

in Philosophisches und Grübeleien 02.02.2012 13:07
von MarleneM (gelöscht)
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Hallo Gemini,

dieser Text ist nicht von mir...GGG
sondern von Otto! Ich ha
be nur Kommis geschrieben.
GGGGGGG von Marlene

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#13

RE: Sehnsucht

in Philosophisches und Grübeleien 02.02.2012 14:30
von otto | 637 Beiträge | 645 Punkte

Lieber Gemini!
Bitte nur zur Klastellung: bezieht sich Dein Kommentar auf mein Sonett oder auf die Prosa von Marlene, die Du beim Durchblättern gelesen hast? Denn offenbar bezieht Marlene ja Deinen Kommentar auf mein Sonett?!

Für eine Antwort wäre otto dankbar und schickt freundliche Grüße.

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#14

RE: Sehnsucht

in Philosophisches und Grübeleien 02.02.2012 15:10
von MarleneM (gelöscht)
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ich gehe normalerweise davon aus, dass Kommentare, die unter einem Werk stehen, auch für dieses gedacht sind. Alles andere wäre schwierig...GGG
von Marlene

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#15

RE: Sehnsucht

in Philosophisches und Grübeleien 03.02.2012 00:03
von Gemini • Long Dong Silver | 3.094 Beiträge | 3130 Punkte

Meine Herren!
Ich werde zu alt.
Ja, Otto, dein Text war Mist.
Sorry

Gem


Über mich erzählten sie endlose Schrecklichkeiten und Lügen, dass einem schier die Phantasie platzen wollte. Offenbar stärkte es sie innerlich, derart über mich herzuziehen, es brachte ihnen Gott weiß welche Art Mut, den sie brauchten, um immer erbarmungsloser zu werden, widerstandsfähiger und regelrecht bösartig, um durchzuhalten, um zu überstehen. Und auf diese Weise schlecht zu reden, zu verleumden, zu verachten, zu bedrohen, das tat ihnen ganz offenbar gut.

L.F Celine

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#16

RE: Sehnsucht

in Philosophisches und Grübeleien 03.02.2012 01:29
von MarleneM (gelöscht)
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also ich bin eine Dame GGGGGGGGG. Darauf muss ich doch bestehen. G von Marlene

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#17

RE: Sehnsucht

in Philosophisches und Grübeleien 03.02.2012 08:10
von Gast (gelöscht)
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Guten Morgen!

Ich finde die Verwobenheit des Gedichts durchaus reizvoll - bin aber generell ein Fan von Gedichten, die auf den ersten Blick nur eine Ansammlung von Wörtern zu sein scheinen, aber wenn man genau hinliest, extrem informativ sind und uns so viel sagen können!

Zitat
Was treibt die sehnsucht hinter greise fragen
Ins meer der phantasie: versesemantik,


Greise Fragen... Wenn ich dazu brainstorme, fällt mir auf Anhieb ein: "Was ist der Sinn des Lebens?" "Warum gibt es Leben?" "Wie ist das All entstanden?" aber auch "Wer bin ich?"
All diese Fragen sind so alt, dass man sie zurecht als greise Fragen bezeichnen kann - und doch sind sie immer noch ungelöst oder die wissenschaftlichen Erklärungen sind so kompliziert und arbeiten mit Größenordnungen, die man sich ohne ein Meer an Phantasie nicht mehr vorstellen kann. Es ist eine feine Ironie, dass all diese Fragen, all dieser Erkenntnisgewinn, für "Versesemantik" geopfert werden soll: Semantik ist die Lehre von der Bedeutung von Zeichen, Wörtern, Symbolen. Was könnte in dem Zusammenhang Versesemantik sein? Die Lehre von der Bedeutung ganzer Verse? Oder einzelner Wörter innerhalb der Verse? Denn wenn man will, kann man bei Gedichtsinterpretationen jedes einzelne Wort deuten - oder etwa nicht?
Die andere Frage wäre, ob sowas Komplexes wie der Sinn des Lebens in einige Verse gepackt werden kann und somit durch Verssemantik ausreichend beschrieben werden kann oder nicht.

Zitat
Heulen der hunde, staben, sang der klagen,

Auch wenn das Heulen der Hunde für menschliche Ohren ohne Sinn klingt, so würde ein Hund nie grundlos heulen. Warum heulen die Hunde in deinem Gedicht? Stimmen sie in die Klagen ein um die Staben, des Buches entledigt?

Zitat
Bewegt das leer neugierromantik.

Mir gefällt das Wort "Neugierromantik" - es hat etwas Abwertendes der Epoche der Romantik gegenüber, die eine Art Mittelalterrevivel und ein Zurück zur Natur propagierte - was ja eigentlich nichts Schlechtes wäre, wenn nur das Mittelalter wirklich diese romantische Epoche gewesen wäre als die es auch heute oft angesehen wird. Das Leben war hart, viele Menschen unterdrückt und politisch machtlos. Romantiker waren oft in einem gewissen Sinne politikverdrossene Menschen. In jedem Menschen steckt aber irgendwo auch ein Voyeur, egal wie gleichgültig man sich den Ereignissen der Welt gegenüberstellen will. Ist man ehrlich zu sich selbst, so ist man nicht besser als die Anderen, auch als Romantiker. Darum finde ich den Begriff so treffend...

Zitat
Wohin begleitet menschengeist, verwirrter,
Auf kahlem berg beharrlich weiße krähen,
Und blüht sich astern, winkt dem gruß verirrter,
Dem wandrer ahnungslos, ihm segel blähen?

Hier bewegt sich der Menschengeist - verwirrt (wovon?) - im Bereich des Surrealen. Nur der menschliche Geist kann die weißen Krähen finden, kann Blumen blühen machen selbst wenn es eigentlich zu kalt ist, kann imaginären Wanderern zuwinken, die doch gar nicht vorhanden sind. Der menschliche Geist kennt keine Grenzen und kann sich alles vorstellen, ob es das nun gibt oder nicht. Allerdings ist hier der Grat zum Wahnsinn schmaler als man denkt.

Zitat
Wie säumt die seele, schreit in bunten träumen,
Vor ihr das riff, gekuppelt von amphoren:

Den Vers habe ich leider nicht verstanden. Kannst du ihn mir näher erläutern? Danke :).

Zitat
Jetzt doch, schenkt ein der götter wein, laßt schäumen,
Fort schwebt ihr schiff, verbrennt den strand, verloren.

Eine Aufforderung - an wen? Und wessen Schiff? Ist es das Schiff der bunten Träume? Oder das Schiff der schreienden Seelen?

Zitat
Das lied führt nie zurück zum trauten hafen,
Wo seine wurzeln in der quelle bettend, schlafen.

Schön ausgedrückte Wahrheit... Es gibt zahlreiche Mythen, Weisheiten, Lieder, die so alt und so verzerrt sind, dass man nicht mehr feststellen kann, wo die Ideen herkommen. Diese entwurzelten Ideen finden oftmals nimmermehr zu ihrem Ursprung zurück, schlicht weil niemand mehr sich an diese Ursprünge erinnert - doch sie sind da und schlummern irgendwo.

Gern gelesen und in Assoziationen geschwelgt!

LG, Evanesca

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#18

RE: Sehnsucht

in Philosophisches und Grübeleien 03.02.2012 19:05
von otto | 637 Beiträge | 645 Punkte

Ja lieber Gem ( was verbirgt sich hinter diesem Kürzel?):

Das mich befällt trägt selten deinen sinn,
der leicht fällt, denn er sinnt nach oben,
versteh mich, wo ich schwer im leichten bin,
und schwer in deinem morgen aufgehoben.


.......................................................................

Liebe Eva, mit greisen Fragen meinte ich, Du hast es erkannt, alte, ewig geltende Fragen. Natürlich ist auch richtig, dass solche "ewigen Sinnfragen" nicht sämlichst in Versesemantik gepackt werden können. Doch auch Gedichte sind endlich und raumbegrenzt. Sie reichen nie, tröstlich scheint es mir, dass sich immer wieder Dichter fortfahrend darin versuchen i h r e Antworten zu geben. Unvollständig, weil nach vielen Gründen Beschränkungen unterworfen. Wir fehlen, weil unsere Bemühungen weitergeführt werden wollen,
andere übernehmen unser Wort, d.h. es will sich etwas entwicklen über uns hinaus. Ja also, nehme sich der Einzelne nicht so wichtig, doch lasse er den anderen fortfahren und gelten.

Die heulenden Hunde, es sind die domestizierten, abgerichteten, die bewahren sollen. Solche die unsere Inseln beschützen. Eine Metapher für unsere Worte, die uns durch andere verletzlich machen, die wir aber doch wollen als solche, die uns wahrnehmen sollen. Wir wollen ja mit im Kreis sein.
Der Klang der Klagen, ja er ist Schmerz nicht wahrgenommen worden zu sein, einer subjektiv legitimen
Zurückweisung ausgesetzt worden zu sein. Das schmerzt in der Form, in der uns Schmerz verabreicht wird.
Denn die Form ist nicht gegen uns, sondern zeigt den Formenden als einen der der Liebe bedarf. Er schreit
aus Selbsthaß an gegen d a s, woran er seinen Glauben verlor.Und er weiß nicht, dass er in seine eigene Leere zielte und traf.



Und weiter: Der verwirrte Menschengeist ist einer, der sich in der Romantik verirrt, nicht mehr herausfindet, den Bezug zur Alltäglichkeit verloren hat. Eine Alltäglichkeit, die er nicht mehr ertragen hat wegen ihrer Verlogenheit.
So strandet er im Extremfall im Wahnsinn, im Selbstmord ( Kleist, Celan, Friedrich N., etc, es sind die Unzählbaren, die nicht mehr zurückkamen). Die Bilder zum Surrealismus hast Du gut gesehen. Ich nahm auch G.B. mit seinem berühmten Gedicht zu den Astern mit hinein. Die Romantiker waren ja expressiv, und wenn nicht Benn wer
dann?

Die Amphoren auf den Klippen: Natürlich wissen wir, dass Schiffe Amphoren trugen, untergingen. Wie aber dann diese Krüge für Wein und Öl auf Klippen? Ich habe versucht sie aus dem Wasser zu bergen, um sie im Sinne der
gefährdenden Klippen ( die den Romantiker gefährden, Odysseus) zu focussieren. Sie waren mir Schmuck der
Vergänglichkeit, Wind und Wasser werden sie ... zerbrechen, keine Behältnisse von Betäubungen (Wein) und Geschmeidungen ( Öl für die Haut und die Schönheit) mehr sein lassen. Sie zerbrechen in ihrer Ausgesetztheit des Mediums Luft über dem Wasser, das uns selber uns leichter fühlen läßt. Die bunten Träume also Betäubung, Gaukelei, Element der Romantik.

Schreiende Seelen: In den Kulten der antiken Griechen und Römer gab man den Toten Nahrung bis unter die Erde. Man glaubte daran sie versorgen zu müssen, damit sie nicht darben mußten. Schreiende Seelen sind solche, die nicht zusammen mit ihrem Körper bestattet wurden. Das war eine Höchststrafe und schlimmer als der Tod. Denn die Alten glaubten daran, dass es ein Leben nach dem Tod geben würde. Doch war dies nur möglich, wo der Körper und die Seele nicht von einander getrennt waren. Wenn dies aber so war, dann schrie die Seele nach ihrem Körper( so das kultische Selbstverständnis in der Antike).

Danke für das aufmerksame Lesen. Mein Kommentar kann nicht reichen Dir eine ausreichende Erklärung für meine Schreibversuche zu geben.

Liebe Grüße,

otto-

zuletzt bearbeitet 03.02.2012 22:04 | nach oben


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