#1

Sehnsucht

in Natur 19.02.2007 12:44
von Knud_Knudsen • Mitglied | 994 Beiträge | 994 Punkte
Sehnsucht

Die Zeit steht still in grauen Nebelwänden,
am Bretterzaun ergrünt das erste Moos,
blattlose Zweige greifen Watte, wie mit Händen,
aus feuchten Augen fallen Tränen in den Schoss.

So blutleer schimmern einstmals rote Wangen,
der Lebenszyklus hält kurz an den Kreis,
wir lassen los, vergessen das Verlangen,
und unsre Seelen sind so kalt wie Eis.

Fahl scheint das Licht, in diesen Zwischenwelten,
der Himmel taub, es fehlt der Vögel Klang,
und über Totentüchern in den Himmelzelten,
versteckt sich Wärme, Farbe und Gesang.

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#2

Sehnsucht

in Natur 19.02.2007 19:32
von Joame Plebis | 3.690 Beiträge | 3826 Punkte
Guten Tag, Knud!

Eine Dichtung mit gut gebrachter Stimmung.
Sie gefällt mir.
(Auszusetzen hätte ich
lediglich in Str. 3 die zweimalige Verwendung
des Himmels, in Str.1,Zeile 2 denke ich noch
über das ergrünte Moos und bin zu wenig Biologe,
um dazu etwas Richtiges sagen zu können.)

Es ist eines Deiner schönsten Gedichte der
letzten Zeit!

Freundlichen Gruß!
Joame
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#3

Sehnsucht

in Natur 19.02.2007 19:59
von Knud_Knudsen • Mitglied | 994 Beiträge | 994 Punkte
danke Joame. Mit dem Himmel habe ich es ja nicht so ganz und nun zweimal, einmal pur und dann als Zelt. (grübel)
Joame das ist so ein Text aus einer Laune, ich hasse Nebel und die Stimmung daraus bringt nicht nur das lyr.I. in Rage Wo doch heute alle fröhlich zu sein haben, wenigsten einmal im Jahr und dann "Carne val"
einen schönen Abend noch
Gruss
Knud
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#4

Sehnsucht

in Natur 20.02.2007 10:35
von Margot • Mitglied | 3.054 Beiträge | 3055 Punkte
Hi Knud

Eine melancholische Stimmung baust Du hier auf; mir gefällt das auch. Ich mag den Nebel, wenn er nicht den ganzen Winter hindurch anhält *g, kann aber nachvollziehen, dass Du bzw. das lyr. Ich ihm nichts abgwinnen kann. Berufsbedingt?
Womit ich ein wenig Mühe habe, ist die Verknüpfung mit diesem, zwar nicht explizit genannten, aber doch angeführten, lyr. Du. Ein rotwangiges Mädchen? Obwohl das ein ansprechendes Bild ist, ist es hier etwas fehl am Platz.
Unser Moos hier ist eigentlich das ganze Jahr hindurch grün, deshalb hakt dort die Aussage, aber bei Euch ist das sicher ganz anders.

Ein Lob für die fehlenden Inversionen und den Lesefluss, der bei diesem Text nicht durch Zwischensätze unterbrochen wird!

Gruss
Margot

Die Frau in Rot

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#5

Sehnsucht

in Natur 20.02.2007 10:40
von Knud_Knudsen • Mitglied | 994 Beiträge | 994 Punkte
danke Marg, ja unser Moos ist saisonbedingt nur grün so wie die Wangen des lyr.D die, wenn Sonne da ist wieder zu Bäckchen werden
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#6

Sehnsucht

in Natur 20.02.2007 11:50
von Albert Lau (gelöscht)
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Das klingt sehr schön, der Klang hallt nach, doch klongt es hin und wieder auch. Wo manche über Moose denken, spielt gar kein Röllchen, ob’s ergrünt, ob immergrün. Es will nicht passen, wie mir deucht, weil allzu positiv. Und feucht muss des Betrachters Auge zwingend sein, wenn Tränen tropfen, doch auch hier muss jener Einwand gelten, dass zu satt das Bild, im sonst’gen Grauen.

An mich halten, an den Kreis, muss sozusagen ich, wenn etwas kalt wie Eis und dieses Etwas Seele heißt. Dass taube Himmel hörten wäre neu, da hülfe auch kein Vogelzwitschern. So nehme ich das „taub“ im übertrag’nen Sinne und decke es mit Nebel wie mit einem Leichentuch, denn tote Tücher täten meiner Sprache Mangel, so wie der Zelten Genitivus. Und das darüber – ausgerechnet! - Wärme, Farbe und Gesang, nicht etwa eingehüllt vom Nebel, sondern wir hier unten nur getrennt davon uns danach sehnten, dünkt mich seltsam.

Ach, überhaupt, die Sehnsucht, die kommt mir zu kurz. Der Nebel wird ausführlich, bildhaft, wortreich und poetisch, ja, plastisch und mit Händen wie mit dürren Zweigen greifbar hier beschrieben, doch das Ziel, das, was der Dichter zu ersehnen glaubt, wird nur benannt. Punkt, aus und Schluss. Das kann mir nicht gefallen. Doch der Rest, die fast drei Strophen über feuchte Luft, die klingen in mir nach, was ich zum Ausdruck bringen wollte. Wie? Ach, die paar Kleinigkeiten! Lass er sich davon nicht verdrießen, ich kann sehr wohl die Verse reuelos genießen!
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#7

Sehnsucht

in Natur 20.02.2007 13:31
von Knud_Knudsen • Mitglied | 994 Beiträge | 994 Punkte
danke Al für Dein Lob, da kann ich mir was einbilden
Gruss
Knud
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#8

Sehnsucht

in Natur 28.02.2007 17:48
von Fabian Probst (gelöscht)
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@Margot: "hält kurz an den Kreis" und "der Vögel Klang" sind doch Inversionen!

Mir gefällt das Gedicht. Schöne Sprache, und der Pathos (Seelen kalt wie Eis) wird durch Formulierungen, wie dem "Bretterzaun" ausgelotet. Ein paar Stellen, wie die Wiederholung "tauben Himmel", (der mir nicht ganz klar ist) und "Himmelszelten", kann ich locker überlesen.

Finde ich stimmungsvoll und gelungen.

Gruß, Fabian
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#9

Sehnsucht

in Natur 28.02.2007 19:24
von Knud_Knudsen • Mitglied | 994 Beiträge | 994 Punkte
danke Fab,
Gruss
Knud
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