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Bei dir
Du liegst im Bett und schnarchst so vor dich hin,
ein Speichelfaden tropft von deinen Lippen;
es riecht nach Rotwein, Zigarettenkippen.
Und mir wird klar, wie gern ich bei dir bin.
Es wurde spät, wir hatten einen Streit,
und viel getrunken, bis wir beide weinten,
weil Worte fielen, die wir nicht so meinten,
von Schuldzuweisung und Vergänglichkeit.
Das Wissen vieler Tage tat uns weh,
es kam der Punkt, wo wir zu sterben dachten,
bis wir begriffen und ganz lauthals lachten,
dann tanzten wir, ich trat dir auf den Zeh.
So fiel uns alles Schwere von der Brust,
wir sprachen aus und hielten uns die Hände,
wir liebten uns, als wär die Welt zu Ende,
als hätten wir uns immer schon gewusst.
Das ist jetzt wohl der vierte Neubeginn:
als ich dich küsse, deine Lippen lecke,
drehst du dich weg, vergräbst dich in der Decke,
und mir wird klar, wie gern ich bei dir bin.
Du liegst im Bett und schnarchst so vor dich hin,
ein Speichelfaden tropft von deinen Lippen;
es riecht nach Rotwein, Zigarettenkippen.
Und mir wird klar, wie gern ich bei dir bin.
Es wurde spät, wir hatten einen Streit,
und viel getrunken, bis wir beide weinten,
weil Worte fielen, die wir nicht so meinten,
von Schuldzuweisung und Vergänglichkeit.
Das Wissen vieler Tage tat uns weh,
es kam der Punkt, wo wir zu sterben dachten,
bis wir begriffen und ganz lauthals lachten,
dann tanzten wir, ich trat dir auf den Zeh.
So fiel uns alles Schwere von der Brust,
wir sprachen aus und hielten uns die Hände,
wir liebten uns, als wär die Welt zu Ende,
als hätten wir uns immer schon gewusst.
Das ist jetzt wohl der vierte Neubeginn:
als ich dich küsse, deine Lippen lecke,
drehst du dich weg, vergräbst dich in der Decke,
und mir wird klar, wie gern ich bei dir bin.
Hallo Fabian,
Es fasziniert mich Dein Gedicht. Dieses scheinbar jämmerliche Glück, dass vielleicht nur jämmerlich ist, weil grade diese Facetten des Versagens in Kleinigkeiten so betont zu sein scheinen.
Speichelfaden, schlechter Atem, zuviel getrunken, Streit, der ungeschickte Tritt auf den Fuß. Nein, das ist wenig reizvoll.
Dennoch kommt das ganze so zufrieden daher, dass sich der Leser mit dem beschäftigen muss, was eben nicht ausformuliert wird.
Der vierte Neubeginn.. Was bringt Menschen dazu, so zu handeln?
Mir fällt dreierlei ein, möglicherweise existieren mehr Möglichkeiten.
Zum einen wäre ja vorstellbar, das da zwei Menschen sich fernab von jeder Konvention derart - idealerweise bewusst- vertrauen, sich innerlich so nah sind, dass die Gemeinsamkeit schwerer wiegt als diese mängelbehafteten Auswüchse.
Etwas derartiges klingt ja an, in S4. Auch S5, wo die Zurückweisung (?) so freudvoll erlitten wird. Andererseits wäre ein Zusammengeworfensein aufgrund äußerer Umstände denkbar. Die torkelnde gegenseitige Abhängigkeit zweier Menschen, die vielleicht aufgrund Umfeld und sozialem Gefallensein keine andere Möglichkeit sehen, als miteinander - und sei es noch so elend- aus zu kommen. Drittens wäre natürlich auch eine Art Hörigkeit des LyrI denkbar, aber wir erfahren, das LyrDu ebenfalls einsteckt, zumindest einen Tritt auf den Zeh.
Ich tendiere zur ersten Möglichkeit. Aber irgendetwas erinnert mich auch an die "Ballade von der Hanna Cash" von Brecht.
Soweit die Denkanstösse, die ich aus dem seltsamen Miteinander beziehe. Vielleicht will mir der Autor auch ganz bewußt belichtetere Seiten dieser Beziehung vorenthalten, um die Verträglichkeit der Schattenseiten zu hinterfragen.
Formal gesehen (Metrik überprüfe ich jetzt nicht) kommt es in S1, S3 und S5 zu Begegnungen des Lesers mit dieser Beziehung der anderen Art.
S2 und S4 halten sich nach meinem Empfinden mehr in bekannteren Themen auf.
Die Sprache ist gekonnt und flüssig zu lesen, auch bspw. das sperrige Wort "Schuldzuweisung" fließt leicht mit dahin.
Allerdings gehen mir Bilder der Unmittelbarkeit ab, wie ich sie auch von Dir kenne (z.B. im Apfelbaum ) Ich habe es hier mit einem -sprachlich gelungenen- eher denkerischen Werk zu tun, jedenfalls in meinem Nachspüren. Mag sein, das liegt an der Abstrusität der Situation, oder an meiner Unfähigkeit, mich darauf tiefer einzulassen.
Ich habe das Gedicht bereits auf Deiner Homepage lesen können und war davon angetan.
Liebe Grüße
Ulrich
Es fasziniert mich Dein Gedicht. Dieses scheinbar jämmerliche Glück, dass vielleicht nur jämmerlich ist, weil grade diese Facetten des Versagens in Kleinigkeiten so betont zu sein scheinen.
Speichelfaden, schlechter Atem, zuviel getrunken, Streit, der ungeschickte Tritt auf den Fuß. Nein, das ist wenig reizvoll.
Dennoch kommt das ganze so zufrieden daher, dass sich der Leser mit dem beschäftigen muss, was eben nicht ausformuliert wird.
Der vierte Neubeginn.. Was bringt Menschen dazu, so zu handeln?
Mir fällt dreierlei ein, möglicherweise existieren mehr Möglichkeiten.
Zum einen wäre ja vorstellbar, das da zwei Menschen sich fernab von jeder Konvention derart - idealerweise bewusst- vertrauen, sich innerlich so nah sind, dass die Gemeinsamkeit schwerer wiegt als diese mängelbehafteten Auswüchse.
Etwas derartiges klingt ja an, in S4. Auch S5, wo die Zurückweisung (?) so freudvoll erlitten wird. Andererseits wäre ein Zusammengeworfensein aufgrund äußerer Umstände denkbar. Die torkelnde gegenseitige Abhängigkeit zweier Menschen, die vielleicht aufgrund Umfeld und sozialem Gefallensein keine andere Möglichkeit sehen, als miteinander - und sei es noch so elend- aus zu kommen. Drittens wäre natürlich auch eine Art Hörigkeit des LyrI denkbar, aber wir erfahren, das LyrDu ebenfalls einsteckt, zumindest einen Tritt auf den Zeh.
Ich tendiere zur ersten Möglichkeit. Aber irgendetwas erinnert mich auch an die "Ballade von der Hanna Cash" von Brecht.
Soweit die Denkanstösse, die ich aus dem seltsamen Miteinander beziehe. Vielleicht will mir der Autor auch ganz bewußt belichtetere Seiten dieser Beziehung vorenthalten, um die Verträglichkeit der Schattenseiten zu hinterfragen.
Formal gesehen (Metrik überprüfe ich jetzt nicht) kommt es in S1, S3 und S5 zu Begegnungen des Lesers mit dieser Beziehung der anderen Art.
S2 und S4 halten sich nach meinem Empfinden mehr in bekannteren Themen auf.
Die Sprache ist gekonnt und flüssig zu lesen, auch bspw. das sperrige Wort "Schuldzuweisung" fließt leicht mit dahin.
Allerdings gehen mir Bilder der Unmittelbarkeit ab, wie ich sie auch von Dir kenne (z.B. im Apfelbaum ) Ich habe es hier mit einem -sprachlich gelungenen- eher denkerischen Werk zu tun, jedenfalls in meinem Nachspüren. Mag sein, das liegt an der Abstrusität der Situation, oder an meiner Unfähigkeit, mich darauf tiefer einzulassen.
Ich habe das Gedicht bereits auf Deiner Homepage lesen können und war davon angetan.
Liebe Grüße
Ulrich
#3
von Margot • Mitglied | 3.054 Beiträge | 3055 Punkte
Bei dir
in Liebe und Leidenschaft 09.02.2007 16:05von Margot • Mitglied | 3.054 Beiträge | 3055 Punkte
Hi Fabian
Ja, das gefällt mir auch. Es ist so aus dem Leben gegriffen. Man kann da, anstatt der 4, einfach eine andere Zahl eingeben und schon passt es praktisch zu allen, längeren Beziehungen. Deshalb muss es auch gar nicht gross interpretiert werden, weil es für sich selbst spricht. Tut auch mal gut, so ein Gedicht zu lesen, wo der Autor nicht meint, er müsste unbedingt krampfhaft originell sein. Auch wenn das jetzt vermutlich nicht so klingt: Es ist ein Kompliment, denn, auch vermeindlich "einfache" Gedichte, müssen zuerst geschrieben werden.
Gruss
Margot
Ja, das gefällt mir auch. Es ist so aus dem Leben gegriffen. Man kann da, anstatt der 4, einfach eine andere Zahl eingeben und schon passt es praktisch zu allen, längeren Beziehungen. Deshalb muss es auch gar nicht gross interpretiert werden, weil es für sich selbst spricht. Tut auch mal gut, so ein Gedicht zu lesen, wo der Autor nicht meint, er müsste unbedingt krampfhaft originell sein. Auch wenn das jetzt vermutlich nicht so klingt: Es ist ein Kompliment, denn, auch vermeindlich "einfache" Gedichte, müssen zuerst geschrieben werden.
Gruss
Margot
#4
von Knud_Knudsen • Mitglied | 994 Beiträge | 994 Punkte
Bei dir
in Liebe und Leidenschaft 09.02.2007 16:34von Knud_Knudsen • Mitglied | 994 Beiträge | 994 Punkte
Danke, Ulrich.
Sehr interessante Gedanken, die mir einiges über das Gedicht sagen.
Du stellst die negativen Aspekte in den Vordergrund, was natürlich verständlich ist. Spätestens durch den "vierten Neubeginn" wird hier eine etwas persiflierte Wirklichkeit deutlich. Für mich ist es aber tatsächlich eher realistisch. Damit meine ich aber nicht die Beziehungen, die sich nur aus Klammerungen ergeben, im Unvermögen allein zu sein, sondern eigentlich jede gesunde Liebe.
Rein formal ist die Aufteilung auch ausgeglichen. Es sind sechs Zeilen, die sich mit Streit und Co. befassen, aber auch sechs, die die andere Seite zeigen. Strophe eins und fünf nehmen wir mal als umarmende Strophen, die die innere Emotionalität einrahmen und im nachdenklichen Betrachten die manchmal wahnsinnige Ebene der Gefühlsduselei etwas auf den Boden zurück holt.
Das Schnarchen und der Speichelfaden sind Dinge, die jedem Menschen passieren und in ihrer hässlichen Offenbahrung liegt die intimste Form der Verbundenheit. Klingt vielleicht etwas dämlich, aber ich persönlich sehe das tatsächlich so. Es sind die Dinge, die uns nicht perfekt machen, die ich manchmal mit größerer Nähe verbinde als diejenigen, die uns von unserer besten Seite zeigen und die vor allem auch jeder Außenstehende sehen kann. Was auch wieder nicht heißen soll, dass mich ein Speichelfaden an meiner Freundin geil macht. *g*
Es geht hier auch nicht wirklich um mich und passierte Dinge. So schreibe ich selten. Die Extremisierung ist wieder mal Mittel zum Zweck.
Aber sollte man sich in einer Beziehung nicht mal richtig fetzen?
@Margot: Genauso meinte ich es auch. Das "vierte" ist wirklich austauschbar und ich habe lange überlegt, welche Zahl ich dort nehme. Letztlich entschied ich mich für die Variante, die das Ganze mit einem Augenzwinkern betrachtet.
Ich freue mich über dein Kompliment, was das "einfache" betrifft und ich verstehe es schon richtig.
Danke dir.
@Knud: Ja, so kann man es nennen. Einfach so. Vielen Dank auch dir.
Gruß, Fabian
Sehr interessante Gedanken, die mir einiges über das Gedicht sagen.
Du stellst die negativen Aspekte in den Vordergrund, was natürlich verständlich ist. Spätestens durch den "vierten Neubeginn" wird hier eine etwas persiflierte Wirklichkeit deutlich. Für mich ist es aber tatsächlich eher realistisch. Damit meine ich aber nicht die Beziehungen, die sich nur aus Klammerungen ergeben, im Unvermögen allein zu sein, sondern eigentlich jede gesunde Liebe.
Rein formal ist die Aufteilung auch ausgeglichen. Es sind sechs Zeilen, die sich mit Streit und Co. befassen, aber auch sechs, die die andere Seite zeigen. Strophe eins und fünf nehmen wir mal als umarmende Strophen, die die innere Emotionalität einrahmen und im nachdenklichen Betrachten die manchmal wahnsinnige Ebene der Gefühlsduselei etwas auf den Boden zurück holt.
Das Schnarchen und der Speichelfaden sind Dinge, die jedem Menschen passieren und in ihrer hässlichen Offenbahrung liegt die intimste Form der Verbundenheit. Klingt vielleicht etwas dämlich, aber ich persönlich sehe das tatsächlich so. Es sind die Dinge, die uns nicht perfekt machen, die ich manchmal mit größerer Nähe verbinde als diejenigen, die uns von unserer besten Seite zeigen und die vor allem auch jeder Außenstehende sehen kann. Was auch wieder nicht heißen soll, dass mich ein Speichelfaden an meiner Freundin geil macht. *g*
Es geht hier auch nicht wirklich um mich und passierte Dinge. So schreibe ich selten. Die Extremisierung ist wieder mal Mittel zum Zweck.
Aber sollte man sich in einer Beziehung nicht mal richtig fetzen?
@Margot: Genauso meinte ich es auch. Das "vierte" ist wirklich austauschbar und ich habe lange überlegt, welche Zahl ich dort nehme. Letztlich entschied ich mich für die Variante, die das Ganze mit einem Augenzwinkern betrachtet.
Ich freue mich über dein Kompliment, was das "einfache" betrifft und ich verstehe es schon richtig.
Danke dir.
@Knud: Ja, so kann man es nennen. Einfach so. Vielen Dank auch dir.
Gruß, Fabian
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