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In deinen Augen
Als wir uns wähnten, wölbte sich die Zeit,
bis ich vergaß, die Uhr zurück zu drehen.
Ich ging voraus, doch dann ging ich zu weit;
du fielst zu tief, um mich noch zu verstehen.
Von oben war die andre Sicht verstellt,
ich sah nicht ein, was dich so wütend machte;
es tat nur weh, doch ich verbog die Welt,
schrie laut herab „dann bleib halt da!“, und lachte.
Dein Blick schlug so verzweifelt auf mich ein,
er traf mich wie ein Reißen in der Mitte;
es pochte hohl im linken Schläfenbein,
und ich verlor den Grund für meine Schritte.
Dann sah ich, wer hier auseinander lief.
Mein Standpunkt log sich in die Offensive;
der Schlussstrich war so ungeheuer schief,
die Flucht bot eine falsche Perspektive.
Es platzten die Gedanken durch mein Hirn,
ich war ja du; und doch nicht deinesgleichen,
dein Bild lag blutend hinter meiner Stirn,
und mir gelang es nicht, dich zu erreichen.
So selbst gefallen trieb ich schweigend fort,
als ob am Ende nichts zu sagen bliebe.
In deinen Augen lag ein ungeahntes Wort
und sprach ein letztes Mal von Liebe.
Als wir uns wähnten, wölbte sich die Zeit,
bis ich vergaß, die Uhr zurück zu drehen.
Ich ging voraus, doch dann ging ich zu weit;
du fielst zu tief, um mich noch zu verstehen.
Von oben war die andre Sicht verstellt,
ich sah nicht ein, was dich so wütend machte;
es tat nur weh, doch ich verbog die Welt,
schrie laut herab „dann bleib halt da!“, und lachte.
Dein Blick schlug so verzweifelt auf mich ein,
er traf mich wie ein Reißen in der Mitte;
es pochte hohl im linken Schläfenbein,
und ich verlor den Grund für meine Schritte.
Dann sah ich, wer hier auseinander lief.
Mein Standpunkt log sich in die Offensive;
der Schlussstrich war so ungeheuer schief,
die Flucht bot eine falsche Perspektive.
Es platzten die Gedanken durch mein Hirn,
ich war ja du; und doch nicht deinesgleichen,
dein Bild lag blutend hinter meiner Stirn,
und mir gelang es nicht, dich zu erreichen.
So selbst gefallen trieb ich schweigend fort,
als ob am Ende nichts zu sagen bliebe.
In deinen Augen lag ein ungeahntes Wort
und sprach ein letztes Mal von Liebe.
#4
von Don Carvalho • Mitglied | 1.880 Beiträge | 1880 Punkte
In deinen Augen
in Liebe und Leidenschaft 23.02.2007 14:10von Don Carvalho • Mitglied | 1.880 Beiträge | 1880 Punkte
Hi Fabian,
Deine Zeilen kommen ziemlich frustrierend daher, aber nicht das ist es, weshalb sie mir gefallen . Diese emotionale Unfähigkeit, die eine gefühlsmäßige Achternbahn ebenso wie stumpfe Gefühlskälte auslöst, hast Du ziemlich überzeugend dargeboten. Das lyrische Ich kann nicht anders, obschon es irgendwann erkennt, was es tut und es nicht gutheißt.
Ein paar Kleinigkeiten gefallen mir nicht: "Als wir uns wähnten" irritiert mich beispielsweise. Sagt man das so? Wähnt man sich nicht als irgendwas? Aber das, als was sie sich wähnten, fehlt vorliegend... wie gesacgt, ich bin irritiert.
In Strophe 3 mag ich auch nicht den Blick, der "traf (...) wie ein Reißen in der Mitte"; irgendwie habe ich da kein überzeugendes Bild vor Augen.
Auf der anderen Seite finden sich einige tolle Formulierungen und Wendungen, insbesondere die Strophe 4 hat es mir da angetan. Formal ist mir beim Lesen nichts negativ aufgestoßen, Du hast da auch handwerklich eine saubere Arbeit abgeliefert.
Gefällt mir (trotz des Frustmomentes) und habe ich gern gelesen,
Don
Deine Zeilen kommen ziemlich frustrierend daher, aber nicht das ist es, weshalb sie mir gefallen . Diese emotionale Unfähigkeit, die eine gefühlsmäßige Achternbahn ebenso wie stumpfe Gefühlskälte auslöst, hast Du ziemlich überzeugend dargeboten. Das lyrische Ich kann nicht anders, obschon es irgendwann erkennt, was es tut und es nicht gutheißt.
Ein paar Kleinigkeiten gefallen mir nicht: "Als wir uns wähnten" irritiert mich beispielsweise. Sagt man das so? Wähnt man sich nicht als irgendwas? Aber das, als was sie sich wähnten, fehlt vorliegend... wie gesacgt, ich bin irritiert.
In Strophe 3 mag ich auch nicht den Blick, der "traf (...) wie ein Reißen in der Mitte"; irgendwie habe ich da kein überzeugendes Bild vor Augen.
Auf der anderen Seite finden sich einige tolle Formulierungen und Wendungen, insbesondere die Strophe 4 hat es mir da angetan. Formal ist mir beim Lesen nichts negativ aufgestoßen, Du hast da auch handwerklich eine saubere Arbeit abgeliefert.
Gefällt mir (trotz des Frustmomentes) und habe ich gern gelesen,
Don
Hi Don,
ich habe das ursprünglich für den Wettbewerb des Planeten geschrieben, nahm dann aber Abstand davon, weil es doch zu kompliziert wurde. Das Thema war "Die einen ärgen sich über die Dornen an den Rosen, die anderen freuen sich über die Rosen an den Dornen."
Es geht hier um Sichtweisen in ihrer Unterschiedlichkeit und der damit verbundenen Unfähigkeit, dasselbe zu erkennen.
Womit ich zu deiner Kritik komme. Du meintest, man wähne sich als irgendwas. Die beiden Protagonisten wähnten sich als "Einheit" ("uns"),und damit als ein Standpunkt, von dem aus jeder das gleiche sieht.
Ob das grammatikalisch wirklich korrekt ist, weiß ich jetzt gar nicht. Es kam mir so vor.
Das Bild mit dem "Reißen in der Mitte" fand ich eigentlich gerade sehr bildhaft, weil es eben dieses Auseinandertreiben spiegelt. LyIch wird bewusst, dass sie nie eins oder sich nur Nahe waren.
Ich hatte auch beim schreiben die Hoffnung, dass am Ende etwas Hoffnung bleibt. *g*
Danke dir für deinen interessanten Kommentar.
Gruß, Fabian
ich habe das ursprünglich für den Wettbewerb des Planeten geschrieben, nahm dann aber Abstand davon, weil es doch zu kompliziert wurde. Das Thema war "Die einen ärgen sich über die Dornen an den Rosen, die anderen freuen sich über die Rosen an den Dornen."
Es geht hier um Sichtweisen in ihrer Unterschiedlichkeit und der damit verbundenen Unfähigkeit, dasselbe zu erkennen.
Womit ich zu deiner Kritik komme. Du meintest, man wähne sich als irgendwas. Die beiden Protagonisten wähnten sich als "Einheit" ("uns"),und damit als ein Standpunkt, von dem aus jeder das gleiche sieht.
Ob das grammatikalisch wirklich korrekt ist, weiß ich jetzt gar nicht. Es kam mir so vor.
Das Bild mit dem "Reißen in der Mitte" fand ich eigentlich gerade sehr bildhaft, weil es eben dieses Auseinandertreiben spiegelt. LyIch wird bewusst, dass sie nie eins oder sich nur Nahe waren.
Ich hatte auch beim schreiben die Hoffnung, dass am Ende etwas Hoffnung bleibt. *g*
Danke dir für deinen interessanten Kommentar.
Gruß, Fabian
#6
von Don Carvalho • Mitglied | 1.880 Beiträge | 1880 Punkte
In deinen Augen
in Liebe und Leidenschaft 23.02.2007 14:45von Don Carvalho • Mitglied | 1.880 Beiträge | 1880 Punkte
Nee, die Hoffnung hast Du mir mit diesen Zeilen ausgetrieben .
Exakt müsste es doch heißen: "als wir uns als uns wähnten", oder? Was allerdings ohne Zweifel mäßig bis mies klingt . Mir erscheint diese Stelle auch nicht zwingend falsch, hängen geblieben bin ich dennoch...
Für die Planetenbewohner?
Don
Exakt müsste es doch heißen: "als wir uns als uns wähnten", oder? Was allerdings ohne Zweifel mäßig bis mies klingt . Mir erscheint diese Stelle auch nicht zwingend falsch, hängen geblieben bin ich dennoch...
Zitat: |
ich habe das ursprünglich für den Wettbewerb des Planeten geschrieben, nahm dann aber Abstand davon, weil es doch zu kompliziert wurde. |
Für die Planetenbewohner?
Don
*g*
Nein, das wäre dann ja eher auf die Jury zu beziehen. Für mich persönlich schien es dann doch einfach zu schwere Kost für den Ausgangsspruch mit den Rosen zu sein und damit vielleicht am Thema vorbei.
Ja, das würde eben bescheiden klingen, deshalb habe ich es so geschrieben. Man könnte es vielleicht auch durch ein "Als wir uns dachten/meinten/glaubten" ersetzen, aber ich finde das "wähnten" noch passender und vor allem eleganter, besonders durch die Alliteration mit "wölbte". Aber wie gesagt, obs korrekt ist, weiß ich auch nicht.
Gruß, Fabian
Nein, das wäre dann ja eher auf die Jury zu beziehen. Für mich persönlich schien es dann doch einfach zu schwere Kost für den Ausgangsspruch mit den Rosen zu sein und damit vielleicht am Thema vorbei.
Ja, das würde eben bescheiden klingen, deshalb habe ich es so geschrieben. Man könnte es vielleicht auch durch ein "Als wir uns dachten/meinten/glaubten" ersetzen, aber ich finde das "wähnten" noch passender und vor allem eleganter, besonders durch die Alliteration mit "wölbte". Aber wie gesagt, obs korrekt ist, weiß ich auch nicht.
Gruß, Fabian
#8
von Margot • Mitglied | 3.054 Beiträge | 3055 Punkte
In deinen Augen
in Liebe und Leidenschaft 24.02.2007 18:42von Margot • Mitglied | 3.054 Beiträge | 3055 Punkte
Hi Fabian
Ja, das kenne ich, das kommt mir alles sehr bekannt vor. Dieses Beharren auf einem Standpunkt, auch wenn er noch so falsch ist (Str. 4, gefällt mir auch am besten). Dieses Unvermögen, einen Schritt vom eingeschlagenen Weg abzuweichen, weil man denkt, man würde Terrain verlieren. Stolz! Ach, der dumme Stolz. Wenn ich so etwas lese, muss ich immer an das Lied von R. May denken:
Es ist wohl ein unsel'ges Gesetz, das uns lenkt,
Das da will, daß man grad', wenn man am meisten liebt,
So unbedacht demütigt und grundlos kränkt,
Dafür um so wen'ger nachsieht und vergibt.
Doch für jedes Unrecht, das ich dir angetan hab',
Hab' ich selber gelitten, Stück für Stück,
Von jeder Wunde, die ich dir zugefügt hab',
Bleibt auch mir eine Narbe zurück. ……
(Ich weiss, man darf keine Liedertexte zitieren, aber Hr. May wird mir sicher verzeihen und Arno kann ihn ja wieder editieren - den Text, nicht den May. *g)
Wo ich ein wenig Probleme habe, sind diese Örtlichkeiten (oben/unten). Wenn das lyr. Ich oben bleibt, so verstehe ich das (weil ja das Du in der 1. Str. tief fällt), dann kann es nicht herab schreien. Es müsste hinab schreien. Auch müsste es sagen: dann bleib halt dort… weil ‚hier’ dieselbe Höhe verlangt.
Ich finde übrigens das ‚wähnte’ passt, auch wenn es hier sicher etwas unkonventionell verwendet wird. Aber hey, wir sind nicht grundlos Lyriker!
Noch ein paar allgemeine Bemerkungen (bei den Satzzeichen ohne Gewähr *g):
- S1/Z4 Koma vor um
- S2/Z1 oben schreibt man, meines Wissens, hier klein und am Ende der Zeile fehlt ein Koma
- S5/Z2 klein beginnen und nach ‚du’ kein Strichpunkt, eher einen Gedankenstrich und am Ende einen Punkt setzen
- S6/Z1 nach ‚gefallen’ Koma und in Z3 keins nach ‚Wort’
Gruss
Margot
Ja, das kenne ich, das kommt mir alles sehr bekannt vor. Dieses Beharren auf einem Standpunkt, auch wenn er noch so falsch ist (Str. 4, gefällt mir auch am besten). Dieses Unvermögen, einen Schritt vom eingeschlagenen Weg abzuweichen, weil man denkt, man würde Terrain verlieren. Stolz! Ach, der dumme Stolz. Wenn ich so etwas lese, muss ich immer an das Lied von R. May denken:
Es ist wohl ein unsel'ges Gesetz, das uns lenkt,
Das da will, daß man grad', wenn man am meisten liebt,
So unbedacht demütigt und grundlos kränkt,
Dafür um so wen'ger nachsieht und vergibt.
Doch für jedes Unrecht, das ich dir angetan hab',
Hab' ich selber gelitten, Stück für Stück,
Von jeder Wunde, die ich dir zugefügt hab',
Bleibt auch mir eine Narbe zurück. ……
(Ich weiss, man darf keine Liedertexte zitieren, aber Hr. May wird mir sicher verzeihen und Arno kann ihn ja wieder editieren - den Text, nicht den May. *g)
Wo ich ein wenig Probleme habe, sind diese Örtlichkeiten (oben/unten). Wenn das lyr. Ich oben bleibt, so verstehe ich das (weil ja das Du in der 1. Str. tief fällt), dann kann es nicht herab schreien. Es müsste hinab schreien. Auch müsste es sagen: dann bleib halt dort… weil ‚hier’ dieselbe Höhe verlangt.
Ich finde übrigens das ‚wähnte’ passt, auch wenn es hier sicher etwas unkonventionell verwendet wird. Aber hey, wir sind nicht grundlos Lyriker!
Noch ein paar allgemeine Bemerkungen (bei den Satzzeichen ohne Gewähr *g):
- S1/Z4 Koma vor um
- S2/Z1 oben schreibt man, meines Wissens, hier klein und am Ende der Zeile fehlt ein Koma
- S5/Z2 klein beginnen und nach ‚du’ kein Strichpunkt, eher einen Gedankenstrich und am Ende einen Punkt setzen
- S6/Z1 nach ‚gefallen’ Koma und in Z3 keins nach ‚Wort’
Gruss
Margot
so, ich habe fast alle deine Verbesserungen übernommen. Teilweise war das ja echt peinlich. Vor dem "und" ist das immer so eine Sache. Ich meine, man kann, muss aber kein Komma setzen. Ich mache das manchmal, um eine längere Sprechpause zu erzwingen. Aber die Zeichensetzung war nie meine Stärke, deswegen bin ich dir sehr dankbar.
Über das örtliche Problem habe ich jetzt lange nachgedacht und verstehe wohl, was du meinst. "Herab" impliziert wohl zwingend eine Bewegung, hinab nicht. War das dein Gedanke?
Ich hatte da die Redewendung "jemanden von oben herab behandeln". Kennst du diese Formulierung? Ist die denn falsch? *grübel*
Das zweite bereitete mir auch Kopfzerbrechen, denn es kommt wohl darauf an, wie sich das genau abspielt. Ich hatte mir ein tiefes Loch vorgestellt, das gerade nach unten verläuft. Damit befinden sich doch beide eigentlich an demselben Punkt und mir erschien ein "hier" für angebrachter. Aber jetzt bin ich selbst unsicher und vielleicht hast du Recht. "Dort" gefällt mir nicht so gut. Ich habe mal "da" genommen. Ist das auch in Ordnung?
Ja, dieser falsche Stolz steckt wohl in jedem Menschen. Ich habe mal einen Aphorismus dazu geschrieben: "Dass wir uns immer mit den Menschen in die Wolle kriegen, die uns anziehen, liegt wohl daran, dass wir so gestrickt sind"
In diesem Sinne ende ich mit meinem Lieblingslied von Herrn May:
Selig sind die Verrückten!
Danke und Gruß, Fabian
Über das örtliche Problem habe ich jetzt lange nachgedacht und verstehe wohl, was du meinst. "Herab" impliziert wohl zwingend eine Bewegung, hinab nicht. War das dein Gedanke?
Ich hatte da die Redewendung "jemanden von oben herab behandeln". Kennst du diese Formulierung? Ist die denn falsch? *grübel*
Das zweite bereitete mir auch Kopfzerbrechen, denn es kommt wohl darauf an, wie sich das genau abspielt. Ich hatte mir ein tiefes Loch vorgestellt, das gerade nach unten verläuft. Damit befinden sich doch beide eigentlich an demselben Punkt und mir erschien ein "hier" für angebrachter. Aber jetzt bin ich selbst unsicher und vielleicht hast du Recht. "Dort" gefällt mir nicht so gut. Ich habe mal "da" genommen. Ist das auch in Ordnung?
Ja, dieser falsche Stolz steckt wohl in jedem Menschen. Ich habe mal einen Aphorismus dazu geschrieben: "Dass wir uns immer mit den Menschen in die Wolle kriegen, die uns anziehen, liegt wohl daran, dass wir so gestrickt sind"
In diesem Sinne ende ich mit meinem Lieblingslied von Herrn May:
Selig sind die Verrückten!
Danke und Gruß, Fabian
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