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#1
von Richard III • | 868 Beiträge | 871 Punkte
Kapitulation
in Liebe und Leidenschaft 10.08.2005 11:02von Richard III • | 868 Beiträge | 871 Punkte
Ich kämpfte einen Krieg, den ich alleine führte,
um Nahrung die mich nicht mehr nährte.
Kein Kranz, der mich zum Helden kürte,
kein Ölzweig der mein Leiden ehrte.
Ich unterschrieb mir die Vernichtung,
als ich mein Wort an ihn vergab.
Ich wies mir selbst die falsche Richtung,
viel mehr als ich es jetzt vermag.
Ich liege bloß auf diesem Feld
und geb dem Feind das Siegen frei:
Zu Füßen legt ich ihm die Welt -
er ging verächtlich nur vorbei.
um Nahrung die mich nicht mehr nährte.
Kein Kranz, der mich zum Helden kürte,
kein Ölzweig der mein Leiden ehrte.
Ich unterschrieb mir die Vernichtung,
als ich mein Wort an ihn vergab.
Ich wies mir selbst die falsche Richtung,
viel mehr als ich es jetzt vermag.
Ich liege bloß auf diesem Feld
und geb dem Feind das Siegen frei:
Zu Füßen legt ich ihm die Welt -
er ging verächtlich nur vorbei.
Hallo richard.
Hu, nach mehrmaligem Lesen empfinde ich es als sehr emotionsgeladen, sowas sollte einem beim ersten mal schon auffallen hm?
Der Versuch des Lyr. Ichs sich mit allen (seinen) Mitteln an die Stelle neben die Geliebte zu manövrieren, wobei der allein geführte Krieg an ein indirektes Werben erinnert - als wäre er der beste Freund und würde stets mit seinen kleinen Mitteln versuchen sich ihr zu nähern.
Was dann aber scheitert, da sie sich für jemand anderes interessiert und das Lyr. ich nichts dagegen unternimmt, im Gegenteil, er stimmt scheinbar dafür, oder indem er nichts sagt und schweigt, stimmt er zu.
Führt natürlich unweigerlich in die Richtung, die er nie angestrebt hat, weg von ihr.
Die letzte Strophe finde ich da ganz hart, er liegt zerstört auf dem Schlacht-Feld und bereitet ihm den Weg. Hier hast du sie, behandle sie gut - und ihn interessiert das nicht.
Da muss ich an nen Typen denken, der sie kurz ausnützt und dann fallen lässt?
Wobei eine längere Bindung zerstörerischer für das lyr. ich wäre...
Puha. Gefällt mir.
Lieb'sche Grüße.
Hu, nach mehrmaligem Lesen empfinde ich es als sehr emotionsgeladen, sowas sollte einem beim ersten mal schon auffallen hm?
Der Versuch des Lyr. Ichs sich mit allen (seinen) Mitteln an die Stelle neben die Geliebte zu manövrieren, wobei der allein geführte Krieg an ein indirektes Werben erinnert - als wäre er der beste Freund und würde stets mit seinen kleinen Mitteln versuchen sich ihr zu nähern.
Was dann aber scheitert, da sie sich für jemand anderes interessiert und das Lyr. ich nichts dagegen unternimmt, im Gegenteil, er stimmt scheinbar dafür, oder indem er nichts sagt und schweigt, stimmt er zu.
Führt natürlich unweigerlich in die Richtung, die er nie angestrebt hat, weg von ihr.
Die letzte Strophe finde ich da ganz hart, er liegt zerstört auf dem Schlacht-Feld und bereitet ihm den Weg. Hier hast du sie, behandle sie gut - und ihn interessiert das nicht.
Da muss ich an nen Typen denken, der sie kurz ausnützt und dann fallen lässt?
Wobei eine längere Bindung zerstörerischer für das lyr. ich wäre...
Puha. Gefällt mir.
Lieb'sche Grüße.
#3
von Margot • Mitglied | 3.054 Beiträge | 3055 Punkte
Kapitulation
in Liebe und Leidenschaft 11.08.2005 10:30von Margot • Mitglied | 3.054 Beiträge | 3055 Punkte
Hi Rich
Ich sehe den Text eher aus der Sicht einer Frau, die ihren „Liebsten“ anklagt, weil er ihr nicht das gab, was sie sich wünschte. Der Feind in der letzten Str. kann eine Nebenbuhlerin sein. Am besten gefallen mir die 2 letzten Zeilen, die sind – für mein romantisches Gemüt – echt Klasse! Woran ich mich ein wenig störe, ist der etwas jammernde Ton, der aber durchgängig ist und daher passt. Auch die ‚ich’-Anfänge zeigen mir eher ein Bild von einem Menschen, der in seinem Ego gekränkt ist und dem Gegenüber jetzt ein schlechtes Gewissen einreden möchte. Nur, wie man nicht sagen kann, weshalb man jemanden plötzlich so liebt, kann man meist auch nicht benennen, weshalb man es dann nicht (mehr) tut.
Beste Grüsse
Margot
Ich sehe den Text eher aus der Sicht einer Frau, die ihren „Liebsten“ anklagt, weil er ihr nicht das gab, was sie sich wünschte. Der Feind in der letzten Str. kann eine Nebenbuhlerin sein. Am besten gefallen mir die 2 letzten Zeilen, die sind – für mein romantisches Gemüt – echt Klasse! Woran ich mich ein wenig störe, ist der etwas jammernde Ton, der aber durchgängig ist und daher passt. Auch die ‚ich’-Anfänge zeigen mir eher ein Bild von einem Menschen, der in seinem Ego gekränkt ist und dem Gegenüber jetzt ein schlechtes Gewissen einreden möchte. Nur, wie man nicht sagen kann, weshalb man jemanden plötzlich so liebt, kann man meist auch nicht benennen, weshalb man es dann nicht (mehr) tut.
Beste Grüsse
Margot
#4
von Richard III • | 868 Beiträge | 871 Punkte
Kapitulation
in Liebe und Leidenschaft 11.08.2005 10:44von Richard III • | 868 Beiträge | 871 Punkte
Na ihr Liebn!
Wow - ich bin ja wirklich wirklich erstaunt, was man alles so lesen kann in den paar Zeilen. Und das man es tatsächlich jeweils so lesen kann, wie ihr es last. Das hatte ich noch nicht einmal beabsichtigt.
Ich interpretierte es ganz anders: Das lyrische ich ist eine sie und das lyr. Du und das lyr. Er sind ein und dieselbe Person. Für mich ging es hier wieder um eine Liebe, die das lyr. Du gar nicht bemerkt.
Man könnte das lyr. Ich unreif nennen, vielleicht auch einfach zu schüchtern. Es kämpft seinen eigenen Krieg. Es gibt keinen Feind im eigentlichen Sinne. Der Feind ist eigentlich das lyr. Ich selbst. Aber es ist so gefangen in sich selbst, daß es das Vorbeigehen des lyr. Dus als Ablehnung empfindet, obwohl dieses doch nichts davon weiß.
Das lyr. Ich erwartet geradezu abgelehnt zu werden, deshalb auch das Siegen in der letzten Strophe.
Der jammernde Ton ist da natürlich gewollt, Margot. Das lyr. Ich sieht sich ja als Opfer.
Es freut mich sehr, daß es soviele Lesarten meiner Zeilen gibt, obwohl ich selbst gar nicht begeistert war. Und das auch nicht ohne Grund: Ich hatte eigentlich vor, die Unreflektiertheit, das Gefangensein des lyr. Ichs zu transportieren. Das ist mir wohl nur ansatzweise gelungen.
Aber es ist schön, wenn es jeweils in der unterschiedlichen Lesart gefallen konnte.
Vielen Dank.
Gruß
Richard
Wow - ich bin ja wirklich wirklich erstaunt, was man alles so lesen kann in den paar Zeilen. Und das man es tatsächlich jeweils so lesen kann, wie ihr es last. Das hatte ich noch nicht einmal beabsichtigt.
Ich interpretierte es ganz anders: Das lyrische ich ist eine sie und das lyr. Du und das lyr. Er sind ein und dieselbe Person. Für mich ging es hier wieder um eine Liebe, die das lyr. Du gar nicht bemerkt.
Man könnte das lyr. Ich unreif nennen, vielleicht auch einfach zu schüchtern. Es kämpft seinen eigenen Krieg. Es gibt keinen Feind im eigentlichen Sinne. Der Feind ist eigentlich das lyr. Ich selbst. Aber es ist so gefangen in sich selbst, daß es das Vorbeigehen des lyr. Dus als Ablehnung empfindet, obwohl dieses doch nichts davon weiß.
Das lyr. Ich erwartet geradezu abgelehnt zu werden, deshalb auch das Siegen in der letzten Strophe.
Der jammernde Ton ist da natürlich gewollt, Margot. Das lyr. Ich sieht sich ja als Opfer.
Es freut mich sehr, daß es soviele Lesarten meiner Zeilen gibt, obwohl ich selbst gar nicht begeistert war. Und das auch nicht ohne Grund: Ich hatte eigentlich vor, die Unreflektiertheit, das Gefangensein des lyr. Ichs zu transportieren. Das ist mir wohl nur ansatzweise gelungen.
Aber es ist schön, wenn es jeweils in der unterschiedlichen Lesart gefallen konnte.
Vielen Dank.
Gruß
Richard
So richtig klar wird einem die Chose aber auch mit deiner Erklärung nicht, your majesty, denn wenn es um Heimlichmeier geht, wie ist dann S2Z2 zu verstehen?
Also ich für meinen Teil kann inzwischen nichts anderes, als einen Rosenkrieg daraus lesen bzw. die schonungslose Bilanz nach einem solchen: Denn es ist ein Krieg um Liebe, die nicht mehr vorhanden ist, ein Krieg ohne Gewinner und ohne betrauerte Opfer. Es gibt nichts zu gewinnen, alle verlieren. In Strophe 2 die deutlichen Hinweise auf das gegebene Wort und die Unterschrift (auf dem Trauschein). Zeilen 3 und 4 sind in diesem, von mir gewählten Zusammenhang eine wunderbare Allegorie der Ambiguität des lyr. Ichs und die gewisse Tragik einer solchen Auseinandersetzung: Bindung und Lösung sind jeweils zwangsläufig und zugleich ein Fehler. Und dann in Strophe 3 die ganze Wucht: Selbst die vollständige Kapitulation in dieser Auseinandersetzung birgt keinen Neuanfang, sondern nur verbrannte Erde. Daher gibt in Rosenkriegen auch selten eine/r nach.
Nach anfänglichem Zögern, habe ich mich mittlerweile angefreundet. Sogar die Metrik habe ich aufgemalt, ...
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... da ich mit dem alleinstehenden 6-Heber zu Beginn nicht viel anfangen kann. Den Übergang von rein weiblichen zu rein männlichen Kadenzen empfinde ich als geglückt. Da klingt nichts mehr zum schlechten Schluss.
muh
Also ich für meinen Teil kann inzwischen nichts anderes, als einen Rosenkrieg daraus lesen bzw. die schonungslose Bilanz nach einem solchen: Denn es ist ein Krieg um Liebe, die nicht mehr vorhanden ist, ein Krieg ohne Gewinner und ohne betrauerte Opfer. Es gibt nichts zu gewinnen, alle verlieren. In Strophe 2 die deutlichen Hinweise auf das gegebene Wort und die Unterschrift (auf dem Trauschein). Zeilen 3 und 4 sind in diesem, von mir gewählten Zusammenhang eine wunderbare Allegorie der Ambiguität des lyr. Ichs und die gewisse Tragik einer solchen Auseinandersetzung: Bindung und Lösung sind jeweils zwangsläufig und zugleich ein Fehler. Und dann in Strophe 3 die ganze Wucht: Selbst die vollständige Kapitulation in dieser Auseinandersetzung birgt keinen Neuanfang, sondern nur verbrannte Erde. Daher gibt in Rosenkriegen auch selten eine/r nach.
Nach anfänglichem Zögern, habe ich mich mittlerweile angefreundet. Sogar die Metrik habe ich aufgemalt, ...
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... da ich mit dem alleinstehenden 6-Heber zu Beginn nicht viel anfangen kann. Den Übergang von rein weiblichen zu rein männlichen Kadenzen empfinde ich als geglückt. Da klingt nichts mehr zum schlechten Schluss.
muh
#6
von Richard III • | 868 Beiträge | 871 Punkte
Kapitulation
in Liebe und Leidenschaft 12.08.2005 18:43von Richard III • | 868 Beiträge | 871 Punkte
Hi Muh,
Schön! Sogar noch eine Lesart.
S2Z2 ist in meinem Zusammenhang so zu verstehen, daß das lyr. Ich glaubte etwas transportiert zu haben. Aber es glaubte es nur. Wie schon erwähnt, wollte ich hier ein lyr. Ich darstellen, daß so unreflektiert, so in sich selbst gefangen ist, daß es sich eine eigene Welt aufbaut, die mit der Wirklichkeit nichts zu tun hat. Häufig ist ein solches Phänomen bei sehr jungen Menschen zu beobachten, ebenso der starke Hang zur einer übertrieben jammervollen Dramatik.
Soviel nur zu meiner Absicht.
Dennoch freut es mich natürlich, daß du dich noch damit anfreunden konntest und eine weitere Interpretation zu den Vielen hinzugefügt hast. Was will man mehr.
Ach ja – die erste Zeile mit diesem etwas übertriebenen 6-Heber war mir sehr wichtig, um die Problematik einzuleiten: Es ist eben gerade ein Krieg der „allein“ geführt wird, ohne einen Bezug zur Außenwelt.
Danke für die Analyse.
LG Richard
Schön! Sogar noch eine Lesart.
S2Z2 ist in meinem Zusammenhang so zu verstehen, daß das lyr. Ich glaubte etwas transportiert zu haben. Aber es glaubte es nur. Wie schon erwähnt, wollte ich hier ein lyr. Ich darstellen, daß so unreflektiert, so in sich selbst gefangen ist, daß es sich eine eigene Welt aufbaut, die mit der Wirklichkeit nichts zu tun hat. Häufig ist ein solches Phänomen bei sehr jungen Menschen zu beobachten, ebenso der starke Hang zur einer übertrieben jammervollen Dramatik.
Soviel nur zu meiner Absicht.
Dennoch freut es mich natürlich, daß du dich noch damit anfreunden konntest und eine weitere Interpretation zu den Vielen hinzugefügt hast. Was will man mehr.
Ach ja – die erste Zeile mit diesem etwas übertriebenen 6-Heber war mir sehr wichtig, um die Problematik einzuleiten: Es ist eben gerade ein Krieg der „allein“ geführt wird, ohne einen Bezug zur Außenwelt.
Danke für die Analyse.
LG Richard
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