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empörend
in Gesellschaft 14.06.2009 18:17von Karl Feldkamp • Mitglied | 194 Beiträge | 194 Punkte
RE: empörend
in Gesellschaft 15.06.2009 16:07von perry • Mitglied | 1.417 Beiträge | 1417 Punkte
Hallo Karl,
also ich empfinde es auch als empörend, vor Gewittern Angst zu haben.
Die Sonnenfinger würde ich gegen Blitzfinger tauschen, denn wäre der Angstfaktor größer.
Ich weiß, du wolltest vermutlich auf die Wendung, man sollte nicht mit Fingern auf andere deuten hinaus, aber mich hat der Donner einfach zu sehr erschüttert.
LG
Manfred
RE: empörend
in Gesellschaft 16.06.2009 13:35von Karl Feldkamp • Mitglied | 194 Beiträge | 194 Punkte
Hallo Karl,
was mich an diesem Gedicht begeistert, sind die raffinierten Apokoinus in Z5/6, Z8/9 und Z9/10. Die haben mich immer wieder zurückkehren lassen, obwohl sich mir der Sinn Deiner Zeilen noch nicht in Gänze erschließt. Ich lasse Dir mal meine Assoziationen da:
In Antwort auf:
noch donnert es
sonnenfinger zielen
aus nassem grau
auf trübe pfützen
Zunächst finde ich mich in der Atmosphäre nach einem Gewitter wieder, das gerade noch verwaschene Grau wird von einzelnen, durch die Wolkenlücken fallenden Strahlen durchleuchtet. Das verklingende Grollen im Hintergrund lassen fast das Gefühl eines göttlichen Wesens aufkommen, von dem diese Strahlen ausgehen (empfinde ich jedenfalls häufig so und fühle mich in solchen Augenblicken dem "primitiven" Glauben von Naturvölkern sehr nah). Diese Assoziation passt zur Fortsetzung des Gedichtes, die ja auf der ab hier klar erkennbar übertragenen Ebene eine "Übermacht" nahelegt, vor der das LI zurückweicht.
In Antwort auf:
gab mich groß
artig wich ich zurück
zog klug
feigheiten vor
Ab hier teten das LI wie der Leser aus der Ebene des Naturgeschehens heraus (weshalb mein Gefühl hier auch einen Absatz einschieben würde), denn vor einem weichenden Gewitter könnte man sich zwar vielleicht noch groß oder großartig geben (weil ich so stark war und keine Angst habe erkennen lassen), aber ein artiges Zurückweichen passt dann spätestens nicht mehr. Diese Wortspielerei mit groß/großartig/artig gefällt mir so gut, dass ich verschmerzen will und kann, dass sich nicht beide Bedeutungsebenen stringent durch den Text ziehen. Nicht so schön finde ich den Verzicht auf das "ich" vor "gab", für den ich in diesem freien Text keinen Grund erkennen kann.
Es folgt ein Wortspiel, dass mir separat betrachtet ebenfalls sehr gefällt, an dessen Logik ich jedoch knabbere: "Ich zog Klug- den Feigheiten vor" ist zwar klug, aber nicht zur Anspielung auf die Vorzeilen passend: Das ist weder großspurig noch duckmäuserisch. Dafür müssten es eigentlich die Feigheiten sein, die den Klugheiten vorgezogen werden, oder? Lese ich diese beiden Zeilen jedoch im Zusammenhang mit der nächsten (weshalb mir hier der Absatz nicht ganz sinnvoll erscheint), so wird wieder ein Schuh daraus: "Ich zog klug Feigheiten vor das bisschen Selbst". Ungewohnt lesen sich die abstrakten "-heiten" im Plural. Ich verstehe sie als Ausdruck für ein Repertoir an klugen oder feigen Verhaltensweisen und halte sie so für passend. In diesen Zeilen wird auch deutlich, dass Dein Text auf die konsequente Kleinschreibung (die ich eigentlich sonst nicht so mag) angewiesen ist.
In Antwort auf:
das bisschen selbst
achtung verlor ich
bereits früher
Wie schon angedeutet, würde ich diese Zeilen nicht absetzen, allenfalls die letzte abrücken. Sehr raffiniert hier wieder die Doppeldeutigkeit: Liest man wie oben angegeben, ergibt sich ein "Achtung verlor ich ..." als Schlusssatz, was durchaus passt, weil die Achtung des gefürchteten Wesens Ehrlichkeit und nicht Feigheit erforderte. Sehr stimmig ist allerdings auch die Lesart "Das bisschen Selbstachtung verlor ich ...", die ja ebenfalls zum Fehlen authentischen Auftretens passt. Diese letzte Passage gefällt mir daher wieder gut. Noch besser fände ich persönlich ein "schon früher", das für mich lakonischer klänge und so einen klareren Schlusspunkt setzte.
Überhaupt nicht klar ist mir Dein Titel: Was empfindest Du denn nun als "empörend"? Dass das LI zu seiner Feigheit steht? Dass es seine Selbstachtung aufgegeben hat? Ist das nicht eher traurig, bedauernswert? Oder meinst Du vielleicht gar nicht die landläufige Auffassung von "Empörung", sondern etwas anderes? Hilf mir hier bitte vom Schlauch herunter!
Für mich ein insgesamt lesenswerter Text mit Schwächen in der logischen Stringenz, die auch rein auf meiner beschränkten Wahrnehmung beruhen könnten.
Herzlichen Gruß
Purzel
RE: empörend
in Gesellschaft 17.06.2009 15:32von Karl Feldkamp • Mitglied | 194 Beiträge | 194 Punkte
Hallo Purzel,
zunächst erst einmal ganz herzlichen Dank für deine ausführliche Kritik und die umfangreichen Assoziationen. Den meisten kann ich mich vorbehaltlos anschließen.
Zu den klug-feigheiten. Ich meine, manchmal ist es klug, feige zu sein, um nicht in der Gefahr umzukommen. Manchmal aber wird die Klugheit vorgeschoben, wenn es sich eigentlich um Feigheit handelt.
Der Titel "empörend" ist eher ironisch gemeint, da das Lyr-Ich zu empörenden Worten (und großem Getöse) neigt, aber mutige Taten vermissen lässt.
Das Bild aus der Natur (Donner etc.) steht auch für aggressives Machtgehabe..., dem das Lyr-Ich nur scheinbar etwas entgegensetzt. Es nimmt lieber schnell wieder "gutes Wetter" wahr - trotz der trüben Pfützen.
Deine Kritik an den Absätzen nehme ich gern an. Wie du sehen kannst habe ich bereits Änderungen vorgenommen.
Noch einmal Dank und herzliche Grüße
Karl
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