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Späte Begegnung
Hörfassung
Lang sind und schwer die Gewänder,
die die Alten noch tragen zum Kirchgang,
zum Feste und Abschied von Toten.
Auch die Mienen sind schwer und gezeichnet
von lange getragener Bürde,
der Last ihres mühsamen Lebens,
dem zu entfliehen der Mut ihnen fehlte
oder die Liebe ein Hoffen versprach,
ein längst schon vergessenes Trugbild,
das sie kaum je erhofften und das
nur mehr im Flackern der Kerzen
am Grabe der andern sie manchmal berührt.
Wenn dann ein faltiges Lächeln
sich zeigt im Gesichte des Nächsten,
das dem Erinnern nur gilt
an jene versunkenen Tage,
mag es geschehen, dass eine
fast schon verdorrte Hand
mit seltsamer Zartheit sich legt
auf die Wange des andern,
der vielleicht ein vergangener Schwarm
oder auch mehr einst ihr war.
Ein fast verschämtes „Weißt Du noch?“
klingt es so anders als
das geflüsterte „Liebster“ von damals?
Vorbei! und der schwere Fuß
stolpert weiter und hinterher,
als wäre die flüchtige Regung
nimmer gewesen.
Hörfassung
Lang sind und schwer die Gewänder,
die die Alten noch tragen zum Kirchgang,
zum Feste und Abschied von Toten.
Auch die Mienen sind schwer und gezeichnet
von lange getragener Bürde,
der Last ihres mühsamen Lebens,
dem zu entfliehen der Mut ihnen fehlte
oder die Liebe ein Hoffen versprach,
ein längst schon vergessenes Trugbild,
das sie kaum je erhofften und das
nur mehr im Flackern der Kerzen
am Grabe der andern sie manchmal berührt.
Wenn dann ein faltiges Lächeln
sich zeigt im Gesichte des Nächsten,
das dem Erinnern nur gilt
an jene versunkenen Tage,
mag es geschehen, dass eine
fast schon verdorrte Hand
mit seltsamer Zartheit sich legt
auf die Wange des andern,
der vielleicht ein vergangener Schwarm
oder auch mehr einst ihr war.
Ein fast verschämtes „Weißt Du noch?“
klingt es so anders als
das geflüsterte „Liebster“ von damals?
Vorbei! und der schwere Fuß
stolpert weiter und hinterher,
als wäre die flüchtige Regung
nimmer gewesen.
#2
von Brotnic2um • Mitglied | 645 Beiträge | 645 Punkte
Späte Begegnung (auch gelesen von Primel)
in Diverse 15.09.2007 08:42von Brotnic2um • Mitglied | 645 Beiträge | 645 Punkte
Das doppelte die schreckt mich in Zeile zwei ab und die Inversion in Zeile eins finde ich auch nicht grandios. Dann tauchen lang und schwer in S2 gleich noch mal wieder auf und das ist dann ein bisschen monoton und auch nicht sehr kreativ in der Umschreibung wie es Menschen an ihrem Lebensabend ergeht.
Die Bitterkeit des LI drückt sich für mich darin aus, dass er die Gefährten von einst heute mehr an den Gräbern antrifft – davor oder darin – als im Leben und natürlich in der Zeile, dass diesem Leben ein mutwilliges Ende zu bereiten, doch der Mumm fehlt. Nicht Dummheit oder Feigheit, sondern Mut, denn die Liebe ist schon lange ein Trugbild geworden. Da frage ich mich doch, welche Liebe wurde hier zum Trugbild? Oder wird überhaupt unterschieden zwischen körperlicher oder platonischer Liebe?
Da eine Berührung Regung auslöst, wird der Autor verzeihen, dass ich vermute, dass hier die Körperlichkeit im Vordergrund steht. Aber noch mal zurück zu der vom LI aufgestellten These, das den Alten dort der Mut fehlte, sich von der Last des Lebens zu befreien, da Liebe längst verschwunden ist. Das ist eine sehr verkürzte Sicht des LI –so hoffe ich doch.
Wenn alt zu sein aber bedeutet, sich nur noch über Gräbern zu grüßen und zehn kleine Negerlein zu spielen, dann ist atmen, leben wohl wirklich eine überflüssige Last. Das scheint mir aber eine verwegene Theorie zu sein. Manch alte Schachtel oder alter Hut ist so kregel, dass ich mich arg eingerostet fühle.
Natürlich gibt’s viele mit denen ich nicht tauschen wollte oder hoffe einem solchen Schicksal zu entgehen. Aber im Gedicht „Späte Begegnung“ wird das alt sein vom LI vorrangig – wenn nicht ausschließlich – als schwere Bürde und Last beschrieben und wenn sich doch noch was regt, weil eine fast verdorrte Hand die arg betonten Faltigkeiten berührt, dann frag ich mich wieder: was regt sich? Lebensmut geschöpft wo raus? Welche Zärtlichkeiten, welche Liebe wird vermisst? Geht’s in der kitschigen Atmosphäre von dunkler Kirchengruft in Kerzenschein doch nur ums ficken ? Ist es der Pimmel, der sich kurz erregt hat und sich dann wieder in seinen Dornröschen schlaf begibt ohne Hoffnung auf einen Prinzen der ihn wach küsst? Ja so blöd darf ich fragen, denn das Stück legt diese Lesart nahe und begibt sich selbst in diese Gefahr.
Und findet, wie ich meine, einen furchtbaren, aber diese Interpretation stützenden, Abgang. Aus und Vorbei!, ruft der heimwärts stampfende. Es war doch mehr ein weißt Du noch als ein geht’s schon wieder Liebster . Lang und schwer kriegt dann ja auch so ein Geschmäckle.
Nein, werde ich alt, so soll man mich hacken, wenn ich Tränen der Bitterkeit über die verblassende oder gänzlich kaputt gegangene Erektionsfähigkeit vergieße.
Ist es doch oftmals diese, die einen im Frühling in die größten Schwulitäten bringen kann und man sich gewünscht hätte, besser ein gutes Buch oder ein Gedicht gelesen zu haben, als immer nur an das Eine denken zu müssen.
Nee, gefällt mir nicht, Dein Gedicht.
Die Bitterkeit des LI drückt sich für mich darin aus, dass er die Gefährten von einst heute mehr an den Gräbern antrifft – davor oder darin – als im Leben und natürlich in der Zeile, dass diesem Leben ein mutwilliges Ende zu bereiten, doch der Mumm fehlt. Nicht Dummheit oder Feigheit, sondern Mut, denn die Liebe ist schon lange ein Trugbild geworden. Da frage ich mich doch, welche Liebe wurde hier zum Trugbild? Oder wird überhaupt unterschieden zwischen körperlicher oder platonischer Liebe?
Da eine Berührung Regung auslöst, wird der Autor verzeihen, dass ich vermute, dass hier die Körperlichkeit im Vordergrund steht. Aber noch mal zurück zu der vom LI aufgestellten These, das den Alten dort der Mut fehlte, sich von der Last des Lebens zu befreien, da Liebe längst verschwunden ist. Das ist eine sehr verkürzte Sicht des LI –so hoffe ich doch.
Wenn alt zu sein aber bedeutet, sich nur noch über Gräbern zu grüßen und zehn kleine Negerlein zu spielen, dann ist atmen, leben wohl wirklich eine überflüssige Last. Das scheint mir aber eine verwegene Theorie zu sein. Manch alte Schachtel oder alter Hut ist so kregel, dass ich mich arg eingerostet fühle.
Natürlich gibt’s viele mit denen ich nicht tauschen wollte oder hoffe einem solchen Schicksal zu entgehen. Aber im Gedicht „Späte Begegnung“ wird das alt sein vom LI vorrangig – wenn nicht ausschließlich – als schwere Bürde und Last beschrieben und wenn sich doch noch was regt, weil eine fast verdorrte Hand die arg betonten Faltigkeiten berührt, dann frag ich mich wieder: was regt sich? Lebensmut geschöpft wo raus? Welche Zärtlichkeiten, welche Liebe wird vermisst? Geht’s in der kitschigen Atmosphäre von dunkler Kirchengruft in Kerzenschein doch nur ums ficken ? Ist es der Pimmel, der sich kurz erregt hat und sich dann wieder in seinen Dornröschen schlaf begibt ohne Hoffnung auf einen Prinzen der ihn wach küsst? Ja so blöd darf ich fragen, denn das Stück legt diese Lesart nahe und begibt sich selbst in diese Gefahr.
Und findet, wie ich meine, einen furchtbaren, aber diese Interpretation stützenden, Abgang. Aus und Vorbei!, ruft der heimwärts stampfende. Es war doch mehr ein weißt Du noch als ein geht’s schon wieder Liebster . Lang und schwer kriegt dann ja auch so ein Geschmäckle.
Nein, werde ich alt, so soll man mich hacken, wenn ich Tränen der Bitterkeit über die verblassende oder gänzlich kaputt gegangene Erektionsfähigkeit vergieße.
Ist es doch oftmals diese, die einen im Frühling in die größten Schwulitäten bringen kann und man sich gewünscht hätte, besser ein gutes Buch oder ein Gedicht gelesen zu haben, als immer nur an das Eine denken zu müssen.
Nee, gefällt mir nicht, Dein Gedicht.
@brotnic2um
So eine eindeutige Stellungnahme ist erfreulich, da sie sich von dem Geschwafel, dem man so oft begegnet, wohltuend abhebt.
Jetzt wäre es also an mir, den Text und seine “Tiefsinnigkeit“ zu verteidigen, doch fehlt mir dafür die Überzeugung, da ich diesen Text auch nicht als so vollendet betrachte, dass ich seinetwegen meine Brust feindlichen Säbeln zur Aufspießung hinhalten wollte.
Fragen des Stils, z.B. die Angemessenheit der Wiederholung von bestimmten Ausdrücken oder Wortgruppen als Mittel zur Verstärkung, die aber auch als Unvermögen des Autors angesprochen werden können, will ich nicht zu erörtern versuchen, da dies zu einer Diskussion des Sprachniveaus des jeweiligen Lesers führen müsste.
Vielleicht aber doch einige Erläuterungen – was an sich bereits ein Zeichen der Schwäche ist, da Gelungenes nicht erklärt werden muss (wie das wohl zu moderner Kunst passt?).
Ausgangspunkt war ein Bild, das sich aus mir unbewussten Ursachen in mir entwickelte: das schwere, gestickte Festtagsgewand, wie es in abgelegenen Tälern (oder auch zur Unterhaltung der Touristen!) noch getragen wird. Vorwiegend von Alten. Dazu fällt mir jetzt auch ein, dass die Lederhose, die ich in meiner Kindheit noch getragen, heute wohl ziemlich überall von Jeans verdrängt wurde und nur noch manchmal die durchaus nicht sehenswerten Beine von Greisen schmückt!
Mit dem Tragen dieser Trachten ergibt sich auch der langsame, behäbige Schritt, der dann wiederum an einen Leichenzug erinnert. Begräbnis, Erinnerungen, Begegnungen, die so selten geworden, das passt wohl alles recht logisch zusammen. Thematisch gibt es ja keinen Kitsch, der kommt erst durch die Darbietung und im Bewusstsein des Lesers auf.
Ein einziger Vorbehalt: die Interpretation in Richtung auf sexuell bedingte Handlungen wirkt auf mich völlig verfehlt, und ich riskiere es, hier das Wort „Zärtlichkeit“ der verbrauchten Sinnlichkeit und dem bedauerten Potenzverlust gegenüberzustellen!
Mit dieser langen und schweren Stellungnahme danke ich dir für deinen Verriss.
So eine eindeutige Stellungnahme ist erfreulich, da sie sich von dem Geschwafel, dem man so oft begegnet, wohltuend abhebt.
Jetzt wäre es also an mir, den Text und seine “Tiefsinnigkeit“ zu verteidigen, doch fehlt mir dafür die Überzeugung, da ich diesen Text auch nicht als so vollendet betrachte, dass ich seinetwegen meine Brust feindlichen Säbeln zur Aufspießung hinhalten wollte.
Fragen des Stils, z.B. die Angemessenheit der Wiederholung von bestimmten Ausdrücken oder Wortgruppen als Mittel zur Verstärkung, die aber auch als Unvermögen des Autors angesprochen werden können, will ich nicht zu erörtern versuchen, da dies zu einer Diskussion des Sprachniveaus des jeweiligen Lesers führen müsste.
Vielleicht aber doch einige Erläuterungen – was an sich bereits ein Zeichen der Schwäche ist, da Gelungenes nicht erklärt werden muss (wie das wohl zu moderner Kunst passt?).
Ausgangspunkt war ein Bild, das sich aus mir unbewussten Ursachen in mir entwickelte: das schwere, gestickte Festtagsgewand, wie es in abgelegenen Tälern (oder auch zur Unterhaltung der Touristen!) noch getragen wird. Vorwiegend von Alten. Dazu fällt mir jetzt auch ein, dass die Lederhose, die ich in meiner Kindheit noch getragen, heute wohl ziemlich überall von Jeans verdrängt wurde und nur noch manchmal die durchaus nicht sehenswerten Beine von Greisen schmückt!
Mit dem Tragen dieser Trachten ergibt sich auch der langsame, behäbige Schritt, der dann wiederum an einen Leichenzug erinnert. Begräbnis, Erinnerungen, Begegnungen, die so selten geworden, das passt wohl alles recht logisch zusammen. Thematisch gibt es ja keinen Kitsch, der kommt erst durch die Darbietung und im Bewusstsein des Lesers auf.
Ein einziger Vorbehalt: die Interpretation in Richtung auf sexuell bedingte Handlungen wirkt auf mich völlig verfehlt, und ich riskiere es, hier das Wort „Zärtlichkeit“ der verbrauchten Sinnlichkeit und dem bedauerten Potenzverlust gegenüberzustellen!
Mit dieser langen und schweren Stellungnahme danke ich dir für deinen Verriss.
An jene, die vielleicht etwas hören wollten
ich bitte sie, mir zu verzeihen, dass ich hier irrtümlicherweise einen Link zu meinem privaten Kanal angab, zudem kein öffentlicher Zutritt möglich war. Dies ist jetzt korrigiert.
ich bitte sie, mir zu verzeihen, dass ich hier irrtümlicherweise einen Link zu meinem privaten Kanal angab, zudem kein öffentlicher Zutritt möglich war. Dies ist jetzt korrigiert.
#5
von Joame Plebis • | 3.690 Beiträge | 3826 Punkte
Späte Begegnung (auch gelesen von Primel)
in Diverse 11.12.2007 00:36von Joame Plebis • | 3.690 Beiträge | 3826 Punkte
Guten Tag, Primel!
Fehler brauch ich gar nicht mehr mitteilen, weil Du ja fast prinzipiell nicht korrigieren willst.
Prosa mit Lebenserfahrung könnte ich es nennen, was ich da von Dir las. Ich hörte auch die gute Audiofassung an.
Voll verständlich und nachvollziehbar.
Das mit den zwei 'schwer' pflichte ich Brotnic2um bei, wenn auch ansonsten meine Meinung von seiner etwas abdriftet.
Es ist leider diese Situation, in der man plötzlich ist, nicht bemerkt hat, wie man hineingerutscht ist - und schon ist man alt.
Ich weiß, viele Jugendliche können kaum erwarten, für das Problem, die Alten, eine Lösung zu finden.
Sie vergessen oder besser gesagt, glauben nicht, wie unvermittelt, ja übergangslos sie erkennen werden, auch zum Kreis jener zu gehören, die Richtung Ausgang geschoben werden, ob es gefällt oder nicht.
Das ist kein Jammern, das ist Realität.
Es sind die Erinnerungen, fast nur diese, von denen man dann zehrt. Selbst schlechte Tage in der Jugend haben plötzlich einen Goldsaum. Umso schlimmer ist es für einen betroffenen Gealterten, geistig das Geschehen um sich herum erfassen und verstehen zu können. Ich kann nur von mir sprechen: natürlich ist es eine Bürde, ist es eine Last-
und tatsächlich höre ich oft, Dir fehlt der Mut.
Ja was wollen die lieben guten Mitmenschen? Wollen die noch anstacheln, und der letzte Ausschlag sein, daß man sich selbst killt? Jeder hängt doch am Leben. Außenstehende haben gar keinen Einblick und können nicht ermessen, welche Kleinigkeiten bedeutsam geworden sind.
Von Gräbern spricht man ungern und nur wenn es sein muß.
Warum, Primel, widersprichst Du da nicht. Du spielst auch nicht gerne 'Zehn kleine Negerlein' und ich auch nicht.
Da müßten wir unseren Freund etwas aufklären, er wird es wahrscheinlich gar nicht übel nehmen oder doch?
Auch wenn die schweren Gewänder und Kirchgang und die Feste zum Abschied der Toten mir zuwider sind, ich damit nicht zu tun haben will, so verstehe ich das alles im Zusammenhang mit Deinem Werk, das dadurch seine Art erhält; sagen wir vergleichsweise wie ein Rembrand, der bestimmt gut ist, doch oft auch etwas zu düster.
Es ist ein Bild, das nicht zeitgemäß ist, was auch nicht gerne gelesen wird,
denn Bier, Bockwurst, Disco und eine kesse Biene sind lustiger. Ebenso sich mit SMS die Augen wund glotzen und vor dem Einschlafen einen mp3-player ins Hirn drücken. Logo, daß bei so einem Leben viele einen ordentlichen Joint brauchen, wenn sie als Zwanzigjährige am Morgen die neunzigjährigen Augen aufmachen.
Gruß
Joame
Fehler brauch ich gar nicht mehr mitteilen, weil Du ja fast prinzipiell nicht korrigieren willst.
Prosa mit Lebenserfahrung könnte ich es nennen, was ich da von Dir las. Ich hörte auch die gute Audiofassung an.
Voll verständlich und nachvollziehbar.
Das mit den zwei 'schwer' pflichte ich Brotnic2um bei, wenn auch ansonsten meine Meinung von seiner etwas abdriftet.
Es ist leider diese Situation, in der man plötzlich ist, nicht bemerkt hat, wie man hineingerutscht ist - und schon ist man alt.
Ich weiß, viele Jugendliche können kaum erwarten, für das Problem, die Alten, eine Lösung zu finden.
Sie vergessen oder besser gesagt, glauben nicht, wie unvermittelt, ja übergangslos sie erkennen werden, auch zum Kreis jener zu gehören, die Richtung Ausgang geschoben werden, ob es gefällt oder nicht.
Das ist kein Jammern, das ist Realität.
Es sind die Erinnerungen, fast nur diese, von denen man dann zehrt. Selbst schlechte Tage in der Jugend haben plötzlich einen Goldsaum. Umso schlimmer ist es für einen betroffenen Gealterten, geistig das Geschehen um sich herum erfassen und verstehen zu können. Ich kann nur von mir sprechen: natürlich ist es eine Bürde, ist es eine Last-
und tatsächlich höre ich oft, Dir fehlt der Mut.
Ja was wollen die lieben guten Mitmenschen? Wollen die noch anstacheln, und der letzte Ausschlag sein, daß man sich selbst killt? Jeder hängt doch am Leben. Außenstehende haben gar keinen Einblick und können nicht ermessen, welche Kleinigkeiten bedeutsam geworden sind.
Von Gräbern spricht man ungern und nur wenn es sein muß.
Warum, Primel, widersprichst Du da nicht. Du spielst auch nicht gerne 'Zehn kleine Negerlein' und ich auch nicht.
Da müßten wir unseren Freund etwas aufklären, er wird es wahrscheinlich gar nicht übel nehmen oder doch?
Auch wenn die schweren Gewänder und Kirchgang und die Feste zum Abschied der Toten mir zuwider sind, ich damit nicht zu tun haben will, so verstehe ich das alles im Zusammenhang mit Deinem Werk, das dadurch seine Art erhält; sagen wir vergleichsweise wie ein Rembrand, der bestimmt gut ist, doch oft auch etwas zu düster.
Es ist ein Bild, das nicht zeitgemäß ist, was auch nicht gerne gelesen wird,
denn Bier, Bockwurst, Disco und eine kesse Biene sind lustiger. Ebenso sich mit SMS die Augen wund glotzen und vor dem Einschlafen einen mp3-player ins Hirn drücken. Logo, daß bei so einem Leben viele einen ordentlichen Joint brauchen, wenn sie als Zwanzigjährige am Morgen die neunzigjährigen Augen aufmachen.
Gruß
Joame
Brotnic2um
Von Joame dazu angeregt, komme ich nochmals auf diesen Text zurück, da mir der etwas hämische Ton in der Betrachtung des Alters eher als Wortspielerei denn als echte Verunglimpfung der Alten erschien und mir keine seelischen Schmerzen bereitet hatte.
Freilich muss ich nun bei weiterem Eingehen auf deinen Kommentar Voreiligkeiten und Einseitigkeiten der Interpretation als solche identifizieren und dem armen, irregeleiteten Leser zusätzliche Überlegungen für sein besseres(?) Verständnis anbieten.
Da ist der Hinweis auf die unterlassene Flucht aus diesem mühsamen Leben! Habe ich von Selbstmord gesprochen? Gerade heute wie vielleicht kaum je zuvor – ich denke an die Zeit vor dem ersten Weltkrieg, in der vier Geschwister meines Vaters aus ihrem armen Bergtal nach Amerika auswanderten, doch was ist das schon vergleichsweise – sind doch Millionen auf dem Weg, von den südlichen in die nördlichen, reicheren Länder, vom Osten in den Westen etc. Die früher oft zitierte Landflucht ist ja jetzt in unseren Zonen praktisch abgeschlossen, etc. Eine Flucht in ein leichteres, besseres Leben, nicht in den Tod.
Und, da wir schon von der Liebe nicht loszukommen scheinen, vielleicht auch noch den Vermerk, dass Bindungen ein Ändern des Lebensbereiches erschweren, aber auch erleichtern können (auch dafur habe ich persönlich einige Erfahrungen, da ich ja seit mehreren Jahrzehnten im sogenannten Ausland lebe).
Wie jemand seine späteren Jahre verbringt, hängt wohl auch hauptsächlich davon ab, wie dieser Jemand seine früheren Jahre gelebt! Kaum zu erwarten ist es von einer Person, deren Kulturkonsum sich mit Disco und Comics erschöpft, das eine solche im vorgerückten Alter z.B. nach Bayreuth pilgert oder Worttümpelbeiträge analysiert. Trotzdem finde ich es unpassend, einen altgewordenen Knecht (gibt es das noch?) oder meine gebrechliche « Raumpflegerin » mit alte Schachtel oder so zu bezeichnen, auch wenn sie nicht « kregel » sind (ich begegnete diesem Wort aus dem Südhannoveranischen hier erstmals).
Und was ist schon alt? Ich bin 76 und da lässt man sich bisweilen von Erinnerungen bezaubern, oder man bedauert auch, gewisse Fehler begangen zu haben, anderen Schmerz zugefügt usf. Schwer vorstellbar für manchen Jungen, dass ein Wiedersehen mit Menschen, die man vor vielen Jahrzehnten gekannt, vielleicht sogar geliebt hat, eine Welt von Erinnerungen mit sich bringen kann. Erinnerungen, doch keine Rückkehr, und die Begegnung mit der Vergangenheit findet in der oberen Körperhälfte statt, denn nicht jedes Herzklopfen braucht eine Entsprechung in der Lendengegend. Brauchst du Beispiele: mein alter Lehrer, meine Mutter, mein totes Kind, etc. Ich denke, das sollte genug sein.
Lang(weilig) sind und schwer(fällig) die Kommentare der Alten, meint
Primel
Von Joame dazu angeregt, komme ich nochmals auf diesen Text zurück, da mir der etwas hämische Ton in der Betrachtung des Alters eher als Wortspielerei denn als echte Verunglimpfung der Alten erschien und mir keine seelischen Schmerzen bereitet hatte.
Freilich muss ich nun bei weiterem Eingehen auf deinen Kommentar Voreiligkeiten und Einseitigkeiten der Interpretation als solche identifizieren und dem armen, irregeleiteten Leser zusätzliche Überlegungen für sein besseres(?) Verständnis anbieten.
Da ist der Hinweis auf die unterlassene Flucht aus diesem mühsamen Leben! Habe ich von Selbstmord gesprochen? Gerade heute wie vielleicht kaum je zuvor – ich denke an die Zeit vor dem ersten Weltkrieg, in der vier Geschwister meines Vaters aus ihrem armen Bergtal nach Amerika auswanderten, doch was ist das schon vergleichsweise – sind doch Millionen auf dem Weg, von den südlichen in die nördlichen, reicheren Länder, vom Osten in den Westen etc. Die früher oft zitierte Landflucht ist ja jetzt in unseren Zonen praktisch abgeschlossen, etc. Eine Flucht in ein leichteres, besseres Leben, nicht in den Tod.
Und, da wir schon von der Liebe nicht loszukommen scheinen, vielleicht auch noch den Vermerk, dass Bindungen ein Ändern des Lebensbereiches erschweren, aber auch erleichtern können (auch dafur habe ich persönlich einige Erfahrungen, da ich ja seit mehreren Jahrzehnten im sogenannten Ausland lebe).
Wie jemand seine späteren Jahre verbringt, hängt wohl auch hauptsächlich davon ab, wie dieser Jemand seine früheren Jahre gelebt! Kaum zu erwarten ist es von einer Person, deren Kulturkonsum sich mit Disco und Comics erschöpft, das eine solche im vorgerückten Alter z.B. nach Bayreuth pilgert oder Worttümpelbeiträge analysiert. Trotzdem finde ich es unpassend, einen altgewordenen Knecht (gibt es das noch?) oder meine gebrechliche « Raumpflegerin » mit alte Schachtel oder so zu bezeichnen, auch wenn sie nicht « kregel » sind (ich begegnete diesem Wort aus dem Südhannoveranischen hier erstmals).
Und was ist schon alt? Ich bin 76 und da lässt man sich bisweilen von Erinnerungen bezaubern, oder man bedauert auch, gewisse Fehler begangen zu haben, anderen Schmerz zugefügt usf. Schwer vorstellbar für manchen Jungen, dass ein Wiedersehen mit Menschen, die man vor vielen Jahrzehnten gekannt, vielleicht sogar geliebt hat, eine Welt von Erinnerungen mit sich bringen kann. Erinnerungen, doch keine Rückkehr, und die Begegnung mit der Vergangenheit findet in der oberen Körperhälfte statt, denn nicht jedes Herzklopfen braucht eine Entsprechung in der Lendengegend. Brauchst du Beispiele: mein alter Lehrer, meine Mutter, mein totes Kind, etc. Ich denke, das sollte genug sein.
Lang(weilig) sind und schwer(fällig) die Kommentare der Alten, meint
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