#1

Gobelin

in Mythologisches und Religiöses 20.12.2005 15:26
von Richard III | 868 Beiträge | 871 Punkte
Mit Wehmut nur gedenke ich des wilden Wahnsinns jener Tage,
der mich furchtsam drohend liebte und in fest vernähte Netze hüllte,
der mich freiend zum Verzehr anpries und dennoch tugendhaft erfüllte:
Ich webte mir ein Märchen, eine, ferner Zeit geraubte Sage.

Voll Inbrunst wollte ich das alte, fein verwebte Bild verehren,
das gleich einem süßen Zaubertrank, mir die ersehnte Jugend schenkte,
das mich schauernd rührte, mein Verlangen mir mit bloßem Blendwerk lenkte:
Ich knüpfte diese Fäden, jene, die nicht glaubten zu bekehren.

Mit wenig Trauer prüfe ich die Tapisserie der Geschichten,
die in bunt verstrickten Farben dieses imitierte Leben zeugen,
die mich dionysisch porträtieren und sich keinem Willen beugen -
Doch überlass ich gerne nun Vernunftbegabteren das Dichten.

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#2

Gobelin

in Mythologisches und Religiöses 20.12.2005 18:41
von GerateWohl • Mitglied | 2.015 Beiträge | 2015 Punkte
Hallo Ric,

also, das Ich webte sich hier einst einen Wandteppich. Der zeigt als Motiv die alte Geschichte des Ich, allerdings ist es ein Märchen, das sich das Ich da zusammengewebt hat. Das Ich scheint heute wesentlich abgeklärter und fern den Märchen zu sein und sein altes Verhalten als "unvernünftig" abzutun.
Mich verwirrt, dass das Ich zu Beginn der ersten Strophe voll Wehmut jener alten Tage gedenkt, in der dritten Strophe aber "mit wenig Trauer" die Geschichten des Teppichs betrachtet. Das passt nach meinem Empfinden nicht so recht zusammen, es sei denn Du unterscheidest hier strikt zwischen dem Erleben der Geschichte und dem Weben des Teppichs. Das Weben des Teppichs wird in dem letzten Vers mit Dichten gleichgesetzt. Das würde diese Trennung stützen. Aber wieso sollte man beim Erinnern an Erlebnisse anders fühlen als in beschreibenden Gedichten aus der Zeit?

Ansonsten finde ich das Bild des Gobelins sehr schön in dem Zusammenhang. Es ist so wie alte Liebesgedichte/-briefe lesen, alte von einer verflossenen Muse inspirierte Werke betrachten.

Gern gelesen.

Grüße
GW

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#3

Gobelin

in Mythologisches und Religiöses 22.12.2005 09:56
von Richard III | 868 Beiträge | 871 Punkte
Dank dir, mein lieber GW! Es ist die Sache einer Definition eines Begriffes. Wehmut ist für mich weniger Trauer, denn das sinnende Erinnern mit einem leisen Lächeln. Deshalb stet es für mich hier nicht im Widerspruch, daß von "wenig Trauer" die Rede ist. Das lyrische Ich hat die alten Leidenschaften längst abgelegt, aber ein leiser Widerhall ist im Betrachten der Bilder und Geschichten der Vergangenheit noch zu spüren.
Ansonsten schön interpretiert und trifft meine Intention und da freut es mich, daß dus gern gelesen hast!

Was mich sehr erfreuen würde, wäre eine metrische Analyse. Ich habe den Schinken zwar geschrieben, kann ihn aber nun nach einigen Wochen des nicht Betrachtens nicht mehr fehlerlos lesen. Ich finde aber beileibe den Fehler nicht!

Liebste Grüße
Richard

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#4

Gobelin

in Mythologisches und Religiöses 22.12.2005 10:28
von Margot • Mitglied | 3.054 Beiträge | 3055 Punkte
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Hi Ric

Das ist schon ungerecht, wenn ich mal mehr als 11 Silben verdichte, dann heisst’s gleich, ich würde quatschen, aber dir nimmt man das ohne Weiteres ab So würde ich’s betonen (ohne Gewähr).

Den Vergleich Erinnerungen/Gobelin, finde ich gut, das gefällt mir. Der Text ist, für meinen Geschmack, aber etwas gar umständlich formuliert. In S2/Z4 weiss ich nicht so recht, was du aussagen willst. Wer will bekehren? Ansonsten ein typisch, königliches Gedicht.

bisou
Margot

P.S. Vergiss die Autogrammkarte nicht. *g

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#5

Gobelin

in Mythologisches und Religiöses 22.12.2005 10:37
von Richard III | 868 Beiträge | 871 Punkte
Oh thanks, Marge! Vor lauter Xen seh ich den Wald nicht mehr! Da haben sich ja einige Fehler eingeschlichen.
Tja, Marge, Könige hauen halt ganz gern mal auf den Putz und verhauen sich allerdings dabei auch öfter, Göttinnen müssen da schon etwas weiser sein!
In S2Z4 soll gemeint sein, daß das lyr. Ich in der Vergangenheit versuchte einen Anderen zu bekehren, da jener nicht an Märchen glauben wollte.

Ah die Autogrammkarte! Ich denke dran und tu was ich kann, hab aber noch viel zu tun zurzeit. Sag der Großen, dafür bekommt sie das auch umso schöner!

Big Kisses Richard

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