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#1
von GerateWohl • Mitglied | 2.015 Beiträge | 2015 Punkte
Du du du ich
in Diverse 03.03.2006 17:44von GerateWohl • Mitglied | 2.015 Beiträge | 2015 Punkte
Du du du ich
Kerne und entlarve dich,
zieh mal einen Gegenstrich,
bürste, pflege, lege Spuren.
Wenn du morgens überschläfst
wirst du träge wie Lemuren,
die du somit niemals träfst.
Rausige und reinige,
schaff, doch niemals peinige,
schlaf, doch niemals ohne Grund.
Viel ist vieles nicht gesund.
Halte deinen, meinen Mund,
kussumschlossnes Lippenrund.
Traue und verlasse dich,
lasse das Vertrauen nicht.
Spar auch mal den Gegenstrich.
Liebe und radier mich nicht.
Kerne und entlarve dich,
zieh mal einen Gegenstrich,
bürste, pflege, lege Spuren.
Wenn du morgens überschläfst
wirst du träge wie Lemuren,
die du somit niemals träfst.
Rausige und reinige,
schaff, doch niemals peinige,
schlaf, doch niemals ohne Grund.
Viel ist vieles nicht gesund.
Halte deinen, meinen Mund,
kussumschlossnes Lippenrund.
Traue und verlasse dich,
lasse das Vertrauen nicht.
Spar auch mal den Gegenstrich.
Liebe und radier mich nicht.
#2
von Gemini • Long Dong Silver | 3.094 Beiträge | 3130 Punkte
Du du du ich
in Diverse 03.03.2006 21:57von Gemini • Long Dong Silver | 3.094 Beiträge | 3130 Punkte
Lieber GW
Ich stehe oftmals auf der Leitung, zugegeben. Aber hier verstehe ich nicht einmal den Anfang.
Ich finde es witzig und dieses Gedicht ist definitiv einmal etwas anders, aber der Sinn liegt im Verborgenen.
Es würde mir vielleicht helfen, wenn du ein wenig preisgibst. Du mußt ja nicht alles auflösen, aber ein kleiner Denkanstoß wäre nicht schlecht. Vielleicht sehe ich den Wald nur vor lauter Bäumen nicht.
Bitte um Antwort
LG Gem
Ich stehe oftmals auf der Leitung, zugegeben. Aber hier verstehe ich nicht einmal den Anfang.
Ich finde es witzig und dieses Gedicht ist definitiv einmal etwas anders, aber der Sinn liegt im Verborgenen.
Es würde mir vielleicht helfen, wenn du ein wenig preisgibst. Du mußt ja nicht alles auflösen, aber ein kleiner Denkanstoß wäre nicht schlecht. Vielleicht sehe ich den Wald nur vor lauter Bäumen nicht.
Bitte um Antwort
LG Gem
Hi GerateWohl!
Das gefällt mir spontan sehr gut, weil es so herrlich locker-flockig über den Hocker daherkommt und einen mit seinem Schwung und den gelungenen Formulierungen mitreißt. Am Ende angekommen machte ich erst einmal breit grinsend "Häh?" und wollte schon amüsiert und kopfschüttelnd weiterziehen, weil ich zu der Überzeugung gelangt war, dass der GW hier einfach nur mal kräftig gegen den Strich bürsten wollte, was ihm ja auch gelungen ist.
Mittlerweile glaube ich sicher, dass da mehr ist, obwohl ich noch keine durchgängige Interpretation gefunden habe. Jedenfalls hadert das lyrI mit einem ebenso egomanischen, wie trägen lyrDuDuDu. Unser lyrI scheint sich etwas erdrückt zu fühlen und lässt daher eine Art Appell an das lyrDu los, endlich aus der Hüfte zu kommen.
An manchen Stellen habe ich das Gefühl, es könnte auch ein Kampf mit und gegen sich selbst und/oder einer des Dichters mit seinem Objekt der Begierde, der Muse bzw. seinem Werk sein. Jedenfalls will das lyrI, dass sich etwas ändert, ohne dabei das Alte völlig zu verlieren. Und die Form des Gedichtes unterstreicht das wunderbar: Es ist - wie gesagt - äußerst melodisch, metrisch rein, chaotisch in den Strophenumfängen und mit erstaunlichem Reimschema: A-A-B C-B-C D-D-E-E E-E A-F A-F.
Wunderbar gelungen, alleine schon vom Ton(fall) her und der macht bekanntlich die Musik. Es gefällt mir sehr.
DG
Mattes
Edit: Nach vielfachem Lesen habe ich für mich beschlossen, dass es sich um ein Selbstgespräch des lyrI handelt. Er appelliert an sich selbst, seine Trägheit zu überwinden und (wieder) etwas zu wagen, um zu gewinnen. Wenn ich kurz lyrI und Autor verwechseln darf, rufe ich dir zu: Hast Du. hast Du!
Das gefällt mir spontan sehr gut, weil es so herrlich locker-flockig über den Hocker daherkommt und einen mit seinem Schwung und den gelungenen Formulierungen mitreißt. Am Ende angekommen machte ich erst einmal breit grinsend "Häh?" und wollte schon amüsiert und kopfschüttelnd weiterziehen, weil ich zu der Überzeugung gelangt war, dass der GW hier einfach nur mal kräftig gegen den Strich bürsten wollte, was ihm ja auch gelungen ist.
Mittlerweile glaube ich sicher, dass da mehr ist, obwohl ich noch keine durchgängige Interpretation gefunden habe. Jedenfalls hadert das lyrI mit einem ebenso egomanischen, wie trägen lyrDuDuDu. Unser lyrI scheint sich etwas erdrückt zu fühlen und lässt daher eine Art Appell an das lyrDu los, endlich aus der Hüfte zu kommen.
An manchen Stellen habe ich das Gefühl, es könnte auch ein Kampf mit und gegen sich selbst und/oder einer des Dichters mit seinem Objekt der Begierde, der Muse bzw. seinem Werk sein. Jedenfalls will das lyrI, dass sich etwas ändert, ohne dabei das Alte völlig zu verlieren. Und die Form des Gedichtes unterstreicht das wunderbar: Es ist - wie gesagt - äußerst melodisch, metrisch rein, chaotisch in den Strophenumfängen und mit erstaunlichem Reimschema: A-A-B C-B-C D-D-E-E E-E A-F A-F.
Wunderbar gelungen, alleine schon vom Ton(fall) her und der macht bekanntlich die Musik. Es gefällt mir sehr.
DG
Mattes
Edit: Nach vielfachem Lesen habe ich für mich beschlossen, dass es sich um ein Selbstgespräch des lyrI handelt. Er appelliert an sich selbst, seine Trägheit zu überwinden und (wieder) etwas zu wagen, um zu gewinnen. Wenn ich kurz lyrI und Autor verwechseln darf, rufe ich dir zu: Hast Du. hast Du!
#5
von GerateWohl • Mitglied | 2.015 Beiträge | 2015 Punkte
Du du du ich
in Diverse 04.03.2006 09:25von GerateWohl • Mitglied | 2.015 Beiträge | 2015 Punkte
Guten Morgen ihr Lieben,
vielen, vielen Dank für Eure Kommentare.
Zum Verständnis: Es gibt, finde ich, diese Gedichte, bei denen ist es ein bisschen so wie in diesem Kinderwitz, wo der Lehrer den Schüler fragt, "Was ist ein Vakuum?" und der Schüler antwortet: "Ich kann's nicht beschreiben, aber ich hab's im Kopf." Das ist denn bei Gedichten der Fall, wo einem das lyrische Ich doch sehr nahe liegt.
Mattes, Du liegst schon ziemlich gut mit Deinem Interpretationsansatz, wobei es hier sehr wohl ein lyrisches Du gibt, das eine andere Person ist. Aber das ganze vermischt sich, weil das Ich, wie Du schon sagst unzufrieden ist. Einerseits liebt es das Gegenüber, andererseits hält es dieses für etwas unreif. Es pendelt jedoch immer zwischen Kritik des Du und der Selbstkritik hin und her. Der Titel soll andeuten, dass das Ich auch davon angenervt ist, dass es sich nicht mehr an seine eigene Nase fast, obwohl es bei aller Kritik ja scheinbar nicht mehr abverlangt als sich selbst. So sagt es alle diese Dinge irgendwie auch sich selbst, dennoch zu dem gegenüber. Doch so droht ihm das Du zu entgleiten.
Das ganze ist nicht sehr schlüssig und stringent aufgebaut, ist aber auch sicher mehr so eine art Schnappschuss. Umso mehr freut es mich wenn er gefällt.
Lieben Gruß,
GerateWohl
vielen, vielen Dank für Eure Kommentare.
Zum Verständnis: Es gibt, finde ich, diese Gedichte, bei denen ist es ein bisschen so wie in diesem Kinderwitz, wo der Lehrer den Schüler fragt, "Was ist ein Vakuum?" und der Schüler antwortet: "Ich kann's nicht beschreiben, aber ich hab's im Kopf." Das ist denn bei Gedichten der Fall, wo einem das lyrische Ich doch sehr nahe liegt.
Mattes, Du liegst schon ziemlich gut mit Deinem Interpretationsansatz, wobei es hier sehr wohl ein lyrisches Du gibt, das eine andere Person ist. Aber das ganze vermischt sich, weil das Ich, wie Du schon sagst unzufrieden ist. Einerseits liebt es das Gegenüber, andererseits hält es dieses für etwas unreif. Es pendelt jedoch immer zwischen Kritik des Du und der Selbstkritik hin und her. Der Titel soll andeuten, dass das Ich auch davon angenervt ist, dass es sich nicht mehr an seine eigene Nase fast, obwohl es bei aller Kritik ja scheinbar nicht mehr abverlangt als sich selbst. So sagt es alle diese Dinge irgendwie auch sich selbst, dennoch zu dem gegenüber. Doch so droht ihm das Du zu entgleiten.
Das ganze ist nicht sehr schlüssig und stringent aufgebaut, ist aber auch sicher mehr so eine art Schnappschuss. Umso mehr freut es mich wenn er gefällt.
Lieben Gruß,
GerateWohl
#6
von Don Carvalho • Mitglied | 1.880 Beiträge | 1880 Punkte
Du du du ich
in Diverse 04.03.2006 14:01von Don Carvalho • Mitglied | 1.880 Beiträge | 1880 Punkte
Hallo Geratewohl,
das spricht mich auch sofort an. Es liest sich sehr schwungvoll und treibend durch die Trochäen und ist metrisch sehr sauber arrangiert. Die Sprache gefällt und geht locker von der Zunge, ich freue mich über viele Formulierungen und verstehe doch wie die meisten anderen nicht viel. Ein so komplexer Inhalt in so leichtem Gewand, das ist doch was Feines, zumal es mir fast schon reicht, mich am Gewand zu berauschen, da es (wie Mattes auch schon meinte) hinsichtlich der Strophen und des Reimschemas geradezu wild daherkommt. Zusammen mit dem Versmaß wirkt das alles wie ein spontaner Ausbruch, der mitnimmt.
Einzelne Formulierungen wie das "kussumschlossene Lippenrund" oder das Wortspiel "Traue und verlasse dich, lasse das Vertrauen nicht" sagen mir ebenfalls sehr zu. Inhaltlich ist Dein Gedicht mehr zu erahnen, ohne dass sich alles überzeugend aufschlüsseln ließe. Aber dieses Ahnen des Inhaltes genügt mir eigentlich schon, dass sich nicht alles logisch dechiffrieren lässt, passt irgendwie auch zur äußeren Form.
Gern gelesen,
Don
edit: Was heißt "rausig"? Ist es auch einfach ein Wortspiel raus(ige)-rein(ige) oder gibt es auch tatsächlich "rausig"? Duden wie Fremdwörterlexikon schweigen sich aus...
das spricht mich auch sofort an. Es liest sich sehr schwungvoll und treibend durch die Trochäen und ist metrisch sehr sauber arrangiert. Die Sprache gefällt und geht locker von der Zunge, ich freue mich über viele Formulierungen und verstehe doch wie die meisten anderen nicht viel. Ein so komplexer Inhalt in so leichtem Gewand, das ist doch was Feines, zumal es mir fast schon reicht, mich am Gewand zu berauschen, da es (wie Mattes auch schon meinte) hinsichtlich der Strophen und des Reimschemas geradezu wild daherkommt. Zusammen mit dem Versmaß wirkt das alles wie ein spontaner Ausbruch, der mitnimmt.
Einzelne Formulierungen wie das "kussumschlossene Lippenrund" oder das Wortspiel "Traue und verlasse dich, lasse das Vertrauen nicht" sagen mir ebenfalls sehr zu. Inhaltlich ist Dein Gedicht mehr zu erahnen, ohne dass sich alles überzeugend aufschlüsseln ließe. Aber dieses Ahnen des Inhaltes genügt mir eigentlich schon, dass sich nicht alles logisch dechiffrieren lässt, passt irgendwie auch zur äußeren Form.
Gern gelesen,
Don
edit: Was heißt "rausig"? Ist es auch einfach ein Wortspiel raus(ige)-rein(ige) oder gibt es auch tatsächlich "rausig"? Duden wie Fremdwörterlexikon schweigen sich aus...
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