#1

Lieben und Leben im Randbezirk ( 1. Im Dorians )

in Kurzgeschichten, Erzählungen, Novellen und Dramen. 01.08.2007 07:36
von Michael Lüttke (gelöscht)
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Lieben und Leben im Randbezirk ( 1. Im Dorians )


1. Im “Dorians”

Es war so gegen zwei Uhr morgens, als ich die letzte Bar auf meiner Tour ansteuerte. Irgendwie lief alles an diesem Abend nicht so, wie ich es für meine hormonellen Schwankungen eingeplant hatte und ich hatte mich inzwischen damit abgefunden, dass ich mir vielleicht noch den neue Dolly-Buster-DVD reinziehen würde und ein bisschen Spaß mit mir selbst haben werde. Nun gut, so war es nun mal. Ich war auch nicht mehr in dem Alter, in dem sich die Mädels meine Adresse untereinander als Geheimtipp austauschend um von mir begattet zu werden. Viel mehr lief es irgendwie inzwischen eher auf den großen Gnadenfick aus. Grausamer Gedanke, aber besser als gar nichts. Ich klingelte an der Tür der “Dorians”.
Aytekin öffnete das kleine Fenster in der Türe, freute sich mich zu sehen und öffnete.
Drinnen war kaum was los. Hier und da saßen ein paar Dauergestrandete. Ihr wisst welche ich meine. Braun gebrannt, Goldkettchen ( sicher nur vergoldet ) und Turnschuhe von Crane, der Nobelmarke von Aldi. Also alles so aalglatte Blender, die bevor sie auf Tour gingen erst mal zählten, wie viele Drinks sie am Abend nehmen konnten. Zwischendurch gingen sie kurz nach McDonalds, schmissen sich die Ein-Euro-Hamburger-Garantie ein und kamen schnell wieder. Meistens bekamen diese “Nachgemachten” aber eher ein Mädchen ab als ich. Aber sollte ich mich dafür auch auf die Sonnenbank legen? Vielleicht ja. Ich hatte keine Ahnung ob es was bringen würde. Irgendwie hatte ich in den letzten Jahren von nichts irgendeine Ahnung, außer vom ekligen Geschmack der Einsamkeit im Mund.

Die Mädchen in der Bar wirkten lustlos und müde. Und wirklich jung waren sie auch nicht mehr. Hinten auf dem Ecksofa saß Gabi, die kannte ich schon seit vielen Jahren. Als sie hier anfing war sie dreiundzwanzig, hatte eine tolle Figur und war immer bereit. Mich nahm sie nie mit. Ich wäre halt eher der Kumpeltyp hatte sie immer gesagt. Jetzt sieht sie aus wie ‘ne Marktfrau am Gemüsestand. Hängende Lider und hängende Brüste. Sie trug nichts mehr unter ihrem T-Shirt, so dass ihre Nippel immer gegen den Stoff drückten. Es war die einzige erotische Sache, die ihr geblieben war. Letzte Woche hätte ich sie haben können, aber ich war zu besoffen.

Ich bestellte einen San Francisco und drehte mir eine Zigarette. Im Hintergrund lief
“Mister Crowly” von Ozzy Ozbourne. Es passte zur Stimmung hier. Ich steckte mir meine Zigarette an und blies den Rauch langsam aus. Sah aus wie draußen, wenn es bitter kalt war. Nur es war nicht so schön. Ich saß alleine da, wie schon so oft. Die Hoffnung auf Nächte voller Esprit und Hingabe, hatte ich längst begraben, als zwei
Frauen reinkamen. Jedenfalls dass, was man um inzwischen drei Uhr, noch Frau nennen würde. Also alles, was zwei Brüste, ’nen Po und ein bisschen Lippenstift aufgetragen hatte. Und genau das waren die Beiden. Einfach nur Restbestände der Nacht. Aber was sollte es.
Ich beobachtete die beiden eine Zeit lang. Und so länger ich ihnen zusah um so schöner wurden sie. Die eine hatte braune kurze Haare, und wirkte so ungefähr wie eine Frau um die fünfzig. Sie war ziemlich klein, aber ihr Arsch war in Ordnung und sie bewegte sich relativ grazil. Sie trug Nike Turnschuhe und eine enge schwarze Jeans. Man konnte wenn man genau schaute sehen, dass sie einen String trug. Und ich hatte alle Zeit der Welt genau hin zu sehen. Die andere war wesentlich jünger und blond. Sie wog mit Sicherheit das gleiche wie ich. Also lockere 95 Kilo. Wenn sie sich setzte, bedeckte ihr Bauch fast den kompletten Oberschenkel. Ekelhaft, aber auch faszinierend. Ich stellte mir vor, wie sie auf mir saß und mich wie von Sinnen ritt und dabei ihre riesigen Brüste wie Wetterballons durch das Zimmer schwappten. Ihre Oberschenkel bedeckten meine Lenden und ihr Bauch knallte immer wieder auf meine Brust.
Komisch, irgendwie erregte mich der Gedanke mit dem Frachtschiff gemeinsam ein paar Stündchen zu verbringen. Eigentlich war sie nicht meine Liga. Da spielten eher die Klassefrauen. So jedenfalls sah ich es gerne. Aber ‘ne Klassefrau hatte ich schon seit Ewigkeiten nicht mehr gesehen, geschweige denn, dass sie sich in mein Bett verlaufen hätte. Also, was soll's. Es wird gegessen was auf den Tisch kam. So jedenfalls sagte es meine Mutter immer, wenn wir etwas nicht mochten. Und auf den Tisch kam heute diese Frau. So viel war mal sicher.
Ich fing an sie zu fixieren, damit sie meinen Blick erwidern konnte. So saß ich wie eine Statue fast eine ganze Stunde auf meinem Barhocker, aber nicht die Bohne passierte. Kein Augenkontakt, keine kleine veschmitzte Reaktion.
Die Kleine erzählte der Dicken irgendwelche Sachen und sie amüsierten sich wie verrückt. Dann steckten sie sich die Zungen in die Münder und begannen wie wild sich zu befummeln. Scheiße gelaufen, alter Mann, dachte ich und bestellte noch einen Drink. Wäre ‘ne gute Nummer geworden, aber es war eh schon spät und morgen war auch noch ein Tag. Ich nahm einen kräftigen Schluck und entschied mich dazu, nach dem Glas nach Hause zu gehen. Scheiß Tag, scheiß Nacht, scheiß Leben. Aber wenigsten meins.
Ich wühlte in der Hosentasche nach meinem restlichen Geld, dass ich sorgfältig zu Hause nachgezählt hatte. Es reichte noch genau für diese beiden Drinks und einen Hamburger unterwegs. Ich rief Aytekin zu mir, legte das Geld auf die Theke und bedankte mich für den tollen Abend. Er lächelte nur und sagte, dass es nächstes Mal runder laufen würde bei mir. Was sollte er auch sagen, ich war einer der wenigen Gäste, die regelmäßig kamen.
Ich trank aus und wollte gerade gehen, als die Dicke neben mir stand.
“Na, noch was vor, heute Nacht?”, fragte sie. “Ne, eigentlich nicht, ihr?”
Da standen wir nun, in dieser Sekunde der absoluten, nächtlichen Idiotie. Eine Kleine,
eine Dicke und ein alter Mann. Schien nicht dazu geeignet zu sein, dass daraus was geniales werden könnte. Aber manche Sachen entwickelten sich anders als man dachte. Diese Sache war so eine.


demnächst: 2. Ein Dreier zu zweit





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#2

Lieben und Leben im Randbezirk ( 1. Im Dorians )

in Kurzgeschichten, Erzählungen, Novellen und Dramen. 01.08.2007 10:35
von bipontina (gelöscht)
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hmhmhm...
was soll ich dazu sagen? Mit fällt nichts ein.


doch! ich zitiere aus Tasso:

"Erlaubt ist, was gefällt" (Tasso)
"Erlaubt ist, was sich ziemt" (Prinzessin)
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#3

Lieben und Leben im Randbezirk ( 1. Im Dorians )

in Kurzgeschichten, Erzählungen, Novellen und Dramen. 01.08.2007 11:08
von Brotnic2um • Mitglied | 645 Beiträge | 645 Punkte
Hallo Michael,

in Jubelarien will ich nicht ausbrechen, aber ich finde Prosa steht Dir viel besser als Lyrik. Deine Kürzestteile habe ich auch schon gelesen und fand bestätigt, dass Du das Wesen einer Pointe begriffen hat. Klingt blöd – ich weiß – aber wie ich heute schon in der neu und proppenvoll gefüllten Humorrubrik schmerzhaft erfuhr, leider keine Selbstverständlichkeit.
Der Zahnarzt gefiel mir nicht so gut wie das Labyrinth. Beim Labyrinth fragte ich mich schon, wie Du es auflöst beim Zahnarzt war es vorhersehbarer. Vielleicht sollten wir für solche Werke eine Kurz und knapp Kategorie einführen?

So und nun zu Deinem ersten Kapitel. Das riecht nach einer Suff- und Fickgeschichte a la Buckowski. Die Szenerie empfand ich nicht als absurd oder schlecht, sondern manche Beschreibung sehr ordentlich wie die Solargebräunten und mit Aldiedelmarke ausgestatteten Kettchenträger. Das mag anderen vielleicht schon zu fett, zu klischeehaft sein. Aber es gibt diese Typen ja wirklich. Warm bin ich zwar auch mit Deinem Protagonisten, nicht nur wegen seiner Busterschen Geschmacksverirrungen geworden, aber ich las – und das ging leicht weg- mit grusligem Interesse weiter von den Begierden, Wünschen und Gewohnheiten dieses Herren. Was ich sehr chic fand war diese Hamburger Nummer, die der Prot dann eigentlich auch abziehen will.

Nun bin ich mal gespannt was dem in der Nacht noch passiert. Wobei – zwar selbst ein Freund des Alks – ich nicht weiß ob mich Kapitel um Kapitel über das Saufen und Huren zu fesseln vermag. Ich fürchte mein Interesse könnte schnell wieder erlahmen. Aber ich vertraue auf das was Du in Deinen Kurzpointen gezeigt hast, dass Du noch was anderes im Köcher hast. Hoffentlich.
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