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#1
von Margot • Mitglied | 3.054 Beiträge | 3055 Punkte
Im Armenhaus
in Zwischenwelten 02.04.2006 22:46von Margot • Mitglied | 3.054 Beiträge | 3055 Punkte
Im Armenhaus
Am Fenster sitzt die kleine Blonde und zwirbelt eine Haarsträhne. Sie hält ihren Kopf etwas schief und bringt – mal wieder – die Kleinmädchennummer. Ihr Gegenüber fährt voll darauf ab. Ich stelle mir vor, wie sie das mit fünfzig macht und hebe eine Augenbraue.
Mein Blick wandert weiter. Schräg gegenüber hat sich der Schreiber mit der Hornbrille nieder gelassen. Er hat seine Blätter dekorativ auf dem ganzen Tisch drapiert und kaut grüblerisch an einem Kugelschreiber. Die Mädchen, die vorhin hereingekommen sind, beobachten ihn und flüstern miteinander. Ziel erreicht, lieber Schreiber. Auch wenn du nie etwas veröffentlicht hast, reicht dir Gedanke, dass andere denken, du hättest es getan.
Ich rühre in meinem Kaffee, der langsam eine trinkbare Temperatur annimmt. Der ewig gute Freund, den die meisten Frauen bloss als Kummerkasten missbrauchen, redet mit einer jungen Frau, die vorhin noch geweint hat. Er gibt einen Witz zum Besten und wirklich, sie lächelt ein wenig. Auch heute wird er wieder, mit dem nicht ernst gemeinten Versprechen, nach Hause gehen, dass sie ihn anrufen wird.
Heute ist nicht viel los im Armenhaus. Ich vermisse den schwulen Künstler, der einem jedes Mal ein schlechtes Gewissen macht, weil man doch tolerant sein muss und es nicht eklig finden darf, wenn man sieht, wie er einen anderen Mann vor der Toilette abknutscht.
Auch die kleine Dicke, die immer so weite Hemden trägt, damit man ihre Speckrollen nicht sieht, ist heute nicht da. Sie bestellt immer nur ein Mineralwasser. Ich habe sie noch nie etwas Essen gesehen. Mir fällt auf, dass ich eigentlich selten Dicke essen sehe und ich nehme aus dem Körbchen ein Croissant.
Noch während ich am Kauen bin geht die Tür auf und die Vermissten treten ein. Der Künstler setzt sich an die Bar, bestellt einen Weisswein, die Dicke plaziert sich neben das Kuchenbuffet und bittet um ein Mineralwasser.
Wir sind komplett.
© Margot S. Baumann
N`Abend Margot,
irgendwie kommen sie mir alle bekannt vor, die Personen, die sich da im Armenhaus versammeln. Mit ein paar schnellen Federskizzen hast du sie so lebendig werden lassen, dass ich fast noch ein bißchen mehr über sie erfahren möchte. Wären sie nicht, naja...
Unsere schnellen Urteile über Menschen - wer macht da nicht gleich in Gedanken mit....? Umso treffender dein Schluß, der alle Arroganz mit einem Schlag wegwischt...
Es sind die Ärmsten, die über die Armen lästern.
Grüße aus der Berliner Filiale
Ulli
irgendwie kommen sie mir alle bekannt vor, die Personen, die sich da im Armenhaus versammeln. Mit ein paar schnellen Federskizzen hast du sie so lebendig werden lassen, dass ich fast noch ein bißchen mehr über sie erfahren möchte. Wären sie nicht, naja...
Unsere schnellen Urteile über Menschen - wer macht da nicht gleich in Gedanken mit....? Umso treffender dein Schluß, der alle Arroganz mit einem Schlag wegwischt...
Es sind die Ärmsten, die über die Armen lästern.
Grüße aus der Berliner Filiale
Ulli
#3
von Gemini • Long Dong Silver | 3.094 Beiträge | 3130 Punkte
Im Armenhaus
in Zwischenwelten 02.04.2006 23:23von Gemini • Long Dong Silver | 3.094 Beiträge | 3130 Punkte
Hallo Margot
Den Text finde ich gut, nur hätte es mir besser gefallen, wenn er etwas im Unklaren geblieben wäre. Ich meine, dass der Titel schon preisgibt um was es sich handelt. Die Verlierer hätten sich doch ohnehin von selbst entlarvt.
So würde es mir besser gefallen und man müsste selbst mehr mitdenken.
LG Gem
Den Text finde ich gut, nur hätte es mir besser gefallen, wenn er etwas im Unklaren geblieben wäre. Ich meine, dass der Titel schon preisgibt um was es sich handelt. Die Verlierer hätten sich doch ohnehin von selbst entlarvt.
So würde es mir besser gefallen und man müsste selbst mehr mitdenken.
LG Gem
#4
von Margot • Mitglied | 3.054 Beiträge | 3055 Punkte
Im Armenhaus
in Zwischenwelten 03.04.2006 08:51von Margot • Mitglied | 3.054 Beiträge | 3055 Punkte
Tach die Herren
Ich weiss nicht, ob es mehr zu erfahren gäbe, wahrscheinlich schon, aber es ging mir hier eher drum, einen Charakter in zwei, drei Sätzen zu beschreiben. Wie Ulli sagte, über Menschen zu berichten, die wir alle auf die eine oder andere Weise kennen oder meinen zu kennen und das Urteil, das wir über sie gefällt haben. Eigentlich völlig subjektiv und aus dem Bauch heraus über Fremde zu richten und sie doch irgendwie zu mögen, weil eine - wenn auch nur örtliche und zeitliche - Verbindung besteht.
Und ja, der Titel verrät Einiges. Aber doch eher über den Erzähler. Es sollte ja auch keine Kurzgeschichte mit einem Höhepunkt werden. Gedanken macht man sich (hoffentlich) auch dann noch, wenn man nicht mehr an Oliver Twist denkt.
Huch, das war jetzt aber viel Gequatsche, über wenig Stoff.
Danke für die Rückmeldung zu dieser kleinen Milieustudie.
Grüsse
Margot
Ich weiss nicht, ob es mehr zu erfahren gäbe, wahrscheinlich schon, aber es ging mir hier eher drum, einen Charakter in zwei, drei Sätzen zu beschreiben. Wie Ulli sagte, über Menschen zu berichten, die wir alle auf die eine oder andere Weise kennen oder meinen zu kennen und das Urteil, das wir über sie gefällt haben. Eigentlich völlig subjektiv und aus dem Bauch heraus über Fremde zu richten und sie doch irgendwie zu mögen, weil eine - wenn auch nur örtliche und zeitliche - Verbindung besteht.
Und ja, der Titel verrät Einiges. Aber doch eher über den Erzähler. Es sollte ja auch keine Kurzgeschichte mit einem Höhepunkt werden. Gedanken macht man sich (hoffentlich) auch dann noch, wenn man nicht mehr an Oliver Twist denkt.
Huch, das war jetzt aber viel Gequatsche, über wenig Stoff.
Danke für die Rückmeldung zu dieser kleinen Milieustudie.
Grüsse
Margot
#5
von Knud_Knudsen • Mitglied | 994 Beiträge | 994 Punkte
Im Armenhaus
in Zwischenwelten 03.04.2006 12:53von Knud_Knudsen • Mitglied | 994 Beiträge | 994 Punkte
Hi Margot,
im Grunde genommen ist es eine gute und gelungene Anreihung kommentierter Polaroidbilder, die Dein Charakter hier wie eine Art Daumenkino präsentiert. Gefällt mir.
Die Beschreibungen der beobachteten Charaktere sind nicht zu flüchtig und nicht zu überladen, gerade richtig für meinen Geschmack.
Dass der Titel etwas vorweg nimmt, stimmt zwar und das ist auch ein wenig schade, aber ob Deiner Beschreibungen bin ich eher auf die Personen und ihr Tun fixiert, so daß dieser Aspekt für mich wieder ein wenig in den Hintergrund rückt, um dann am Ende wieder aufgreifbar zu sein.
Die Szenerie des Armenhauses mag zwar passend erscheinen, um allseits Bekannte prosaisch zu verfremden, doch erkennbar zu halten und ihnen gleichsam eine Wertung eben durch diesen metaphorischen Übertrag zukommen zu lassen, beißt sich aber meines Erachtens mit so manchen dargestellten Begebenheiten allzu sehr: einen frisch aufgebrühten, dampfenden Kaffee, der einer trinkbaren Temperatur entgegenzittert, lasse ich gerne gelten (im übrigen sehr gute Formulierung und treffliches Handreichen zum beobachtenden Status des Erzählers), bei dem Kuchenbuffet hebe ich jedoch in bezug auf die Lokalität schon die Augenbraue und bei dem Weißwein, der im Armenhaus um die Ecke nicht gerade auf der Wochenkarte steht, ganz zu schweigen von der Bar, kneife ich dann schon die Augen zusammen.
Sicherlich sind Überträge von Charakteren und Handlungsfäden immer eine schöne Sache, um - wie gesagt - dem Ganzen eine immanente Wertung oder eine Entlehnung ins Fiktive zukommen zu lassen, aber diese Stellen beißen sich allzu sehr mit der Lokalität, so daß Du Dich hier ein wenig selbst aushebelst. Der beobachtende Charakter gibt auch an keiner Stelle Anlaß dazu, seine Bilder zu bezweifeln, er wirkt weder verwirrt noch erschließen sich auf einer anderen Ebene Vermtungen, dass er an Wahrnehmungsverkrümmung leidet.
Nichtsdestotrotz ist die Geschichte einladend und gut geschrieben, aber an den besagten Stellen läuft es mir zu sehr aus dem Ruder.
Gen Ende macht es den Anschein, als habest Du da ein wenig mit der heißen Nadel gestrickt:
"Noch während ich am Kauen bin"
In meinen Augen etwas ungelenk respektive dopplet gemoppelt: "noch während" gibt als Formulierung bereits an, dass der Vorgang noch im Geschehen befindlich ist, "am Kauen bin" schaffst das ebenso. Noch während ich kaue wäre hier vielleicht schöner. Tätigkeitsbeschreibungen der Machart "ich am (Verb)" haben zumeist den faden Beigeschmack einer deutsch-gelutschten Continuousform, aber das kann auch eine persönliche Macke von mir sein.
"(...), die Dicke (e.g. plaziert sich) neben das Kuchenbuffet und bittet um ein Mineralwasser"
Zwar knüpft dieser Nebensatz direkt an den Hauptsatz und das bestimmende Verb an, so dass es ist legitim wäre, das Verb hier wegzulassen, jedoch liest es sich eindeutig flüssiger, wenn Du hier noch eines einstrickst.
Eventuell bin ich auch gegen Ende einfach der Korinthenka(c)kophonie verfallen, das aber wenn nur aus dem Grunde, weil die Geschichte ansonsten für mich wie aus einem guten Schreibguß erscheint.
Liebe Grüße
apple
im Grunde genommen ist es eine gute und gelungene Anreihung kommentierter Polaroidbilder, die Dein Charakter hier wie eine Art Daumenkino präsentiert. Gefällt mir.
Die Beschreibungen der beobachteten Charaktere sind nicht zu flüchtig und nicht zu überladen, gerade richtig für meinen Geschmack.
Dass der Titel etwas vorweg nimmt, stimmt zwar und das ist auch ein wenig schade, aber ob Deiner Beschreibungen bin ich eher auf die Personen und ihr Tun fixiert, so daß dieser Aspekt für mich wieder ein wenig in den Hintergrund rückt, um dann am Ende wieder aufgreifbar zu sein.
Die Szenerie des Armenhauses mag zwar passend erscheinen, um allseits Bekannte prosaisch zu verfremden, doch erkennbar zu halten und ihnen gleichsam eine Wertung eben durch diesen metaphorischen Übertrag zukommen zu lassen, beißt sich aber meines Erachtens mit so manchen dargestellten Begebenheiten allzu sehr: einen frisch aufgebrühten, dampfenden Kaffee, der einer trinkbaren Temperatur entgegenzittert, lasse ich gerne gelten (im übrigen sehr gute Formulierung und treffliches Handreichen zum beobachtenden Status des Erzählers), bei dem Kuchenbuffet hebe ich jedoch in bezug auf die Lokalität schon die Augenbraue und bei dem Weißwein, der im Armenhaus um die Ecke nicht gerade auf der Wochenkarte steht, ganz zu schweigen von der Bar, kneife ich dann schon die Augen zusammen.
Sicherlich sind Überträge von Charakteren und Handlungsfäden immer eine schöne Sache, um - wie gesagt - dem Ganzen eine immanente Wertung oder eine Entlehnung ins Fiktive zukommen zu lassen, aber diese Stellen beißen sich allzu sehr mit der Lokalität, so daß Du Dich hier ein wenig selbst aushebelst. Der beobachtende Charakter gibt auch an keiner Stelle Anlaß dazu, seine Bilder zu bezweifeln, er wirkt weder verwirrt noch erschließen sich auf einer anderen Ebene Vermtungen, dass er an Wahrnehmungsverkrümmung leidet.
Nichtsdestotrotz ist die Geschichte einladend und gut geschrieben, aber an den besagten Stellen läuft es mir zu sehr aus dem Ruder.
Gen Ende macht es den Anschein, als habest Du da ein wenig mit der heißen Nadel gestrickt:
Zitat: |
Noch während ich am Kauen bin(,) geht die Tür auf und die Vermissten treten ein. Der Künstler setzt sich an die Bar, bestellt einen Weisswein, die Dicke (e.g. plaziert sich) neben das Kuchenbuffet und bittet um ein Mineralwasser. |
"Noch während ich am Kauen bin"
In meinen Augen etwas ungelenk respektive dopplet gemoppelt: "noch während" gibt als Formulierung bereits an, dass der Vorgang noch im Geschehen befindlich ist, "am Kauen bin" schaffst das ebenso. Noch während ich kaue wäre hier vielleicht schöner. Tätigkeitsbeschreibungen der Machart "ich am (Verb)" haben zumeist den faden Beigeschmack einer deutsch-gelutschten Continuousform, aber das kann auch eine persönliche Macke von mir sein.
"(...), die Dicke (e.g. plaziert sich) neben das Kuchenbuffet und bittet um ein Mineralwasser"
Zwar knüpft dieser Nebensatz direkt an den Hauptsatz und das bestimmende Verb an, so dass es ist legitim wäre, das Verb hier wegzulassen, jedoch liest es sich eindeutig flüssiger, wenn Du hier noch eines einstrickst.
Eventuell bin ich auch gegen Ende einfach der Korinthenka(c)kophonie verfallen, das aber wenn nur aus dem Grunde, weil die Geschichte ansonsten für mich wie aus einem guten Schreibguß erscheint.
Liebe Grüße
apple
#7
von Margot • Mitglied | 3.054 Beiträge | 3055 Punkte
Im Armenhaus
in Zwischenwelten 03.04.2006 18:21von Margot • Mitglied | 3.054 Beiträge | 3055 Punkte
Hi Knud, hi apple
Danke schon mal füs Lesen und Kommentieren.
@ Knud
Genau, da hast du Recht, das können sie sein. Ich sage ja auch nichts Gegenteiliges.
@ apple
Ich würde auch sagen, dass Weisswein und ein Kuchenbuffet nicht in ein Armenhaus passen, aber es ist ja keins. Das Armenhaus bezieht sich auf die Charaktere. Jeder der Anwesenden, spielt eine Rolle, ist also nicht sich selber und daher arm dran. Das meinte ich eigentlich mit dem Titel. Ich dachte, nach den eingegangenen Kommentaren, wäre das ersichtlich...
Für die Rechtschreibhilfe danke ich dir. Wobei ich beim Kauen nicht überzeugt bin. In meinen (Schweizer)Ohren klingt das normal und üblich, aber da kann ich mich auch täuschen. Beim fehlenden Verb gebe ich dir Recht, das werde ich ändern - thx a lot!
Grüsse
Margot
Danke schon mal füs Lesen und Kommentieren.
@ Knud
Genau, da hast du Recht, das können sie sein. Ich sage ja auch nichts Gegenteiliges.
@ apple
Ich würde auch sagen, dass Weisswein und ein Kuchenbuffet nicht in ein Armenhaus passen, aber es ist ja keins. Das Armenhaus bezieht sich auf die Charaktere. Jeder der Anwesenden, spielt eine Rolle, ist also nicht sich selber und daher arm dran. Das meinte ich eigentlich mit dem Titel. Ich dachte, nach den eingegangenen Kommentaren, wäre das ersichtlich...
Für die Rechtschreibhilfe danke ich dir. Wobei ich beim Kauen nicht überzeugt bin. In meinen (Schweizer)Ohren klingt das normal und üblich, aber da kann ich mich auch täuschen. Beim fehlenden Verb gebe ich dir Recht, das werde ich ändern - thx a lot!
Grüsse
Margot
Hi Margot,
naja, "Im Armenhaus" ist für mich wirklich zu weit hergeholt - sicher bezieht sich das auf die Charaktere, das ist klar, schrieb ich auch, aber der Titel impliziert eine Lokalität, in der sich die Leute eben nicht befinden - daran stoße ich mich gehörig, keine Ahnung warum. Vielleicht will ich sie einfach da sehen ... Du kennst doch meinen verqueren Schädel.
Ein aufgeführtes Theaterstück unter dem Titel "Im Armenhaus", nach dessen Ende sich Schaupieler, Statisten und sonstige Mitarbeiter als "anders ärmlich" herausstellen, hätte ich irgendwie sinniger gefunden. Also wenn die Bretter vor den jeweiligen Köpfen die Welt bedeuten und ihr eigenes Armenhaus zimmern. Aber da spricht wieder mein Querschädel
Kein Dank im übrigen
LG apple
naja, "Im Armenhaus" ist für mich wirklich zu weit hergeholt - sicher bezieht sich das auf die Charaktere, das ist klar, schrieb ich auch, aber der Titel impliziert eine Lokalität, in der sich die Leute eben nicht befinden - daran stoße ich mich gehörig, keine Ahnung warum. Vielleicht will ich sie einfach da sehen ... Du kennst doch meinen verqueren Schädel.
Ein aufgeführtes Theaterstück unter dem Titel "Im Armenhaus", nach dessen Ende sich Schaupieler, Statisten und sonstige Mitarbeiter als "anders ärmlich" herausstellen, hätte ich irgendwie sinniger gefunden. Also wenn die Bretter vor den jeweiligen Köpfen die Welt bedeuten und ihr eigenes Armenhaus zimmern. Aber da spricht wieder mein Querschädel
Kein Dank im übrigen
LG apple
Hi Marge!
Mir gefällt das und ich finde den Titel sehr gelungen, nur hätte ich ihn im Text selbst komplett weggelassen, dort stört er mich.
Ansonste empfinde ich fast alles als sehr stimmig, erfreche mich aber auch einiger Anmerkungen. Mal schauen, wie du darüber denkst:
und bringt – mal wieder – die Kleinmädchennummer
„einmal mehr“ anstelle der unpassenden Gedankenstriche und des ugs. „mal wieder“?
wie sie das mit fünfzig macht
„(noch) mit Fünfzig macht“ – Wie alt ist sie denn? Oder meintest du die Vorstellung, wie sie das mit fünfzig anderen Männern macht?
reicht dir Gedanke, dass andere denken
„reicht der Gedanke, (du hättest es getan)“ würde doch reichen. Wenn nicht, fehlt mindestens der bestimmte Artikel.
wieder, mit dem nicht ernst gemeinten Versprechen, nach Hause gehen
Hier wird kein Komma benötigt.
redet mit einer jungen Frau, die vorhin noch geweint hat
Die "junge Frau" ist hier überflüssig, da das Objekt der Begierde schon im vorangegangenen Einschub benannt wurde.
Heute ist nicht viel los im Armenhaus.
Wie gesagt, das Armenhaus muss hier weg, da es aus Sicht der Ich-Erzählerin seltsam und unaufrichtig wirkt.
so weite Hemden trägt, damit man ihre Speckrollen nicht sieht
Das ist für mich eine tatsächlich üble Stelle, da jeder weiß, warum sie so weite Hemden trägt. Die ausgeschriebenen Speckrollen sind degoutant, bitte weglassen!
noch nie etwas Essen gesehen
"nie essen (ge)sehen"
Noch während ich am Kauen bin
Wenn sie auch bezüglich des Titels vollkommen falsch liegt, hier liegt apple grundsätzlich richtig, wenn es mir auch als lässliche Sünde erscheint.
setzt sich an die Bar, bestellt einen Weisswein, die Dicke...
Etwas unglückliche Aufzählung; das Setzen und Bestellen hätte ich hier analog mit einem "und" verbunden und lediglich den Künstler von der Dicken mit einem Komma separiert.
Tja, da kommt schon etwas zusammen. Um so beeindruckender, dass du dennoch beeindrucken konntest.
DG
Mattes
Mir gefällt das und ich finde den Titel sehr gelungen, nur hätte ich ihn im Text selbst komplett weggelassen, dort stört er mich.
Ansonste empfinde ich fast alles als sehr stimmig, erfreche mich aber auch einiger Anmerkungen. Mal schauen, wie du darüber denkst:
und bringt – mal wieder – die Kleinmädchennummer
„einmal mehr“ anstelle der unpassenden Gedankenstriche und des ugs. „mal wieder“?
wie sie das mit fünfzig macht
„(noch) mit Fünfzig macht“ – Wie alt ist sie denn? Oder meintest du die Vorstellung, wie sie das mit fünfzig anderen Männern macht?
reicht dir Gedanke, dass andere denken
„reicht der Gedanke, (du hättest es getan)“ würde doch reichen. Wenn nicht, fehlt mindestens der bestimmte Artikel.
wieder, mit dem nicht ernst gemeinten Versprechen, nach Hause gehen
Hier wird kein Komma benötigt.
redet mit einer jungen Frau, die vorhin noch geweint hat
Die "junge Frau" ist hier überflüssig, da das Objekt der Begierde schon im vorangegangenen Einschub benannt wurde.
Heute ist nicht viel los im Armenhaus.
Wie gesagt, das Armenhaus muss hier weg, da es aus Sicht der Ich-Erzählerin seltsam und unaufrichtig wirkt.
so weite Hemden trägt, damit man ihre Speckrollen nicht sieht
Das ist für mich eine tatsächlich üble Stelle, da jeder weiß, warum sie so weite Hemden trägt. Die ausgeschriebenen Speckrollen sind degoutant, bitte weglassen!
noch nie etwas Essen gesehen
"nie essen (ge)sehen"
Noch während ich am Kauen bin
Wenn sie auch bezüglich des Titels vollkommen falsch liegt, hier liegt apple grundsätzlich richtig, wenn es mir auch als lässliche Sünde erscheint.
setzt sich an die Bar, bestellt einen Weisswein, die Dicke...
Etwas unglückliche Aufzählung; das Setzen und Bestellen hätte ich hier analog mit einem "und" verbunden und lediglich den Künstler von der Dicken mit einem Komma separiert.
Tja, da kommt schon etwas zusammen. Um so beeindruckender, dass du dennoch beeindrucken konntest.
DG
Mattes
#11
von Margot • Mitglied | 3.054 Beiträge | 3055 Punkte
Im Armenhaus
in Zwischenwelten 04.04.2006 11:19von Margot • Mitglied | 3.054 Beiträge | 3055 Punkte
Hi Mattes
Vielen Dank für die intensive Beschäftigung mit den Zeilen. Wie du sagst, erstaunlich, dass es doch noch zu gefallen weiss; du hast ja praktisch alles bemängelt. Wenn ich daran denke, wie ich meinen Roman (klingt gut, gelle ) geschrieben habe, sehe ich nur noch rot. Es ist mir auch langsam etwas peinlich, dass ihr diesen paar Sätzen so viel Beachtung schenkt, hätten doch andere Werke eure Aufmerksamkeit weitaus mehr verdient.
Ich muss aber grundsätzlich zum Schreiben etwas anmerken. Ein Autor - in diesem Falle ich – setzt sich meist nicht einfach hin und fängt etwas an zu schreiben und am Ende ist er froh und glücklich, was daraus entstanden ist. In diesem Falle sind umgangssprachliche Wendungen, degoutante Ausdrücke, Sarkasmus und Ironie des Protagonisten durchaus gewollt und beabsichtigt. Jeder Mensch hat eine andere Art zu reden und sich mitzuteilen. Aus dem Gesprochenen kann man, wenn’s gut gemacht ist, herauslesen, welche Bildung er genossen hat, wie seine Haltung gegenüber dem Leben, seinen Mitmenschen u.Ä. ist. Kurz gesagt, man kann ihn von Herrn Müller und Frau Meier unterscheiden. Da jetzt diese Studie nicht von einem Über-Ich – also einem über allem schwebenden Berichterstatter - erzählt wird, sondern von jemandem, der sich den anderen – aus was für Gründen auch immer - zugehörig fühlt, ist die Färbung seines Charakters aus dem Geschriebenen (Erzählten) herauszulesen. Oder sollte sie wenigstens sein. *g Das kann natürlich vollkommen in die Hosen gehen und/oder ich bin einfach nicht gut genug, um das rüberzubringen, aber immer steht da ein Gedanke dahinter und jede meiner „Geschichten“ hat eine andere, aber immer bewusst gewählte Erzählweise.
Überarbeitung von Prosa geht bei mir immer etwas länger, ich werde aber sicher deine Tipps dabei berücksichtigen. Merci beaucoup.
Gruss
Margot
Vielen Dank für die intensive Beschäftigung mit den Zeilen. Wie du sagst, erstaunlich, dass es doch noch zu gefallen weiss; du hast ja praktisch alles bemängelt. Wenn ich daran denke, wie ich meinen Roman (klingt gut, gelle ) geschrieben habe, sehe ich nur noch rot. Es ist mir auch langsam etwas peinlich, dass ihr diesen paar Sätzen so viel Beachtung schenkt, hätten doch andere Werke eure Aufmerksamkeit weitaus mehr verdient.
Ich muss aber grundsätzlich zum Schreiben etwas anmerken. Ein Autor - in diesem Falle ich – setzt sich meist nicht einfach hin und fängt etwas an zu schreiben und am Ende ist er froh und glücklich, was daraus entstanden ist. In diesem Falle sind umgangssprachliche Wendungen, degoutante Ausdrücke, Sarkasmus und Ironie des Protagonisten durchaus gewollt und beabsichtigt. Jeder Mensch hat eine andere Art zu reden und sich mitzuteilen. Aus dem Gesprochenen kann man, wenn’s gut gemacht ist, herauslesen, welche Bildung er genossen hat, wie seine Haltung gegenüber dem Leben, seinen Mitmenschen u.Ä. ist. Kurz gesagt, man kann ihn von Herrn Müller und Frau Meier unterscheiden. Da jetzt diese Studie nicht von einem Über-Ich – also einem über allem schwebenden Berichterstatter - erzählt wird, sondern von jemandem, der sich den anderen – aus was für Gründen auch immer - zugehörig fühlt, ist die Färbung seines Charakters aus dem Geschriebenen (Erzählten) herauszulesen. Oder sollte sie wenigstens sein. *g Das kann natürlich vollkommen in die Hosen gehen und/oder ich bin einfach nicht gut genug, um das rüberzubringen, aber immer steht da ein Gedanke dahinter und jede meiner „Geschichten“ hat eine andere, aber immer bewusst gewählte Erzählweise.
Überarbeitung von Prosa geht bei mir immer etwas länger, ich werde aber sicher deine Tipps dabei berücksichtigen. Merci beaucoup.
Gruss
Margot
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