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#1
von Arno Boldt • | 2.760 Beiträge | 2760 Punkte
ICHortung in der Bildbeschreibung
in Zwischenwelten 19.01.2006 01:59von Arno Boldt • | 2.760 Beiträge | 2760 Punkte
ICHortung in der Bildbeschreibung
und aus der müllerschen brille
rahmen sich vögel raus,
die mich orkanumflattern.
stillstand in der begleitung.
irgendwo wächst eine frau aus sich selbst,
dem boden und hält etliche drahtgestelle, bis
sie selbst zu einem wird.
wo hört dieses bild bloß endlich auf?
ich wickle mir einen schal
um die schale, dürre halshaut und
spreize die nägel in dekadenz.
suche nach länge. den kopf
in der neige,
in der wiege, die
durch eine blutrote decke mich ertränkt.
die frau in front und der wirbel
nicht nur am hinterkopf.
der sturm ist die front, wie ganz zu anfang.
blutig.
fleischig.
und ich plärre wie aus einer sicht ins
dunkle, besser: düstre fenster.
der traum im traum.
szene. draht. drang. szene. szenendrahtdrang.
urplötzlich,
wie der spiegel im spiegel, doch
ungesehen, die frau, die
wuchs und starb, tötete, entschwand.
die frau als automat, für mich
die puppe, für mich ich, der
spiegel, zur hälfte mir gegenüber
und dort ganz in mir. ungelesen
und außerszenisch. rahmenfledderer,
letztlich im mechanischen vor und
zurück, bis der, der dies alles
erblickt, sich ausmalt, was ich nur
blitzen kann.
Dieser Text hatte sich schon ein paar Tage angekündigt, verstopfte alles und brach gerade heraus.
und aus der müllerschen brille
rahmen sich vögel raus,
die mich orkanumflattern.
stillstand in der begleitung.
irgendwo wächst eine frau aus sich selbst,
dem boden und hält etliche drahtgestelle, bis
sie selbst zu einem wird.
wo hört dieses bild bloß endlich auf?
ich wickle mir einen schal
um die schale, dürre halshaut und
spreize die nägel in dekadenz.
suche nach länge. den kopf
in der neige,
in der wiege, die
durch eine blutrote decke mich ertränkt.
die frau in front und der wirbel
nicht nur am hinterkopf.
der sturm ist die front, wie ganz zu anfang.
blutig.
fleischig.
und ich plärre wie aus einer sicht ins
dunkle, besser: düstre fenster.
der traum im traum.
szene. draht. drang. szene. szenendrahtdrang.
urplötzlich,
wie der spiegel im spiegel, doch
ungesehen, die frau, die
wuchs und starb, tötete, entschwand.
die frau als automat, für mich
die puppe, für mich ich, der
spiegel, zur hälfte mir gegenüber
und dort ganz in mir. ungelesen
und außerszenisch. rahmenfledderer,
letztlich im mechanischen vor und
zurück, bis der, der dies alles
erblickt, sich ausmalt, was ich nur
blitzen kann.
Dieser Text hatte sich schon ein paar Tage angekündigt, verstopfte alles und brach gerade heraus.
#2
von Ulli Nois • | 554 Beiträge | 554 Punkte
ICHortung in der Bildbeschreibung
in Zwischenwelten 20.01.2006 16:26von Ulli Nois • | 554 Beiträge | 554 Punkte
Mensch Arno,
ich seh dich genau vor mir stehen bei der Bildbetrachtung und teilweisen Bildverschmelzung, hatte aber gehofft, andere würden sich vordrängeln und ein paar kluge Sätze zu diesem sehr klugen Gedicht sagen. Jetzt sind fast 40 Stunden vergangen...
Bevor der Strom weiterzieht, möchte ich mein höchstes Gefallen bekunden, auch wenn ich maximal die Hälfte verstanden habe. Bei den Vögeln sehe ich Szenen aus dem Hitchcock-Film vor mir, in der Frau mit dem Drahtgestellen meine ich einen Picasso zu erkennen, dann kommt es mir vor als handele es sich um ein einziges Bild, vielleicht ein expressionistisches Gemälde... ? Sicher ist es nicht unwichtig, welches Bild (welche Bilder ?) das Ich betrachtet... Da muss ich erst einmal passen. Was ich aber sofort verstehe und brilliant umgesetzt finde, ist die Weise, wie die Bildbetrachtung zur Ichbetrachtung wird. Der Betrachter fühlt sich plötzlich selbst drahtgestellig, nur noch von einer dünenn Haut umspannt, sein wiegender Kopf findet eine Enstprechung im Bild ... die Resonanzen zwischen Bild und Ich werden so intensiv, dass am Ende (über ein paar Zwischenstufen, an denen ich noch rätsele) die Frau vollends zum gespiegelten Pendant des Betrachters wird. Weil sich die im Bild dargestellte Szene dem Geschehen des Betrachtens ganz anverwandelt und umgekehrt, fällt das Bild buchstäblich aus dem Rahmen. Betrachter und Betrachtetes stehen sich nicht eigentlich mehr gegen-über, sondern "bilden" ein eigenes Geschehen und warten darauf, von anderen gelesen, gedeutet und ausgemalt zu werden.
Ich hab mein Bestes gegeben, fürchte aber, nicht sehr weit gekommen zu sein. Kommt her, Leute, und schaut diesen Boldt!
Toll geblitzt, Arno.
Ich melde mich noch einmal. wenn das Geblendet-sein nachläßt.
Schönste Grüße, Ulli
ich seh dich genau vor mir stehen bei der Bildbetrachtung und teilweisen Bildverschmelzung, hatte aber gehofft, andere würden sich vordrängeln und ein paar kluge Sätze zu diesem sehr klugen Gedicht sagen. Jetzt sind fast 40 Stunden vergangen...
Bevor der Strom weiterzieht, möchte ich mein höchstes Gefallen bekunden, auch wenn ich maximal die Hälfte verstanden habe. Bei den Vögeln sehe ich Szenen aus dem Hitchcock-Film vor mir, in der Frau mit dem Drahtgestellen meine ich einen Picasso zu erkennen, dann kommt es mir vor als handele es sich um ein einziges Bild, vielleicht ein expressionistisches Gemälde... ? Sicher ist es nicht unwichtig, welches Bild (welche Bilder ?) das Ich betrachtet... Da muss ich erst einmal passen. Was ich aber sofort verstehe und brilliant umgesetzt finde, ist die Weise, wie die Bildbetrachtung zur Ichbetrachtung wird. Der Betrachter fühlt sich plötzlich selbst drahtgestellig, nur noch von einer dünenn Haut umspannt, sein wiegender Kopf findet eine Enstprechung im Bild ... die Resonanzen zwischen Bild und Ich werden so intensiv, dass am Ende (über ein paar Zwischenstufen, an denen ich noch rätsele) die Frau vollends zum gespiegelten Pendant des Betrachters wird. Weil sich die im Bild dargestellte Szene dem Geschehen des Betrachtens ganz anverwandelt und umgekehrt, fällt das Bild buchstäblich aus dem Rahmen. Betrachter und Betrachtetes stehen sich nicht eigentlich mehr gegen-über, sondern "bilden" ein eigenes Geschehen und warten darauf, von anderen gelesen, gedeutet und ausgemalt zu werden.
Ich hab mein Bestes gegeben, fürchte aber, nicht sehr weit gekommen zu sein. Kommt her, Leute, und schaut diesen Boldt!
Toll geblitzt, Arno.
Ich melde mich noch einmal. wenn das Geblendet-sein nachläßt.
Schönste Grüße, Ulli
#3
von Arno Boldt • | 2.760 Beiträge | 2760 Punkte
ICHortung in der Bildbeschreibung
in Zwischenwelten 21.01.2006 15:13von Arno Boldt • | 2.760 Beiträge | 2760 Punkte
Hallo Ulli!
Das ist mit Sicherheit zuviel der guten Worte - schließlich ist der Sprecher nur Beobachter eines Beobachters, der durch dessen Gegenstand in die Szenerie reingeworfen wird und es wohl mit der Angst bekommt, vom Beobachter - der anfangs noch beobachtet wird, aber schon bald selbst nicht mehr existiert - zwischenzeitlich übermalt zu werden.
Grundlage war und ist Heiner Müllers "Bildbeschreibung".
Danke für die erste Rückmeldung, Ulli!
LG,
arno.
Das ist mit Sicherheit zuviel der guten Worte - schließlich ist der Sprecher nur Beobachter eines Beobachters, der durch dessen Gegenstand in die Szenerie reingeworfen wird und es wohl mit der Angst bekommt, vom Beobachter - der anfangs noch beobachtet wird, aber schon bald selbst nicht mehr existiert - zwischenzeitlich übermalt zu werden.
Grundlage war und ist Heiner Müllers "Bildbeschreibung".
Danke für die erste Rückmeldung, Ulli!
LG,
arno.
#4
von Ulli Nois • | 554 Beiträge | 554 Punkte
ICHortung in der Bildbeschreibung
in Zwischenwelten 22.01.2006 16:04von Ulli Nois • | 554 Beiträge | 554 Punkte
Danke Arno für die Aufklärung. Jetzt bin ich natürlich ein bißchen dysphorisiert. Heiner Müllers "Bildbeschreibung" kenne ich nicht, der Titel hätte mich aber darauf aufmerksam machen müssen, dass es hier weinger um Betrachtung als um Beschreibung und Überschreibung geht. Nunja, ich finde deine Beschreibung, sollte sich nicht herausstellen, dass du Heiner Müller über Gebühr beklaut hast, immer noch sehr eindrucksvoll. Jetzt suche ich mal nach der "Müllerschen Brille", die ich für einen Kunstbegriff hielt, ähnlich der "Müllerschen Krankheit", bei der sich zwei entgegenkommende Fußgänger nicht einigen können, ob sie sich links oder rechts passieren und nach einigen Hin und Her schließlich ineinanderlaufen. Das sollte uns nicht passieren, gelle?
Liebe Grüße, Ulli
Liebe Grüße, Ulli
#5
von Arno Boldt • | 2.760 Beiträge | 2760 Punkte
ICHortung in der Bildbeschreibung
in Zwischenwelten 22.01.2006 16:33von Arno Boldt • | 2.760 Beiträge | 2760 Punkte
Hallo Ulli.
Nun, gewissermaßen geht es ja auch um Beobachtung: der Leser und auch der "Protagonist" sehen zu, wie sich der Letztere allmählich im Bild verliert. Du hast Gedanken gebracht, die ich auch so sehen würde: insofern denke ich, dass deine ersten Gedanken in eine richtige Richtung zeigten.
Der Umstand, dass ich meine Inspiration zu diesem Text zeigte, sollte dich nicht von deinen Gedanken abbringen, zumal sie wahrscheinlich auch nicht fern der jetzt-möglichen sind. Meine "Offenbarung" der Quelle ist dem Gefühl nachgegangen, du würdest gerade mit der Analyse nicht weiter kommen. Es sollte also nur eine Notlösung sein - mehr nicht.
Ach ja, noch einen Gedanken: Meine Sicht ist, dass der "Protagonist" den ersten Beobachter sieht und durch ihn und dessen ständigen Übermalung auf das Bild aufmerksam wird. Das ist der Ausgangspunkt für die Ich-Hortung oder Ich-Ortung, die dem ersteren vorausgehen sollte.
Letztlich - so sehe ich das sicher wie du - gibt er den Staffelstab, oder besser: die Scherben an den nächsten weiter - in der Hoffnung, dass vielleicht dieser die Wogen des ersten übernehmen kann und selbst sich dort finden kann.
So in etwa jedenfalls.
Ich habe einige Elemente der müllerschen "Bildbeschreibung" natürlicherweise übernehmen müssen, um einen Bezug zum Müller-Text, als auch zum Bild an und für sich herzustellen - denke aber, dass das in einem Rahmen geschieht, der über den Begriff der Intertextualität nicht hinausgeht. Schließlich übernahm ich noch nicht einmal Textpassagen, sondern lediglich Figuren, Elemente, die im Bild selbst auch zu sehen sind.
LG,
arno.
Nun, gewissermaßen geht es ja auch um Beobachtung: der Leser und auch der "Protagonist" sehen zu, wie sich der Letztere allmählich im Bild verliert. Du hast Gedanken gebracht, die ich auch so sehen würde: insofern denke ich, dass deine ersten Gedanken in eine richtige Richtung zeigten.
Der Umstand, dass ich meine Inspiration zu diesem Text zeigte, sollte dich nicht von deinen Gedanken abbringen, zumal sie wahrscheinlich auch nicht fern der jetzt-möglichen sind. Meine "Offenbarung" der Quelle ist dem Gefühl nachgegangen, du würdest gerade mit der Analyse nicht weiter kommen. Es sollte also nur eine Notlösung sein - mehr nicht.
Ach ja, noch einen Gedanken: Meine Sicht ist, dass der "Protagonist" den ersten Beobachter sieht und durch ihn und dessen ständigen Übermalung auf das Bild aufmerksam wird. Das ist der Ausgangspunkt für die Ich-Hortung oder Ich-Ortung, die dem ersteren vorausgehen sollte.
Letztlich - so sehe ich das sicher wie du - gibt er den Staffelstab, oder besser: die Scherben an den nächsten weiter - in der Hoffnung, dass vielleicht dieser die Wogen des ersten übernehmen kann und selbst sich dort finden kann.
So in etwa jedenfalls.
Ich habe einige Elemente der müllerschen "Bildbeschreibung" natürlicherweise übernehmen müssen, um einen Bezug zum Müller-Text, als auch zum Bild an und für sich herzustellen - denke aber, dass das in einem Rahmen geschieht, der über den Begriff der Intertextualität nicht hinausgeht. Schließlich übernahm ich noch nicht einmal Textpassagen, sondern lediglich Figuren, Elemente, die im Bild selbst auch zu sehen sind.
LG,
arno.
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