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Brief an eine andere Seele
Dein gutes Recht
die Welt zu verlassen
einzig deine Entscheidung
für immer weg zu gehen
Schluss zu machen mit allem
was dir Schmerzen bereitet.
Unsere Gewandtheit war
doch nur ein Gewand
blickdichtes Gewebe
Wortmaschen aus einem
Faden der Verleumdung
zerfledderter Seelen.
Wenn ich an dich denke
fühle ich wie einen Stein
im Bauch
unsere Unmöglichkeit
unsere Unfähigkeit
uns mitzuteilen, Teile
unseres Fühlens
unserer Trauer,
unserer Angst
umzubenennen.
Risiko, Wagnis, Gefahr spürten wir mit jedem ehrlichen Ton, jeder ehrlichen Stimm- und Stimmungslage, so dass wir uns Zug um Zug einem Geschicklichkeitsspiel auslieferten, und der Sieger war der, der die besseren Wortweichen setzte, um gesprächlichen Gefahrenmomenten zu entgehen. Wir sind Mimen, wir halten unser Selbst verschlossen, verleugnet, halten es geheim, jede Tiefe vermeiden wir aus Angst vor Schmerz und Vernichtung.
Wenn wir darin Profi werden, bedeutet das nur nur einen kurzen Profit. Eines Tages wird das Wechseltierchen Wort zum eigenen Gedanken, dann beginnt die Entfremdung. Der Schutz wird zum Selbst, und das eigentliche Selbst wiederum wird verschüttet. Die Sinne erlahmen. Wir werden zu den erinnerten Stimmen, drehen sie zu laut auf, so dass wir nichts anderes mehr hören, nicht einmal uns selbst. Das Ergebnis unseres Lebenstrainings: streng, angestrengt, in Ketten gelegt. Erlahmen wir beim Gedanken, diese Ketten zu sprengen, die Kraft dafür zu erlangen? Woher sollte sie kommen? Das Außen ist mächtiger. Sind wir das Außen, zum Außen geworden, Geisterfahrer im Nebel unserer Zeit? Wir schützen uns vor dem Leben und missen es zugleich. Sehnsucht nach dem Herzschlag, Angst vor der Atmung. Das Vertrauen in das Leben und in das Überleben berührt den Kern der Furcht. So höhlen wir uns also aus? Oder wir wickeln den Kern in luftdichtes Material? Wir tragen mehrere Schichten von Masken, damit wir nicht gleich in unserer Blöße dastehen.
Doch die ganze Angst, der ganze Schutz macht klar, dass wir noch da sind, dass es uns noch gibt, also können wir die Kraft aufbringen, unsere Fesseln von innen! zu sprengen, uns auszuschälen. Ich möchte lernen. Mag es auch eine Möglichkeit sein, eine Vereinigung mit dem Innersten im Sterben zu erlangen, wie soll ich es denn noch wahrnehmen und spüren? Und der Moment, bevor du weißt, dass du deinem Leben ein Ende setzt, nicht mehr sein wirst, ist zu kurz. Ich kann ihn im Zweifel nicht erinnern und mich nicht daran erfreuen. Ich möchte mir anders begegnen, ich weiß, es wird länger dauern und mühselig sein. Doch wenn ich deine Entscheidung als Alternative betrachte...
bekomme ich Angst, dass mein Traum nur ein Blitzlicht ist, und was ist ein Blitzlicht gegen einen spannenden Film? Es ist heftiger, okay, effektiver, vielleicht lustvoll auf eine Weise (ja, vielleicht bist du von ungeheuerer Euphorie erfüllt in dem Moment..., vielleicht bist du dir so nah wie neu geboren). Dieser Moment, diese kurzendliche Lebenssituation - ist sie es wert, auf allen eigenen Kraftaufwand zu verzichten? Ist es nicht, wenn auch in aller Milde, lustbringend, den Weg zurück in dich mit kleinen Schritten zu gehen und mit jedem Aufsetzen der Fußsohlen, jedem kurzen Kontakt zu spüren, wie du dich deinem Ziel näherst?
Die Leute sagen, du hörtest Stimmen, die dir befahlen, deinen Platz zu räumen. Soll ich dich zurückholen auf diese Welt? Wenn ich es könnte, würdest du heute oder morgen wohl auch nicht glücklicher.
Dein gutes Recht
die Welt zu verlassen
einzig deine Entscheidung
für immer weg zu gehen
Schluss zu machen mit allem
was dir Schmerzen bereitet.
Unsere Gewandtheit war
doch nur ein Gewand
blickdichtes Gewebe
Wortmaschen aus einem
Faden der Verleumdung
zerfledderter Seelen.
Wenn ich an dich denke
fühle ich wie einen Stein
im Bauch
unsere Unmöglichkeit
unsere Unfähigkeit
uns mitzuteilen, Teile
unseres Fühlens
unserer Trauer,
unserer Angst
umzubenennen.
Risiko, Wagnis, Gefahr spürten wir mit jedem ehrlichen Ton, jeder ehrlichen Stimm- und Stimmungslage, so dass wir uns Zug um Zug einem Geschicklichkeitsspiel auslieferten, und der Sieger war der, der die besseren Wortweichen setzte, um gesprächlichen Gefahrenmomenten zu entgehen. Wir sind Mimen, wir halten unser Selbst verschlossen, verleugnet, halten es geheim, jede Tiefe vermeiden wir aus Angst vor Schmerz und Vernichtung.
Wenn wir darin Profi werden, bedeutet das nur nur einen kurzen Profit. Eines Tages wird das Wechseltierchen Wort zum eigenen Gedanken, dann beginnt die Entfremdung. Der Schutz wird zum Selbst, und das eigentliche Selbst wiederum wird verschüttet. Die Sinne erlahmen. Wir werden zu den erinnerten Stimmen, drehen sie zu laut auf, so dass wir nichts anderes mehr hören, nicht einmal uns selbst. Das Ergebnis unseres Lebenstrainings: streng, angestrengt, in Ketten gelegt. Erlahmen wir beim Gedanken, diese Ketten zu sprengen, die Kraft dafür zu erlangen? Woher sollte sie kommen? Das Außen ist mächtiger. Sind wir das Außen, zum Außen geworden, Geisterfahrer im Nebel unserer Zeit? Wir schützen uns vor dem Leben und missen es zugleich. Sehnsucht nach dem Herzschlag, Angst vor der Atmung. Das Vertrauen in das Leben und in das Überleben berührt den Kern der Furcht. So höhlen wir uns also aus? Oder wir wickeln den Kern in luftdichtes Material? Wir tragen mehrere Schichten von Masken, damit wir nicht gleich in unserer Blöße dastehen.
Doch die ganze Angst, der ganze Schutz macht klar, dass wir noch da sind, dass es uns noch gibt, also können wir die Kraft aufbringen, unsere Fesseln von innen! zu sprengen, uns auszuschälen. Ich möchte lernen. Mag es auch eine Möglichkeit sein, eine Vereinigung mit dem Innersten im Sterben zu erlangen, wie soll ich es denn noch wahrnehmen und spüren? Und der Moment, bevor du weißt, dass du deinem Leben ein Ende setzt, nicht mehr sein wirst, ist zu kurz. Ich kann ihn im Zweifel nicht erinnern und mich nicht daran erfreuen. Ich möchte mir anders begegnen, ich weiß, es wird länger dauern und mühselig sein. Doch wenn ich deine Entscheidung als Alternative betrachte...
bekomme ich Angst, dass mein Traum nur ein Blitzlicht ist, und was ist ein Blitzlicht gegen einen spannenden Film? Es ist heftiger, okay, effektiver, vielleicht lustvoll auf eine Weise (ja, vielleicht bist du von ungeheuerer Euphorie erfüllt in dem Moment..., vielleicht bist du dir so nah wie neu geboren). Dieser Moment, diese kurzendliche Lebenssituation - ist sie es wert, auf allen eigenen Kraftaufwand zu verzichten? Ist es nicht, wenn auch in aller Milde, lustbringend, den Weg zurück in dich mit kleinen Schritten zu gehen und mit jedem Aufsetzen der Fußsohlen, jedem kurzen Kontakt zu spüren, wie du dich deinem Ziel näherst?
Die Leute sagen, du hörtest Stimmen, die dir befahlen, deinen Platz zu räumen. Soll ich dich zurückholen auf diese Welt? Wenn ich es könnte, würdest du heute oder morgen wohl auch nicht glücklicher.
Hallo Uschi,
ein starkes Stück! Heftig, deutlich, vor allem aufgrund des Prosateiles, den ich als Teil des Gedichte sehe. Der Text gehört genau dahin, wo er ist. Ohne im wäre dein Gedicht (so gut es auch ist), nicht halb so gut. Eine für mich wirklich gelungene Symbiose von Lyrik und Prosa.
Ich kann nicht sagen, dass ich das gern gelesen habe, aber du weißt schon.
Viele Grüße
Thomas
ein starkes Stück! Heftig, deutlich, vor allem aufgrund des Prosateiles, den ich als Teil des Gedichte sehe. Der Text gehört genau dahin, wo er ist. Ohne im wäre dein Gedicht (so gut es auch ist), nicht halb so gut. Eine für mich wirklich gelungene Symbiose von Lyrik und Prosa.
Ich kann nicht sagen, dass ich das gern gelesen habe, aber du weißt schon.
Viele Grüße
Thomas
Hallo Kratzbürste,
ich stimme Fabian zu - das ist schon schwere Kost, die mir aber schmeckt.
Mir gefällt, dass die Thematik aus der Sicht eines Angehörigen geschildert wird. Im Gedicht kommt die Zerrissenheit und Hilflosigkeit des lyrIchs zum Ausdruck. Einerseits versucht es, sich in die Lage des Toten zu versetzen, ihm das Recht einzugestehen, sein schmerzvolles Leben selbst beendet zu haben; andererseits spürt man auch das schlechte Gewissen und die Schuldfrage, die am Ich nagen.
Was mich etwas verwundert hat, ist, dass mit keinem Wort das Gefühl von Wut zur Sprache kommt, denn auch das ist ein Gefühl, dass Hinterbliebene durchaus kennen.
Bezüglich des Textes gefällt mir, wie Du die Unsicherheiten im Umgang mit dem nun Toten ausgedrückt hast. Es ist wie ein Pulverfass, immer hat man Angst, durch falsche Worte, falsches Handeln, die Lunte zu entzünden. Hilflosigkeit (Rede ich mit ihm darüber, schweige ich besser, welcher ist der richtige Weg?)...Ich schweige, aus Angst.
Und nach seinem Tod - die Schuld (Warum habe ich nichts gesagt, vielleicht hätte ich ihn doch davon abbringen können).
Wut auf ihn (Warum hat er sich mir nicht anvertraut, warum ist er einfach gegangen, ohne ein letztes Wort) und Wut auf mich, noch tausendmal stärker.
Hilflosigkeit…
LG, yamaha
ich stimme Fabian zu - das ist schon schwere Kost, die mir aber schmeckt.
Mir gefällt, dass die Thematik aus der Sicht eines Angehörigen geschildert wird. Im Gedicht kommt die Zerrissenheit und Hilflosigkeit des lyrIchs zum Ausdruck. Einerseits versucht es, sich in die Lage des Toten zu versetzen, ihm das Recht einzugestehen, sein schmerzvolles Leben selbst beendet zu haben; andererseits spürt man auch das schlechte Gewissen und die Schuldfrage, die am Ich nagen.
Was mich etwas verwundert hat, ist, dass mit keinem Wort das Gefühl von Wut zur Sprache kommt, denn auch das ist ein Gefühl, dass Hinterbliebene durchaus kennen.
Bezüglich des Textes gefällt mir, wie Du die Unsicherheiten im Umgang mit dem nun Toten ausgedrückt hast. Es ist wie ein Pulverfass, immer hat man Angst, durch falsche Worte, falsches Handeln, die Lunte zu entzünden. Hilflosigkeit (Rede ich mit ihm darüber, schweige ich besser, welcher ist der richtige Weg?)...Ich schweige, aus Angst.
Und nach seinem Tod - die Schuld (Warum habe ich nichts gesagt, vielleicht hätte ich ihn doch davon abbringen können).
Wut auf ihn (Warum hat er sich mir nicht anvertraut, warum ist er einfach gegangen, ohne ein letztes Wort) und Wut auf mich, noch tausendmal stärker.
Hilflosigkeit…
LG, yamaha
Hallo noch einmal,
Suzuki hat das wirklich wunderbar ausgedrückt, was mir auch schon durch den Kopf gegangen ist. Dem ist nichts mehr hinzuzufügen.
Viele Grüße
Sepp
Suzuki hat das wirklich wunderbar ausgedrückt, was mir auch schon durch den Kopf gegangen ist. Dem ist nichts mehr hinzuzufügen.
Viele Grüße
Sepp
Ach Rod, sorry ...
Ich hatte kurz zuvor das Gedicht von barfly gelesen, das Fabian kommentiert hatte - daher der Schnitzer.
Aber wie ich gerade in der Plauderecke gelesen habe, findest Du die neuen Namen lustig.
Übrigens: Ich heiße nicht Suziki, weil Gem mich schon zu Kermit umgetauft hat,
bis später,
yamaha (alias Kermit und nu och noch Suzuki )
Ich hatte kurz zuvor das Gedicht von barfly gelesen, das Fabian kommentiert hatte - daher der Schnitzer.
Aber wie ich gerade in der Plauderecke gelesen habe, findest Du die neuen Namen lustig.
Übrigens: Ich heiße nicht Suziki, weil Gem mich schon zu Kermit umgetauft hat,
bis später,
yamaha (alias Kermit und nu och noch Suzuki )
Vielen Dank Euch beiden - Rod und Yammi. Hab lange überlegt, ob ich es reinstelle... aber ich finde, es sind auch Gedanken drin, die auf viele Menschen zutreffen, so dass ich hoffe, Denkstoff eingebaut zu haben. Ja? Klingt das heavy? Naja. So kann sowas halt sein/passieren. Mit lustigen Texten hab ich noch nicht so den Vertrag... das muss ich noch üben, will ich aber auch.
DANKE.
LG - Uschi
DANKE.
LG - Uschi
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