Übergang
Die Wüstensonne brennt auf meinen dürren Rumpf,
ich schneide meine Straße durch die Hitzebrocken.
Erinnerung ist bloß ein tiefer, schwarzer Sumpf
verlor’ner Tage, nur ein paar Gedankenflocken.
Doch dann, inmitten all der gelben Einsamkeit,
ein Schienenstrang, der mir die wüste Welt entzweit.
Verwirrt verweil’ ich an dem Strang aus blankem Stahl
und sehe in der Ferne schon ein helles Blitzen.
Wie kommt es, dass in diesem Raum, so öd und kahl,
ein Zug sich kämpft wie Wasser durch verdorrte Ritzen?
Es dampft der Zug heran, stößt weiße Wolken aus,
bleibt stehen, und ein Kind blickt aus dem Führerhaus.
„So komm“, sagt es, „und nimm den komfortablen Zug.
Du hast es dir wohl sehr verdient, ich seh’ dich schwitzen.
Die Wägen sind gekühlt. Es wäre von dir klug,
nun einzusteigen, Platz zu nehmen auf den Sitzen.
Die Wüste, die du siehst, ist nur ein kleines Stück
von allen Wüsten. Sie durchwandern bringt kein Glück.“
Meine Augen schmerzen von dem vielen Sande sehr.
Dann seh’ ich Farben, Wasser, Knochen, tote Gleise
und höre irres Lachen, Flüstern – komm schon her.
Ich stürze kraftlos auf den Boden, röchle leise.
Ein Lächeln seh’ ich auf des Kindes kleinen Mund.
„Was ist“, fragt’s, „willst du weiter leiden wie ein Hund?“
So liege ich im Staub und winde mich darin.
Es ziehen Bilder meines jämmerlichen Lebens
an mir vorüber. Frage mich nach all dem Sinn
desselben oder mühte ich mich doch vergebens?
Die Plagen, die wir auf uns nehmen, jeder Schritt
zu neuen Taten, wozu machen wir das mit?
Es wäre doch verlockend, einmal nichts zu tun,
die Füße hoch zu lagern, sich in Schlaf zu hüllen,
und statt all der Mühen einfach auszuruh’n.
Doch könnt’ ich damit wirklich meine Tage füllen?
Mit allerletzter Kraft gelingt es flüsternd mir
zum Kind zu sagen: „Fahr du los, ich bleibe hier.“
Der Zug entschwindet, wird zum Punkt am Horizont.
Ich atme durch, bereite mich zum Weitergehen,
da raunt das Kind: „Ich hätte so was nicht gekonnt.“
Es steht mir gegenüber. „Kannst du nicht verstehen?
Beschwerlich ist der Weg, der zur Erlösung führt,
und tief im Innern hast du das genau gespürt.“
Das Kind ergreift nun meine heiße Hand.
“So komm, ich führ’ dich in ein bess’res Land.“