#1

bittersüße

in Philosophisches und Grübeleien 26.04.2005 19:46
von Don Carvalho • Mitglied | 1.880 Beiträge | 1880 Punkte
bittersüße

Tropfend fällt Erinnerung
in die Leere dieser Tage,
doch wo ist Verbitterung,
stell ich gramvoll mir die Frage?

Müsst ich nicht betroffen sein,
Schmerz und Seelennot verspüren?
Würde mich das nicht befrei'n,
aus der Apathie mich führen?

Doch ich fühl im Augenblick,
vornehmlich wenn alle lachen,
nur ein' leichten Seelenzwick -
wünscht, er würd mich menschlich machen...

(c) Don Carvalho
- Januar 2005

edit: Zeile 4 habe ich nun das gramvoll umgestellt

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#2

bittersüße

in Philosophisches und Grübeleien 28.04.2005 15:46
von sEweil (gelöscht)
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Hallê Don, trupa da Don.

Inhaltlich gefällt mir dein Werk sehr.
Kurz, treffend und ein Apell an uns alle.
(Wäre da die Kategorie: "Gesellschafliches" nicht treffender gewesen, oder doch Nachdenkliches, weil es, so erschreckend und bezeichnend es auch ist, zu mehr niemals bringen würde?)

Einen haufen Ellisionen hast du da. Für mich sind das schon zuviel, es wirkt sehr erzwungen.
Klar, ohne sie wäre es metrisch nicht mehr astrein, aber is das notwendig?

hoppdihopp:

Tropfend fällt Erinnerung
in die Leere dieser Tage,
doch wo ist Verbitterung,
stelle ich mir die gramvolle Frage.

Müsste ich nicht betroffen sein,
Schmerz und Seelennot verspüren?
Würde mich das nicht befreien,
aus der Apathie mich führen?

Doch ich fühl im Augenblick,
vornehmlich wenn alle lachen,
nur einen leichten Seelenzwick -
wünschte
er würde mich menschlich machen.


Was wäre daran auszusetzen?
Für mich transportiert es so mehr von diesem Gefühl, das du beschreibst. Es wirkt freier, natürlicher.

Mit besten Grüßen, ein, sich das anmaßender, sEweil.

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#3

bittersüße

in Philosophisches und Grübeleien 28.04.2005 18:55
von muh-q wahn (gelöscht)
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Hi Don !

Hätte ich das ahnen können, einmal in diese Verlegenheit zu kommen, dann hätte ich doch meine Posts damals nicht gelöscht und würde kackfrech meinen Kommentar jetzt hier herein kopieren und wie Adenauer sprechen, was mich denn meine dummen Sprüche von gestern scheren.

Ich weiß nicht, ob du dich vage erinnerst, Don. Ich erinnere mich, dass ich dir schmeichelte. Daran wollte ich nur erinnert haben in der Hoffnung, dass du mir Dispens erteilst. Ich habe derzeit keine Muße, einen neuen Kommentar zu verfassen, der deinem Gedicht gerecht wird.

Nur soviel, dass ich mit meinem Vorgänger nicht recht einverstanden bin, was die Elisionen angeht. Denn es klingt sehr wohl anders ohne diese. Welche haben wir denn?

Tropfend fällt Erinnerung
in die Leere dieser Tage,
doch wo ist Verbitterung,
stell ich mir die gramvoll Frage?


In der gesprochenen Sprache fällt Nr.1 überhaupt nicht mehr auf, auch Nr.2 empfinde ich als unproblematisch. Syntaktisch würde ich allerdings "Stell ich gramvoll mir die Frage" bevorzugen, auch weil du damit die zweite Elision auflöstest.

Müsst ich nicht betroffen sein,
dito bzw. noch weniger !
Schmerz und Seelennot verspüren?
Würde mich das nicht befrei'n,

Hätte Don diese Auslassung nicht unterstrichen, wäre sie vermutlich nicht einmal aufgefallen. Stören könnte sie mich niemals.
aus der Apathie mich führen?

Doch ich fühl im Augenblick,
wieder dito, überhaupt kein Ding.
vornehmlich wenn alle lachen,
nur ein' leichten Seelenzwick -

Unerträglich ! Ich meine, ich schlug damals "'nen" vor, denn die Doppelauslassung am Ende haut einfach nicht hin. Hat Don aber damals schon nicht gefallen ...
wünscht, er würd mich menschlich machen...
Na ja, beide eigentlich kein Kapitalverbrechen. Auch innerhalb einer Zeile verzeihlich.

Das Schöne ist ja und so etwas stimmt milde, dass der Inhalt, dem diese Elisionen geschuldet sind, so klasse ist, dass er dieses Kunstmittel verzeiht, nein, sogar rechtfertigt.

Damals habe ich dein Werk zum besten Tsunami-Gedicht gekürt, heute sehe ich ein, dass es kompatibel ist.

Na ja, nun ist ja doch noch ein halber Kommentar daraus geworden. Dein Gedicht gefällt mir immer noch und ich habe es wieder gerne gelesen und ich bin wieder vornehm über S3Z2 gestolpert.

muh-q wahn

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#4

bittersüße

in Philosophisches und Grübeleien 29.04.2005 09:32
von Don Carvalho • Mitglied | 1.880 Beiträge | 1880 Punkte
Herzlichen Dank an Euch beide für Eure Kritiken.

Manchmal ist eben die richtige Kategorie schwer zu bestimmen - an Gesellschaft habe ich ebenfalls gedacht, Nachdenkliches gibt es hier nicht (Pssst, falsches Forum!); Grübeleien, ebenfalls eine Überschrift dieses Unterforums müsste dann aber doch ebenfalls passen?! Auf jeden Fall war ich mir ebenfalls nicht ganz sicher.

An den Elisionen reiben sich viele, in diesem Gedicht sind es auch wirklich nicht gerade wenige. Ich glaube allerdingsebenfalls, dass die meisten davon nur im Schriftbild auffallen, liest man die Zeilen laut, ist das alles gar nicht mehr so schlimm.

Aufs Metrum pfeifen, lieber sEweil, kann ich einfach nicht, mit solch Gedankengängen verschaffst Du mir schlaflose Nächte. Aber ich nehme mir immer wieder vor, Elsionen mehr zu meiden. Und, einem früheren Vorschlag muh-q wahns folgend, nicht mehr alle zu kennzeichnen. Ich ziere jetzt nur noch diejenigen mit einem Apostroph, die umgangsprachlich nicht gerechtfertigt oder grammatikalisch ansonsten grausam wären (hier: bei "ein" soll doch bitte niemand denken, ich würde den Nominativ verwenden). Aber zumindest hier hilft auch dieses Versteckspiel nicht...

Das "gramvoll" umzustellen höre ich jetzt zum zweiten Mal. Bislang habe ich mich ein wenig gesperrt, vielleicht ist ja aber doch ein geschickter Schachzug - auch hinsichtlich der Elision.

Bei Deiner letzten Kritik, muh-q wahn (bei der ich es übrigens sehr bedauere, dass sie im Netzäther verschwunden ist) war es klar, dass der Tsunami Interpretationen in diese Richtung gehen ließ. Die dann doch vorherrschende Kompatibilität gründet sich (Du erinnerst Dich sicher) vermutlich darin, dass diese Katastrophe für mich nicht der Anlass für diese Zeilen war (auch sEweil musste offenkundig nicht daran denken).

Freut mich, dass es Dir, seWeil, dennoch und Dir, muh-q wahn, noch immer gefällt,



P.S.: Dispens erteilt, man kann kaum zwei umfassende Kritiken erwarten. Nach und nach möchte ich meine Gedichte hier jedoch sammeln, da kommt dann eben ab und an auch was dazu, dass nicht hier seine Premiere hatte (bei neuen Sachen ist das natürlich anders!).

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#5

bittersüße

in Philosophisches und Grübeleien 29.04.2005 20:32
von Richard III | 868 Beiträge | 871 Punkte
Hab ich doch mal was gefunden zum meckern :

"bittersüße"
Der Titel lässt doch schließen auf etwas, dass sowohl bitter=demütigend, traurig, o.ä. (ein Gefühl) als auch süß=angenehm, erfreulich, o.ä. (ebenfalls ein Gefühl) ist. Doch was jetzt folgt, ist doch eine Beschreibung der Gefühllosigkeit?!
Dann: Meinst du (die) Bittersüße? Dann doch bitte großgeschrieben! Ansonsten fehlt dem adjektiv ein Substantiv.

"Tropfend fällt Erinnerung
in die Leere dieser Tage,
doch wo ist Verbitterung,
stell ich mir die gramvoll Frage?"

Das lyr. Ich hat Erinnerungen in einer Zeit der Leere, vielleicht traurige Erinnerungen und trotzdem empfindet er nichts und wundert sich darob.
Aber!: Er stellt sich die FRage voller "Gram", also doch ein Gefühl!
Das FRagezeichen gehört eigentlich hinter "Verbitterung", oder fragt er sich, ob er sich die Frage stellt? Dann scheint er doch sehr verwirrt zu sein.

"Müsst ich nicht betroffen sein,
Schmerz und Seelennot verspüren?
Würde mich das nicht befrei'n,
aus der Apathie mich führen?"

Nun meint das lyr. Ich, dass Schmerz, den er eigentlich empfinden müsste, ihn möglicherweise aus seiner Apathie (wenn es denn wirklich eine ist und er es sich in seinem Selbstmitleid nicht nur einredet) holen könnte. Aber nun ja, anscheinend empfindet er keinen Schmerz - so ein Pech!

"Doch ich fühl im Augenblick,
vornehmlich wenn alle lachen,
nur ein' leichten Seelenzwick -
wünscht, er würd mich menschlich machen... "

Aha, jetzt empfindet er also doch was, aber nur ein wenig. Aber warum denn gerade, wenn alle lachen? Warum lachen sie denn? Weil er so in sich selbst und seinem Selbstmitleid vergraben ist und so unsinnig nach außen stellt, er würde nichts empfinden, dass es für die Beobachtenden einfach nur lächerlich ist?
Kein Wunder also, dass er dieses Lachen nur ein wenig unangenehm findet - schließlich ist er so mit sich selbst beschäftigt, dass das kaum bei ihm ankommt.
Und dann der Schluß-oh Himmel hilf- er hält sich auch noch für unmenschlich. Was meint er denn, was er ist? Ein Gott? Ein gefühlskalter Dämon?
Da hab ich nur ein herablassendes Lächeln übrig.
Armes lyrisches Ich! Es bleibt nur zu hoffen, dass der arme Schlucker bald einmal den Blick nach Außen öffnet und sich selbst und die Welt einmal mit kritischen Augen betrachtet.

Als individualkritische Studie, die karikierend den Hypochonder auf die Schippe nimmt ist es gelungen!
Aber beim ersten Lesen dachte ich nur Oh weh... Man muß schon genauer hinschauen, um eine kritische Wertung herauszulesen.
Und genau das ist mein Haupt-Kritikpunkt: Nimmt man dein Werk oberflächlich, wirkt es genau so wie dein lyr. Ich: Selbstmitleidig und größenwahnsinnig. Und nur wenn man einen Schritt weitergeht und überlegt, dass genau diese Überzeichnung die Kritik an einer solchen Haltung darstellt, bekommt es seine Tiefe. Aber es gelingt nicht auf den ersten und zweiten Blick, dafür wirkt es zu ernst gemeint.

Deshalb bekommst du von mir auch nur ne 3.

LG Richard

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#6

bittersüße

in Philosophisches und Grübeleien 30.04.2005 10:48
von Don Carvalho • Mitglied | 1.880 Beiträge | 1880 Punkte
Nur 'ne 3?
Grummel, darüber muss ich nachdenken...

Einige diskussionswürdige Ansätze sind (so'n Mist) nicht abzuleugnen, aber ich denke, einiges kann ich Dir auch erläutern...

Ich weiß nicht, ob ich am WE noch genügend Zeit habe, angemessen zu antworten, Richard, einen schönen Dank für Deine Kritik gibts aber schon einmal im Voraus...


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#7

bittersüße

in Philosophisches und Grübeleien 30.04.2005 13:08
von Nonverbal • Mitglied | 407 Beiträge | 407 Punkte
Tut mir leid wegen der Frage, aber was sind Elisionen? Kann mir das makl jemand erklären damit ich das auch versteh?

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#8

bittersüße

in Philosophisches und Grübeleien 30.04.2005 17:23
von Nonverbal • Mitglied | 407 Beiträge | 407 Punkte
achso, ich glaub ich habs verstanden, danke ;o) aber was kann man damit bezwecken und wie kann ich sie sinnvoll einsetzen?

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#9

bittersüße

in Philosophisches und Grübeleien 30.04.2005 17:46
von Richard III | 868 Beiträge | 871 Punkte
Naja, eigentlich sollte man sie so wenig wie möglich einsetzen. Manche neigen dazu, der Metrik zuliebe, sie sehr häufig zu gebrauchen : wär`, sollt`, Erinn`rung, etc. Klingt auf die Dauer etwas schwülstig und albern - also lieber sparsam und nur wenns nicht anders geht (manchmal passt es auch einfach sprachlich besser)

...ääähhh sorry Mr. Mafiosi, schmeiß uns einfach raus, wenns stört...

Weitere Fragen zum Handwerk lieber in der Plauderecke, Non!

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#10

bittersüße

in Philosophisches und Grübeleien 30.04.2005 18:07
von Nonverbal • Mitglied | 407 Beiträge | 407 Punkte
alles klar ;o)

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#11

bittersüße

in Philosophisches und Grübeleien 03.05.2005 17:51
von Don Carvalho • Mitglied | 1.880 Beiträge | 1880 Punkte
Hallo Richard,

eigentlich hätte ich nach wie vor viel zu tun, aber abgesehen davon, dass ich gerade schlicht keine Lust habe, verdienst Du nun endlich auch eine Antwort...

Eigentlich müsste "bittersüße" im Titel tatsächlich großgeschrieben werden, aber mir erschien die Kleinschreibung hier passend. Vielleicht, weil ein Gefühl (oder Nichtgefühl ) thematisiert wird, mit dem das lyrIch nicht gerne hausieren geht, vielleicht weil der Titel dem kleinen, feinen Stich entspricht, den das lyrIch empfindet. Es fällt mir schwer, Dir das exakt zu begründen, ich empfand das so einfach richtig (auch wenn ich ansonsten Titel fast durchweg groß schreibe)...

Inhaltlich fasst Du einiges ganz anders auf als ich. Ich möchte daher nun versuchen, Dir mein Verständnis des Textes näherzubringen (ohne ihn zu interpretieren, denn da gibt es nun durchaus verschiedene Möglichkeiten).


Zitat:

Das lyr. Ich hat Erinnerungen in einer Zeit der Leere, vielleicht traurige Erinnerungen und trotzdem empfindet er nichts und wundert sich darob.
Aber!: Er stellt sich die FRage voller "Gram", also doch ein Gefühl!
Das FRagezeichen gehört eigentlich hinter "Verbitterung", oder fragt er sich, ob er sich die Frage stellt? Dann scheint er doch sehr verwirrt zu sein


Der Gram, den das lyrische Ich verspürt, gründet sich nun gerade in der Tatsache, dass es die Gefühle nicht in der Art verspürt, wie er es für angemessen... oder richtig hält. Es ist der Aufassung, dass diese traurigen Erinnerungen eine stärkere emotionale Reaktion hervorrufen müssten - oder gar überhaupt eine Reaktion. Doch da dem nicht so ist, empfindet das lyrIch diesen Gram.
Tja, das Fragezeichen... zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich mir einfach nicht sicher bin, wohin es gehört und überlege gerade, ob dort überhaupt eines hin muss. Bei wörtlicher Rede, klar, würde es nach Verbitterung stehen... hieße es aber: ich stelle mir die Frage, wo Verbitterung ist. ? . ?? Sorry, bin gerade zu blöd


Zitat:

Nun meint das lyr. Ich, dass Schmerz, den er eigentlich empfinden müsste, ihn möglicherweise aus seiner Apathie (wenn es denn wirklich eine ist und er es sich in seinem Selbstmitleid nicht nur einredet) holen könnte. Aber nun ja, anscheinend empfindet er keinen Schmerz - so ein Pech!


Nun gab es (wie gesagt) ein trauriges Ereignis, dass das lyrische Ich in einen Zustand der Apathie fallen ließ, zu nach seiner Meinung angemessener Trauer war es nicht in der Lage. Könnte es aber den Schmerz spüren, würde es womöglich diese Barrikade einreißen... vielleicht muss das lyrische Ich ihn auch einfach nur zulassen.


Zitat:

Aha, jetzt empfindet er also doch was, aber nur ein wenig. Aber warum denn gerade, wenn alle lachen? Warum lachen sie denn? Weil er so in sich selbst und seinem Selbstmitleid vergraben ist und so unsinnig nach außen stellt, er würde nichts empfinden, dass es für die Beobachtenden einfach nur lächerlich ist?
Kein Wunder also, dass er dieses Lachen nur ein wenig unangenehm findet - schließlich ist er so mit sich selbst beschäftigt, dass das kaum bei ihm ankommt.


Hm, das Lachen beziehe ich eher weniger auf Gelächter über das lyrische Ich. Das lyrische Ich lässt den Schmerz ja nicht richtig zu und geht zur Tagesordnung über. Doch gerade in den Momenten, in denen andere glücklich, ausgelassen und fröhlich sind, bemerkt das lyrische Ich, dass die Geschehnisse nicht so einfach hinter sich zu lassen sind.
(Ende Teil 1 - Your posting is too long!)

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#12

bittersüße

in Philosophisches und Grübeleien 03.05.2005 17:52
von Don Carvalho • Mitglied | 1.880 Beiträge | 1880 Punkte
(Teil 2: grrrr... ich dachte diese Mengenbeschränkung sei beseitigt?)

Zitat:

Und dann der Schluß-oh Himmel hilf- er hält sich auch noch für unmenschlich. Was meint er denn, was er ist? Ein Gott? Ein gefühlskalter Dämon?
Da hab ich nur ein herablassendes Lächeln übrig.
Armes lyrisches Ich! Es bleibt nur zu hoffen, dass der arme Schlucker bald einmal den Blick nach Außen öffnet und sich selbst und die Welt einmal mit kritischen Augen betrach


Es ist meines Erachtens nicht so, dass sich das lyrische Ich unmenschlich fühlt, sondern eher, dass es diejenigen Gefühle an sich vermisst, die menschlich machen. Nicht weil es der Meinung ist, göttlich zu sein - eher das Gegenteil! Andererseits (und da sehe ich sogar ein wenig Hoffnung für unseren Protagonisten) lässt sich womöglich eine Art Umkehrschluss treffen: Zwar kann das lyrische Ich seinen Gefühlen nicht so recht Ausdruck verleihen, aber da es zumindest auch nicht zur uneingeschränkten Freude fähig ist, sind diese Gefühle, die es vermisst, wohl doch noch da...

Nun, ich hoffe, ich konnte Dir ein paar Gedankengänge näherbringen. Der hypochondrische Aspekt lässt sich bei meiner Sicht des Gedichtes nicht richtig umsetzen... auf den Gedanken bin ich bislang gar nicht gekommen, dass man einige Zeilen derart anders auffassen kann.

Ich schrieb das Gedicht übrigens aus einem persönlichen Verlust heraus, allerdings nicht als therapeutische Maßnahme !
muh-q wahn interpretierte (wenn ich mich richtig erinnere) die Unfähigkeit des lyrischen Ichs emotional mit per Medien ins Haus gebrachten Katastrophen (damals: Tsunami) umzugehen.

Danke Dir auf jeden Fall für die intensive Auseinandersetzung mit diesen Zeilen (und für die 3 ),



P.S.: Und nonverbal hat auch etwas gelernt... es ist doch schön, ein Beispiel zu sein - wenn auch hier ein eher schlechtes .

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