#1

Prometheus

in Philosophisches und Grübeleien 18.02.2006 16:15
von kein Name angegeben • ( Gast )
Wir saßen gerade
bei einer Flasche
Karottensaft
da donnerte es

nur ein
Sommergewitter

Wir schwiegen
und lauschten der Fülle
der himmlischen Eimer
von einer Ecke des Dachs
wo die Regenrinne
leckte
plätscherte
ein eifriges Rinnsal
mit Gott
um die Wette

„Ich hab jetzt
ein Tagebuch“,
begann er

ich sah ihn an

„Gedichte, sowas..."

ich nickte

"sinnlos“,
sagte ich

„Ja“, sagte er,
„genau“

Wir sahen beide hinaus
in den Regen
und taten so
als hätten wir das verstanden

Schließlich war seine Zeit
gekommen

Er stand an der Tür
wir wechselten noch
ein paar Worte
dann ging er
durch das Gewitter
er hatte es nicht weit
etwa 100 Meter
außerdem
störte ihn Wasser
nicht

Doch als er zur Treppe ging
die zur Straße führte
traf ihn ein Blitz
und er zuckte und zappelte
lautlos und heftig
eine halbe Sekunde
dann stand er da
kohleschwarz
und blinzelte mir
ängstlich und ahnungslos
zu

ich war natürlich
sehr schockiert
und wie ich hingehen will
und ihm helfen
da trifft ihn
ein zweiter Blitz

Herrgott, dachte ich
und blickte
auf ein unkenntliches
Aschehäufchen
das trauerfarben
im Regen verlief,
jetzt werde ich auch

Tagebuch führen




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#2

Prometheus

in Philosophisches und Grübeleien 22.02.2006 07:57
von Gemini • Long Dong Silver | 3.094 Beiträge | 3130 Punkte
Hallo who?

Ich wollte dir gestern schon schreiben, aber heute ist ja auch noch ok.
Dieses Gedicht mit der eigenwilligen Formgebung, gefällt mir gut. Möglicherweise, hättest du noch ein wenig kürzen und umstellen können, aber eigentlich finde ich es auch so gelungen.
Das Ende fand ich sehr witzig. Einzig, die schnelle Umkehrung am Ende ist mir zu wenig. Plötzlich schreibt er ein Tagebuch. Da hätte für meine Begriffe noch etwas dazwischen sein müssen. Aber sonst, nicht schlecht, mit schöner Ironie und gutem Witz.

LG Gem

Ps.: Ich habe das Ende nun noch einmal gelesen und denke, es fehlt doch nichts.

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#3

Prometheus

in Philosophisches und Grübeleien 28.02.2006 21:54
von Arkanus (gelöscht)
avatar
Huhu, who!

Das Gedicht gefällt mir ebenfalls sehr gut. Es hat mich berührt. In meinem Kopf waren die zwei Personen Jugendliche, die sich auf dem Dachboden hingesetzt hatten.
Als besonders gut empfand ich Deine Wortwahl, die die Szenerie sehr intensiv beschrieb.
An Interpretationen möchte ich mich jedoch irgendwie nicht wagen, da ich nur sehr spekulative Aussagen treffen könnte.

Gehe ich recht in der Annahme, dass Du diesen Text sehr intuitiv geschrieben hast? Wie viel "Sinn" hat Dein Text?

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#4

Prometheus

in Philosophisches und Grübeleien 01.03.2006 00:32
von kein Name angegeben • ( Gast )
Ich habe mir nicht den Kopf über das Versmaß zerbrochen, wenn Du das meinst. Formal passiert hier wenig. Dennoch ist das Gedicht immerhin eine Bearbeitung des Prometheusstoffes, nämlich des Mythos davon, wie den Menschen durch das Feuer Kultur gebracht wird - hier: durch den Blitz fängt einer das Schreiben an -, nur eben eine sehr lakonische, Prometheus minimalisiert, ein Mythos im Karottensaftformat...

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