#1

Gerne hätte ich

in Minimallyrik 02.05.2009 07:09
von Gast 1 (gelöscht)
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.


Gerne hätte ich

Gerne hätte ich dir etwas mitgebracht,
Kieselsteine, Knöpfe oder Apfelkerne,
Gräserpinsel oder dreizehn Blumensterne,
aber leider hab ich nicht daran gedacht,

daß meine Flickenhosen keine Taschen haben
und auch mein Hut taugt nicht, den ziert ein schönes Loch,
selbst meine Hände sind zu klein, doch weißt du noch,
wie wir uns mühelos mit einem Schmunzeln tragen?

.
zuletzt bearbeitet 02.05.2009 22:11 | nach oben

#2

RE: Gerne hätte ich

in Minimallyrik 02.05.2009 09:54
von Maya (gelöscht)
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Hi Katerchen,

das Gedicht wirkt sympathisch und "niedlich" auf mich, was nicht herablassend gemeint ist. Das lyrI ist in meinen Augen ein Kind (Flickenhosen, löchriger Hut, kleine Hände), das von einer Streiftour durch die Natur zu seiner Mutter heimkehrt und quasi mit "leeren Händen" dasteht. Jedenfalls würde wohl kein Erwachsener seiner Mutter Kieselsteine oder Apfelkerne als Geschenk mitbringen. In den Augen des Kindes, das die Natur gerade für sich entdeckt, haben diese Sachen (noch) einen hohen Wert. Das kleine Kind steht der Natur noch näher, es weist den natürlichen Dingen eine Bedeutung zu, die für viele Erwachsene bereits bedeutungslos geworden sind – das ist für mich eine der Kernaussagen des Textes.

Besonders gelungen erscheint mir der Übergang zu S2. Von der Stimmung her scheint das Gedicht am Ende der S1 mit dem Vers "aber leider hab ich nicht daran gedacht" zu kippen, weil man glaubt, dass das lyrI seine Mutter oder wer auch immer hier gemeint ist, vergessen hat. Der Wechsel im Metrum von 6-hebigen Trochäen zu 6-hebigen Jamben scheint diesen schmerzhaften Einschnitt - denn vergessen zu werden und das zu erfahren, ist natürlich traurig - noch zu unterstreichen. Doch erfolgt eine rasche Auflösung, denn nicht die Mutter wurde vergessen, sondern nur der Umstand, dass die Kleidung es nicht hergab, kleine Geschenke zu transportieren. Und hier, am Ende des Gedichts, besinnt man sich darauf, dass Mitbringsel/Liebesbeweise jeglicher Art neben einem verständigen Schmunzeln bedeutungslos sind. Die Bindung zwischen den Beiden ist so fest, dass man "einander trägt". In diesem Sinne braucht die Mutter also gar keine Mitbringsel, weil sie ihr Kind auf seiner Streiftour begleitet hat, auch wenn sie nicht physisch anwesend war.

Ja, ein hübscher Text.

Gruß, Maya

PS: Vertipper in Z1 „miTgebracht“

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#3

RE: Gerne hätte ich

in Minimallyrik 02.05.2009 23:02
von Gast 1 (gelöscht)
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Hallo Maya,

In Antwort auf:
Vertipper in Z1 „miTgebracht“

Danke! Ist erledigt.

In Antwort auf:
Das kleine Kind steht der Natur noch näher, es weist den natürlichen
Dingen eine Bedeutung zu, die für viele Erwachsene bereits bedeutungslos
geworden sind – das ist für mich eine der Kernaussagen des Textes.

Das hast Du bemerkenswert sicher herausgefiltert, was will ich mehr - sehr schön!

In Antwort auf:
denn nicht die Mutter wurde vergessen, sondern nur der Umstand, dass die
Kleidung es nicht hergab,
Das mit der Kleidung ist so eine Sache gewesen.
Die Mutter hätte am liebsten vorsorglich alle (Hosen)-Taschen zugenäht, damit ihr
die Liebesbeweise (insbesondere die lebenden) und die damit einhergehenden
Fragen nicht noch mehr Sorgenfalten bereiten. Ärger gab es wegen der kriechenden
u. kribbeligen Geschenke zwar nicht, aber immer wieder einen bedauernden Ausdruck
im Gesicht der Mutter, warum sich das Kind denn nicht für 'normales Spielzeug'
interessieren mochte.

In Antwort auf:
dass Mitbringsel/Liebesbeweise jeglicher Art neben einem verständigen Schmunzeln
bedeutungslos sind. Die Bindung zwischen den Beiden ist so fest, dass man "einander trägt".

Hoffentlich - hoffentlich noch lang. :)


Ich bedanke mich für Deine gefühlvollen Worte und das Korrekturlesen.

Lieben Gruß
Katerchen

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