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Die Stadt der Hunde
#1
von Margot • Mitglied | 3.054 Beiträge | 3055 Punkte
Die Stadt der Hunde
in Kurzgeschichten, Erzählungen, Novellen und Dramen. 29.03.2007 14:45von Margot • Mitglied | 3.054 Beiträge | 3055 Punkte
Die Stadt der Hunde
Du hast es nie gemocht, wenn ich geraucht habe.
„Ich küsse keine Aschenbecher“, war dein Lieblingsspruch und ich verkniff mir daher jeweils die Zigarette davor und meistens auch danach. Jetzt jedoch kann ich die Nervosität nur mit ein paar hastig gerauchten Zügen einigermassen unter Kontrolle halten. Doch die Zigarette schmeckt nicht wie sonst, daher werfe ich sie weg und steige aus.
Der Frühling platzt gleich aus allen Nähten. Als würde er lediglich noch auf den Startschuss warten, kauert er zwischen knospenden Sträuchern, farbigen Krokussen und aufbrechenden Forsythien. Um diese Zeit ist der Parkplatz kaum belegt. Die grossen Besucherströme werden erst nach dem Mittagessen eintreffen, doch du wolltest, dass ich am Morgen komme. Wie immer habe ich kein Kleingeld dabei und der Betrag, den ich einwerfe, ist viel zu hoch. Wir hätten also genügend Zeit.
Ich folge den bunt bemalten Wegweisern durch den grossen Park. Im Sommer muss es herrlich sein, im Schatten der riesigen Bäume zu sitzen. Ein paar Patienten haben sich bereits auf den Holzbänken niedergelassen. Oder sind es frühe Besucher? Woran erkennt man den Unterschied?
Ich versuche die Menschen nicht zu sehr anzustarren, um ein Merkmal zu finden, das mich darüber aufklärt. Sieht man es jemandem an, dass er seine Wege verlassen hat? Erwarte ich leere Blicke; Sabber, der aus Mundwinkeln tropft oder plötzliches Aufspringen und Geschrei?
„Ich werde dir entgegenkommen“, hast du am Telefon gesagt und ich war darüber erstaunt, dass dies möglich ist.
Die hellbraun gestrichenen Gebäude verändern sich nur unmerklich. Hie und da ein vergittertes Fenster; eine Tür ohne Knauf; ein Empfang mit einer weiss gekleideten Person dahinter. Aus einem Belüftungsschacht weht mir Küchendunst entgegen und mir wird übel. Ich gehe hastig weiter und atme tief durch. Der Ecco und die R.E.M. reiben sich in der Plastiktüte, für Blumen blieb keine Zeit. Vielleicht wollte ich auch nur etwas mitbringen, das überdauert.
Du hast an Gewicht verloren. Noch mehr. Dein Lächeln ist aber dasselbe, als du mir entgegenkommst und die Arme ausbreitest.
„Du hast geraucht“, sagst du und trotzdem küsst du mich.
Es ist wie früher und doch ganz anders. Dein Duft ist mir unbekannt. Ein Fremder in der gewohnten Hülle. Der Mann am Empfang nickt uns zu. Ich fühle mich unwohl, als die Tür hinter uns ins Schloss schnappt und muss schlucken. Du durchschaust mich und lächelst spöttisch.
„Tja“, sagst du und dann: „Komm!“
Den Innenhof haben sie gartenähnlich maskiert. Ich versuche den hohen Zaun zu ignorieren und gebe dir die Plastiktüte.
„Keine Gedichte?“, fragst du anzüglich.
Mein Lachen erschreckt mich selber.
„Ich töpfere jetzt“, sagst du beiläufig.
Wen zur Hölle interessiert das?, doch ich nicke verstehend. Die Welt ist geschrumpft und hat sich an diesem Ort verdichtet, man muss dem Rechnung tragen.
„Bizarr, nicht?“, sagst du, und wieder kann ich nur nicken.
Du streichst mir eine Strähne aus dem Gesicht.
„Ich habe deine Haare immer so gemocht.“
Eine Frau tritt zu uns und fragt mich, ob ich am Gespräch teilnehmen möchte. Es sei dein Wunsch. Wir stehen auf und setzen uns in ein Büro, an dessen Wänden farbige Kinderzeichnungen hängen. Die Frau fragt dich Dinge, die sie nichts angehen und mich Sachen, die ich nicht sagen will. Das Verlangen zu gehen wird übermächtig, doch als es Zeit ist, bin ich überrumpelt.
Die Frau spricht mit dem Mann am Empfang und schüttelt den Kopf.
„Zu aufgewühlt“, sagt sie ihm, reicht mir die Hand und geht dann über quietschenden Linoleum davon.
Ich bin entlassen, du nicht. Wir suchen nach Floskeln, die uns nicht einfallen wollen. Eine Umarmung, ein Kuss, das Schnappen der schweren Türe und ich bin draussen. Erleichtert. Mich hassend dafür, dass ich so empfinde.
Der Parkplatz hat sich gefüllt, die Uhr geleert. Es ging doch länger als angenommen. Ich nahm den richtigen Weg und die Stadt der Hunde lässt mich gehen. Dieses Mal.
© Margot S. Baumann
#2
von Erebus (gelöscht)
Die Stadt der Hunde
in Kurzgeschichten, Erzählungen, Novellen und Dramen. 30.03.2007 10:14von Erebus (gelöscht)
Hallo Margot,
Dein Text liest sich flüssig und interessant. Welcher Raucher und welcher Nichtraucher kennt nicht die Auseinandersetzungen die in der Sucht resultieren, vor allem bei "gemischten" Beziehungen.
So finde ich einen schnellen Einstieg. Das erste Durchlesen stockte für mich beim P1, das verlagerte mich nach Besinnung in ein Parkhaus in der Stadt, gedanklich musste ich mich dann wieder in Ländliches Ambiente schaffen.
Ecco und R.E.M. funktionierten ähnlich in dem sonst so rund und vollständig beschrieibenden Text. Aber das empfinde ich im Nachhinein als gelungene Auflockerung.
Die ganze Situation verweist in eine Art Klinik, aber nicht öffentlich, etwas Verschlossenes mit Besuchsmöglichkeit. Die Trennung des LI vom LD wird deshalb verstärkt und als unangenehm empfunden.
Nicht Hoffnung auf eine Besserung sondern Trostlosigkeit, ein Zwiespalt wird herausgearbeitet. Der Verlust der Nähe zu einem Menschen.
Irritierend finde ich den Titel, "die Stadt der Hunde" - das kann ich nicht richtig unterbringen, obwohl mir Hunde ja so manches bedeuten können -Aus den Andeutungen, der Isolation, dem Sabber am Mund, den Kinderzeichungen an den Wänden und dem "konspirativen" „Zu aufgewühlt“ lese ich eine Situation der Entmündigung, des "Irreseins" des LD. Aber eigentlich ist das ohne Belang, denn ich halte die situativ beschriebene Entfernung der Personen voneinander für ausschlaggebend.
Die Frühlingsbeschreibung im 2. Absatz hat mir zu wenig Pepp.
Den Abschlusssatz deines Textes halte ich für nicht so gelungen, zum einen wechselt die Erzählerin in die man-Form (oder wie man das nennt), dadurch entferne ich mich bereits vor dem Schlusspunkt vom LI, zum anderen ist da ein Dativ im "einem", der irgendwie vertippt erscheint.
Aber der Text versteht es, mich zu faszinieren und zu fesseln.
Lieber Gruß
Ulrich
Dein Text liest sich flüssig und interessant. Welcher Raucher und welcher Nichtraucher kennt nicht die Auseinandersetzungen die in der Sucht resultieren, vor allem bei "gemischten" Beziehungen.
So finde ich einen schnellen Einstieg. Das erste Durchlesen stockte für mich beim P1, das verlagerte mich nach Besinnung in ein Parkhaus in der Stadt, gedanklich musste ich mich dann wieder in Ländliches Ambiente schaffen.
Ecco und R.E.M. funktionierten ähnlich in dem sonst so rund und vollständig beschrieibenden Text. Aber das empfinde ich im Nachhinein als gelungene Auflockerung.
Die ganze Situation verweist in eine Art Klinik, aber nicht öffentlich, etwas Verschlossenes mit Besuchsmöglichkeit. Die Trennung des LI vom LD wird deshalb verstärkt und als unangenehm empfunden.
Nicht Hoffnung auf eine Besserung sondern Trostlosigkeit, ein Zwiespalt wird herausgearbeitet. Der Verlust der Nähe zu einem Menschen.
Irritierend finde ich den Titel, "die Stadt der Hunde" - das kann ich nicht richtig unterbringen, obwohl mir Hunde ja so manches bedeuten können -Aus den Andeutungen, der Isolation, dem Sabber am Mund, den Kinderzeichungen an den Wänden und dem "konspirativen" „Zu aufgewühlt“ lese ich eine Situation der Entmündigung, des "Irreseins" des LD. Aber eigentlich ist das ohne Belang, denn ich halte die situativ beschriebene Entfernung der Personen voneinander für ausschlaggebend.
Die Frühlingsbeschreibung im 2. Absatz hat mir zu wenig Pepp.
Den Abschlusssatz deines Textes halte ich für nicht so gelungen, zum einen wechselt die Erzählerin in die man-Form (oder wie man das nennt), dadurch entferne ich mich bereits vor dem Schlusspunkt vom LI, zum anderen ist da ein Dativ im "einem", der irgendwie vertippt erscheint.
Aber der Text versteht es, mich zu faszinieren und zu fesseln.
Lieber Gruß
Ulrich
#3
von Margot • Mitglied | 3.054 Beiträge | 3055 Punkte
Die Stadt der Hunde
in Kurzgeschichten, Erzählungen, Novellen und Dramen. 30.03.2007 10:50von Margot • Mitglied | 3.054 Beiträge | 3055 Punkte
Hi Ulrich
Besten Dank für die Rückmeldung, ich werde die von Dir angesprochenen Stellen überarbeiten.
P1, Ecco und R.E.M. hätte ich natürlich als Parkplatz, Buch und CD umschreiben können, aber da der Text schon recht distanziert ist, erlaubte ich mir diese drei "Spezialitäten".
Der Titel ist der Name einer Süddeutschen Stadt, in der sich die Geschichte abspielt. Ich gehe das Risiko ein, dass sich das nicht jedem erschliesst. Muss es ja auch nicht, ich finde es nach wie vor originell.
Manchmal probiere ich eine ganz andere Erzählweise aus, als ich normalerweise verwende. Dieser kleine Text ist so ein Experiment. Es freut mich natürlich, wenn auch solche Geschichten ansprechen (können).
Beste Grüsse
Margot
Besten Dank für die Rückmeldung, ich werde die von Dir angesprochenen Stellen überarbeiten.
P1, Ecco und R.E.M. hätte ich natürlich als Parkplatz, Buch und CD umschreiben können, aber da der Text schon recht distanziert ist, erlaubte ich mir diese drei "Spezialitäten".
Der Titel ist der Name einer Süddeutschen Stadt, in der sich die Geschichte abspielt. Ich gehe das Risiko ein, dass sich das nicht jedem erschliesst. Muss es ja auch nicht, ich finde es nach wie vor originell.
Manchmal probiere ich eine ganz andere Erzählweise aus, als ich normalerweise verwende. Dieser kleine Text ist so ein Experiment. Es freut mich natürlich, wenn auch solche Geschichten ansprechen (können).
Beste Grüsse
Margot
#8
von Brotnic2um • Mitglied | 645 Beiträge | 645 Punkte
Die Stadt der Hunde
in Kurzgeschichten, Erzählungen, Novellen und Dramen. 30.03.2007 19:52von Brotnic2um • Mitglied | 645 Beiträge | 645 Punkte
Ich weiß nicht was sich hinter der Stadt der Hunde verbirgt. Es gibt einen Film, es gibt ein Buch – beides kenne ich nicht. Auch weiß ich nicht den Mann am Empfang – den Pförtner – und die Dame zu deuten.
Ich sehe ein LI, dass abgeschlossen hat bzw. einen Bruch endgültig herbeiführen will. So wie der Frühling den Winter bricht. Ein LI, dass sich vom LD scheiden lässt. Möglicherweise bleiben Kinder dabei auf der Strecke. Bzw. ein LI, dass eingesehen hat, dass Scheidung unvermeidlich ist.
Das LD schwindet hinter Gittern und Türen ohne Knauf dahin. Ausweglos. Man beachte aber die bunten Wegweiser in den Sterbesaal. Mit diesem einen, dem LD, kann das Gefühl selbst gemeint sein. Was ich interessant fände. Die Andeutungen, dass es sich um eine Nervenheilanstalt handelt, widerspricht dem nicht. Liebe ist ein starkes Gefühl. Ein gefährliches Gefühl. Manche lassen dieses Gefühl nie vor die Tür.
Das Dahinschwinden kann auch ganz konkret auf eine Person, das LD, den sterbenden Partner, gemünzt werden. Dann ist es eine Klinik, in der einer im Sterben liegt und nun erst den Wert vom Küssen – selbst wenn es den Todesgeschmack (Asche) in sich trägt – zu schätzen weiß.
Das LD steht über dem LI. Es durchschaut es sofort und lächelt über den Versuch, sich mit Plastikgefühlen abspeisen zu lassen. Und es töpfert, ist kreativ und erschafft mit eigenen Händen. Das LI aber kommt mit abgeschmackten Plastik-Präsenten: Plastic for the People könnte mit REM gemeint sein. Ecco? Den krieg ich nicht so recht darein.
Am Ende darf das LI den abgesperrten Bereich verlassen. Gewinnt es dadurch, oder verliert es? Wer ist zu aufgewühlt? Wer verlässt da ein Gefühl, das Leben? Wer kehrt auf den Betonparkplatz zurück? Wer ist gestorben?
Der Text ist sehr verschlüsselt, aber mir fehlt zum Schluss ein richtiger Kick, ein Hinweis für Blinde. So was wie Sixth Sense oder die Üblichen Verdächtigen. Mehr und mehr denke ich, dass lohnender ist deutlicher zu werden.
Ich sehe ein LI, dass abgeschlossen hat bzw. einen Bruch endgültig herbeiführen will. So wie der Frühling den Winter bricht. Ein LI, dass sich vom LD scheiden lässt. Möglicherweise bleiben Kinder dabei auf der Strecke. Bzw. ein LI, dass eingesehen hat, dass Scheidung unvermeidlich ist.
Das LD schwindet hinter Gittern und Türen ohne Knauf dahin. Ausweglos. Man beachte aber die bunten Wegweiser in den Sterbesaal. Mit diesem einen, dem LD, kann das Gefühl selbst gemeint sein. Was ich interessant fände. Die Andeutungen, dass es sich um eine Nervenheilanstalt handelt, widerspricht dem nicht. Liebe ist ein starkes Gefühl. Ein gefährliches Gefühl. Manche lassen dieses Gefühl nie vor die Tür.
Das Dahinschwinden kann auch ganz konkret auf eine Person, das LD, den sterbenden Partner, gemünzt werden. Dann ist es eine Klinik, in der einer im Sterben liegt und nun erst den Wert vom Küssen – selbst wenn es den Todesgeschmack (Asche) in sich trägt – zu schätzen weiß.
Das LD steht über dem LI. Es durchschaut es sofort und lächelt über den Versuch, sich mit Plastikgefühlen abspeisen zu lassen. Und es töpfert, ist kreativ und erschafft mit eigenen Händen. Das LI aber kommt mit abgeschmackten Plastik-Präsenten: Plastic for the People könnte mit REM gemeint sein. Ecco? Den krieg ich nicht so recht darein.
Am Ende darf das LI den abgesperrten Bereich verlassen. Gewinnt es dadurch, oder verliert es? Wer ist zu aufgewühlt? Wer verlässt da ein Gefühl, das Leben? Wer kehrt auf den Betonparkplatz zurück? Wer ist gestorben?
Der Text ist sehr verschlüsselt, aber mir fehlt zum Schluss ein richtiger Kick, ein Hinweis für Blinde. So was wie Sixth Sense oder die Üblichen Verdächtigen. Mehr und mehr denke ich, dass lohnender ist deutlicher zu werden.
#9
von Margot • Mitglied | 3.054 Beiträge | 3055 Punkte
Die Stadt der Hunde
in Kurzgeschichten, Erzählungen, Novellen und Dramen. 31.03.2007 00:37von Margot • Mitglied | 3.054 Beiträge | 3055 Punkte
Lieber/s Brot
Verschlüsselt? Ein wenig. Deutlicher? Nein!
Ich kenne kein Buch, bzw. einen Film, der denselben Titel trägt. Wie ich dem Ulrich schon gesagt habe, ist es ein Hinweis darauf, in welcher Ortschaft sich das Ganze abspielt. Wirklich wichtig ist er aber nicht.
Ich weiss, weshalb Du auf die Interpretation eines Sterbenden kommst. Es ist der Abschnitt mit den Blumen, nicht? Der ist missverständlich, das sehe ich jetzt ein. Das Sterben sollte sich auf die welkenden Blumen beziehen und nicht auf einen der Protagonisten. Na ja... ehm ... anyway... *g
Ja, es ist eine Geschichte über einen Besuch in einer Psychiatrischen Klinik und die Eindrücke, Gefühle und Empfindungen, die sich dort einstellen (können). Ich versuchte das aus der Sicht einer Ich-Erzählerin zu schreiben, ohne sie direkt sprechen zu lassen, damit die Beklemmung, die einem an solchen Orten überfällt, verdeutlicht wird. Ging vielleicht etwas in die Hose, oder ist nicht gut rübergekommen, weil noch so viele Fragen offen bleiben. Vielleicht sollte ich besser recherchieren...
Ich danke Dir für das Feedback. Hat mir sehr geholfen.
Liebe Grüsse
Margot
Verschlüsselt? Ein wenig. Deutlicher? Nein!
Ich kenne kein Buch, bzw. einen Film, der denselben Titel trägt. Wie ich dem Ulrich schon gesagt habe, ist es ein Hinweis darauf, in welcher Ortschaft sich das Ganze abspielt. Wirklich wichtig ist er aber nicht.
Ich weiss, weshalb Du auf die Interpretation eines Sterbenden kommst. Es ist der Abschnitt mit den Blumen, nicht? Der ist missverständlich, das sehe ich jetzt ein. Das Sterben sollte sich auf die welkenden Blumen beziehen und nicht auf einen der Protagonisten. Na ja... ehm ... anyway... *g
Ja, es ist eine Geschichte über einen Besuch in einer Psychiatrischen Klinik und die Eindrücke, Gefühle und Empfindungen, die sich dort einstellen (können). Ich versuchte das aus der Sicht einer Ich-Erzählerin zu schreiben, ohne sie direkt sprechen zu lassen, damit die Beklemmung, die einem an solchen Orten überfällt, verdeutlicht wird. Ging vielleicht etwas in die Hose, oder ist nicht gut rübergekommen, weil noch so viele Fragen offen bleiben. Vielleicht sollte ich besser recherchieren...
Ich danke Dir für das Feedback. Hat mir sehr geholfen.
Liebe Grüsse
Margot
#10
von GerateWohl • Mitglied | 2.015 Beiträge | 2015 Punkte
Die Stadt der Hunde
in Kurzgeschichten, Erzählungen, Novellen und Dramen. 01.04.2007 16:54von GerateWohl • Mitglied | 2.015 Beiträge | 2015 Punkte
Hallo Margot,
der Titel ließ mich doch gleich an den Film Dogville von Lars von Trier denken, und tatsächlich lässt diese Sanatoriumsszenerie bzgl. Dieser Assoziation nicht locker. Wobei mir die Hundesymbolik in dem Film etwas mehr einleuchtete als hier, denn die Fragen nach geistiger Gesundheit, Mitgefühl etc. sehe ich im Zusammenhang mit Hunden jetzt weniger. Außer, dass Hunde halt dafür bekannt sind, dass man sie gut dressieren kann, aber diesen Aspekt sehe ich in Diener Geschichte irgendwie gar nicht, zumindest nicht so klar, dass es den Mottogebenden Titel rechtfertigen würde.
Mir ist der P1 und die Tatsache, dass ich zu diesem Zeitpunkt noch keinen blassen Schimmer habe, wo der Ich-Erzähler da Geld einwirft, etwas unangenehm beim Lesen aufgefallen. Wahrscheinlich weil ich zumindest im Bezug auf den P1 das Zunehmen von Abkürzungen in der Sprache in meinem beruflichen Umfeld als Unsitte empfinde. Als ich dann begriff, dass es sich um einen Parkplatz handelt, ging mir einfach nicht auf, warum Du hier nur P1 geschrieben hast.
Ich hatte mal eine Freundin, die erzählte immer Episoden aus ihrem Leben in denen sie viele Leute einfach mit dem Vornamen erwähnte, so als müsste ich die alle schon kennen. Ich kannte aber keinen einzigen davon. Sie nahm noch nicht einmal Rücksicht darauf, wenn zwei Freunde von ihr zufällig den gleichen Vornamen hatten, indem sie vielleicht darauf hingewiesen hätte, um wen von den beiden es gerade ging. So war es für mich mit meinem bescheidenen Namensgedächtnis schwer ihr zu folgen. Ich fand diesen Erzählstil nicht gut. Ähnlich geht es mir hier mit dem P1.
Aber was ich aus der Erfahrung mit meiner damaligen Freundin gelernt habe, in diesen Stil kommt man rein.
Auf jeden Fall denke ich, dass jedem Autor klar ist, dass man mit so einer Beschreibung wie P1 für einen Parkplatz erst einmal ein Fragezeichen aufbaut. Was macht man nun damit und zu welchem Zweck erzeugt man das Fragezeichen? Ein möglicher Zweck der mir einfällt, ist, dass man so den Ich-Erzähler als sehr subjektiv in seiner Wahrnehmung darstellen kann, weil er es nicht für nötig hält, sich so weit in das Gegenüber hineinzuversetzen, dass der auch verstehen sollte, was der Erzähler vorträgt. Denn im Kopf des Ich-Erzählers ist das Bild des Parkplatzes als P! und er weist einfach darauf hin.
Das wäre, denke ich, eine Möglichkeit, die erzählende Hauptfigur als etwas unreflektiert darzustellen. Das kann aber, wie spätestens der Schluss zeigt, hier nicht der Fall sein, weil die Hauptfigur hier doch klar ihr eigenes Empfinden hinterfragt.
Der Ecco und die R.E.M. funktionieren hingegen meines Empfindens nach sehr gut, aber das ist ja auch mehr so ein pars pro toto als eine schwer zuordenbare Abkürzung.
Insgesamt ist es eine Geschichte, bei der mir irgendwie was fehlt. Das liegt, glaube ich daran, dass das, was dort passiert, mich als Leser wirklich begonnen hat zu interessieren, nur dass mir die Beschreibung des ganzen insgesamt zu fragmentarisch ist. Ich hätte mir das ganze viel ausführlicher gewünscht, um mich wirklich in die Szenerie hineinzufinden. Sobald sich die gebauten Fragezeichen geklärt haben und man halbwegs in der Szenerie drin ist, ist die Uhr schon abgelaufen, man steht auf dem vollen Parkplatz und denkt „Schade. Bisschen schnell, bisschen kurz“ oder eher „Netter Trailer. Den Film guck ich mir gerne an.“
Ich habe übrigens festgestellt, dass ich Geschichten aus dem Tümpel mir lieber hier herauskopiere in ein Word-Dokument, und das ganze besser vorher schön formatiere. Dann macht das Lesen mehr Spaß. Das Schriftbild hier im Forum ist für Kurzgeschichten echt tödlich.
Lieben Gruß,
GW
der Titel ließ mich doch gleich an den Film Dogville von Lars von Trier denken, und tatsächlich lässt diese Sanatoriumsszenerie bzgl. Dieser Assoziation nicht locker. Wobei mir die Hundesymbolik in dem Film etwas mehr einleuchtete als hier, denn die Fragen nach geistiger Gesundheit, Mitgefühl etc. sehe ich im Zusammenhang mit Hunden jetzt weniger. Außer, dass Hunde halt dafür bekannt sind, dass man sie gut dressieren kann, aber diesen Aspekt sehe ich in Diener Geschichte irgendwie gar nicht, zumindest nicht so klar, dass es den Mottogebenden Titel rechtfertigen würde.
Mir ist der P1 und die Tatsache, dass ich zu diesem Zeitpunkt noch keinen blassen Schimmer habe, wo der Ich-Erzähler da Geld einwirft, etwas unangenehm beim Lesen aufgefallen. Wahrscheinlich weil ich zumindest im Bezug auf den P1 das Zunehmen von Abkürzungen in der Sprache in meinem beruflichen Umfeld als Unsitte empfinde. Als ich dann begriff, dass es sich um einen Parkplatz handelt, ging mir einfach nicht auf, warum Du hier nur P1 geschrieben hast.
Ich hatte mal eine Freundin, die erzählte immer Episoden aus ihrem Leben in denen sie viele Leute einfach mit dem Vornamen erwähnte, so als müsste ich die alle schon kennen. Ich kannte aber keinen einzigen davon. Sie nahm noch nicht einmal Rücksicht darauf, wenn zwei Freunde von ihr zufällig den gleichen Vornamen hatten, indem sie vielleicht darauf hingewiesen hätte, um wen von den beiden es gerade ging. So war es für mich mit meinem bescheidenen Namensgedächtnis schwer ihr zu folgen. Ich fand diesen Erzählstil nicht gut. Ähnlich geht es mir hier mit dem P1.
Aber was ich aus der Erfahrung mit meiner damaligen Freundin gelernt habe, in diesen Stil kommt man rein.
Auf jeden Fall denke ich, dass jedem Autor klar ist, dass man mit so einer Beschreibung wie P1 für einen Parkplatz erst einmal ein Fragezeichen aufbaut. Was macht man nun damit und zu welchem Zweck erzeugt man das Fragezeichen? Ein möglicher Zweck der mir einfällt, ist, dass man so den Ich-Erzähler als sehr subjektiv in seiner Wahrnehmung darstellen kann, weil er es nicht für nötig hält, sich so weit in das Gegenüber hineinzuversetzen, dass der auch verstehen sollte, was der Erzähler vorträgt. Denn im Kopf des Ich-Erzählers ist das Bild des Parkplatzes als P! und er weist einfach darauf hin.
Das wäre, denke ich, eine Möglichkeit, die erzählende Hauptfigur als etwas unreflektiert darzustellen. Das kann aber, wie spätestens der Schluss zeigt, hier nicht der Fall sein, weil die Hauptfigur hier doch klar ihr eigenes Empfinden hinterfragt.
Der Ecco und die R.E.M. funktionieren hingegen meines Empfindens nach sehr gut, aber das ist ja auch mehr so ein pars pro toto als eine schwer zuordenbare Abkürzung.
Insgesamt ist es eine Geschichte, bei der mir irgendwie was fehlt. Das liegt, glaube ich daran, dass das, was dort passiert, mich als Leser wirklich begonnen hat zu interessieren, nur dass mir die Beschreibung des ganzen insgesamt zu fragmentarisch ist. Ich hätte mir das ganze viel ausführlicher gewünscht, um mich wirklich in die Szenerie hineinzufinden. Sobald sich die gebauten Fragezeichen geklärt haben und man halbwegs in der Szenerie drin ist, ist die Uhr schon abgelaufen, man steht auf dem vollen Parkplatz und denkt „Schade. Bisschen schnell, bisschen kurz“ oder eher „Netter Trailer. Den Film guck ich mir gerne an.“
Ich habe übrigens festgestellt, dass ich Geschichten aus dem Tümpel mir lieber hier herauskopiere in ein Word-Dokument, und das ganze besser vorher schön formatiere. Dann macht das Lesen mehr Spaß. Das Schriftbild hier im Forum ist für Kurzgeschichten echt tödlich.
Lieben Gruß,
GW
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#12
von Margot • Mitglied | 3.054 Beiträge | 3055 Punkte
Die Stadt der Hunde
in Kurzgeschichten, Erzählungen, Novellen und Dramen. 01.04.2007 22:38von Margot • Mitglied | 3.054 Beiträge | 3055 Punkte
Hi GW
Ja, stimmt, es ist zu fragmentarisch für eine KG. Wohl eher ein Abriss oder es könnte auch als Prolog für eine ganze Geschichte dienen. Wenn Du mir sagst, dass Du den "Trailer" interessant findest, dann werde ich mich womöglich dazu aufraffen, den ganzen Film zu schreiben. But not yet!
Ich dachte, weil das LI aussteigt, dass man dann automatisch beim P1 darauf kommt, dass es sich um einen Parkplatz handelt. Aber, wie mir schon mitgeteilt wurde, ist sogar das 'aussteigen' missverständlich. Von daher kann natürlich der P1 auch nicht funktionieren. Tja ... blöd. Ich werd's ändern. Vielleicht auf P4?
Nochmals zum Titel (Bingo, Alcedo! ). Wie ich schon sagte, schien mir der originell und passend daher (Achtung, jetzt wird's kompliziert), weil ich - wie Du schon anmerkst - die Hunde als dressierbare Geschöpfe betrachte und Paralellen zog. Jetzt ist die Frage natürlich, ob ich das als Metapher für die Protagonisten, die Patienten oder die Ärzte sehe. Ich möchte das auch gar nicht beantworten. Denke sich jeder das, was ihm passend erscheint.
Besten Dank für die Rückmeldung und die Gedanken dazu. Wie immer, sehr hilf- und aufschlussreich.
Liebe Grüsse
Margot
Ja, stimmt, es ist zu fragmentarisch für eine KG. Wohl eher ein Abriss oder es könnte auch als Prolog für eine ganze Geschichte dienen. Wenn Du mir sagst, dass Du den "Trailer" interessant findest, dann werde ich mich womöglich dazu aufraffen, den ganzen Film zu schreiben. But not yet!
Ich dachte, weil das LI aussteigt, dass man dann automatisch beim P1 darauf kommt, dass es sich um einen Parkplatz handelt. Aber, wie mir schon mitgeteilt wurde, ist sogar das 'aussteigen' missverständlich. Von daher kann natürlich der P1 auch nicht funktionieren. Tja ... blöd. Ich werd's ändern. Vielleicht auf P4?
Nochmals zum Titel (Bingo, Alcedo! ). Wie ich schon sagte, schien mir der originell und passend daher (Achtung, jetzt wird's kompliziert), weil ich - wie Du schon anmerkst - die Hunde als dressierbare Geschöpfe betrachte und Paralellen zog. Jetzt ist die Frage natürlich, ob ich das als Metapher für die Protagonisten, die Patienten oder die Ärzte sehe. Ich möchte das auch gar nicht beantworten. Denke sich jeder das, was ihm passend erscheint.
Besten Dank für die Rückmeldung und die Gedanken dazu. Wie immer, sehr hilf- und aufschlussreich.
Liebe Grüsse
Margot
#13
von corvinus (gelöscht)
Die Stadt der Hunde
in Kurzgeschichten, Erzählungen, Novellen und Dramen. 17.12.2007 12:33von corvinus (gelöscht)
Werte Margot,
der Titel hat mich beim Stöbern verweilen und der starke erste Satz dann einsteigen lassen. Feiner Rhythmus und m.E. ein sehr ausgewogenes Verhältnis zwischen Andeutungen und Direktheit. Da ich eher ein Freund der vagen, kryptischen Skizze, bin ich recht bald auf die Verbindung von Titel und der Objektartigkeit der Patienten gekommen. Von meiner Seite also ein kleiner Extraapplaus hierfür.
In summa ein starker Text, der bannen kann.
Erlesene Grüße
c.
der Titel hat mich beim Stöbern verweilen und der starke erste Satz dann einsteigen lassen. Feiner Rhythmus und m.E. ein sehr ausgewogenes Verhältnis zwischen Andeutungen und Direktheit. Da ich eher ein Freund der vagen, kryptischen Skizze, bin ich recht bald auf die Verbindung von Titel und der Objektartigkeit der Patienten gekommen. Von meiner Seite also ein kleiner Extraapplaus hierfür.
In summa ein starker Text, der bannen kann.
Erlesene Grüße
c.
#14
von Margot • Mitglied | 3.054 Beiträge | 3055 Punkte
Die Stadt der Hunde
in Kurzgeschichten, Erzählungen, Novellen und Dramen. 24.12.2007 10:09von Margot • Mitglied | 3.054 Beiträge | 3055 Punkte
Besten Dank für das Lob und den Kommentar - auch hier. Es freut mich natürlich sehr, wenn das kleine Stück etwas vermitteln kann.
Ich merke grade, dass es von der Waldau bis hierhin bloss ein kleiner Schritt ist ... meine Themenwahl sollte mir zu denken geben!
Gruss
Margot
Ich merke grade, dass es von der Waldau bis hierhin bloss ein kleiner Schritt ist ... meine Themenwahl sollte mir zu denken geben!
Gruss
Margot
#15
von Krabü2 (gelöscht)
Die Stadt der Hunde
in Kurzgeschichten, Erzählungen, Novellen und Dramen. 25.12.2007 19:52von Krabü2 (gelöscht)
Hach, Marge!
Genau das wollte ich hierunter schreiben und freute mich, dass es so leicht zu finden war, diese Kurzgeschichte, denn das Gedicht Waldau und diese KG sind wirklich sehr nahe aneinander gesiedelt. Was sehr gut ist. Und doch: Das Gedicht ist weitaus eindrücklicher!
Grüße nochmals
Uschi
Genau das wollte ich hierunter schreiben und freute mich, dass es so leicht zu finden war, diese Kurzgeschichte, denn das Gedicht Waldau und diese KG sind wirklich sehr nahe aneinander gesiedelt. Was sehr gut ist. Und doch: Das Gedicht ist weitaus eindrücklicher!
Grüße nochmals
Uschi
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