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#1
von Ulli Nois • | 554 Beiträge | 554 Punkte
Abschied von K. und die unsinkbare J.
in Diverse 28.01.2006 16:01von Ulli Nois • | 554 Beiträge | 554 Punkte
Abschied von K. und die unsinkbare J.
Wir saßen da und gaben uns die Kante
mit dem Narkotikum der Firma Becks,
das unsre Hirne wundersam entspannte.
Wir schluckten, bis die letzte Lampe brannte,
und kippten darauf ein paar Schnäpse ex.
Es zog so eisig, dass wir fast verkühlten,
doch half der infudierte Alkohol,
den wir gezielt durch die Gefäße spülten,
dass wir uns wärmer und geweitet fühlten
und eingelullt in Rauch beinahe wohl.
Wir nahmen Abschied von dem Praktikanten,
der Kristian hieß, dannn Krille, später Krisch,
Wir saßen um ihn wie die alten Tanten,
doch die Signale, die wir an ihn sandten,
begriff er schnell: wir sind noch ziemlich frisch.
Auf unsern Pappen zählten wir die Biere,
Bei „Sechs“ hat S. das erste Mal gelallt.
Sie säuselte so süss, und auch für ihre
Kollegin J. verhieß der etwas stiere
Gesichtsausdruck - hinüber - und zwar bald.
Papperlapapp. Ihr Läscheln war untilchbar.
Sie orderte ein grünes Fläschchen Bier.
Und erst um vier, in irgendeiner „Milchbar“,
erkannte ich, dass ich ein armer Knilch war
und sie halb Engelwesen und halb Tier.
Sie strahlte noch, als sie gefährlich schwankte.
Dann fiel sie vor dem Taxi auf die Knie.
Es tat ihr weh, doch nicht dass es ihr langte.
Vor ihrer Haustür, als ich um sie bangte,
blieb sie im Taxi, lächelnd, und sprach: Nie.
Wir saßen da und gaben uns die Kante
mit dem Narkotikum der Firma Becks,
das unsre Hirne wundersam entspannte.
Wir schluckten, bis die letzte Lampe brannte,
und kippten darauf ein paar Schnäpse ex.
Es zog so eisig, dass wir fast verkühlten,
doch half der infudierte Alkohol,
den wir gezielt durch die Gefäße spülten,
dass wir uns wärmer und geweitet fühlten
und eingelullt in Rauch beinahe wohl.
Wir nahmen Abschied von dem Praktikanten,
der Kristian hieß, dannn Krille, später Krisch,
Wir saßen um ihn wie die alten Tanten,
doch die Signale, die wir an ihn sandten,
begriff er schnell: wir sind noch ziemlich frisch.
Auf unsern Pappen zählten wir die Biere,
Bei „Sechs“ hat S. das erste Mal gelallt.
Sie säuselte so süss, und auch für ihre
Kollegin J. verhieß der etwas stiere
Gesichtsausdruck - hinüber - und zwar bald.
Papperlapapp. Ihr Läscheln war untilchbar.
Sie orderte ein grünes Fläschchen Bier.
Und erst um vier, in irgendeiner „Milchbar“,
erkannte ich, dass ich ein armer Knilch war
und sie halb Engelwesen und halb Tier.
Sie strahlte noch, als sie gefährlich schwankte.
Dann fiel sie vor dem Taxi auf die Knie.
Es tat ihr weh, doch nicht dass es ihr langte.
Vor ihrer Haustür, als ich um sie bangte,
blieb sie im Taxi, lächelnd, und sprach: Nie.
#2
von Richard III • | 868 Beiträge | 871 Punkte
Abschied von K. und die unsinkbare J.
in Diverse 28.01.2006 18:49von Richard III • | 868 Beiträge | 871 Punkte
Hallo Ulli,
mir gefällt dein Gedicht auch sehr gut. Dir gelingen immer wieder wunderbare, fein beobachtete und beschriebene Momentaufnahmen aus dem Leben... nie appelierend oder übertrieben, sondern unaufdringlich und die feiner gestimmten Saiten ansprechend. Ohne Wind um irgendetwas Verborgenes, Geheimes zu machen, aber trotzdem vielschichtig und hintergründig.
Und man kann sich so gut hineinversetzten ohne großen Gedankenspagat veranstalten zu müssen.. Hier hast du nun einmal einen geselligen Abend unter Freunden und Kollegen beschrieben, etwas mehr Exzess hineingebracht. Und wieder gemischte Gefühle.. Belustigung und doch die Nähe zum Absturz, vielleicht auch zum Kontrollverlust, das Dunkle, das sich auftut, wenn die Hemmungen schwinden..
Gefallen hat mir auch die Idee, Personen genauer zu benennen, ohne sie jedoch ganz direkt zu benennen. Tja, und das Becksbier als In-Bier des Nordens schafft immer die Verbindung zu ähnlichen, selbsterlebten Veranstaltungen solcher Art...
Besonders schön fand ich den Schüttelreim in der 5. Strophe (Knilch war - Milchbar), das unterstüzte so das leicht Alberne und auch die erste Zeile.. Onomatopoesie + ...“Dialekt”.
Nur musst du mich nochmal aufklären, was es mit dem “Nie” in der letzten Zeile auf sich hat.. “Nie, werd ich aus diesem Taxi steigen!” oder “Nie musst du dich sorgen, isch bin noch völlisch nüschtern..”
Liebe Grüße,
Motte
#4
von Ulli Nois • | 554 Beiträge | 554 Punkte
Abschied von K. und die unsinkbare J.
in Diverse 30.01.2006 11:11von Ulli Nois • | 554 Beiträge | 554 Punkte
Danke, Ric und Mot, für Eure positiven Reaktionen. Ich war keineswegs sicher, dass die unter Restalkohol entstandenen Erinnerungen irgendjemanden interessieren könnten.
Die "Milchbar" steht übrigens in Kreuzberg und ihr Name bezieht sich eher auf die dort versammelten Gesichter als auf die dort verkauften Getränke.
Mein Reim darauf war wohl mehr gerührt als geschüttelt...
Das letzte Wort "nie" bezieht sich auf beides, wenn nicht auf alles. Auf englisch hätte das Gedicht den Titel bekommen "The unsinkable J." oder "The unthinkable J."
Liebe Grüße, Ulli
Die "Milchbar" steht übrigens in Kreuzberg und ihr Name bezieht sich eher auf die dort versammelten Gesichter als auf die dort verkauften Getränke.
Mein Reim darauf war wohl mehr gerührt als geschüttelt...
Das letzte Wort "nie" bezieht sich auf beides, wenn nicht auf alles. Auf englisch hätte das Gedicht den Titel bekommen "The unsinkable J." oder "The unthinkable J."
Liebe Grüße, Ulli
#5
von Gemini • Long Dong Silver | 3.094 Beiträge | 3130 Punkte
Abschied von K. und die unsinkbare J.
in Diverse 31.01.2006 20:37von Gemini • Long Dong Silver | 3.094 Beiträge | 3130 Punkte
Ich finde das Gedicht eigentlich auch gut, nur habe ich ebenfalls ein paar Probleme mit dem Verständnis.
Zuerst sind es alte Tanten, also Frauen. Dann ist der Erzähler aber ein Knilch, der die Betrunkene ins Bett kriegen will vorauf sie ihm als Antwort das "Nie" gibt. Auch sehe ich ein Problem bei der letzten Strophe, da sie ja vor dem Taxi fällt, aber dann wieder im Taxi sitzt. Also geht der Knilch alleine zur Haustüre. Ich könnte ja jetzt annehmen, dass es sich um zwei Lesben handelt, aber davor werde ich mich hüten. Da habe ich in der Vergangenheit schon einmal etwas losgetreten (da kannst du jeden fragen ).
Klär mich doch bitte auf.
LG Gem
Zuerst sind es alte Tanten, also Frauen. Dann ist der Erzähler aber ein Knilch, der die Betrunkene ins Bett kriegen will vorauf sie ihm als Antwort das "Nie" gibt. Auch sehe ich ein Problem bei der letzten Strophe, da sie ja vor dem Taxi fällt, aber dann wieder im Taxi sitzt. Also geht der Knilch alleine zur Haustüre. Ich könnte ja jetzt annehmen, dass es sich um zwei Lesben handelt, aber davor werde ich mich hüten. Da habe ich in der Vergangenheit schon einmal etwas losgetreten (da kannst du jeden fragen ).
Klär mich doch bitte auf.
LG Gem
#6
von Ulli Nois • | 554 Beiträge | 554 Punkte
Abschied von K. und die unsinkbare J.
in Diverse 31.01.2006 22:03von Ulli Nois • | 554 Beiträge | 554 Punkte
Hi Gem,
das sind klare und berechtigte Fragen. Wenn man zwölf Stunden auf sechs Strophen reduziert, kommt es leider zu eigentlich unzulässigen Verkürzungen. Das lyrische Ich ist ein Knilch, als solcher im landläufigen Sinne männlich, fühlt sich aber im Laufe des Abends unter vielen Frauen sitzend - emphatisierend - als Tante. Was nicht Tunte heißt. Und was auch nicht heißt, dass die anwesenden (überwiegend jungen) Frauen sich durchgehend "tantig" verhalten haben.
Punkt 2: Taxi. J. fällt vor dem Taxi hin. Steht aber wieder auf, besteigt mit dem Knilch und einer anderen (aus reimtechnischen Gründen nicht genannten) Person das Taxi, und fährt mit ihnen nach Hause. Dort weigert sie sich auszusteigen.
Das Nichtbenennen der 3. Person hat dich zu der Annahme verleitet, das knilchige lyrische Ich wollte J. ins Bett kriegen. Das wollte er auch, nur wollte er sich nicht dazulegen. Als ich die letzte Zeile schrieb, sah ich, dass man das "Nie" auch in diesem Sinne deuten könnte, und habe es dringelassen, obwohl es nicht der historischen Wahrheit entspricht. Aber es erweitert die Pointe im Sinne des ganzen Gedichts. Denn es entspricht durchaus der Grundhaltung der "unsinkbaren" J, dass sie auch im vorkomatösen Zustand niemals so weit "sinken" würde, sich mit dem "Knilch" einzulassen.
Ich danke dir für deine gründliche Lektüre. Die möglicherweise Zündstoff bergende Frage, ob es auch lesbische Knilche gibt, müssen wir also in diesem Zusammenhang nicht weiter erörtern.
Schönen Abend, Ulli
das sind klare und berechtigte Fragen. Wenn man zwölf Stunden auf sechs Strophen reduziert, kommt es leider zu eigentlich unzulässigen Verkürzungen. Das lyrische Ich ist ein Knilch, als solcher im landläufigen Sinne männlich, fühlt sich aber im Laufe des Abends unter vielen Frauen sitzend - emphatisierend - als Tante. Was nicht Tunte heißt. Und was auch nicht heißt, dass die anwesenden (überwiegend jungen) Frauen sich durchgehend "tantig" verhalten haben.
Punkt 2: Taxi. J. fällt vor dem Taxi hin. Steht aber wieder auf, besteigt mit dem Knilch und einer anderen (aus reimtechnischen Gründen nicht genannten) Person das Taxi, und fährt mit ihnen nach Hause. Dort weigert sie sich auszusteigen.
Das Nichtbenennen der 3. Person hat dich zu der Annahme verleitet, das knilchige lyrische Ich wollte J. ins Bett kriegen. Das wollte er auch, nur wollte er sich nicht dazulegen. Als ich die letzte Zeile schrieb, sah ich, dass man das "Nie" auch in diesem Sinne deuten könnte, und habe es dringelassen, obwohl es nicht der historischen Wahrheit entspricht. Aber es erweitert die Pointe im Sinne des ganzen Gedichts. Denn es entspricht durchaus der Grundhaltung der "unsinkbaren" J, dass sie auch im vorkomatösen Zustand niemals so weit "sinken" würde, sich mit dem "Knilch" einzulassen.
Ich danke dir für deine gründliche Lektüre. Die möglicherweise Zündstoff bergende Frage, ob es auch lesbische Knilche gibt, müssen wir also in diesem Zusammenhang nicht weiter erörtern.
Schönen Abend, Ulli
#7
von Mattes • | 1.141 Beiträge | 1141 Punkte
Abschied von K. und die unsinkbare J.
in Diverse 22.02.2006 15:26von Mattes • | 1.141 Beiträge | 1141 Punkte
Abgesehen davon, dass das echt fein gedichtet und spritzig-witzig ist und ich die Idee mit der Benennung der handelnden Person auch für sehr gelungen erachte, sind es deren zu viele. Was soll Kristian hier, was ist aus S. geworden, wer ist die ominöse dritte Person, die du erwähnst? Letztere kann ich im Gedicht weder entdecken, noch vermisse ich sie. Die Taxisequenz bleibt in ihrer Chronologie ohne Erklärung auch dank der Satzzeichen relativ unklar. Vielleicht besser so:
Sie strahlte noch, als sie gefährlich schwankte
(noch vor dem Taxi fiel sie auf die Knie
und das tat weh), doch nicht, dass es ihr langte:
Vor ihrer Haustür, als ich um sie bangte,
blieb sie im Taxi sitzen und sprach: Nie.
Was bleibt? Ein zwar belangloses, doch unterhaltsam gedichtetes Werk (echtes Highlight: Strophe 5) mit inspirierten Formulierungen. Gern gelesen.
DG
Mattes
P.S.: In welcher Milchbar bist du so versackt, dass man dich hier kaum mehr sieht?
Sie strahlte noch, als sie gefährlich schwankte
(noch vor dem Taxi fiel sie auf die Knie
und das tat weh), doch nicht, dass es ihr langte:
Vor ihrer Haustür, als ich um sie bangte,
blieb sie im Taxi sitzen und sprach: Nie.
Was bleibt? Ein zwar belangloses, doch unterhaltsam gedichtetes Werk (echtes Highlight: Strophe 5) mit inspirierten Formulierungen. Gern gelesen.
DG
Mattes
P.S.: In welcher Milchbar bist du so versackt, dass man dich hier kaum mehr sieht?
#9
von Joame Plebis • | 3.690 Beiträge | 3826 Punkte
Abschied von K. und die unsinkbare J.
in Diverse 12.04.2006 09:33von Joame Plebis • | 3.690 Beiträge | 3826 Punkte
#10
von Don Carvalho • Mitglied | 1.880 Beiträge | 1880 Punkte
Abschied von K. und die unsinkbare J.
in Diverse 12.04.2006 13:10von Don Carvalho • Mitglied | 1.880 Beiträge | 1880 Punkte
Hi Ulli,
die Geschichte gefällt mir natürlich, zumal sie mir schon (damals) beim ersten Lesen bekannt vorkam. Im Januar hatte ich (aus diesem Grunde) nichts dazu geschrieben, nun, da die Zeilen wieder hoch kamen, möchte ich die Gelegenheit nutzen und mich auch noch in die Reihe der Gratulanten einreihen.
Und grüße schön J. und S. und die anderen, in den Zeilen ungenannten^^.
Don
die Geschichte gefällt mir natürlich, zumal sie mir schon (damals) beim ersten Lesen bekannt vorkam. Im Januar hatte ich (aus diesem Grunde) nichts dazu geschrieben, nun, da die Zeilen wieder hoch kamen, möchte ich die Gelegenheit nutzen und mich auch noch in die Reihe der Gratulanten einreihen.
Und grüße schön J. und S. und die anderen, in den Zeilen ungenannten^^.
Don
#13
von Ulli Nois • | 554 Beiträge | 554 Punkte
Abschied von K. und die unsinkbare J.
in Diverse 15.04.2006 15:02von Ulli Nois • | 554 Beiträge | 554 Punkte
Sorry Mattes,
aber das war nur ein harmloses Versteckspiel unter kleinen Fischen in einer stillen Tümplerecke, eine Art Mimikri. Vielleicht hatte meine Tarnung als Weibchen auch die nichtgeplante Nebenwirkung, von dem großen Tümplerhecht nicht sofort gefressen werden. Allerdings muss ich jetzt wohl auch auf dessen Begattung verzichten
Enttarnt schwimme ich einsamer denn je meine kleinen Tümpelrunden und lausche den wahren Insiderfischen bei ihrem stummen Gesang!
aber das war nur ein harmloses Versteckspiel unter kleinen Fischen in einer stillen Tümplerecke, eine Art Mimikri. Vielleicht hatte meine Tarnung als Weibchen auch die nichtgeplante Nebenwirkung, von dem großen Tümplerhecht nicht sofort gefressen werden. Allerdings muss ich jetzt wohl auch auf dessen Begattung verzichten
Enttarnt schwimme ich einsamer denn je meine kleinen Tümpelrunden und lausche den wahren Insiderfischen bei ihrem stummen Gesang!
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