#1

Heissfahrt

in Natur 08.09.2006 18:18
von kein Name angegeben • ( Gast )
Heissfahrt


Metallner Drachenschlund speit Flammensäulen
ins wallend aufgeblähte Stoffgewebe.
Geflochtner Weidenkorb: In sanfter Schwebe
entflieht er uns des Abendwindes Heulen.

Gemut vertrau ich mich der Luft zur Reise;
send bangen Blick der festgewohnten Erde,
wo andernorts ich wiederkehren werde.
Bin Fahrender auf launig Windgeleise.

Geheimnisvolle Kraft den Wagen hebt,
der ungewissem Ziel entgegenschwebt.
In seinem Dache glühen Feuerspiele.

Und trotz ich festen Tritts im Korbe steh',
gedenk ich still der Brüder Montgolfier;
dass ich nicht „unbedacht“ vom Himmel fiele.


Hörtext

.

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#2

Heissfahrt

in Natur 08.09.2006 21:07
von Haselnuss (gelöscht)
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In deinen Versen baust du eine sehr interessante Assoziation auf. Perfekt die Verbindung zu Montgolfier, auch im weiteren Sinn. Die Metaphern sind mit so großem Geschick ausgewählt, dass man die Augen schließen muss, um doppelt sehen zu können. Die Vortragsstimme verfehlt nicht, den Inhalt der Verse wirkungsvoll zu unterstützen. 'launig Windgeleise' - ein exellentes Wortgebilde, ohne, dass es künstlich wirkt. Und dann das 'unbedacht' mit seinen verschiedenen Verwendungsmöglichkeiten. Super!

Bosco, meiner Meinung nach hast du wirklich das meist Mögliche aus den Worten herausgeholt. Ich bin begeistert, als Leserin und als Schreiberin, und würde mir wünschen, dass dein Schreibstil - wie dieser - auf viele User abfärben möchte.

Lieben Gruß
Haselnuss

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#3

Heissfahrt

in Natur 09.09.2006 09:48
von kein Name angegeben • ( Gast )
@Haselnuss

....nun!
....ähem!

....fast sprachlos...
...nehme ich dieses toll formulierte Lob sehr gerne entgegen!

Mir gefällt, wie du dich mit den Zeilen auseinander gesetzt hast und dabei meiner Intention sehr nahe gekommen bist.

Gerne habe ich dich mitgenommen, auf diese heisse, leise Fahrt.

in einem anderen Forum störten sich einige an der Form (Sonett)
Ich habe daher noch eine Version II gemacht, die ich dir nicht vorenthalten möchte.

Auch die Hörversion dazu, die ausnahmsweise mal mit Musik unterlegt ist.
Auch dies gab bereits Anlass zu Diskussionen! Pro/Kontra.


Heissfahrt II

Rot erglühen lange Flammenzungen,
blähen, wallend heiss, das Stoffgewebe.
Lastgewicht der Schwerkraft abgerungen,
steigt der Weidenkorb in sanfter Schwebe.

Zagt mein Blick noch etwas Richtung Erde,
Trau ich doch der Luft mich an zur Reise.
Anderwärts ich wiederkehren werde.
Launig folgt die Fahrt dem Windgeleise.

Unter mir zieh’n bunte Felder hin,
Höhenrausch verzaubert meine Musen.
Abendrotbetüncht erscheint dem Sinn,
sanft gewölbten Horizont als Busen.

Wie ich festen Tritts im Korbe steh',
fliehen achtungsvoll mir die Gedanken.
hin zu den Gebrüdern Montgolfier;
sie durchbrachen uns der Luftfahrt Schranken.

Hörtext: Heissfahrt II

Gruss

Bosco

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#4

Heissfahrt

in Natur 09.09.2006 10:07
von Margot • Mitglied | 3.054 Beiträge | 3055 Punkte
Hi Bosco

Ja, das gefällt mir auch sehr gut! Ich bin zwar noch nie in einem Heissluftballon gefahren, doch kann ich mir dieses Schauspiel, anhand Deiner Zeilen, jetzt plastisch vorstellen. Die Erwartung, Vorfreude, dieses „über-den-Wolken-Gefühl“ mit der dazugehörenden Portion Freiheit und natürlich auch ein wenig Unwohlsein, gepaart mit der Angst, abzustürzen.
Mir gefällt die 1. Version besser. Sie ist verdichteter und hat diesen altertümlichen Touch, der mich immer wieder anspricht und zu begeistern weiss.

Gruss
Margot

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#5

Heissfahrt

in Natur 09.09.2006 18:29
von Haselnuss (gelöscht)
avatar
Ja, so ist es, Bosco! Die Gebrüder Montgolfier sind die Schlüsselfiguren, die uns in ein neues Zeitalter geführt haben, mit allem, was sich daraus ergab und ergibt.

Deine zweite Version gefällt mir, in Verbindung mit der musikalischen Untermalung, noch besser als die erste. (Aber die roten Flammenzungen sind mir tonlich eine Diskrepanz zu dem Vogelgezwitscher am Anfang.) Nur durch eine verhältnismäßig kleine Veränderung der Worte ist die Aussage doch schon variiert. Sie klingt, als hättest du meine Gedanken/Intention erahnt.

Und so lege ich dir meine Nuance als Weiterführung deiner Verse offen. Sie schweift ein wenig von dem ab, was du ausgedrückt hast:

>>>
Warmer Lufthauch streicht die Glieder mir,
schmilzt die Starre, die mir auferzwungen.
Kehlig' Sehnen drängt hinaus zu dir,
der du doch so oft mir zugewunken.

Sanftes Lächeln schick' ich mir voraus,
dass es dich wie einst im Herz berühre.
Warte noch ein wenig, mein Zuhaus',
bis ich dich und mich auf's Neu verführe!
<<<

Lieben Gruß
Haselnuss

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#6

Heissfahrt

in Natur 11.09.2006 15:49
von Nonverbal • Mitglied | 407 Beiträge | 407 Punkte
hallo bosco,

ein tolles gedicht das eine ballonfahrt toll beschreibt. am besten hat mir gefallen:

"Bin Fahrender auf launig Windgeleise"

Der Reim ist toll Reise/Geleise

"ich möchte dich zum Himmel heben
deine silhouette in die Lüfte weben!

LG Franzi



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#7

Heissfahrt

in Natur 11.09.2006 17:01
von kein Name angegeben • ( Gast )
@Margot

Habt dank, edle Freundin der "altertümlichen" Sprache.
Gern nahm ich euch mit auf die luftige Reise der Phantasie.
Denn ich gebe zu, wenn auch ungern, dass ich selbst auch noch nie dieses Vergnügen hatte. Doch vermochte mir die Sehnsucht nach solcherlei Reisen das Glücksgefühl so nah empfinden lassen, dass ich es derlei niederschreiben konnte.

@Haselnuss

Auch dir nochmals lieben Dank für die netten Worte und die gelungene Fortführung. Wohl in eine andere Richtung, wie wahr! Doch wie ich schon so treffend bemerkte - ein launig Windgeleise!
Auch der Dichter weiss oft nicht, wohin es ihn trägt!

Allein, das "kehlige Sehnen" will sich mir nicht so recht erschliessen.


@Nonverbal

Danke! Und ja, auf diese Zeile bin ich auch stolz!

Dein schöner Zweizeiler spricht ja wohl den Ballon an, nicht mich! Oder ?

Gruss an Alle

Bosco




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#8

Heissfahrt

in Natur 12.09.2006 01:10
von Haselnuss (gelöscht)
avatar
Hallo Bosco!
Du schriebst:
>>>Auch dir nochmals lieben Dank für die netten Worte und die gelungene Fortführung. Wohl in eine andere Richtung, wie wahr! Doch wie ich schon so treffend bemerkte - ein launig Windgeleise!
Auch der Dichter weiss oft nicht, wohin es ihn trägt!

Allein, das "kehlige Sehnen" will sich mir nicht so recht erschliessen.
<<<

Ich habe mir die Freiheit genommen, in meine Richtung zu denken, wobei mir das 'launige Windgeleise' im Kopf bleibt, steht es doch nicht nur in deinen Versen. Aber einem richtigen Dichter ist es doch gleich, wohin es ihn trägt, oder? Er lebt sowieso in einer anderen Welt.

Ja, das 'kehlige Sehnen' passt nicht in deine Interpretation meiner Verse.

Jedenfalls habe ich Deine beiden Werke genossen, wenn auch meine Interpretation deiner Aussage und Intention nicht folgte. Das ist dann das Ergebnis, wenn man so gut schreiben kann wie du. Vielleicht hätte ich mehr auf den Titel deines Stücks achten sollen. Aber dann wäre die Romantik einer schnöden Technik gewichen.

Ich wünsche dir eine recht baldige Realisierung deiner Fantasie! Oder nein - besser nicht.

Liebe Grüße
Haselnuss

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