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#1
von Velazquez • | 315 Beiträge | 315 Punkte
Staub zu Staub
in Philosophisches und Grübeleien 04.11.2005 13:17von Velazquez • | 315 Beiträge | 315 Punkte
Staub zu Staub
So wenig, was dem Liebenden gelänge;
für den, der ihn nur aus der Ferne sieht,
bleibt er ein Staubkorn, klein, in einer Menge,
die mit der Masse ihre Bahnen zieht.
Zu leise tönte es, und leiser Klänge
versiegte auch, was man sich darin sagt:
Ein schwaches Rufen, das im Fortgedränge
erstickt im Weltenschmerz, der’s überklagt.
Und wie die Suchenden der Welt entschwinden,
so rinnt der Menschenstrom und auch die Zeit.
Ob’s dir, ob’s mir gelänge je zu finden,
was nach Gefundenwerden stetig schreit?
So wird die Liebe uns nur dann verbinden,
wenn wir als Staubkorn uns vom Staub befreit.
So wenig, was dem Liebenden gelänge;
für den, der ihn nur aus der Ferne sieht,
bleibt er ein Staubkorn, klein, in einer Menge,
die mit der Masse ihre Bahnen zieht.
Zu leise tönte es, und leiser Klänge
versiegte auch, was man sich darin sagt:
Ein schwaches Rufen, das im Fortgedränge
erstickt im Weltenschmerz, der’s überklagt.
Und wie die Suchenden der Welt entschwinden,
so rinnt der Menschenstrom und auch die Zeit.
Ob’s dir, ob’s mir gelänge je zu finden,
was nach Gefundenwerden stetig schreit?
So wird die Liebe uns nur dann verbinden,
wenn wir als Staubkorn uns vom Staub befreit.
#4
von Ulli Nois • | 554 Beiträge | 554 Punkte
Staub zu Staub
in Philosophisches und Grübeleien 07.11.2005 13:01von Ulli Nois • | 554 Beiträge | 554 Punkte
Lieber Velazquez,
meine Frage am Freitag war etwas dahingerotzt, weil ich wegmusste. Pardon.
Erst einmal vorweg: das Gedicht gefällt mir, gedanklich und sprachlich. Aus der Nähe betrachtet aber habe ich an den Liebenden und den Dichter ein paar Fragen.
Warum nach "gelänge" ein Komma und kein Punkt? "So wenig,was dem Liebenden gelänge." Als Intro, als These, als Seufzer fände ich das einen pointierten Einstieg.
Dann geht es weiter mit dem Liebenden. Wie nah kann ich einem Liebenden kommen? Selbst die/der Geliebte blicken oft ziemlich fern auf den Liebenden, v.a. wenn er anders liebt, als sie sich das vorstellen. Soweit verstehe ich also, dass die einzelne Liebe in der Menge und Masse untergeht. (Nicht so elegant finde ich das doppelte "nur" und eine "Menge", die mit der "Masse" zieht, hat auch etwas Tautologisches.)
Den ersten Vers der 2.Strophe verstehe ich syntaktisch nicht - worauf bezieht sich der Genetiv "leiser Klänge"? Ist es das Staubkorn, das leise tönt und wenn es noch leiser klänge, versiegte? Dann verstehe ich: Der stille Liebesruf wird vom lauten Weltenschmerz überklagt. Meine Frage dazu: an wen geht dieser Ruf eigentlich: an eine(n) Geliebte(n)oder an die ganze Welt?
Den Terzetten entnehme ich, dass der Liebende ein Suchender ist, dessen Zeit läuft. Der Liebende sucht offenbar etwas zu finden, was unbedingt gefunden werden will. Auch dies ist etwas vage. Nach meiner Erfahrung findet die Liebe immer, eben weil sie die Liebe ist. Sie sucht nicht kleine Interessen zu befriedigen. Sie verbindet sich mit allem. Ist sie allerdings nur ein Staubkorn, d.h. eine kleine Ichgier, dann hälfe es ihr sicher, diesen Staub abzuschütteln.
So verstehe ich dein Ende. Das Staubkorn, das den Staub abschüttelt, ist eigentlich nichts mehr. Und damit alles.
Staub zu Staub. Das könnte ein gutes Lebensmotto sein für den endlosen Prozess des Abschüttelns.
Danke für dein Gedicht.
Ulli Nois.
meine Frage am Freitag war etwas dahingerotzt, weil ich wegmusste. Pardon.
Erst einmal vorweg: das Gedicht gefällt mir, gedanklich und sprachlich. Aus der Nähe betrachtet aber habe ich an den Liebenden und den Dichter ein paar Fragen.
Warum nach "gelänge" ein Komma und kein Punkt? "So wenig,was dem Liebenden gelänge." Als Intro, als These, als Seufzer fände ich das einen pointierten Einstieg.
Dann geht es weiter mit dem Liebenden. Wie nah kann ich einem Liebenden kommen? Selbst die/der Geliebte blicken oft ziemlich fern auf den Liebenden, v.a. wenn er anders liebt, als sie sich das vorstellen. Soweit verstehe ich also, dass die einzelne Liebe in der Menge und Masse untergeht. (Nicht so elegant finde ich das doppelte "nur" und eine "Menge", die mit der "Masse" zieht, hat auch etwas Tautologisches.)
Den ersten Vers der 2.Strophe verstehe ich syntaktisch nicht - worauf bezieht sich der Genetiv "leiser Klänge"? Ist es das Staubkorn, das leise tönt und wenn es noch leiser klänge, versiegte? Dann verstehe ich: Der stille Liebesruf wird vom lauten Weltenschmerz überklagt. Meine Frage dazu: an wen geht dieser Ruf eigentlich: an eine(n) Geliebte(n)oder an die ganze Welt?
Den Terzetten entnehme ich, dass der Liebende ein Suchender ist, dessen Zeit läuft. Der Liebende sucht offenbar etwas zu finden, was unbedingt gefunden werden will. Auch dies ist etwas vage. Nach meiner Erfahrung findet die Liebe immer, eben weil sie die Liebe ist. Sie sucht nicht kleine Interessen zu befriedigen. Sie verbindet sich mit allem. Ist sie allerdings nur ein Staubkorn, d.h. eine kleine Ichgier, dann hälfe es ihr sicher, diesen Staub abzuschütteln.
So verstehe ich dein Ende. Das Staubkorn, das den Staub abschüttelt, ist eigentlich nichts mehr. Und damit alles.
Staub zu Staub. Das könnte ein gutes Lebensmotto sein für den endlosen Prozess des Abschüttelns.
Danke für dein Gedicht.
Ulli Nois.
#5
von kein Name angegeben • ( Gast )
Staub zu Staub
in Philosophisches und Grübeleien 07.11.2005 14:18von kein Name angegeben • ( Gast )
Hi Vel,
ich lese in Deinem Gedicht eindeutig heraus, dass man, um als Suchender, die Liebe finden zu können, sehr klein sein muss. Ein Staubkorn, dass sich jedem anderen Staubkorn ebenbürdig ist. So bescheiden und ohne große Vorurteile ist es fähig wohl die Liebe zu erkennen und nicht das, was es sich als Ego wünscht. Es liebt einfach bedingungslos und seine Liebe in ihrer vollen Gestalt.
Fühlst Du Dich schwach und verletzbar, steckt viel Liebe in Dir. Der ewig Gebende, der nicht nach den Dingen verlangt, sondern genießt, was er geschenkt bekommt. Aufopfernd sind die Liebenden und demnach klein im Stolz der Mengen, aber groß an HERZ!!!
Wunderschön melancholisch. Hab es gerne gelesen Vel, wenn auch Ullis Beobachtungen durchaus nachvollziehbar sind, sind sie mir nicht so deutlich aufgefallen, weil mich der Inhalt sehr nachdenklich stimmte!
Lieben Gruß
Süßchen
ich lese in Deinem Gedicht eindeutig heraus, dass man, um als Suchender, die Liebe finden zu können, sehr klein sein muss. Ein Staubkorn, dass sich jedem anderen Staubkorn ebenbürdig ist. So bescheiden und ohne große Vorurteile ist es fähig wohl die Liebe zu erkennen und nicht das, was es sich als Ego wünscht. Es liebt einfach bedingungslos und seine Liebe in ihrer vollen Gestalt.
Fühlst Du Dich schwach und verletzbar, steckt viel Liebe in Dir. Der ewig Gebende, der nicht nach den Dingen verlangt, sondern genießt, was er geschenkt bekommt. Aufopfernd sind die Liebenden und demnach klein im Stolz der Mengen, aber groß an HERZ!!!
Wunderschön melancholisch. Hab es gerne gelesen Vel, wenn auch Ullis Beobachtungen durchaus nachvollziehbar sind, sind sie mir nicht so deutlich aufgefallen, weil mich der Inhalt sehr nachdenklich stimmte!
Lieben Gruß
Süßchen
#6
von Velazquez • | 315 Beiträge | 315 Punkte
Staub zu Staub
in Philosophisches und Grübeleien 07.11.2005 20:50von Velazquez • | 315 Beiträge | 315 Punkte
Hallo Ulli,
vorab erst auch einmal ein herzliches Willkommen von mir.
Schön, dass dir die Zeilen zusagen. Deine Interpretation geht schon in die richtige Richtung, ich möchte aber gerade nichts weiter dazu erklären. Später vielleicht .
Deine Kritikpunkte habe ich aufgenommen und auch schon einige Änderungen dahingehend überdacht. D.h. ich hatte auch einiges vor deinem Beitrag schon wieder geändert. Die Interpunktion die du vorschlägst in V1, würde mir gefallen, statt dem Punkt aber als Semikolon. Das Tautologische in Strophe 1 ist für mich zwar erkennbar, aber eigentlich wollte ich eine Steigerung erzielen. Zuerst das einzelne Staubkorn, dann eine Menge, also viele einzelne, dann die Masse, bei der das Individuum nicht mehr erkennbar ist. Ich stelle mir dabei ein pointilistisches Gemälde vor, bei dem zuerst der farbige Punkt, in grösserem Ausschnitt viele, und nachher von weitem die Masse in nur einer wahrgenommenen Farbe aufgeht. Nachvollziehbar?
Ok, darüberhinaus versiegt das, was man sich darin (der Masse) eben sagt. Wird ja übertönt. So viel dazu. Ich hoffe du kannst damit (und mit der neueren Version des Textes) etwas anfangen .
@Süßchen:
Auch dir vielen Dank für deine Zeilen. Schön, wenn's gefällt und dich nachdenklich machte. Ansonsten, s.o.
LG, Vel
Ursprgl. Version:
So wenig, was dem Liebenden gelänge,
für den, der ihn nur aus der Ferne sieht,
bleibt nur ein Staubkorn, klein, in einer Menge,
die mit der Masse ihre Bahnen zieht.
Zu leise tönte es, und leiser Klänge
versiegte auch, was man sich darin sagt,
ein stilles Rufen, tief aus dem Gedränge,
erstickt vom Weltenschmerz, der’s überklagt.
Und wie die Suchenden der Welt entschwinden,
so rinnt der Menschenstrom und auch die Zeit.
Ob’s dir, ob’s mir gelänge je zu finden,
was nach Gefundenwerden stetig schreit?
Vielleicht wird Liebe uns nur dann verbinden,
wenn wir als Staubkorn uns vom Staub befreit.
vorab erst auch einmal ein herzliches Willkommen von mir.
Schön, dass dir die Zeilen zusagen. Deine Interpretation geht schon in die richtige Richtung, ich möchte aber gerade nichts weiter dazu erklären. Später vielleicht .
Deine Kritikpunkte habe ich aufgenommen und auch schon einige Änderungen dahingehend überdacht. D.h. ich hatte auch einiges vor deinem Beitrag schon wieder geändert. Die Interpunktion die du vorschlägst in V1, würde mir gefallen, statt dem Punkt aber als Semikolon. Das Tautologische in Strophe 1 ist für mich zwar erkennbar, aber eigentlich wollte ich eine Steigerung erzielen. Zuerst das einzelne Staubkorn, dann eine Menge, also viele einzelne, dann die Masse, bei der das Individuum nicht mehr erkennbar ist. Ich stelle mir dabei ein pointilistisches Gemälde vor, bei dem zuerst der farbige Punkt, in grösserem Ausschnitt viele, und nachher von weitem die Masse in nur einer wahrgenommenen Farbe aufgeht. Nachvollziehbar?
Ok, darüberhinaus versiegt das, was man sich darin (der Masse) eben sagt. Wird ja übertönt. So viel dazu. Ich hoffe du kannst damit (und mit der neueren Version des Textes) etwas anfangen .
@Süßchen:
Auch dir vielen Dank für deine Zeilen. Schön, wenn's gefällt und dich nachdenklich machte. Ansonsten, s.o.
LG, Vel
Ursprgl. Version:
So wenig, was dem Liebenden gelänge,
für den, der ihn nur aus der Ferne sieht,
bleibt nur ein Staubkorn, klein, in einer Menge,
die mit der Masse ihre Bahnen zieht.
Zu leise tönte es, und leiser Klänge
versiegte auch, was man sich darin sagt,
ein stilles Rufen, tief aus dem Gedränge,
erstickt vom Weltenschmerz, der’s überklagt.
Und wie die Suchenden der Welt entschwinden,
so rinnt der Menschenstrom und auch die Zeit.
Ob’s dir, ob’s mir gelänge je zu finden,
was nach Gefundenwerden stetig schreit?
Vielleicht wird Liebe uns nur dann verbinden,
wenn wir als Staubkorn uns vom Staub befreit.
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