#1

Charles Baudelaire (1821-1867)

in Rumpelkammer 09.03.2005 10:39
von muh-q wahn (gelöscht)
avatar
L'HÉAUTONTIMOROUMÉNOS


Je te frapperai sans colère
Et sans haine, comme un boucher,
Comme Moïse le rocher !
Et je ferai de ta paupière,

Pour abreuver mon Saharah,
Jaillir les eaux de la souffrance.
Mon desir gonflé d'esperance
Sur tes pleurs salés nagera

Comme un vaisseau qui prend le large,
Et dans mon cœur qu'ils soûleront
Tes chers sanglots retentiront
Comme un tambour qui bat la charge !


Ne suis-je pas un faux accord
Dans la divine symphonie,
Grâce ä la vorace Ironie
Qui me secoue et qui me mord ?

Elle est dans ma voix, la criarde !
C'est tout mon sang, ce poison noir !
Je suis le sinistre miroir
Oü la mégère se regarde !

Je suis la plaie et le couteau
Je suis le soufflet et la joue !
Je suis les membres et la roue,
Et la victime et le bourreau !

Je suis de mon cœur le vampire,
— Un de ces grands abandonnés
Au rire éternel condamnés,
Et qui ne peuvent plus sourire !

nach oben

#2

Charles Baudelaire (1821-1867)

in Rumpelkammer 09.03.2005 10:47
von sEweil (gelöscht)
avatar
Übersetzung für das Volk!
Hilfe für die Dummen!


nach oben

#3

Charles Baudelaire (1821-1867)

in Rumpelkammer 09.03.2005 11:47
von muh-q wahn (gelöscht)
avatar
Ich will dich schlagen ohne Zorn
und ohne Haß, dem Schlächter gleich,
wie Moses den Felsen schlug!
Und deinem Lide sollen,

meine Sahara zu tränken,
Wasser der Qual entspringen.
Von Hoffnung geschwellt, wird mein Begehren
auf deiner Tränen Salzflut schwimmen

wie ein Schiff, das auf das Meer hinausfährt,
und mein Herz, das sich daran ersättigt,
wird von deinem lieben Schluchzen widerhallen
gleich einer Trommel, die zum Angriff ruft!

Bin ich denn nicht ein falscher Akkord
in der göttlichen Symphonie,
dank der gefräßigen Ironie,
die mich schüttelt und die mich beißt?

Sie ist in meiner Stimme, die Kreischende!
und all mein Blut ist dieses schwarze Gift!
Ich bin der finstre Spiegel,
wo die Megäre sich beschaut!

Ich bin die Wunde und das Messer!
Ich bin die Wange und der Backenstreich!
Ich bin die Glieder und das Rad,
das Opfer und der Scherge!

Ich bin der Vampir meines eignen Herzens,
einer jener großen Verlassenen,
die zu ewigem Lachen verdammt sind
und die nicht mehr lächeln können!

Übers. Friedhelm Kemp


Ich kam jetzt wieder darauf, da ich eine andere, gereimte Übersetzung las, die ich sehr gelungen fand. Ich habe sie aber im Moment nicht zur Hand und werde sie nachtragen, da ich finde, dass es sich lohnt.

nach oben

#4

Charles Baudelaire (1821-1867)

in Rumpelkammer 09.03.2005 12:59
von sEweil (gelöscht)
avatar
Danke dir.

nach oben

#5

Charles Baudelaire (1821-1867)

in Rumpelkammer 09.03.2005 23:11
von muh-q wahn (gelöscht)
avatar
Ganz ohne Zorn will ich dich schlagen,
in Gleichmut, wie's der Schlächter tut,
wie Mose einst den Felsen schlug !
Aus deinem Lid lass' ich ohn Zagen,

da meine Wüste trocken liegt,
das Wasser springen, deine Tränen.
Geschwellt von Hoffnung, wird mein Sehnen
auf ihnen schwimmen, fortgewiegt

gleich einem Schiff auf hohen Wellen.
Daran hat sich mein Herz berauscht,
das deinem lieben Schluchzen lauscht
wie der Trompete Angriffsgellen !

Es scheint, ich bin ein falscher Klang
in Gottes großer Symphonie
dank der gefräßigen Ironie:
die beißt mich, dass mir angst und bang.

Sie kreischt in mir mit grellen Stimmen !
Von Gift ist schwarz mein Blut und schwer !
Ich gebe nur den Spiegel her
für die Megäre, die da drinnen !

Ich: Wunde und des Messers Stahl !
Ich: Backenstreich - zugleich die Wange !
Ich bin die Glieder und die Zange,
das Opfer und des Henkers Strahl !

Ich Vampir saug mich selber leer,
ich bin von denen, die verlassen,
die sich im Leben selber hassen,
denn lächeln können sie nicht mehr !

Übersetzung: Kay Borowsky

nach oben

#6

Charles Baudelaire (1821-1867)

in Rumpelkammer 10.03.2005 19:37
von olaja (gelöscht)
avatar
Der Kuh kann Französisch! (?)

Grâce ä la vorace Ironie
-> Grâce à la vorace Ironie

Oü la mégère se regarde !
-> la mégaère se regarde!

Sonst tut's meinen Augen weh. Und obwohl ich das Gedicht verstehe (die zweite Übersetzung finde ich übrigens, trotz den Reimen, schlecht; ich erkenne endlich, dass auch Shakespeare auf Deutsch ziemlich scheisse sein muss, wenn man das Original gelesen und verstanden hat), kann ich mit dem Titel rein überhaupt gar nichts anfangen: L'Héautontimorouménos? What the fuck... Nicht mal einen Ansatz verstehe ich.

Jedenfalls habe ich mich gefreut, hier ein französisches Gedicht gesehen zu haben (und ich entschuldige mich für meine "Kraftausdrücke" ).

nach oben

#7

Charles Baudelaire (1821-1867)

in Rumpelkammer 07.03.2006 09:43
von Mattes | 1.141 Beiträge | 1141 Punkte
An eine, die vorüberging


Betäubend brüllte um mich her der Straße Tier.
Groß, schlank, in Trauerkleidung, ihres Schmerzes mächtig,
schritt eine Frau vorbei, und ihre Hand hob prächtig
des Kleides Saum, enthüllend des Besatzes Zier;

der Gang war edel, leicht, die Beine wie gemeißelt.
Und ich, ich trank, entnervter Schwärmer, tief erregt
im fahlen Himmel ihres Auges, sturmbewegt,
die Süße, die behext, die Lust, die tödlich geißelt.

Ein Blitz... und tiefe Nacht! - O Schönheit, kurzes Licht,
gabst mir das Leben durch das Heben deiner Lider:
Enthüllt dann erst die Ewigkeit dein Angesicht?

Woanders, fern von hier! Zu spät! Wohl niemals wieder!
Du, die du fliehst, nicht fragst nach meinem Weitergehn,
dich hätte ich geliebt, und du hast es gesehn!

nach oben

#8

Charles Baudelaire (1821-1867)

in Rumpelkammer 17.03.2006 17:40
von Margot • Mitglied | 3.054 Beiträge | 3055 Punkte
Le Chat


Viens, mon beau chat, sur mon coeur amoureux ;
Retiens les griffes de ta patte,
Et laisse moi plonger dans tes beaux yeux,
Mêlés de métal et d'agate.

Lorsque mes doigts caressent à loisir
Ta tête et ton dos élastique,
Et que ma main s'enivre du plaisir
De palper ton corps électrique,

Je vois ma femme en esprit. Son regard,
Comme le tien, aimable bête,
Profond et froid, coupe et fend comme un dard,

Et, des pieds jusques à la tête,
Un air subtil, un dangereux parfum,
Nagent autour de son corps brun.



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


Die Katze
(erstmals übertragen von Terese Robinson 1925)

Komm, schöne Katze, und schmiege dich still
An mein Herz, halt zurück deine Kralle.
In dein Auge ich träumend versinken will,
Drin Achat sich verschmolz dem Metalle.

Wenn meine Hand liebkosend und leicht
Deinen Kopf und den schmiegsamen Rücken,
Das knisternde Fell dir tastend umstreicht
Sanft, doch berauscht vor Entzücken,

Dann seh' ich sie. Und ihres Blickes Strahl
Er scheint dem deinen, schönes Tier, zu gleichen,
Ist tief und kalt, scharf wie geschliffner Stahl,

Und feine Düfte fühl' ich zitternd streichen,
Gefährlich süssen Hauch, der gluterfüllt
Den braunen Leib von Kopf zu Fuss umhüllt.


Charles Baudelaire


Audioversion von moi-même


schwierig, schwierig ..... *g

nach oben

#9

Charles Baudelaire (1821-1867)

in Rumpelkammer 29.04.2006 10:55
von Margot • Mitglied | 3.054 Beiträge | 3055 Punkte
L'Albatros


Souvent, pour s'amuser, les hommes d'équipage
Prennent des albatros, vastes oiseaux des mers,
Qui suivent, indolents compagnos de voyage,
Le navire glissant sur les gouffres amers.

A peine les ont-ils déposés sur les planches
Que ces rois de l'azur, maladroits et honteux,
Laissent piteusement leurs grandes ailes blanches
Comme des avirons traîner à côté d'eux.

Ce voyageur ailé, comme il est gauche et veule!
Lui, naguère si beau, qu'il est comique et laid!
L'un agace son bec avec un brûle-queule,
L'autre mime, en boitant, l'infirme qui volait!

Le Poète est semblable au prince des nuées
Qui hante la tempête et se rit de l'archer;
Exilé sur le sol au milieu des huées,
Ses ailes de géant l'empêchent de marcher.


~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

Der Albatros
(übersetzt von Stefan George)

Oft kommt es, dass das Schiffsvolk zum Vergnügen
Die Albatrosse - die grossen Vögel - fängt
Die sorglos folgen wenn auf seinen Zügen
Das Schiff sich durch die schlimmen Klippen zwängt.

Kaum sind sie unten auf des Deckes Gängen
Als sie - die Herrn im Azur - ungeschickt
Die grossen, weissen Flügel traurig hängen
Und an der Seite schleifen, wie geknickt.

Der sonst so Flink ist nun der Matte, Steife.
Der Lüfte König duldet Spott und Schmach:
Der eine neckt ihn mit der Tabakspfeife
Ein andrer ahmt den Flug des Armen nach.

Der Dichter ist wie jener Fürst der Wolke -
Er haust im Sturm - er lacht dem Bogenstrang.
Doch hindern drunten zwischen frechem Volke
Die riesenhaften Flügel ihn am Gang.


und noch eine Übersetzung
(erstmals übertragen von Terese Robinson 1925)

Der Albatros

Oft kommt es vor, dass, um sich zu vergnügen,
Das Schiffsvolk einen Albatros ergreift,
Den grossen Vogel, der in lässigen Flügen
Dem Schiffe folgt, das durch die Wogen streift.

Doch, – kaum gefangen in des Fahrzeugs Engen
Der stolze König in der Lüfte Reich,
Lässt traurig seine mächtigen Flügel hängen,
Die, ungeschickten, langen Rudern gleich,

Nun matt und jämmerlich am Boden schleifen.
Wie ist der stolze Vogel nun so zahm!
Sie necken ihn mit ihren Tabakspfeifen,
Verspotten seinen Gang, der schwach und lahm.

Der Dichter gleicht dem Wolkenfürsten droben,
Er lacht des Schützen hoch im Sturmeswehn ;
Doch unten in des Volkes frechem Toben
Verhindern mächt'ge Flügel ihn am Gehn.




Charles Baudelaire

nach oben

#10

Charles Baudelaire (1821-1867)

in Rumpelkammer 29.04.2006 22:56
von Alcedo • Mitglied | 2.708 Beiträge | 2838 Punkte
Der Albatros

Oftmals, um sich zu amüsieren, die Matrosen
erbeuten Albatrosse, Aar' des Ozeans,
die lässig als Begleiter folgen, ruhelosen,
dahinschiffenden bittren Abgründen des Wahns.

Gefangen, tief auf flachen Planken abgelagert,
beschämte Fliegerfürsten halten ungeschickt
die großen bleichen Schwingen dürr und abgemagert,
rundum begafft, zu linkisch Rudern umgeknickt.

Der einst auf Flügeln reisend, stakt bloß plump auf Gabeln!
Vor kurzem Schönling, nun ganz hässlich anzuschaun!
Der eine klopft ihm laut die Pfeife vor den Schnabel,
der andre äfft und schubst von hinten wie ein Clown!

Der Dichter ist dem Aare jener Weiten ähnlich
der trotzt Orkanen, fliegt vor Bogenschützen her;
doch exiliert und unter Volkes Umfeld schmählich
die Riesenflügel hindern - nützen gar nichts mehr.


nach oben

#11

Charles Baudelaire (1821-1867)

in Rumpelkammer 23.07.2006 11:38
von Margot • Mitglied | 3.054 Beiträge | 3055 Punkte
Les Fleurs du Mal

Originale ... en français naturellement!

nach oben

#12

Charles Baudelaire (1821-1867)

in Rumpelkammer 23.07.2006 17:16
von Alcedo • Mitglied | 2.708 Beiträge | 2838 Punkte
Der Albatros
(Aus dem Französischen von Wilhelm Hausenstein)

Zuweilen fängt das Schiffsvolk, aufgelegt zum Spiele,
die Vögel, deren Flug die Meere überspannt;
gleichmütige Gefährten, folgen sie dem Kiele,
er gleitet, über bittren Abgrund hingesandt.

Kaum sind die Könige der Bläue zu den Planken
erniedrigt, lassen sie, von Ungeschick bedrängt
und Scham, die weißen Schwingen kläglich an den Flanken
hinschleifen, wie ein Ruder schlaff am Nachen hängt.

Der lahme Gast! So schön geflügelt, daß er schweife,
wie steht er linkisch, häßlich! Komisch in der Schmach!
Den Schnabel neckt einer mit der Stummelpfeife,
ein andrer äfft den siechen Flieger humpelnd nach.

Der Dichter gleicht dem Fürsten auf der hohen Wolke,
der eines Bogners lacht, behaust in des Sturmeswehn;
zum Boden her verbannt hört er nur Spott im Volke,
sein Riesenfittich hindert ihn, im Schritt zu gehn.


nach oben

#13

Charles Baudelaire (1821-1867)

in Rumpelkammer 08.09.2008 19:42
von axolotl
DIE EULEN
gelesen, franz.



Unter schützenden schwarzen bäumen
Thronen die eulen geschaart
Wie götter seltsamer art
Mit feurigen augen. sie träumen.

So sitzen sie unbewegt
Bis zu den traurigen stunden
Wo schiefe strahlen verschwunden
Und dunkel sich über sie legt.

Ihr gehaben besagt
Dass der weise hier frei sich
Von lauf und lärm halten sollte.

Wer nach einem schatten jagt
Trägt die strafe stets bei sich
Dass er den platz wechseln wollte.


Les Hiboux

Sous les ifs noirs qui les abritent
Les hiboux se tiennent rangés
Ainsi que des dieux étrangers
Dardant leur oeil rouge. Ils méditent.

Sans remuer ils se tiendront
Jusqu'à l'heure mélancolique
Où, poussant le soleil oblique,
Les ténèbres s'établiront.

Leur attitude au sage enseigne
Qu'il faut en ce monde qu'il craigne
Le tumulte et le mouvement;

L'homme ivre d'une ombre qui passe
Porte toujours le châtiment
D'avoir voulu changer de place.
nach oben

#14

Charles Baudelaire (1821-1867)

in Rumpelkammer 08.09.2008 22:34
von Simone • Mitglied | 1.674 Beiträge | 1674 Punkte

Segen


Wenn nach des Himmels mächtigen Gesetzen
Der Dichter kommt in diese müde Welt,
Schreit seine Mutter auf, und voll Entsetzen
Flucht sie dem Gott, den Mitleid selbst befällt.

»Warum gebar ich nicht ein Nest voll Schlangen,
Statt diesem Spottgebild verwünschter Art!
Verflucht die Nacht, in der mein Bauch empfangen,
Da flüchtiger Lust so bittre Strafe ward!

Was wähltest du mich aus von allen Frauen,
Dem blöden Mann zur ekelvollen Wut,
Was werf' ich nicht die Missgeburt voll Grauen
Gleich einem Liebesbrief in Feuersglut!

Doch ich will deinem Hasse nicht erliegen,
Ich wälz' ihn auf das Werkzeug deines Grolls
Und will den missgeratnen Baum so biegen,
Dass keine Frucht entspringt dem faulen Holz.«

So presst sie geifernd ihren Grimm zusammen,
Nichts ahnend von des Himmels Schluss und Rat,
Und schürt sich in Gehenna selbst die Flammen
Für ihre mütterliche Freveltat.

Indessen zieht ein Engel seine Kreise,
Und der Enterbte blüht im Sonnenschein,
Und zu Ambrosia wird ihm jede Speise
Und jeder Trank zu goldnem Nektarwein.

Zum Spiel taugt Wind ihm, Wolken und Gestirne,
Berauscht von Liedern zieht er durch sein Reich,
Und traurig senkt der Engel seine Stirne,
Sieht er ihn sorglos, heitern Vögeln gleich.

Denn alle, die er liebt, voll Scheu ihn messen;
Weil seine Sanftmut ihren Groll entfacht,
Versuchen sie ihm Klagen zu erpressen,
Erproben sie an ihm der Roheit Macht.

Sie mischen eklen Staub in seine Speisen,
Beschmutzen jedes Ding, dem er sich naht.
Was er berührt, sie heuchelnd von sich weisen,
Und schreien »wehe«, kreuzt er ihren Pfad.

Auf öffentlichem Markt, wie eine Dirne,
Höhnt laut sein Weib: »Da mir sein Beten gilt,
So will ich auch vom Sockel bis zur Stirne
Vergoldet sein gleich einem Götzenbild.

Berauschen will ich mich an Weihrauch und Essenzen,
An Wein und Huldigung mich trinken satt,
Und da er göttergleich mich will bekränzen,
Werd ich beherrschen ihn an Gottes Statt!

Und will die Posse mir nicht mehr gefallen,
Pack' ich ihn mit der schwachen, starken Hand,
Mit meinen Nägeln wie Harpyenkrallen
Zerfleisch ich ihn, bis ich sein Herze fand.

Gleich einem jungen Vogel fühl' ichs zittern,
Zuckend und rot wird's meiner Hände Raub,
Und um mein Lieblingstier damit zu füttern,
Werf ich es voll Verachtung in den Staub!«

Zum Himmel, zu dem ewigen Strahlensitze
Hebt fromm der Dichter seine Hände auf,
Und seines lichten Geistes weite Blitze
Verhüllen ihm des Volks blindwütigen Häuf:

»Dank, dir, o Gott, der uns das Leid liess werden,
Das uns erlöst aus tiefer Sündennacht,
Das reine Elixier, das schon auf Erden
Die Starken deiner Wonnen würdig macht!

Dem Dichter wahrst du deiner Sitze besten
Inmitten seliger Legionen Schar,
Ich weiss, du lädst ihn zu den ewigen Festen
Der Herrlichkeit und Tugend immerdar.

Ich weiss, nicht Welt noch Hölle macht zum Hohne
Den einzigen Adel, den der Schmerz verleiht.
Ich weiss, auf meinem Haupt die Wunderkrone
Muss leuchten über Welt und Ewigkeit.

Ich weiss, dass Schätze, die versunken schliefen,
Dass Gold und Edelstein aus finstrem Schacht,
Dass Perlen, die du hebst aus Meerestiefen,
Nicht würdig sind für dieser Krone Pracht.

Denn sie ward aus dem reinsten Licht gesponnen,
Das der Urflamme heiliger Herd besass,
Des Menschen Blick, die leuchtendste der Sonnen
Erlischt vor ihrem Glanz wie mattes Glas.



interessant für Metrikfetischisten hier werden die Harpyen xXx betont *g
nach oben

#15

RE: Charles Baudelaire (1821-1867)

in Rumpelkammer 30.04.2009 10:39
von Gast 1 (gelöscht)
avatar

.

Musik

Oft trägt mich die Musik, dem Meere gleich,
Zu meinem bleichen Stern,
Durch Nebelrauch, durch Lüfte klar und weich
Ich segle fern.
Das Antlitz aufwärts und die Brust voran,
Die Lunge kraftgefüllt,
So stürm’ ich kühn den Wogenberg hinan,
Den mir die Nacht verhüllt.
Und fühle alle Leiden mich erbittern,
Die je ein Schiff erlitt,
Den leisen Wind, den Sturm, sein krampfhaft Zittern.
Den Abgrund fühl’ ich mit.
Doch manchmal ist der Spiegel flach und weit,
Der Spiegel meiner Hoffnungslosigkeit.


.

nach oben

#16

RE: Charles Baudelaire (1821-1867)

in Rumpelkammer 26.08.2016 11:22
von Alcedo • Mitglied | 2.708 Beiträge | 2838 Punkte

.
.
.



Der Mensch und das Meer // Terese Robinson


Du freier Mensch, du liebst das Meer voll Kraft,
Dein Spiegel ist's. In seiner Wellen Mauer,
Die hoch sich türmt, wogt deiner Seele Schauer,
In dir und ihm der gleiche Abgrund klafft.

Du liebst es, zu versinken in dein Bild,
Mit Aug' und Armen willst du es umfassen,
Der eignen Seele Sturm verrinnen lassen
In seinem Klageschrei, unzähmbar wild.

Ihr beide seid von heimlich finstrer Art.
Wer taucht, o Mensch, in deine letzten Tiefen,
Wer kennt die Perlen, die verborgen schliefen,
Die Schätze, die das neidische Meer bewahrt?

Und doch bekämpft ihr euch ohn' Unterlass
Jahrtausende in mitleidlosem Streiten,
Denn ihr liebt Blut und Tod und Grausamkeiten,
O wilde Ringer, ewiger Bruderhass!




L'Homme et la mer


Homme libre, toujours tu chériras la mer!
La mer est ton miroir; tu contemples ton âme
Dans le déroulement infini de sa lame,
Et ton esprit n'est pas un gouffre moins amer.

Tu te plais à plonger au sein de ton image;
Tu l'embrasses des yeux et des bras, et ton coeur
Se distrait quelquefois de sa propre rumeur
Au bruit de cette plainte indomptable et sauvage.

Vous êtes tous les deux ténébreux et discrets:
Homme, nul n'a sondé le fond de tes abîmes;
Ô mer, nul ne connaît tes richesses intimes,
Tant vous êtes jaloux de garder vos secrets!

Et cependant voilà des siècles innombrables
Que vous vous combattez sans pitié ni remords,
Tellement vous aimez le carnage et la mort,
Ô lutteurs éternels, ô frères implacables!

.
.
.


e-Gut
zuletzt bearbeitet 26.08.2016 11:25 | nach oben

#17

RE: Charles Baudelaire (1821-1867)

in Rumpelkammer 28.08.2016 10:13
von Sneaker | 86 Beiträge | 171 Punkte

Recueillement
Sois sage, ô ma Douleur, et tiens-toi plus tranquille.
Tu réclamais le Soir; il descend; le voici:
Une atmosphère obscure enveloppe la ville,
Aux uns portant la paix, aux autres le souci.
Pendant que des mortels la multitude vile,
Sous le fouet du Plaisir, ce bourreau sans merci,
Va cueillir des remords dans la fête servile,
Ma Douleur, donne-moi la main; viens par ici,

Loin d'eux. Vois se pencher les défuntes Années,
Sur les balcons du ciel, en robes surannées;
Surgir du fond des eaux le Regret souriant;
Le soleil moribond s'endormir sous une arche,
Et, comme un long linceul traînant à l'Orient,
Entends, ma chère, entends la douce Nuit qui marche.

II
Be easy, pain, and settle softly down,
you called for dusk, it lowers and is here,
a veil of darkness settles on the town,
offering peace to some, to others fear.
And while the common masses held in thrall
under the whip of pitiless pleasure sway
and reap remorse at any festival
give me your hand and let us go away

and far from here. In dusty robes you see
the dead years hang from heaven´s balcony,
and watch regret stir smiling in the deep.
A withering sun lies slouched beneath an arch.
And listen, darling, like a shroud that sweeps
across the east, deep night is on the march.

III
Sei weise, Sorge, lass dich nicht erregen
du wolltest Abend, er bricht an, ist da.
Wenn dunkle Schleier sich auf Dächer legen
ist einem Frieden, andren Sorge nah.
Wenn sich die viehisch grobe Menschenmenge
vom Henkersknecht Genuss gepeitscht zum Fest
hin drängt, nur Reue erntet, Narrenzwänge,
gib, Kummer mir die Hand, geh mit nach West

weit weg von hier. Sieh, wie die toten Jahre
im alten Kleid am Himmelssöller hängen,
Bedauern lächelnd aus der See aufsteigt.
Die Sonne stirbt, liegt unter Bogengängen
und hör nur wie als Tuch der Totenbahre
von Ost nach West die tiefe Nacht sich neigt.

zuletzt bearbeitet 28.08.2016 10:14 | nach oben

#18

RE: Charles Baudelaire (1821-1867)

in Rumpelkammer 29.08.2016 21:16
von Alcedo • Mitglied | 2.708 Beiträge | 2838 Punkte

.

.

Andacht / Recueillement // Sneaker

Be easy, pain, and settle softly down,
du wolltest Abend, er bricht an, ist da.
a veil of darkness settles on the town,
ist einem Frieden, andrer Sorge nah.



@Sneaker:
=> andrer Sorge? oder andren Sorgen?
=> Komma nach dem ersten West,?

und von den drei Zeilen könnte ich Moment nicht sagen, welche mir die schönste ist:

Die Sonne stirbt, liegt unter Bogengängen

A withering sun lies slouched beneath an arch.

Le soleil moribond s'endormir sous une arche,

die erste,
die zweite,
twice
oder die Baudelairesche

merci,
merci, beaucoup
Alcedo


e-Gut
zuletzt bearbeitet 29.08.2016 21:17 | nach oben


Besucher
0 Mitglieder und 43 Gäste sind Online

Wir begrüßen unser neuestes Mitglied: Christian87655
Forum Statistiken
Das Forum hat 8220 Themen und 61619 Beiträge.

Heute waren 0 Mitglieder Online:

Besucherrekord: 420 Benutzer (07.01.2011 19:53).