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#1
von kein Name angegeben • ( Gast )
sinnentleert und traumertrunken
in Philosophisches und Grübeleien 17.04.2005 19:35von kein Name angegeben • ( Gast )
Altes nochmal aufgearbeitet... ich habe die letzte Strophe mal verändert und möchte es nun hier nochmal einstellen... Danke
Ungesattelt, ohne Zäumung
bäumte sich mein Wesen auf.
setzte kühn durch kalte Bäche,
pure Stärke, keine Schwäche.
Stets im Takt der eignen Sprünge
jagte ich die Hügel rauf.
Stolzverziert und ohne Taumel
sah ich dort die Wolken ziehn.
Ohne Zweifel an das Leben -
wollt das höchste Glück erstreben -
gönnte niemals mir die Ruhe -
wollte nur dem Stand entfliehn.
Grob geschwächt, doch ewig kämpfend,
ließ ich Angst und Trauer stehn.
In der Hoffnung, dass die Zeiten,
weiterhin mir Glück bereiten
gab ich auf und ließ mich führen,
ohne Halt, bereit zu gehn.
Sinnentleert und traumertrunken,
steh ich heut gefesselt hier.
Müdes Heben meiner Lider,
keine Regung meiner Glieder,
hab das Leben schon verlassen -
längst verstarb mein Pionier.
12/2004
Ungesattelt, ohne Zäumung
bäumte sich mein Wesen auf.
setzte kühn durch kalte Bäche,
pure Stärke, keine Schwäche.
Stets im Takt der eignen Sprünge
jagte ich die Hügel rauf.
Stolzverziert und ohne Taumel
sah ich dort die Wolken ziehn.
Ohne Zweifel an das Leben -
wollt das höchste Glück erstreben -
gönnte niemals mir die Ruhe -
wollte nur dem Stand entfliehn.
Grob geschwächt, doch ewig kämpfend,
ließ ich Angst und Trauer stehn.
In der Hoffnung, dass die Zeiten,
weiterhin mir Glück bereiten
gab ich auf und ließ mich führen,
ohne Halt, bereit zu gehn.
Sinnentleert und traumertrunken,
steh ich heut gefesselt hier.
Müdes Heben meiner Lider,
keine Regung meiner Glieder,
hab das Leben schon verlassen -
längst verstarb mein Pionier.
12/2004
#2
von Aenima (gelöscht)
sinnentleert und traumertrunken
in Philosophisches und Grübeleien 25.08.2005 16:30von Aenima (gelöscht)
Hallo Shine,
"Sinnentleert und Traumertrunken" - dein bzw der Klassiker in der zweiten Version wie ich sehe... na dann...
1.) Formalanalyse
1.1.) Ersteindruck:
Strophenblöcke! Rette sich wer kann!!! Das Problem der Sextetten ist und bleibt die richtig pralle Erscheinung, die meist vermuten lässt, dass der Schreiberling einfach viel Platz braucht, um möglichst viel Inhalt komprimiert darstellen zu können. Allerdings ist und bleibt der Ersteindruck eine recht subjektive Angelegenheit, ich bin einfach viel zu sehr die traditionellen 4x4-Formen gewohnt.
1.2.) Äußere Darstellung:
4 Sextetten... hmmm, das ist schon starker Tobak, da man diese Form in Lyrikforen recht selten sieht. Aber irgendwie macht es von der äußeren Darstellung einen interessanten Eindruck, aufgrund einer ungewöhnlich stabilen Länge der Zeilenlänge. Daran sind schon viele Onlinelyriker (mir
inklusive) gescheitert. Das Reimschema X-A-B-B-C-A ist auch eine sehr innovative Variante, die ich noch nie gesehen habe und dem Werk eine gewisse Originalität verleiht. Die Reime sind vom Klangbild her in Ordnung, nur es hat sich der "Leben"-"Streben"-Reim eingeschlichen, der
meiner Meinung nach inzwischen auch zu der etwas zu einfachen Variante gehört. Dennoch ist die äußere Darstellung mal ganz was anderes und machte trotz dem merkwürdigen Ersteindruck Spaß.
1.3.) Lesefluss/Metrum:
Meine mir liebste Stelle der Formanalyse, wie du weißt.
8 // XxXxXxXx // 4-hebiger Trochäus, weibliche Kadenz
7 // XxXxXxX // 4-hebiger Trochäus, männliche Kadenz
8 // XxXxXxXx // 4-hebiger Trochäus, weibliche Kadenz
8 // XxXxXxXx // 4-hebiger Trochäus, weibliche Kadenz
8 // XxXxXxXx // 4-hebiger Trochäus, weibliche Kadenz
7 // XxXxXxX // 4-hebiger Trochäus, männliche Kadenz
8 // XxXxXxXx // 4-hebiger Trochäus, weibliche Kadenz
7 // XxXxXxX // 4-hebiger Trochäus, männliche Kadenz
8 // XxXxXxXx // 4-hebiger Trochäus, weibliche Kadenz
8 // XxXxXxXx // 4-hebiger Trochäus, weibliche Kadenz
8 // XxXxXxXx // 4-hebiger Trochäus, weibliche Kadenz
7 // XxXxXxX // 4-hebiger Trochäus, männliche Kadenz
8 // XxXxXxXx // 4-hebiger Trochäus, weibliche Kadenz
7 // XxXxXxX // 4-hebiger Trochäus, männliche Kadenz
8 // XxXxXxXx // 4-hebiger Trochäus, weibliche Kadenz
8 // XxXxXxXx // 4-hebiger Trochäus, weibliche Kadenz
8 // XxXxXxXx // 4-hebiger Trochäus, weibliche Kadenz
7 // XxXxXxX // 4-hebiger Trochäus, männliche Kadenz
8 // XxXxXxXx // 4-hebiger Trochäus, weibliche Kadenz
7 // XxXxXxX // 4-hebiger Trochäus, männliche Kadenz
8 // XxXxXxXx // 4-hebiger Trochäus, weibliche Kadenz
8 // XxXxXxXx // 4-hebiger Trochäus, weibliche Kadenz
8 // XxXxXxXx // 4-hebiger Trochäus, weibliche Kadenz
7 // XxXxXxX // 4-hebiger Trochäus, männliche Kadenz
-> perfekte Form.
2.) Inhaltsanalyse/Interpretationsversuch
Ausgehend von der perfekten Form, kann man sicherlich auch inhaltlich einiges erwarten. Die Bilder, die du bietest, machen dem Leser auf Anhieb schon klar, worauf der Titel hinaus will.
In Strophe 1 begleitet man das Lyrische Ich auf einer kleinen Reise in die utopische Freiheit der eigenen Traumwelt, losgelöst von den Ketten der Realität. Du beschreibst ein Bild einer regelrechten Ungezügeltheit - erinnert mich an deine Ausführungen vom Reiten, zumindest kann ich diese hier deutlich erkennen.
Strophe 2 zeigt dem Leser andeutungsweise die Wünsche des Lyrischen Ichs nach Freiheit und Losgelöstheit. Der letzte Vers bestätigt den Eindruck auf ziemlich deutliche Weise.
Strophe 3 hat nach dem sehr positiven Eindruck von 1 und 2 jedoch eine sehr beklemmende Atmosphäre. Das Lyrische Ich redet vom "Aufgeben" im Sinne von Freiheit, jedoch beschreibt das Fehlen von "Halt" eine recht
deutliche Unsicherheit. Das könnte möglicherweise daran liegen, dass der Mensch bereits so in System gefangen ist, dass er mit seiner Freiheit gänzlich überfordert ist. Deswegen sind uns Träume nach dem Erwachen oft ein Greuel.
Strophe 4 ist von der beschreibenden Mentalität total geprägt von Düsternis und Selbstaufgabe, die den Leser (sollte er die Fähigkeit besitzen, sich in das Lyrische Ich hineinzuversetzen) enttäuscht aufseufzen lässt. Die letzte Zeile gibt aufgrund seiner Direktheit dem Gedicht ein sehr abprubtes negatives Ende. Doch so ist es stets, wenn ein Mensch aus seinem Träumen erwacht.
3.) Fazit
Mit "Sinnentleert und Traumertrunken" zeigst du, werte Littleshine, eine künstlerische Fähigkeit, die vieles was ich bereits gelesen habe, übersteigt. Formal ein echtes Meisterwerk, inhaltlich mit einer wundervollen Bildsprache und jeder Menge mentaler Tiefe. Das hier ist ein Werk von dir, das in den Gefilden der Lyrikritter bereits seines Gleichen sucht und ganz gewiss noch lange erfolglos bleiben wird. Ein formidables Stück, eben dein Klassiker, gratulation.
Liebe Grüße,
Benne|Aenima
(Orginalbeitrag von März 2005, modifiziert August 2005)
"Sinnentleert und Traumertrunken" - dein bzw der Klassiker in der zweiten Version wie ich sehe... na dann...
1.) Formalanalyse
1.1.) Ersteindruck:
Strophenblöcke! Rette sich wer kann!!! Das Problem der Sextetten ist und bleibt die richtig pralle Erscheinung, die meist vermuten lässt, dass der Schreiberling einfach viel Platz braucht, um möglichst viel Inhalt komprimiert darstellen zu können. Allerdings ist und bleibt der Ersteindruck eine recht subjektive Angelegenheit, ich bin einfach viel zu sehr die traditionellen 4x4-Formen gewohnt.
1.2.) Äußere Darstellung:
4 Sextetten... hmmm, das ist schon starker Tobak, da man diese Form in Lyrikforen recht selten sieht. Aber irgendwie macht es von der äußeren Darstellung einen interessanten Eindruck, aufgrund einer ungewöhnlich stabilen Länge der Zeilenlänge. Daran sind schon viele Onlinelyriker (mir
inklusive) gescheitert. Das Reimschema X-A-B-B-C-A ist auch eine sehr innovative Variante, die ich noch nie gesehen habe und dem Werk eine gewisse Originalität verleiht. Die Reime sind vom Klangbild her in Ordnung, nur es hat sich der "Leben"-"Streben"-Reim eingeschlichen, der
meiner Meinung nach inzwischen auch zu der etwas zu einfachen Variante gehört. Dennoch ist die äußere Darstellung mal ganz was anderes und machte trotz dem merkwürdigen Ersteindruck Spaß.
1.3.) Lesefluss/Metrum:
Meine mir liebste Stelle der Formanalyse, wie du weißt.
Zitat: |
Ungesattelt, ohne Zäumung bäumte sich mein Wesen auf. setzte kühn durch kalte Bäche, pure Stärke, keine Schwäche. Stets im Takt der eignen Sprünge jagte ich die Hügel rauf. |
8 // XxXxXxXx // 4-hebiger Trochäus, weibliche Kadenz
7 // XxXxXxX // 4-hebiger Trochäus, männliche Kadenz
8 // XxXxXxXx // 4-hebiger Trochäus, weibliche Kadenz
8 // XxXxXxXx // 4-hebiger Trochäus, weibliche Kadenz
8 // XxXxXxXx // 4-hebiger Trochäus, weibliche Kadenz
7 // XxXxXxX // 4-hebiger Trochäus, männliche Kadenz
Zitat: |
Stolzverziert und ohne Taumel sah ich dort die Wolken ziehn. Ohne Zweifel an das Leben - wollt das höchste Glück erstreben - gönnte niemals mir die Ruhe - wollte nur dem Stand entfliehn. |
8 // XxXxXxXx // 4-hebiger Trochäus, weibliche Kadenz
7 // XxXxXxX // 4-hebiger Trochäus, männliche Kadenz
8 // XxXxXxXx // 4-hebiger Trochäus, weibliche Kadenz
8 // XxXxXxXx // 4-hebiger Trochäus, weibliche Kadenz
8 // XxXxXxXx // 4-hebiger Trochäus, weibliche Kadenz
7 // XxXxXxX // 4-hebiger Trochäus, männliche Kadenz
Zitat: |
Grob geschwächt, doch ewig kämpfend, ließ ich Angst und Trauer stehn. In der Hoffnung, dass die Zeiten, weiterhin mir Glück bereiten gab ich auf und ließ mich führen, ohne Halt, bereit zu gehn. |
8 // XxXxXxXx // 4-hebiger Trochäus, weibliche Kadenz
7 // XxXxXxX // 4-hebiger Trochäus, männliche Kadenz
8 // XxXxXxXx // 4-hebiger Trochäus, weibliche Kadenz
8 // XxXxXxXx // 4-hebiger Trochäus, weibliche Kadenz
8 // XxXxXxXx // 4-hebiger Trochäus, weibliche Kadenz
7 // XxXxXxX // 4-hebiger Trochäus, männliche Kadenz
Zitat: |
Sinnentleert und traumertrunken, steh ich heut gefesselt hier. Müdes Heben meiner Lider, keine Regung meiner Glieder, hab das Leben schon verlassen - längst verstarb mein Pionier. |
8 // XxXxXxXx // 4-hebiger Trochäus, weibliche Kadenz
7 // XxXxXxX // 4-hebiger Trochäus, männliche Kadenz
8 // XxXxXxXx // 4-hebiger Trochäus, weibliche Kadenz
8 // XxXxXxXx // 4-hebiger Trochäus, weibliche Kadenz
8 // XxXxXxXx // 4-hebiger Trochäus, weibliche Kadenz
7 // XxXxXxX // 4-hebiger Trochäus, männliche Kadenz
-> perfekte Form.
2.) Inhaltsanalyse/Interpretationsversuch
Ausgehend von der perfekten Form, kann man sicherlich auch inhaltlich einiges erwarten. Die Bilder, die du bietest, machen dem Leser auf Anhieb schon klar, worauf der Titel hinaus will.
In Strophe 1 begleitet man das Lyrische Ich auf einer kleinen Reise in die utopische Freiheit der eigenen Traumwelt, losgelöst von den Ketten der Realität. Du beschreibst ein Bild einer regelrechten Ungezügeltheit - erinnert mich an deine Ausführungen vom Reiten, zumindest kann ich diese hier deutlich erkennen.
Strophe 2 zeigt dem Leser andeutungsweise die Wünsche des Lyrischen Ichs nach Freiheit und Losgelöstheit. Der letzte Vers bestätigt den Eindruck auf ziemlich deutliche Weise.
Strophe 3 hat nach dem sehr positiven Eindruck von 1 und 2 jedoch eine sehr beklemmende Atmosphäre. Das Lyrische Ich redet vom "Aufgeben" im Sinne von Freiheit, jedoch beschreibt das Fehlen von "Halt" eine recht
deutliche Unsicherheit. Das könnte möglicherweise daran liegen, dass der Mensch bereits so in System gefangen ist, dass er mit seiner Freiheit gänzlich überfordert ist. Deswegen sind uns Träume nach dem Erwachen oft ein Greuel.
Strophe 4 ist von der beschreibenden Mentalität total geprägt von Düsternis und Selbstaufgabe, die den Leser (sollte er die Fähigkeit besitzen, sich in das Lyrische Ich hineinzuversetzen) enttäuscht aufseufzen lässt. Die letzte Zeile gibt aufgrund seiner Direktheit dem Gedicht ein sehr abprubtes negatives Ende. Doch so ist es stets, wenn ein Mensch aus seinem Träumen erwacht.
3.) Fazit
Mit "Sinnentleert und Traumertrunken" zeigst du, werte Littleshine, eine künstlerische Fähigkeit, die vieles was ich bereits gelesen habe, übersteigt. Formal ein echtes Meisterwerk, inhaltlich mit einer wundervollen Bildsprache und jeder Menge mentaler Tiefe. Das hier ist ein Werk von dir, das in den Gefilden der Lyrikritter bereits seines Gleichen sucht und ganz gewiss noch lange erfolglos bleiben wird. Ein formidables Stück, eben dein Klassiker, gratulation.
Liebe Grüße,
Benne|Aenima
(Orginalbeitrag von März 2005, modifiziert August 2005)
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