Hi Katerchen,
das Gedicht wirkt sympathisch und "niedlich" auf mich, was nicht herablassend gemeint ist. Das lyrI ist in meinen Augen ein Kind (Flickenhosen, löchriger Hut, kleine Hände), das von einer Streiftour durch die Natur zu seiner Mutter heimkehrt und quasi mit "leeren Händen" dasteht. Jedenfalls würde wohl kein Erwachsener seiner Mutter Kieselsteine oder Apfelkerne als Geschenk mitbringen. In den Augen des Kindes, das die Natur gerade für sich entdeckt, haben diese Sachen (noch) einen hohen Wert. Das kleine Kind steht der Natur noch näher, es weist den natürlichen Dingen eine Bedeutung zu, die für viele Erwachsene bereits bedeutungslos geworden sind – das ist für mich eine der Kernaussagen des Textes.
Besonders gelungen erscheint mir der Übergang zu S2. Von der Stimmung her scheint das Gedicht am Ende der S1 mit dem Vers "aber leider hab ich nicht daran gedacht" zu kippen, weil man glaubt, dass das lyrI seine Mutter oder wer auch immer hier gemeint ist, vergessen hat. Der Wechsel im Metrum von 6-hebigen Trochäen zu 6-hebigen Jamben scheint diesen schmerzhaften Einschnitt - denn vergessen zu werden und das zu erfahren, ist natürlich traurig - noch zu unterstreichen. Doch erfolgt eine rasche Auflösung, denn nicht die Mutter wurde vergessen, sondern nur der Umstand, dass die Kleidung es nicht hergab, kleine Geschenke zu transportieren. Und hier, am Ende des Gedichts, besinnt man sich darauf, dass Mitbringsel/Liebesbeweise jeglicher Art neben einem verständigen Schmunzeln bedeutungslos sind. Die Bindung zwischen den Beiden ist so fest, dass man "einander trägt". In diesem Sinne braucht die Mutter also gar keine Mitbringsel, weil sie ihr Kind auf seiner Streiftour begleitet hat, auch wenn sie nicht physisch anwesend war.
Ja, ein hübscher Text.
Gruß, Maya
PS: Vertipper in Z1 „miTgebracht“