#1

Strittig - Villanelle

in Gesellschaft 06.07.2011 20:47
von der.hannes | 1.768 Beiträge | 1750 Punkte

Strittig?

Die Frist zu gehen ist schon überschritten,
Was hält uns noch in diesen Übeltagen?
Man meint zu recht, dass wir genug gelitten,

Geweint, geklagt, und uns verlegt aufs Bitten
Und Betteln haben. Tod, Dir bleibt zu sagen:
Die Frist zu gehen ist schon überschritten.

Nun komm auf Deinem Klepper angeritten
Und bring Erlösung von den letzten Plagen!
Man meint zu recht, dass wir genug gelitten,

Fürs Überleben taugen nur die Fitten,
Nicht Welke, die am Hungertuche nagen:
Die Frist zu gehen ist schon überschritten.

Verschwinden wir zum Pol in unsern Schlitten,
Bevor sie uns das letzte Brot abjagen.
Man meint zu recht, dass wir genug gelitten,

Jedoch, und das bleibt ewig unbestritten,
Ressourcen fraßen wir, die heute klagen:
Die Frist zu gehen ist schon überschritten,
Meint Ihr zu recht, dass wir genug gelitten?

zuletzt bearbeitet 06.07.2011 21:05 | nach oben

#2

RE: Strittig - Villanelle

in Gesellschaft 09.07.2011 14:04
von mcberry • Administrator | 3.230 Beiträge | 3490 Punkte

Hallo Hannes,

unbestreitbar haben die Verse so fürchterlich Recht und es mußte einfach mal wieder gesagt werden:
Weg mit dem ganzen Schrott!

Während das geplagte Hominidengesindel hilflos mitansehen muß, wie Termiten fleißig die Architektur
übernehmen, Heuschreckenschwärme Ernten vernichten, die Endzeitstimmung treffsicher eingefangen,
stimmen die Grillen vllt eine neue Musik an.
Und vllt geht die Welt sogar edel zugrunde, nur unser Geschmack ist nicht getroffen.
Der Vertonung sieht das Auditorium hoffnungsvoll entgegen. Gerne gelesen. HG - mcberry

zuletzt bearbeitet 09.07.2011 14:04 | nach oben

#3

RE: Strittig - Villanelle

in Gesellschaft 12.07.2011 22:32
von Salome | 140 Beiträge | 140 Punkte

villanellen zu schreiben, halte ich für eine ganz große herausforderung, der.hannes!
abgesehen davon, dass es formal aufwendig ist durch die immer wiederkehrenden verse und die beschränkung auf nur zwei reimendungen... (- aber wem sag ich das, du hast es ja mustergültig durchexerziert - ) sind sie nur für ganz bestimmte inhalte und stimmungen wirklich gut geeignet, wirken auf mich oft stereotyp und langweilig.
ich denke, es ist dir hier sehr gut gelungen die strengen formalen vorgaben dem thema unterzuordnen (und nicht umgekehrt) , sodass sich die verse höher und enger zu schrauben scheinen. während ich das aufschreibe, finde ich ein neues bild für meine empfindungen, es will mir wie eine kordel, die "aufgetrennt" wird und deren enden (ressourcen auffressen und klagen) auseinanderlaufen. soweit halte ich es wirklich für gelungen.
ein bisschen merkt man das enge formkorsett allerdings doch in inversionen und ellipsen, die ich nicht immer für ganz glücklich empfinde, z.b gerade im zweiten "tragenden vers",

Zitat
Man meint zu recht, dass wir genug gelitten


Doch möglicherweise irre ich hier und der text bezieht gerade aus diesen "mängeln" seine spannung, was sie dann wiederum zu stärken macht, gell!?
sehr gelungen erscheint mir, dass im letzten vers aus der aussage eine frage wird, die die leserin miteinbezieht, wenn mir auch immer noch ein bisschen das finite verb fehlt.

abschließend ziehe ich meinen hut vor deiner art, kreativ mit sprache umzugehen und sie dir "untertan zu machen" und ihr gleichzeitig zu "huldigen".

liebe grüße, salome

zuletzt bearbeitet 12.07.2011 22:33 | nach oben

#4

RE: Strittig - Villanelle

in Gesellschaft 13.07.2011 17:18
von der.hannes | 1.768 Beiträge | 1750 Punkte

Lieber mcberry, liebe Salome,

habt Dank für Eure Auseinandersetzung mit dieser Villanelle und die lobenden Worte. Sie ist - wie auch Liebestoll - Villanelle - sowohl unvertont als auch eigenwillig ;).

Es grüßt
der.hannes

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