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#1
von Mattes • | 1.141 Beiträge | 1141 Punkte
Existenz und Freiheit
in Philosophisches und Grübeleien 21.11.2005 13:44von Mattes • | 1.141 Beiträge | 1141 Punkte
Existenz und Freiheit
Entweder - Oder
Kontrolle der Zelle. Nur Ruhe bewahren,
im Kopf sind die Pläne doch bestens versteckt.
Es hat einen Ausbruch in so vielen Jahren
rechtschaffenen Handelns noch niemand entdeckt:
Kein Häftling bei Trost wird sich selbst offenbaren.
Es klingt paradox, dass wir uns unbeleckt
gemeinsam mit Dieben und Mördern verwahren,
am Ende der Zeit und mit Erde bedeckt.
Anstatt jene Freiheit sofort zu erfahren,
regiert uns die Angst, bis die Hoffnung verreckt.
Du glaubst, diese Wahrheit kann Gott dir ersparen?
Entweder - Oder
Kontrolle der Zelle. Nur Ruhe bewahren,
im Kopf sind die Pläne doch bestens versteckt.
Es hat einen Ausbruch in so vielen Jahren
rechtschaffenen Handelns noch niemand entdeckt:
Kein Häftling bei Trost wird sich selbst offenbaren.
Es klingt paradox, dass wir uns unbeleckt
gemeinsam mit Dieben und Mördern verwahren,
am Ende der Zeit und mit Erde bedeckt.
Anstatt jene Freiheit sofort zu erfahren,
regiert uns die Angst, bis die Hoffnung verreckt.
Du glaubst, diese Wahrheit kann Gott dir ersparen?
#2
von Wilhelm Pfusch • Administrator | 2.006 Beiträge | 2043 Punkte
Existenz und Freiheit
in Philosophisches und Grübeleien 21.11.2005 17:15von Wilhelm Pfusch • Administrator | 2.006 Beiträge | 2043 Punkte
Hallöchen, Muh
im ersten Moment dachte ich du wärst auf dem Justiz-Trip (wegen deinem vor kurzem veröffentlichten Gedicht Richtung...), aber nach genauerem Lesen habe ich mich getäuscht.
Zu erst einmal ist natürlich der durchgängige -ahren/eckt Reim ein kleines handwerkliches Meisterstück (bis auf das schustrige "unbeleckt")
Noch besser aber ist die Idee, die hinter diesem Gedicht steckt. Das Grab als Gefängnis zu sehen aus dem es (verständlichereweise) keine Ausbrüche gibt ist eine tolle Idee. Und Häftlinge sind wir ja alle, denn wer hätte nicht gesündigt?
Die bittere Wahrheit, dass die Hoffnung auf die Auferstehung und das Paradies allein auf der unerbittlichen Unausweichlichkeit des Todes beruht, rufe ich mir gerne ins Gedächtnis. wenn von Glauben die Rede ist...
Kurz gesagt: Es gefällt mir wie der Leser dazu gebracht wird über den Brauch des Begräbnisses zu sinnieren und die darin lauernden Ungereimtheiten zu erkennen.
Der einzige Ausweg aus diesem Dilemma wäre also ein Ausbruch, da muss sich der Leser sofort auf die Frage stürzen, wie er denn ausbrechen könnte, aber das wird nicht verraten...
Unernstes PS: Wenn man das lyrIch als Verkünder der Wahrheit sieht, und es in der letzten Zeile heisst "Du glaubst, diese Wahrheit kann Gott dir ersparen?", wer ist dann wohl Gott?
Gefällt mir sehr gut, danke dafür
Willi
im ersten Moment dachte ich du wärst auf dem Justiz-Trip (wegen deinem vor kurzem veröffentlichten Gedicht Richtung...), aber nach genauerem Lesen habe ich mich getäuscht.
Zu erst einmal ist natürlich der durchgängige -ahren/eckt Reim ein kleines handwerkliches Meisterstück (bis auf das schustrige "unbeleckt")
Noch besser aber ist die Idee, die hinter diesem Gedicht steckt. Das Grab als Gefängnis zu sehen aus dem es (verständlichereweise) keine Ausbrüche gibt ist eine tolle Idee. Und Häftlinge sind wir ja alle, denn wer hätte nicht gesündigt?
Die bittere Wahrheit, dass die Hoffnung auf die Auferstehung und das Paradies allein auf der unerbittlichen Unausweichlichkeit des Todes beruht, rufe ich mir gerne ins Gedächtnis. wenn von Glauben die Rede ist...
Kurz gesagt: Es gefällt mir wie der Leser dazu gebracht wird über den Brauch des Begräbnisses zu sinnieren und die darin lauernden Ungereimtheiten zu erkennen.
Der einzige Ausweg aus diesem Dilemma wäre also ein Ausbruch, da muss sich der Leser sofort auf die Frage stürzen, wie er denn ausbrechen könnte, aber das wird nicht verraten...
Unernstes PS: Wenn man das lyrIch als Verkünder der Wahrheit sieht, und es in der letzten Zeile heisst "Du glaubst, diese Wahrheit kann Gott dir ersparen?", wer ist dann wohl Gott?
Gefällt mir sehr gut, danke dafür
Willi
#4
von Wilhelm Pfusch • Administrator | 2.006 Beiträge | 2043 Punkte
Existenz und Freiheit
in Philosophisches und Grübeleien 21.11.2005 17:47von Wilhelm Pfusch • Administrator | 2.006 Beiträge | 2043 Punkte
Du wirst es nicht glauben, ich kannte dieses vermaledeite Wort nicht und habe es wörtlich genommen... wir Schwaben würden eher o'bschlotzt sagen
Trotzdem, wo du das unbefleckt ansprichst, so wie ich das sehe würde dies im Gegensatz zu Dieben und Mördern noch einmal eine feine Nuance geben....und unbefleckte, also völlig reine Seelen müssten trotzdem mit den Dieben warten, das gäbe der Theorie noch mehr Grausamkeit.
Ausserdem klingt es schöner, lauter Argumente dafür ....
Willi
Trotzdem, wo du das unbefleckt ansprichst, so wie ich das sehe würde dies im Gegensatz zu Dieben und Mördern noch einmal eine feine Nuance geben....und unbefleckte, also völlig reine Seelen müssten trotzdem mit den Dieben warten, das gäbe der Theorie noch mehr Grausamkeit.
Ausserdem klingt es schöner, lauter Argumente dafür ....
Willi
#5
von Mattes • | 1.141 Beiträge | 1141 Punkte
Existenz und Freiheit
in Philosophisches und Grübeleien 21.11.2005 18:01von Mattes • | 1.141 Beiträge | 1141 Punkte
Hmm, das schustrige sei dir verziehen. Allerdings, auch wenn ich nichts dagegen habe, dass du unbefleckt lieber lesen magst, werde ich es eher nicht austauschen, da es die Aussage (welche auch immer! ) meiner Meinung nach nicht nur um Nuancen verändert. Das Unbeleckte ist in diesem Kontext als Fehlform der Selbstverwirklichung und daher als eine Art Sünde zu sehen.
Mattes
Mattes
#6
von Ulli Nois • | 554 Beiträge | 554 Punkte
Existenz und Freiheit
in Philosophisches und Grübeleien 21.11.2005 18:32von Ulli Nois • | 554 Beiträge | 554 Punkte
Halloo Mattes,
ich sinniere schon einige Zeit über deine Strophen. Sprachlich-musikalisch hast du mich (bis auf den etwas holperigen Einstiegsvers zur 2. Strophe) schon überzeugt.
Auch den Grundgedanken glaube ich nachvollziehen zu können:
Ausbruch sofort! Auch wenns gefährlich ist. Statt die Ausbruchspläne ewig aufzuschieben, ängstlich rechtschaffen zu sein, und am Ende mit "reiner Weste" in dieselbe Kiste zu kommen, in die auch Diebe und Mörder gelegt werden. Aber so ganz sicher bin ich mir nicht...
Das liegt - nach meinem Sprachgefühl - vor allem daran, dass die Ironie der ersten Strophe nicht deutlich rüberkommt. Die Häftlinge, die ihren Plan nicht verraten, haben ja auf den ersten Blick etwas Sympathisches.
Gott kommt auch etwas unvermittelt ins Spiel. Ich reime mir das so zusammen: Ein Gläubiger, der sich mit Rechtschaffenheit durchs Leben mogelt, wird von jedem Gott zu hören kriegen, dass er seine Freiheit nicht genutzt hat. Wenn er nicht zu Lebzeiten aus seinem Gefängnis ausbrechen konnte, bleibt zudem die Frage, ob ihm dies nach dem Tod gelingt. Viele Religionen haben daran erhebliche Zweifel...
Alles falsch?
Du siehst, deine Verse haben mich jedenfalls sehr angeregt, vielleicht kannst du mir noch etwas auf die Sprünge helfen.
Beste Grüße
Ulli.
ich sinniere schon einige Zeit über deine Strophen. Sprachlich-musikalisch hast du mich (bis auf den etwas holperigen Einstiegsvers zur 2. Strophe) schon überzeugt.
Auch den Grundgedanken glaube ich nachvollziehen zu können:
Ausbruch sofort! Auch wenns gefährlich ist. Statt die Ausbruchspläne ewig aufzuschieben, ängstlich rechtschaffen zu sein, und am Ende mit "reiner Weste" in dieselbe Kiste zu kommen, in die auch Diebe und Mörder gelegt werden. Aber so ganz sicher bin ich mir nicht...
Das liegt - nach meinem Sprachgefühl - vor allem daran, dass die Ironie der ersten Strophe nicht deutlich rüberkommt. Die Häftlinge, die ihren Plan nicht verraten, haben ja auf den ersten Blick etwas Sympathisches.
Gott kommt auch etwas unvermittelt ins Spiel. Ich reime mir das so zusammen: Ein Gläubiger, der sich mit Rechtschaffenheit durchs Leben mogelt, wird von jedem Gott zu hören kriegen, dass er seine Freiheit nicht genutzt hat. Wenn er nicht zu Lebzeiten aus seinem Gefängnis ausbrechen konnte, bleibt zudem die Frage, ob ihm dies nach dem Tod gelingt. Viele Religionen haben daran erhebliche Zweifel...
Alles falsch?
Du siehst, deine Verse haben mich jedenfalls sehr angeregt, vielleicht kannst du mir noch etwas auf die Sprünge helfen.
Beste Grüße
Ulli.
#7
von Mattes • | 1.141 Beiträge | 1141 Punkte
Existenz und Freiheit
in Philosophisches und Grübeleien 21.11.2005 21:36von Mattes • | 1.141 Beiträge | 1141 Punkte
Zitat: |
Ulli Nois schrieb am 21.11.2005 18:32 Uhr: Alles falsch? |
Hi Ulli!
Nöö, eigentlich und uneigentlich alles ziemlich richtig gedacht, auch wenn dir der Schlüssel noch fehlen mag. Ich freue mich, dass dich das Gedicht angeregt hat, mehr kann man sich doch sowieso nicht wünschen. Für mich zeigt sich immer wieder, dass, wenn man selbst ein klares Bild hat, was man schreiben will und so ziemlich auch dabei bleibt, ergibt sich zumindest eine gewisse Interpretationsfähigkeit, auch wenn ich selbst regelmäßig am überraschtesten bin.
Warum es eingangs der Strophe 2 für dich holpert, bleibt aus meiner Sicht dein Geheimnis aber um so schöner, wenn es dich dennoch nicht abgestoßen hat. Vielen Dank für deine Überlegungen, die ich den meinen anfüge.
Digitally Yours
Mattes
#8
von Ulli Nois • | 554 Beiträge | 554 Punkte
Existenz und Freiheit
in Philosophisches und Grübeleien 22.11.2005 14:07von Ulli Nois • | 554 Beiträge | 554 Punkte
Freue mich, dass ich nicht ganz danebengelegen habe. Komme dem Gedanken auch mit jedem neuen Lesen noch ein bißchen näher, und finde ihn gut.
Der besagte Vers ist für mich deshalb holperig, weil ich ihn so lese: "Es KLINGT paraDOX dass wir UNS unbeLECKT". Da ich "unbeleckt" auf der 1. Silbe betone und auf der 3. Silbe nur einen Nebenheber habe, geriet ich ins Stolpern...
Grüße
Ulli
Der besagte Vers ist für mich deshalb holperig, weil ich ihn so lese: "Es KLINGT paraDOX dass wir UNS unbeLECKT". Da ich "unbeleckt" auf der 1. Silbe betone und auf der 3. Silbe nur einen Nebenheber habe, geriet ich ins Stolpern...
Grüße
Ulli
#9
von Margot • Mitglied | 3.054 Beiträge | 3055 Punkte
Existenz und Freiheit
in Philosophisches und Grübeleien 22.11.2005 14:13von Margot • Mitglied | 3.054 Beiträge | 3055 Punkte
Ich darf mal zitieren?
Søren Kierkegard ist einer der frühesten
Denker der Existenz-Philosophie,
auf deren Grundlagen die Gestalttherapie aufbaut.
Kierkegard betonte, modern gesagt, die
Eigenverantwortlichkeit des Menschen
indem er seine Unabhängigkeit von
Gott herausstellt, der für ihn unerreichbar ist.
In seinem realen Leben erreichte Kierkegard nie die heimlich angebetete Frau.
Gleichwohl gilt er als der Dandy unter den Philosophen.
Søren Kierkegard ist einer der frühesten
Denker der Existenz-Philosophie,
auf deren Grundlagen die Gestalttherapie aufbaut.
Kierkegard betonte, modern gesagt, die
Eigenverantwortlichkeit des Menschen
indem er seine Unabhängigkeit von
Gott herausstellt, der für ihn unerreichbar ist.
In seinem realen Leben erreichte Kierkegard nie die heimlich angebetete Frau.
Gleichwohl gilt er als der Dandy unter den Philosophen.
#10
von Mattes • | 1.141 Beiträge | 1141 Punkte
Existenz und Freiheit
in Philosophisches und Grübeleien 22.11.2005 15:03von Mattes • | 1.141 Beiträge | 1141 Punkte
Du und deine rhetorischen Fragen.
Über Kierkegaards Dandytum sagt das Gedicht gar nichts. Ich weiß auch nicht, welche heimlich angebetete Frau er etwa nicht bekommen hätte, ich las und hörte nur, dass er trotz (oder wegen? ) seiner Frömmigkeit ein ziemliches Schwein gewesen sein soll.
Inspiriert wurde ich aber durch Artikel zum 150. Todestag Kierkegaards, deren einer sich mit der Frage der Bezogenheit menschlicher Freiheit auf Gott beschäftigte. Kierkegaard war nicht nur Philosoph, sondern auch Theologe. Die von dir zitierte Unabhängigkeit von Gott kann ich daher nicht erkennen. Ich kenne aber auch wirklich zu wenig, um mir ein Urteil erlauben zu können.
Grüße
Mattes
P.S.: Mit Gestalttherapie hat das Gedicht auch nichts zu tun.
Über Kierkegaards Dandytum sagt das Gedicht gar nichts. Ich weiß auch nicht, welche heimlich angebetete Frau er etwa nicht bekommen hätte, ich las und hörte nur, dass er trotz (oder wegen? ) seiner Frömmigkeit ein ziemliches Schwein gewesen sein soll.
Inspiriert wurde ich aber durch Artikel zum 150. Todestag Kierkegaards, deren einer sich mit der Frage der Bezogenheit menschlicher Freiheit auf Gott beschäftigte. Kierkegaard war nicht nur Philosoph, sondern auch Theologe. Die von dir zitierte Unabhängigkeit von Gott kann ich daher nicht erkennen. Ich kenne aber auch wirklich zu wenig, um mir ein Urteil erlauben zu können.
Grüße
Mattes
P.S.: Mit Gestalttherapie hat das Gedicht auch nichts zu tun.
#11
von kein Name angegeben • ( Gast )
Existenz und Freiheit
in Philosophisches und Grübeleien 22.11.2005 17:19von kein Name angegeben • ( Gast )
Hallo alle zusammen!
Habe schon häufig im Tümpel gelesen, doch das gedicht von mattes hat mich jetzt veranlaßt, hier mal ab und zu mitzutun.
Also zum Werk:
Zeile 1/2
Zelle, der Organismus, der einzigartig ist in Zusammensetzung und Funktion. Von aussen nicht sichtbar, was innen passiert, deshalb alles gut versteckt, da nur das Äußere/Gesamte wahrgenommen wird. Was innen brodelt, bleibt unerkannt.
Zeile3/4/5
Bei normaler, vorgeschriebener Funktion bleiben Abweichungen unentdeckt. Der Kern der Zelle ist in der Membran gefangen, d.h. pflichtbewußtes Erfüllen seiner Aufgabe ohne Preisgabe von latenter Entartung.
Zeile6/7
Der Kern zu Beginn seiner Funktion, d.h. der Mensch am Anfang seines Lebens, lebt bedingterweise mit anderen Zellbestandteilen(Diebe und Mörder), d.h. der Mensch lebt mit Illusionsräubern und Persönlichkeitsmördern, die ihn sein Leben lang begleiten.
Zeile8
Mit der Zeit kommen Erfahrung, Weisheit, Erkenntnis, die Freiheit des Menschen bedeuten, doch da ist die Funktion.
Zeile9/10
Die Angst vor der Freiheit bestimmt die Funktion des Menschen. Die Hoffnung stirbt, wenn der Mensch das erkennt.
Zeile11
Der Glaube an Gott verhindert nicht die Erkenntnis des eigenen Seins und der nicht gelebten Freiheit.
Hallo Mattes!
Tiefgehendes Gedicht über die Erkenntnis menschlicher Existenz. Was bringt uns die Erkenntnis. Vielen dank für deine anregenden Worte. Habe ich gern gelesen.
Grüße
Stümperliese
Habe schon häufig im Tümpel gelesen, doch das gedicht von mattes hat mich jetzt veranlaßt, hier mal ab und zu mitzutun.
Also zum Werk:
Zeile 1/2
Zelle, der Organismus, der einzigartig ist in Zusammensetzung und Funktion. Von aussen nicht sichtbar, was innen passiert, deshalb alles gut versteckt, da nur das Äußere/Gesamte wahrgenommen wird. Was innen brodelt, bleibt unerkannt.
Zeile3/4/5
Bei normaler, vorgeschriebener Funktion bleiben Abweichungen unentdeckt. Der Kern der Zelle ist in der Membran gefangen, d.h. pflichtbewußtes Erfüllen seiner Aufgabe ohne Preisgabe von latenter Entartung.
Zeile6/7
Der Kern zu Beginn seiner Funktion, d.h. der Mensch am Anfang seines Lebens, lebt bedingterweise mit anderen Zellbestandteilen(Diebe und Mörder), d.h. der Mensch lebt mit Illusionsräubern und Persönlichkeitsmördern, die ihn sein Leben lang begleiten.
Zeile8
Mit der Zeit kommen Erfahrung, Weisheit, Erkenntnis, die Freiheit des Menschen bedeuten, doch da ist die Funktion.
Zeile9/10
Die Angst vor der Freiheit bestimmt die Funktion des Menschen. Die Hoffnung stirbt, wenn der Mensch das erkennt.
Zeile11
Der Glaube an Gott verhindert nicht die Erkenntnis des eigenen Seins und der nicht gelebten Freiheit.
Hallo Mattes!
Tiefgehendes Gedicht über die Erkenntnis menschlicher Existenz. Was bringt uns die Erkenntnis. Vielen dank für deine anregenden Worte. Habe ich gern gelesen.
Grüße
Stümperliese
#12
von Mattes • | 1.141 Beiträge | 1141 Punkte
Existenz und Freiheit
in Philosophisches und Grübeleien 23.11.2005 11:01von Mattes • | 1.141 Beiträge | 1141 Punkte
Hallo Liese!
Also so stümperhaft kann ich deine Interpretation nicht finden, im Gegenteil. Vor allem danke ich dir, dass du die Zelle erkannt und die Gefängnis-Metapher gedeutet hast. Allerdings wird das selbstgewählte Gefängnis von allen zu stark empfunden oder ich habe das Bild zu stark auf Unfreiwilligkeit gemalt. Es geht in diesem Gedicht um den Gedanken der Existenzphilosophie, dass das Sein das Bewußtsein bestimmt und jede Existenz sich aus der Essenz erklärt. Jeder muss sich seinen eigenen Plan machen, es gibt keine übergreifende Erklärung für unser aller Sein. Das wäre ein angenehmes Gefängnis, in dem man es sich gemütlich machen könnte, da es uns der Verantwortung enthöbe, eine Daseinserklärung/-berechtigung für uns selbst zu finden.
Auch wenn Kierkegaard als Begründer der E.-Philosophie gilt, so hat er doch alles sehr stark auf Gott bezogen, insofern kommt Gott hier nicht so ganz unvermittelt ins Spiel. Auch wenn Kierkegaard von jedermann eine Selbstverwirklichung erwartete, so sah er die menschliche Freiheit durch den Eigenanspruch der Triebe einerseits und durch die Flucht in die Phantasie andererseits als gefährdet an. Solches sah er als Fehlformen der Selbstverwirklichung und geißelte diese als „Sünde“. Er als Auserwählter, als Übermensch war von Gott ausersehen, zu leiden, geopfert zu werden, damit die Idee hervortreten kann...
Man sieht also, dass selbst Leute mit einem ziemlichen Hau mitunter große Denkleistungen zustande bringen, weil Chemie und Wahnsinn eben nah beieinander liegen.
Bei aller Bezogenheit auf Gott - und der olle Sören hatte da wirklich genug von – muss man ihm aber zugute halten, dass er den Glauben eben gerade nicht als Entschuldigung für die Erkenntnisverweigerung akzeptierte, was die letzte Zeile ausdrücken sollte und dir ja auch tat.
Danke für dein Feedback, hat mich sehr gefreut.
Mattes
Also so stümperhaft kann ich deine Interpretation nicht finden, im Gegenteil. Vor allem danke ich dir, dass du die Zelle erkannt und die Gefängnis-Metapher gedeutet hast. Allerdings wird das selbstgewählte Gefängnis von allen zu stark empfunden oder ich habe das Bild zu stark auf Unfreiwilligkeit gemalt. Es geht in diesem Gedicht um den Gedanken der Existenzphilosophie, dass das Sein das Bewußtsein bestimmt und jede Existenz sich aus der Essenz erklärt. Jeder muss sich seinen eigenen Plan machen, es gibt keine übergreifende Erklärung für unser aller Sein. Das wäre ein angenehmes Gefängnis, in dem man es sich gemütlich machen könnte, da es uns der Verantwortung enthöbe, eine Daseinserklärung/-berechtigung für uns selbst zu finden.
Auch wenn Kierkegaard als Begründer der E.-Philosophie gilt, so hat er doch alles sehr stark auf Gott bezogen, insofern kommt Gott hier nicht so ganz unvermittelt ins Spiel. Auch wenn Kierkegaard von jedermann eine Selbstverwirklichung erwartete, so sah er die menschliche Freiheit durch den Eigenanspruch der Triebe einerseits und durch die Flucht in die Phantasie andererseits als gefährdet an. Solches sah er als Fehlformen der Selbstverwirklichung und geißelte diese als „Sünde“. Er als Auserwählter, als Übermensch war von Gott ausersehen, zu leiden, geopfert zu werden, damit die Idee hervortreten kann...
Man sieht also, dass selbst Leute mit einem ziemlichen Hau mitunter große Denkleistungen zustande bringen, weil Chemie und Wahnsinn eben nah beieinander liegen.
Bei aller Bezogenheit auf Gott - und der olle Sören hatte da wirklich genug von – muss man ihm aber zugute halten, dass er den Glauben eben gerade nicht als Entschuldigung für die Erkenntnisverweigerung akzeptierte, was die letzte Zeile ausdrücken sollte und dir ja auch tat.
Danke für dein Feedback, hat mich sehr gefreut.
Mattes
#13
von GerateWohl • Mitglied | 2.015 Beiträge | 2015 Punkte
Existenz und Freiheit
in Philosophisches und Grübeleien 23.11.2005 11:51von GerateWohl • Mitglied | 2.015 Beiträge | 2015 Punkte
Hallo Mattes,
ja, so muss ein Gedicht aussehen. Dann klappt's auch mit dem Daktylus.
Gefangenheit in einem beklemmendem Wertesystem aus Angst, voller Vorurteile. Und alles fällt auf den Menschen selbst zurück.
Die Reime sind gut, der Gedanke ist reich, die Bilder reissen mich mit. Ein toller Zweistropher. Ich mag die Teile. Das besonders.
Grüße
GerateWohl
ja, so muss ein Gedicht aussehen. Dann klappt's auch mit dem Daktylus.
Gefangenheit in einem beklemmendem Wertesystem aus Angst, voller Vorurteile. Und alles fällt auf den Menschen selbst zurück.
Die Reime sind gut, der Gedanke ist reich, die Bilder reissen mich mit. Ein toller Zweistropher. Ich mag die Teile. Das besonders.
Grüße
GerateWohl
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